Deutschland feiert den 150. Geburtstag von Thomas Mann. Sogar der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat anlässlich dieses Jubiläums in Lübeck eine Rede gehalten. Steinmeier sagte über Manns Einsatz für den Demokratie in den USA: „Unermüdlich reist der nun bald Siebzigjährige in große und kleine Städte der Vereinigten Staaten, er wirbt für den Kampf gegen den Faschismus, für die Demokratie. Getragen von der Überzeugung, dass nur in der Demokratie die Individualität eines jeden Menschen, seine Würde und die Entfaltung wahrer Humanität, von der seine eigene Literatur zeugt, gesichert sein können.“
Anschließend erklärte Steinmeier (FAZ vom 07.06.2025, Nr. 131, S. 18):
Das praktische Christentum spielt dabei für Thomas Mann eine immer größere Rolle. Dazu trug Präsident Roosevelt bei, der, wie Mann sagt, „Religion als sozialen Fortschritt im Zeichen der Gottesfurcht“ verstand, als „Achtung vor dem Individuum und was man hier ‚mercy‘ nennt, Erbarmen, Güte“. Auch Manns Engagement in der First Unitarian Church of Los Angeles gehört dazu, in der er seine Enkel taufen lässt und gelegentlich predigt. Christentum, schreibt Thomas Mann 1949, ist „die Demokratie als Religion – wie man sagen kann, dass die Demokratie der politische Ausdruck des Christentums ist“. Das vielleicht auch – beiseite gesprochen – gegen alle, die, zu allen Zeiten und allerorten, Religion für autoritäre Ziele in Anspruch nehmen. Das bedeutendste Engagement gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft sind die Radioansprachen, die Thomas Mann im Krieg über den deutschsprachigen Dienst der BBC an seine „Deutschen Hörer“ richtet. Mit allen Mitteln wirkungsvoller Rhetorik, ohne Schnörkel, wie es sonst kaum seine Art war, ohne Angst vor plakativen Formulierungen, vielmehr mit Sarkasmus, mit Polemik, mit unverhohlener Verachtung für Diktatur und ihre willigen Vollstrecker. Ein ums andere Mal auch mit grimmigen Voraussagen des gerechten Schicksals, das den deutschen Verbrechern und allen, die ihnen willig folgen, blühen werde.
Aber ist das Christentum der First Unitarian Church of Los Angeles wirklich christlich? Ich will die Gelegenheit nutzen und mal erläutern, was in dieser Kirche geglaubt wird. Die Kirchengemeinde ist war und ist – wie der Name schon verrät – unitarisch. Der Name „Unitarian” leitet sich vom lateinischen Wort „unitas” für „Einheit” ab und wendet sich gegen die christlich-trinitarische Vorstellung der Dreieinigkeit Gottes und betont stattdessen die unteilbare Einheit Gottes. Und dann ist die First Unitarian Church auch noch universalistisch, also davon überzeugt, dass alle Menschen letztlich durch die Allmacht Gottes gerettet werden.
Die Gemeinde gibt es übrigens immer noch. Und wer sich mal die Mühe macht, dass aktuelle Glaubensbekenntnis zu lesen, wird schnell erkennen, dass es sich um eine humanistische Glaubensgemeinschaft in einem vermeintlich christlichen Gewand handelt. Ich zitiere:
Als Gemeinde der Unitarischen Universalisten bekräftigen und fördern wir sieben UU-Prinzipien, die wir als starke Werte und moralische Leitlinien betrachten. Wir leben diese Grundsätze im Rahmen einer „lebendigen Tradition“ von Weisheit und Spiritualität, die aus so unterschiedlichen Quellen wie Wissenschaft, Poesie, Schrift und persönlicher Erfahrung schöpfen. Wie Pfarrerin Barbara Wells ten Hove erklärt: „Die Prinzipien sind kein Dogma oder eine Doktrin, sondern vielmehr ein Leitfaden für diejenigen von uns, die sich dafür entscheiden, einer unitarischen Universalisten-Religionsgemeinschaft beizutreten und an ihr teilzunehmen.“
1. Grundsatz: Der jedem Menschen innewohnende Wert und seine Würde;
2. Grundsatz: Gerechtigkeit, Gleichheit und Barmherzigkeit in menschlichen Beziehungen;
3. Grundsatz: Gegenseitige Akzeptanz und Ermutigung zum geistigen Wachstum in unseren Kirchengemeinden;
4. Grundsatz: Eine freie und verantwortungsvolle Suche nach Wahrheit und Sinn;
5. Grundsatz: Das Recht auf Gewissensfreiheit und die Nutzung des demokratischen Prozesses in unseren Gemeinden und in der Gesellschaft insgesamt;
6. Grundsatz: Das Ziel einer Weltgemeinschaft mit Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für alle;
7. Grundsatz: Respekt vor dem interdependenten Netz der gesamten Existenz, von dem wir ein Teil sind.
Die sieben Prinzipien und sechs Quellen der Unitarian Universalist Association sind an der Basis unserer Gemeinschaften entstanden, wurden demokratisch bestätigt und sind Teil dessen, was wir sind.
Obwohl der Unitarismus und der Universalismus beide liberale christliche Traditionen waren, hat uns diese verantwortungsvolle Suche dazu gebracht, verschiedene Lehren aus östlichen und westlichen Religionen und Philosophien zu übernehmen. Einige unserer Mitglieder bezeichnen sich als Christen, andere als Atheisten, Agnostiker, Humanisten, Juden, Muslime und Heiden. Wir heißen Menschen aller Glaubensrichtungen willkommen.
…Wir leben unsere Grundsätze innerhalb einer „lebendigen Tradition“ von Weisheit und Spiritualität, die aus so unterschiedlichen Quellen wie Wissenschaft, Poesie, Schrift und persönlicher Erfahrung schöpfen. Dies sind die sechs Quellen, die unsere Kongregationen bestätigen und fördern:
- Unmittelbare Erfahrung jenes transzendenten Geheimnisses und Wunders, das in allen Kulturen bezeugt ist und uns zu einer Erneuerung des Geistes und einer Offenheit für die Kräfte bewegt, die das Leben schaffen und erhalten;
- Worte und Taten prophetischer Menschen, die uns herausfordern, den Mächten und Strukturen des Bösen mit Gerechtigkeit, Mitgefühl und der verwandelnden Kraft der Liebe zu begegnen;
- Weisheiten aus den Weltreligionen, die uns in unserem ethischen und spirituellen Leben inspirieren;
- jüdische und christliche Lehren, die uns auffordern, auf Gottes Liebe zu antworten, indem wir unsere Nächsten lieben wie uns selbst;
- Humanistische Lehren, die uns raten, die Führung der Vernunft und die Ergebnisse der Wissenschaft zu beherzigen, und uns vor Götzendiensten des Verstandes und des Geistes warnen;
- spirituelle Lehren erdzentrierter Traditionen, die den heiligen Kreislauf des Lebens feiern und uns anleiten, in Harmonie mit den Rhythmen der Natur zu leben.
- Rev. Kathleen Rolenz sagte: „Im Laufe der Geschichte haben wir uns im Rhythmus von Mysterien und Wundern, Prophezeiungen, Weisheit, Lehren aus alten und modernen Quellen und der Natur selbst bewegt.“
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1700 Jahre Nicäa feiern die jedenfalls nicht 😉
Das weicht jetzt nicht wirklich von dem „Christentum“ ab, was in bundesdeutschen Amts- und Freikirchen praktiziert wird.
Und wenn schon „Pfarrerin“ draufsteht, dann weiß man doch, dass automatisch Allversöhnung drin ist.
„Getragen von der Überzeugung, dass nur in der Demokratie die Individualität eines jeden Menschen, seine Würde und die Entfaltung wahrer Humanität,…, gesichert sein können.“ Tja, nur hat Demokratie erstmal nichts mit Christentum zu tun. Im AT finden wir Hierarchien vor, Gott ganz oben, später ein König, das Volk, Stämme, Sippen, Familien. Der Begriff „Haus“ in den 10 Geboten meinte nicht nur das Gebäude, sondern den Verantwortungsbereich eines anderen, den man nicht begehren sollte, somit auch seine Familie bzw. was ihm an Land und Menschen untergeordnet war. In NT ließ sich doch glatt jemand „mitsamt seinem Haus“ taufen, also ebenfalls Hierarchie. Und zu Paulus Zeiten gab es keine Forderung zur Sklavenfreilassung, sondern die Aufforderung sich gegenseitig zu dienen. Folgerichtig war es bis vor einigen 100 Jahren in christlich geprägten Ländern ebenfalls üblich, dass derartige Hierarchien existierten, und sich der Landesfürst in dem Recht und in der Pflicht sah, auch über die Religionszugehörigkeit „seines Hauses“, was die Untertanen mit umfasst, zu entscheiden.… Weiterlesen »
Das ist schon so, weil der Wortstamm „christ“ schon aussagenlogisch auf etwas einschränkt, auf das sich bspw. Unitarier nicht einschränken wollen.
Gleichzeitig bedeuten Wortschöpfungen wie „Pfarrerin“, „Bischöfin“, „Priesterin“, „Rabbinerin“, „Imamin“ (wird sogar von der Rechtschreibprüfung moniert), dass die Betreffenden alle derselben Glaubensgemeinschaft angehören, der satzungsgemäß nur Personen des weiblichen Geschlechtes angehören können.
Letzteres bildet mit dem Christentum (neben den anderen großen Weltanschauungen) eine disjunkte Menge.