Das, was Professor Emil Knodt Anfang des 20. Jahrhunderts über die Souveränitätslehre von Abraham Kuyper sagte (siehe zur „Souveränität im eigenen Kreis“ hier), ist heute wieder aktuell und bedeutsam (Emil Knodt, Die Bedeutung Calvins und des Calvinismus für die protestantische Welt im Lichte der neueren und neuesten Forschung, 1910, S. 14):
Ganz vorzüglich sind die Ausführungen über Volkssouveränität, Staatssouveränität und calvinistische Gottessouveränität, durch welche das konstitutionelle Staatsrecht regeneriert wird. Gegen die Staatsomnipotenz, die auch die Lebenskreise der Wissenschaft, Kunst, Schule, Familie und Gemeinde zu absorbieren droht, wendet sich Kuyper mit scharfen Worten und weist nach, wie in diesen Kreisen Freiheit herrschen muß, und das diesen Kreisen ein erschaffene Lebensgesetz zu respektieren ist, wie es der Calvinismus anstrebe. „Gott herrscht in diesen Sphären ebenso freimächtig, wie er im Staat durch die Obrigkeit die Herrschaft führt. Gebunden durch ihr eignes Mandat, darf also die Obrigkeit das göttliche Mandat, worunter diese Sphären stehen, nicht ignorieren, noch abändern, noch verkürzen … Weder das wissenschaftliche Leben, noch das Kunstleben, noch der Landbau, noch die Industrie, noch der Handel, noch die Schiffahrt, noch das Hausgesinde, noch das Familienleben, noch das Gemeindeleben darf gezwungen werden, sich der Gnade der Obrigkeit zu fügen.
Der Staat darf keine Wucherpflanze sein, die alles Leben aufsaugt. Auf eigner Wurzel hat er inmitten der andern Stämme seinen Platz in dem Wald einzunehmen und somit alles Leben, das selbständig aufschießt, in seiner heiligen Autonomie zu erhalten.“ „Wie auch die Form sich änderte, bleibt es der calvinistische Gedanke, dem Volke in allen seinen Rängen und Ständen, in allen seinen Kreisen und Sphären, in allen seinen Korporationen und selbständigen Instituten in gesund demokratischem Sinn gesetzlich geregelten Einfluß auf die Gesetzgebung zu geben.“ (S. 88 ff.)
Das ist einerseits richtig, andererseits auch wieder nicht. Dass der Staat aktuell zuviel regeln will ist ja richtig. Auf der anderen Seite ist in einer Welt voller Menschen unter der Erbsünde ein Staat der bestimmte Regeln einfordert unbedingt notwendig. Wir sehen es doch ständig auch gerade in der Wirtschaft: wenn wir so gut wie keine Regeln hätten führen sehr oft Freiheit + Erbsünde nicht zu verantwortlichem Handeln gegenüber den Mitmenschen. Dies beinhaltet mit anderen Worten aus meiner Sicht auch das entsprechende Kapitel im Römerbrief