ADHS

Was ist ADHS?

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gilt heute als häufigste Verhaltensstörung bei Kindern und Jugendlichen. Um die 6–7 Prozent der männlichen Jugendlichen sollen betroffen sein. Der Neurobiologe Gerald Hüther glaubt, dass es sich dabei gar nicht um eine psychische Störung handelt und die schnelle Verschreibung von Pillen kaum weiterhilft. Wir sollten uns stattdessen lieber mit den gesellschaftlichen Ursachen beschäftigen.

Hier das gute Interview mit Gerald Hüther:

Kinder-Koks

Methylphenidat, ein Wirkstoff, der unter dem Namen Ritalin bekannt geworden ist. Im Jahr 1993 haben deutsche Ärzte noch 34 Kilogramm Ritalin verschrieben. 2001 waren es bereits 603 Kilogramm und 2011 dann knapp 1,8 Tonnen.

Meist wird Ritalin Kindern mit einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) verschrieben. Ritalin korrigiert einen niedrigen Dopamin-Spiegel im Gehirn und fördert so die Konzentrationsfähigkeit.

Der Wirkstoff wird inzwischen gern missbraucht. Als Pulver durch die Nase gezogen, wirkt Ritalin ganz und gar nicht mehr beruhigend. Im 15-jährigen Paul hat es den Unternehmer geweckt. Hier ein „Geschäftsbericht“ aus der FAZ:

Paul war 15, als er anfing, mit einem Rauschmittel zu handeln, dessen unerlaubter Besitz oder Verkauf vom Betäubungsmittelgesetz unter Strafe gestellt wird. Es heißt Methylphenidat, eine chemische Substanz, die wie Amphetamine oder Kokain wirkt. Bekannter als der Name Methylphenidat allerdings ist der Name eines Medikaments, das daraus hergestellt wird: Ritalin. Es wird Kindern mit ADHS verschrieben, also Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung. Sie leiden darunter, dass ihre Gehirnzellen schlecht kommunizieren. Was die Kinder sehen, hören oder lesen, all diese äußeren Reize werden nicht normal gefiltert, gewichtet und verarbeitet im Kopf. Zuständig für die richtige Reizmeldung wäre der Botenstoff Dopamin, er steuert das Lernvermögen, die Aufmerksamkeit, das Schlafbedürfnis. Ritalin korrigiert einen zu niedrigen Dopamin-Spiegel im Gehirn von ADHS-Kindern: Es macht Trödler aktiver, Träumer konzentrierter und Zappler ruhiger.

Die Europäische Arzneimittelagentur empfiehlt die Behandlung von ADHS mit Methylphenidat, obwohl ihr Ausschuss für Humanarzneimittel herausgefunden hat, dass die Substanz auch „schwerwiegende psychiatrische Störungen“ verursachen kann. Am häufigsten meldeten Ärzte und Patienten: „Verhaltensauffälligkeiten, anomales Denken, Wut, Feindseligkeit, Aggression, Agitation, Tick, Reizbarkeit, Angststörung, Weinen, Depression, Schläfrigkeit, . . . Nervosität, psychotische Störung, Stimmungsschwankungen, morbide Gedanken, Zwangsstörungen, Persönlichkeitsveränderung, Ruhelosigkeit, Verwirrtheitszustand, Halluzinationen, Lethargie, Paranoia und Suizidverhalten“.

Mehr: www.faz.net.

Die Inflation der ADHS-Diagnosen

Ritalin ist eine Pille gegen eine erfundene Krankheit, gegen die Krankheit, ein schwieriger Junge zu sein. Immer mehr Jungs bekommen die Diagnose. Die Pille macht sie glatt, gefügig, still und abhängig.

Christiane Hoffmann und Antje Schmelcher haben sich für die FAZ kritisch mit dem ADHS-Wahn auseinandergesetzt:

Jeder zehnte Junge in Deutschland ist krank. Zu wild und zu laut. Er testet ständig Grenzen. Er kann in der Schule nicht stillsitzen, ist ungeduldig, kann sich nicht konzentrieren, er wird wütend und aggressiv. Er stört. Er provoziert, obwohl er es nicht will, er fühlt sich missverstanden. Er bekommt schlechte Noten. Er ist schwierig und anstrengend für Eltern und Lehrer, so schwierig, dass er irgendwann beim Kinderarzt sitzt und die Diagnose bekommt: ADHS, das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom. Dann ist der Junge nicht mehr schwierig, sondern krank.

Für ein schwieriges Kind gibt es Gründe: überforderte Eltern, eine kaputte Familie, unfähige Lehrer, zu viel Computerspiele und zu wenig Kletterbäume. Wenn ein schwieriges Kind für krank erklärt wird, braucht sich niemand verantwortlich zu fühlen: Krankheiten können genetisch veranlagt sein oder Schicksal oder beides. Keiner kann etwas dafür. Nicht der Junge, nicht Eltern, nicht Lehrer, nicht Umstände. Wer krank ist, bekommt Medizin. Eine Pille, die gesund macht. Für die wilden Jungs gibt es eine Pille, die sie still und aufmerksam macht: Ritalin.

Hier: www.faz.net.

ADHS: Versteckte Depression

Der Erziehungswissenschaftler Wolfgang Bergmann schreibt in der FR:

Eigentlich hätte es ein Erschrecken geben müssen, quer durch die Kinderpsychiatrie, die Therapieforen und die Schulen: Nach einer gründlichen Studie der Michigan State University stellt sich heraus, dass etwa die Hälfte aller ADHS-Diagnosen (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) unzureichend bis unzutreffend sind. Eine der Ursachen für eine voreilige Diagnose beruhte schlicht darauf, dass diese Kinder zu früh eingeschult worden waren. Sie waren unruhig, konnten sich nicht konzentrieren – und entsprechend der oberflächlichen Symptom-Diagnostik klebte ihnen das Etikett ADHS auf der Stirn.

Und:

Die amerikanischen Studien sollten zu einem konsequenten Umdenken ermutigen. Konsequent heißt zuerst, die Ergebnisse verschiedener Denkschulen nicht nur nebeneinander zu dulden, sondern zu einer differenzierenden Gesamtschau zu erweitern. Wir müssen die Medizingläubigkeit und besonders den sorglosen Umgang damit zurückstellen.

ADHS – das ist eine reine Symptombeschreibung, die den Mädchen und Jungen lediglich ein Abweichen vom statistischen Durchschnittsverhalten testiert. Wir erleben hilflose und oft unerbittliche Reaktion von Schulen und Psychiatrien auf diese von der »Norm« abweichenden Kinder – zumeist Jungen. Die Diagnose ADHS entlastet vielleicht, hilft aber nicht, die Betroffenen zu verstehen.

Spannend! Hier geht es weiter: www.fr-online.de.

VD: EP

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