April 2017

Das Apfelbäumchen

„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Martin Luther einmal gesagt haben. Oft wird der Reformator entsprechend zitiert. Dieser Satz lässt sich allerdings bisher bei Luther gar nicht nachweisen. „Mit Luther“, so der Lutherforscher Martin Schloemann in der FAZ, „hat der Spruch nichts zu tun“ (Ausgabe vom 12.04.2017, Nr. 87, S. 7). Schloemann weiter:

Das Wort ist vermutlich erst in den dreißiger Jahren entstanden. Der erste belegbare Nachweis stammt von Oktober 1944 aus einem Rundbrief der Bekennenden Kirche in Hessen. Pfarrer Karl Lotz aus Hersfeld setzte das Wort bei seinen Lesern damals bereits als bekannt voraus. Am Ende des Krieges konnte der Spruch zünden. Das Land lag in Trümmern, und die Leute sahen ihre vertraute Welt untergehen. Das Wort passte einfach in die Zeit.

Die verschlagenen Feinde des Kreuzes

Luther sagte 1515/1516 in seiner Vorlesung zu Römer 5,3:

Aber es ist zu beachten: Es gibt zwei Arten von Feinden des Kreuzes Christi. Die einen gehen gewalttätig zu Werk und die anderen verschlagen. Gewalttätig sind, die mit Gewalt das Kreuz Christi entleeren wollen und mit allen ihren Hörnern dagegen stoßen. Das sind, die nach Vergeltung schreien gegen den, der sie kränkt, und nicht eher ruhen und rasten wollen und können, bis sie sich gerächt haben. Die stürzen kopfüber in viele Bosheiten hinein, z. B. in Hass, Verleumdungen, Schmähungen, in Schadenfreude über das Unglück des Nächsten und Betrübnis über sein Glück.

Aber die verschlagenen Feinde (des Kreuzes Christi) sind die, die sich durch Flucht dem Kreuz entziehen wollen. Sie wollen keinem die Wahrheit sagen und danach tun, sondern allen zu Gefallen sein, schmeicheln und schöntun, keinem ein Ärgernis geben, oder sie ziehen sich vielleicht in die Einsamkeit zurück (wenigstens aus diesem Grund). Sie erwähnt Paulus besonders (Gal 6,12), wenn er sagt: »Die fleischlich gefallen wollen, die zwingen euch, dass ihr euch beschneiden lasst, nur dass sie nicht mit dem Kreuz Christi verfolgt werden.«

 

Die Vorlesung zum Römerbrief 1515/16 wurde von Evangelium21 neu aufgelegt und kann über den 3L Verlag wahrscheinlich bereits auf der E21-Konferenz in Hamburg erworben werden.

Jagd auf Professoren

Professoren sehen sich verstärkt Anfeindungen aus der Studentenschaft ausgesetzt. Der Vorwurf: Sie sollen rechtsradikal, militaristisch oder sexistisch sein. Der Fall des Historikers Jörg Baberowski zeigt, wohin es führt, wenn man für seine politische Meinung an den Pranger gestellt wird. Er wurde von linken Aktivisten systematisch denunziert. 

Der Schriftsteller Klaus-Rüdiger Mai schreibt für CICERO:

Diese fortwährenden Angriffe könnten bei vorsichtigeren Naturen unter den Professoren aber dazu führen, dass sie beginnen, ihre Literaturlisten und Vorlesungen in vorauseilendem Gehorsam selbst zu zensieren. Damit würde freilich das Ende der Freiheit von Lehre und Forschung einsetzen. Diese Gefahr machte die Stellungnahme des Präsidiums der HU im Grunde längst überfällig.

Doch der Vorgang hat eine wesentlich tiefere Dimension. Zu fragen ist nach dem gesellschaftlichen Klima, das inzwischen Denunziation und Verächtlichmachung, Zensur und Selbstzensur zu Attributen des Guten und Gerechten macht.

Hier der Artikel: cicero.de.

Der Prediger von Buchenwald

„Den Namen dürft ihr nicht vergessen, Paul Schneider ist unser erster Märtyrer“, so warnte Dietrich Bonhoeffer eindringlich, als er erfuhr, dass sein Amtsbruder im KZ Buchenwald zu Tode gekommen ist (Bonhoeffer selbst wurde am 9. April vor 72 Jahren im KZ Flossenbürg ermordet).

Die Nazis haben Paul Schneider am 27. November 1937 in das neu errichtete KZ Buchenwald gebracht. Als er bei einem Appell anlässlich des Führergeburtstages am 20. April 1938 den Hitlergruß verweigerte, wurde er mit Stockschlägen bestraft und in eine Einzelzelle des Bunkergebäudes gesperrt. Trotz schwerster Misshandlungen durch Martin Sommer, den Henker von Buchenwald, unterließ er es nicht, aus seinem Gefängnis heraus das Evangelium zu verkündigen. Über ein Jahr wurde der „Prediger von Buchenwald“ in der Einzelzelle gefangen gehalten. Am 18. Juli 1939 hat ihn nach Berichten des Arztschreibers Walter Poller der Lagerarzt Erwin Ding-Schuler durch eine starke Überdosis eines Herzmedikaments ermordet.

IMG 0995Am letzten Wochenende besuchte ich die Gedenkstätte Buchenwald und fand in der Zelle, die an Paul Schneider erinnert, einen Vers aus 2. Korintherbrief 5,20: „So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott!“

Nehmen wir uns zu Herzen, was Schneider in einem aus dem Konzentrationslager geschmuggelten Brief geschrieben hat:

Ich vergnüge mich mit Gottes Wort und Liedern, außer dem fast täglichen Reinemachen der Zellen, der Schlaf decken und Matratzen und dem Spazierengehen im Gefängnishof (eine halbe Stunde). So kann ich geistliche Schätze sammeln für neuen Dienst und ist die Zeit auch für mich nicht vergebens. Ich hoffe, sie ist auch für die Gemeinden nicht vergebens; dass doch viele möchten ihre geistliche Trägheit und Verantwortungsscheu überwinden! Dass Gott uns allen auch einen Geist der Buße schenken wolle und den Willen zu einem zuchtvollen Gemeindeleben mitten in dem abgöttischen Geschlecht unserer Tage! Wie vieles habe ich noch versäumt und hätte besser vorbereitet sein müssen für den nun eingetretenen und doch so lange vorausgeahnten Fall!

Das Zitat stammt aus dem Buch:

Lektionen von Francis A. Schaeffer

Schaeffer Lektionen TitelIm Jahr 2008 hat Professor Douglas Groothius in Glauben und Denken heute einen Artikel über Francis Schaeffer publiziert. Groothius hat sieben Lektionen aus dem Leben seines Lehrers herausgestellt:

  1. Schaeffer besaß eine große Leidenschaft für Gott und die Wahrheit.
  2. Schaeffer war um die Verlorenheit des modernen Menschen sehr besorgt.
  3. Nichtchristen waren für diesen Mann Gottes keine „Objekte“ sondern Menschen, die das Bild Gottes in sich trugen und die ohne Evangelium von Jesus Christus keine Hoffnung hatten.
  4. Schaeffer war ein kompromissloser Universalist in der Sache Christi. Schaeffer rührte nicht die Werbetrommel in eigener Sache, sondern suchte im Leben und im Dienst vor allem Gott.
  5. Schaeffer liebte Kunst, konnte gute Ästhetik auch in nichtchristlicher (oder antichristlicher) Kunst erkennen und hatte christlichen Künstlern den Auftrag und die Vision für künstlerische Betätigung gegeben.
  6. Schaeffer verfügte über gründliche Fachkenntnisse und hatte ein große Liebe zur Heiligen Schrift.
  7. Für diesen Mann war die Bibel eine lebendige Realität. Schaeffer war „ein Mann der Reformation“, der nichtsdestotrotz mit seinem Calvinismus weder schulmeisterlich noch stolz auftrat.

Der Artikel „Lektionen von Francis A. Schaeffer“ kann hier heruntergeladen werden: Schaeffer_Lektionen.pdf.

„Unser Gott kommt und schweiget nicht“

Durch das Netzwerk Bibel und Bekenntnis bin ich auf ein Thesenpapier von Prof. Dr. Reinhard Slenczka aufmerksam geworden. Das Netzwerk schreibt:

Seine Thesen zum gegenwärtigen 500. Reformationsjubiläum sprechen dabei eine deutliche Sprache. Zunächst verweist er auf das Zeugnis der Heiligen Schrift von sich selbst, gibt dann einige Warnungen und Mahnungen von Martin Luther selbst wieder und schließt dann einige Thesen an. Dabei wirkt auffallend, dass er es nicht bei Mahnungen und (leeren) Aufrufen belässt, sondern auch klar zur Scheidung und Widerspruch auffordert wo Kirche, Theologie oder Gesellschaft sich auf Irrwegen befindet.

Im Thesenpapier selbst heißt es:

Der schlimmste Fehler in kirchlicher Verkündigung und Unterweisung geschieht dann, wenn an die Stelle der Rechtfertigung des Sünders durch Umkehr, Buße und Vergebung eine Rechtfertigung der Sünde durch Umdeutung oder Aufhebung der heiligen, klaren und unverän-derlichen Gebote Gottes tritt. Vom Herrn ist das Auftreten des Antichrists sowie der Irrlehrer und Lügenpropheten als Zeichen der Endzeit angesagt (Mark 13 pp; 2 Tim 3, 1-9). Wir erfahren aber auch (z. B.: Jer 7, 18 ff; 44, 15 ff; Hes 13 u. a.), wie falsche Propheten und Prophetinnen in der Geschichte des Alten Bundes ihr Unwesen treiben, indem sie ihre eigenen Worte und Träume als Gottes Wort ausgeben, indem sie sich den Fruchtbarkeits- und Sexualkulten von Baal und Astarte bis hin zu Menschenopfern der umliegenden Völker anschließen (3 Mos 18; 20, 2-5; 2 Kön 23; Jer 32, 26-35) und vieles anderes mehr, was uns auch in unserer Zeit begegnet. Es ist ein unübersehbares Zeichen für die Wirkung des Wortes Gottes, dass die Schriften des Alten Bundes genau auf die Missstände gerichtet sind, die wir heute vor Augen haben. Durchgehend handelt es sich damals wie heute darum, dass Gottes Wort durch Menschenworte aufgehoben und ersetzt wird.

Die Schrift kann hier heruntergeladen werden: Slenczka-R.-Thesen-zum-Reformationsjubil%C3%A4um-Jan.-2017.pdf.

Voreingenommen vom „Ich“

Bei der Lektüre biblischer Texte setzten wir Aussagen laufend in ein Verhältnis zu uns selbst. Wir fragen etwa oft zu schnell: „Was bedeutet das für mich?“. Randolph Richards und Brandon O’Brien zeigen in ihrem Buch Misreading Scripture with Western Eyes, dass neuzeitliche Denkvoraussetzungen uns häufig den Blick für den eigentlichen Textsinn eintrüben.

Ein Beispiel  (S. 197–198):

Wir glauben, dass die Bibel unsere Vereinnahmung mit uns selbst befürwortet. Wir schließen aus der Schrift, dass Gott uns einzigartig gemacht hat, für jeden von uns einen besonderen Plan hat und daher uns in den Seiten der Schrift etwas zu sagen hat. Gott sagte zu Jeremia: „Bevor ich dich im Mutterleib geformt habe, kannte ich dich, bevor du geboren wurdest, habe ich dich ausgesondert“ (Jer 1,5). Ebenso sprachen Jesaja und Paulus davon, beim Namen gerufen (Jes 49,1) oder im Mutterleib abgesondert (Gal 1,15) worden zu sein. Als „Westler“ finde ich mich selbst als jemand wieder, der denkt: Wenn Gott sie im Mutterleib auswählte, dann musste er mich auch so auserwählt haben. Ich kann sogar Psalm 139,13 als Beweistext heranziehen. Aber die Begründung ist zirkulär; wir gehen davon aus, dass es so zu verstehen ist, weil unsere Kultur uns sagt, dass wir etwas Besonderes sind. Der Punkt, den die Bibel macht, scheint ganz das Gegenteil zu sein: Jeremia, Jesaja und Paulus waren anscheinend eine Ausnahme. Im Gegensatz zu allen anderen wurden sie für ein besonderes Wort und eine besondere Aufgabe vom Herrn auserkoren. Aber in der Art, wie wir es lesen, ist Jeremia in der Weise „besonders“, wie jeder andere es auch ist.

Das Buch Misreading Scripture with Western Eyes gibt es im April 2017 für Anwender der Logos-Software gratis. Hier die Quelle: www.logos.com.

Gott tanzt nach dem Essen

© 2017 Concorde Filmverleih GmbH

Vor neun Jahren sorgte das Buch „Die Hütte – ein Wochenende mit Gott“ von William Paul Young für Furore (vgl. hier). Obwohl Young in seinem letzten Buch Lügen über Gott, die wir glauben völlig unverblümt seine falschen Lehren über Gott und den Menschen präsentiert hat, wird „Die Hütte“ nach wie vor als christliches Buch vermarktet.

Um ein Beispiel für Youngs unchristliche Sichtweisen anzuführen: Nach ihm musste Jesus nicht am Kreuz von Golgatha sterben, um Sünde zu tragen und Rebellen mit Gott zu versöhnen (wie beispielsweise Römer 8,32 sagt: „Er [Gott, vgl. V. 31], der seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?“; vgl. Joh 3,13–15). Wer so über Gott denke, meint Young, verehre einen „kosmischen Missbrauchstäter“ (Brian McLaren lässt grüßen). Das Kreuz ist für William Paul Young vielmehr die bildhafte Manifestation unserer menschlichen Bindungen an die Finsternis, der letzte Aufstand gegen die Liebe Gottes (Belege nachzulesen in der hilfreichen Rezension von Tim Challis).

Nicht alle lassen sich vom Evangelium der Mitmenschlichkeit blenden. Karsten Huhn, der sich für ideaSpektrum den Film angesehen hat, meint in seiner Filmkritik „Gott tanzt nach dem Essen“ (Nr.  14 vom 5. April 2017, S. 13):

Der Film betont Vergebung und Versöhnung und neigt dabei stark Richtung Allversöhnung. Zorn und Strafe sind dem Hütten-Gott völlig fremd: „Die Sünde ist in sich genug Strafe.“ … Die einen werden diesen Film als berührend und zu Herzen gehend empfinden, die anderen als so süßlich-kitschig, dass er einem auf den Magen schlägt.

Die Geschlechterillusion

Gender-Studies haben Sukkurs an den Universitäten in Deutschland und der Schweiz. Sie vertreten die These, dass Menschen ihr Geschlecht frei wählen können. Stimmt das? Lange durften die Gender-Theoretiker ihre Behauptungen verbreiten, ohne auf Widerstand zu stoßen. Immer mehr Leute erkennen inzwischen jedoch, dass der Kaiser keine Kleider anhat.

Hier ein bissiger Kommentar von Axel Meyer, erschienen bei der NZZ:

Die Naturwissenschaften haben den Genderismus lange Zeit als evidenzfreies Gerede belächelt, doch langsam regt sich Widerstand. Dabei ist die Kritik nicht durch Phobien oder Intoleranz motiviert, wie von den Kritisierten gerne unterstellt wird. Vielmehr speist sie sich aus einer erkenntnistheoretischen Sicht, die sich mit dem konstruktivistischen Zugang der Gender-Forscherinnen und ihrer politischen Unterstützerinnen nicht deckt. Naturwissenschafter wollen die Welt primär nicht bekehren, sondern verstehen. Sie suchen nach Antworten, die sich an einer objektiven Wahrheit orientieren, nicht an subjektiven Selbstbeschreibungen oder Dekonstruktionen von diesem oder jenem.

Ein Begriff wie Wahrheit wird in jener Gedankenwelt, in der sich die Gender-Wissenschafterinnen bewegen (rund 90 Prozent aller mehr als 200 Professoren Deutschlands, die das Wort Gender im Titel haben, sind weiblichen Geschlechts), nicht akzeptiert, nicht einmal im Sinne einer regulativen Idee. Alles wird durch eine kulturelle Post-dies-, Modern-das-Brille gesehen. Evolutionsbiologische Erklärungen, abgestützt durch zahlreiche Befunde, Experimente, Studien und Erkenntnisse, werden von Gender-Forscherinnen als «Biologismus» abgetan.

Doch nein, mit Verlaub, so gut die Absicht der Leugnung auch sein mag: Biologie ist kein«-ismus». Sie ist eine objektive experimentelle Wissenschaft wie die Physik. Ihre Erkenntnisse haben auch für die kulturellste aller Arten, den Homo sapiens, Gültigkeit.

Mehr: www.nzz.ch.

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