Von „Abendmahl“ bis „Zweifel“

11232 00 detailReinhold Rieger, Akademischer Oberrat und außerplanmäßiger Professor für Kirchengeschichte an der Ev.-Theologischen-Fakultät Tübingen, hat in akribischer Arbeit ein bemerkenswert hilfreiches Lehrbuch für die Lutherforschung geschaffen. Das Buch Martin Luthers theologische Grundbegriffe bietet eine Auswahl der wichtigsten Grundbegriffe Luthers und erklärt diese ausschließlich anhand von Aussagen des Reformators. Damit füllt das Werk die Lücke zwischen Konkordanzen und Systematischen Darstellungen der Theologie Luthers.

Luther hat in seinen Predigten und Schriften oft verschiedene Wörter benutzt, um ein und dieselbe Sache auszudrücken. Das ergibt sich schon allein dadurch, dass bei ihm lateinische und deutschsprachige Texte nebeneinander stehen. In mühevoller Kleinarbeit hat Reinhold Rieger diese bedeutungsverwandten Wörter, übrigens auch Antonyme und verschiedene Wortarten wie Substantive oder Adjektive, „auf den Begriff gebracht“.

Die aufgeführten Belegtexte sind keine genauen Übersetzungen aus dem Lateinischen oder Frühneuhochdeutschen, sondern eher Paraphrasen. Diese lassen allerdings das markante Lutherdeutsch noch erkennen und sind hervorragend lesbar. Die inhaltlichen Aussagen lassen sich auf diese Weise schnell erfassen.

Die verwendeten Quellentexte beziehen sich auf die Weimarer Werkausgabe (WA, WABr, DB). Ihre konsequente Nennung inklusive Zeilennummern macht es möglich, die Belegtexte im Originalwortlaut und Kontext vertiefend zu studieren (viele Bänder der WA sind übrigens hier einsehbar).

Die einzelnen Artikel setzen, wo gegeben, mit definitorischen Anmerkungen Luthers zum Schlagwort oder seinem Bedeutungsfeld ein. Im darauf folgenden Hauptartikel werden inhaltliche Aussagen sachlich gegliedert. Gelegentlich kommt dabei zutage, dass Luther seine Meinung geändert hat oder seine Stellungnahmen Widersprüche enthalten. Solche Begebenheiten werden nicht unterschlagen oder harmonisiert.

Um den Aufbau der Artikel nachvollziehen zu können, seien exemplarisch die Gliederung und Hauptgedanken zum Begriff „Abgott“ aufgeführt. Die Eintragung ist nach folgendem Muster vorgenommen worden:

  1. Wesen: Ein Idol oder Abgötterei ist nichts anderes als ein menschlicher Wahn und Gedanke, der vom Teufel unter dem Namen des wahren Gottes ins Herz eingebildet wird (16, 348, 22–24).
  2. Es gibt zwei Arten von Götzendienst: äußeren und inneren. Der äußere geschieht, wenn der Mensch Holz, Steine, Tiere, Sterne anbetet. Dieser ist vom inneren Götzendienst bestimmt, durch den der Mensch aus Furcht vor Strafe oder aus Liebe die äußere Verehrung des Geschöpfes aufgibt, aber innerlich die Liebe und das Vertrauen zu ihm behält (1, 399, 11–17; vgl. 14, 593, 4; 16, 462, 18–463, 2).
  3. Ursache: Allein das Trauen und Glauben des Herzens macht beide, Gott und Abgott (30I, 133, 4).
  4. Der Götzendienst ist als solcher nur denen erkennbar, die an Christus glauben, da er den Schein der Heiligkeit hat (40II, 111, 20f.).
  5. Beispiele für Götzendienst sind das Mönchsleben mit Fasten und Beten, das Priestertum der Papstkirche und die von ihm als Opfer verstandenen Messen (8, 417, 36–38; vgl. 6, 564, 28; 8, 489, 19; 30II, 307, 31–34; 38, 197, 23), erst recht die Privatmesse (40II, 111, 26f.).

Ergänzt werden die einzelnen Artikel durch Literaturhinweise. Darin verarbeitet wurden bewährte Beiträge aus der Lutherforschung sowie jüngere Veröffentlichungen. Ein Sachregister erleichtert die Arbeit mit dem Leitfaden, zumal Stichwörter, denen kein eigener Artikel gewidmet ist, dort eingearbeitet worden sind.

Das Buch Martin Luthers theologische Grundbegriffe ist alles in allem ein sehr gelungenes Lehrbuch, das für den Reformator wichtige Begriffe anhand von Zitaten darstellt und ordnet. Jeder Student, Lehrer oder Verkündiger, der sich mit Luthers Theologie vertraut machen muss oder möchte, erhält hier ein vorzügliches Hilfsmittel zum fairen Preis.

 

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