Alvin Plantinga

Von Alvin Plantinga lernen

Der Philosoph Kelly James Clark beschreibt in einem Artikel, wie er als Student die Vorlesungen von Alvin Plantinga erlebt hat. Platinga hat in der Tat eine Renaissance der Religionsphilosophie in den USA ausgelöst und viele junge Leute dazu animiert, das Fach Philosophie zu studieren. Zu den Studenten zählen etliche bekennende Christen.

Kelly:

I remember that first day of class like it was yesterday. I had enrolled in Notre Dame’s PhD program in philosophy to learn from Alvin Plantinga. The first time I saw him, he strode into the classroom, pulled out a chair, set his feet on the seat and his bottom on the back, rolled up his sleeves, and started lecturing in his deep, resonant voice. As the semester went on, we started taking bets on when he might pitch backward off his precarious position. But he never did. Most of us first-year students, however, weren’t so lucky. Plantinga had such a huge reputation as a philosopher that advanced graduate students and even a few professors were taking his class. Plantinga was already world-famous for his work in the philosophy of religion, metaphysics, epistemology and logic. His high-level conversations with those professors both exhilarated and intimidated us beginners. Perched as we were on the precipice of understanding, we often found ourselves teetering over the edge.Sensing our desperation, Plantinga would shush the professors and then pick up our pieces and put us back together. With patience and good humor, he’d start again, this time at the beginning, and slowly bring us along to greater understanding.

Clarks Buch, Return to Reason: A Critique of Enlightenment Evidentialism and a Defense of Reason and belief in God ist stark von Plantinga geprägt und erhielt irgendwann den Ruf, eine Einführung zu Plantinga für Dummies zu sein.

Plantinga hat übrigens kürzlich den renommierten Templeton-Preis erhalten. Ein Artikel von Plantinga in deutscher Sprache ist hier zu finden: mbstexte184_a_01.pdf.

Gianfranco Schultz: Alvin Plantinga

In einem Vortrag, den Prof. Dr. Gianfranco Schultz 2010 an der STH in Basel gehalten hat, stellte der Philosoph die Grundzüge Reformierte Erkenntnistheorie von Alvin Plantinga vor. Der Vortrag wurde beim ERF veröffentlicht:

 

Alvin Plantingas Hauptwerk in deutscher Sprache

517Ctls mUL SX335 BO1 204 203 200Alvin Plantinga schreibt in seinem Geleitwort zur deutschen Ausgabe von Warrent Christian Belief:

Es versteht sich: Deutsch ist die Sprache der großen Philosophie. Daher habe ich mich zunächst über die Möglichkeit einer deutschen Übersetzung meines Buchs Warranted Christian Belief gefreut, und jetzt bin ich froh darüber, dass das Vorhaben Wirklichkeit geworden ist. (Wer weiß, vielleicht wird das Buch ja in der deutschen Fassung gewinnen.) Hoffentlich wird es den deutschen Lesern von Nutzen sein. Außerdem wäre es schön, wenn die Übersetzung dazu beitragen könnte, dass es bei der Annäherung zwischen der angloamerikanischen und der kontinentaleuropäischen Religionsphilosophie zu Fortschritten kommt. Offensichtlich können wir eine Menge voneinander lernen; und da ist es wichtig, dass wir unsere intellektuellen Ressourcen bündeln und zusammenarbeiten.

Was möchte Plantinga mit dem Buch Gewährleisteter christlicher Glaube eigentlich? Hier ein längeres Zitat aus dem Vorwort:

Dieses Buch lässt sich in zumindest zwei grundverschiedenen Weisen auffassen. Einerseits handelt es sich um ein apologetisches und religionsphilosophisches Unterfangen, nämlich um einen Versuch nachzuweisen, dass eine Reihe von Einwänden gegen den christlichen Glauben fehlschlägt. Dieser Argumentation zufolge sind De-jure-Einwände entweder offensichtlich unplausibel oder sie setzen voraus, dass der christliche Glaube nicht wahr ist. (Zur ersten Kategorie gehören etwa die Einwände, die auf der Behauptung basieren, der christliche Glaube sei nicht gerechtfertigt oder lasse sich nicht rechtfertigen. Zur zweiten Kategorie gehören die Einwände, die auf der These beruhen, dem christlichen Glauben fehle die äußere Rationalität bzw. die Gewähr.) Folglich gibt es keine vertretbaren De-jure-Einwände, die nicht an De-facto-Einwände gebunden wären. Eigentlich hängt also alles von der Wahrheit des christlichen Glaubens ab. Doch damit ist die häufig geäußerte Meinung widerlegt, der christliche Glaube sei intellektuell inakzeptabel – egal, ob er wahr ist oder nicht.

Andererseits jedoch geht es im vorliegenden Buch um christliche Philosophie: um den Versuch, philosophische Fragen – Fragen, wie sie von Philosophen gestellt und beantwortet werden – aus einer christlichen Perspektive zu betrachten und zu beantworten. Für das im 8. und 9. Kapitel vorgestellte erweiterte A/C-Modell nehme ich zweierlei in Anspruch: Erstens zeigt es, dass und inwiefern der christliche Glaube durchaus gewährleistet sein kann, und widerlegt damit eine Reihe von De-jure-Einwänden gegen das Christentum. Außerdem möchte ich je-doch behaupten, dass dieses Modell ein brauchbares Denkgerüst liefert, mit dessen Hilfe Christen an die Erkenntnistheorie des christlichen Glaubens her-angehen können, insbesondere an die Frage, ob und inwiefern das Christentum gewährleistet ist. Demnach gibt es hier zwei Projekte – zwei Argumentationsstränge -, die gleichzeitig entfaltet werden. Das erste dieser beiden Projekte richtet sich an alle – an die Gläubigen ebenso wie an die Ungläubigen. Es soll zu einer fortwährenden öffentlichen Diskussion über die Erkenntnistheorie ihres Glaubens beitragen, ohne sich dabei auf spezifisch christliche Prämissen oder Voraussetzungen zu berufen. Dabei werde ich geltend machen, dass es, von diesem öffentlichen Standpunkt aus gesehen, nicht den geringsten Grund für die Annahme gibt, dem Christentum mangele es an Rechtfertigung, Rationalität oder Gewährleistung – jedenfalls keinen Grund, der nicht die Falschheit des christlichen Glaubens voraussetzt. Das zweite Projekt dagegen – also das Vorhaben, aus christlicher Sicht eine erkenntnistheoretische Darstellung des christlichen Glaubens zu geben – wird für Christen von besonderer Bedeutung sein. Bei diesem Projekt geht man von der Wahrheit des christlichen Glaubens aus und untersucht von diesem Standpunkt aus die Erkenntnistheorie des Christentums, indem man fragt, ob und inwiefern dieser Glaube gewährleistet ist. Vielleicht kann man es sich so vorstellen: Dieses Projekt verhält sich spiegelbildlich zum Vorhaben des philosophischen Naturalisten, der von der Wahrheit des Naturalismus ausgeht und sodann versucht, eine Erkenntnistheorie aufzustellen, die gut zu diesem naturalistischen Standpunkt passt.

Das Buch wurde von Joachim Schulte übersetzt, einem sehr erfahrenen Übersetzer, der beispielsweise Werke von Richard Rorty oder Donald Davidson in die deutsche Sprache übertragen hat. Allerdings muss ich dennoch warnen: Gewährleisteter christlicher Glaube ist keine leichte Lektüre!

VD: RK

Plantinga: Ratschläge für christliche Philosophen

Der Aufsatz „Ratschläge für christliche Philosophen“, in deutscher Sprache zuerst erschienen in Glauben und Denken heute (2/2014, S. 6–19), ist nun auch separat als MBS Text 184 erschienen. Vielen Dank nochmals an all jene, die an der Übersetzung mitgearbeitet haben!

Plantinga schreibt:

Mbstexte184 TitelVor 30 oder 35 Jahren war die öffentliche Stimmung der etablierten Mainstream-Philosophie in der englischsprachigen Welt zutiefst unchristlich. Wenige etablierte Philosophen waren Christen, noch weniger waren bereit, in der Öffentlichkeit zuzugeben, dass sie es seien, und sogar noch weniger dachten von ihrem Christsein, dass es für ihre Philosophie einen echten Unterschied machen würde. Die am weitesten verbreitete Frage der philosophischen Theologie zu jener Zeit war nicht, ob das Christentum oder der Theismus wahr seien, stattdessen war die Frage, ob es überhaupt Sinn mache, zu sagen, dass es eine Person wie Gott gebe. Dem logischen Positivismus zufolge, der damals überall sein Unwesen trieb, macht der Satz „Es gibt eine Person wie Gott“ buchstäblich keinen Sinn; er sei verkappter Unsinn; er drücke nicht einmal irgendeinen Gedanken oder eine Proposition aus. Die zentrale Frage war nicht, ob der Theismus wahr ist; es ging darum, ob es überhaupt so etwas wie den Theismus gibt – eine echte, sachliche Proposition, die entweder wahr oder falsch ist. Aber die Dinge haben sich geändert. Es gibt jetzt viel mehr Christen im professionellen Umfeld der Philosophie in Amerika, sogar viel mehr unerschrockene Christen.

Hier: mbstexte184_a.pdf.

Plantinga: Ratschläge für christliche Philosophen

Warum erteilt der US-amerikanische Philosoph Alvin Plantinga christlichen Philosophen und anderen Wissenschaftlern und Künstlern Ratschläge? Ganz einfach:

Erstens ist es nicht nur in der Philosophie so, dass wir Christen stark von der Praxis und den Methoden unserer nicht-christlichen Kollegen beeinflusst sind. (Allerdings ist es wegen der Rechthaberei der Philosophen und der weitverbreiteten Streitigkeiten in der Philosophie vermutlich einfacher, dort ein Einzelgänger zu sein, als in den meisten anderen Disziplinen.) Dasselbe gilt für fast jede wichtige gegenwärtige intellektuelle Disziplin: Geschichte, Literatur- und Kunstkritik, Musikwissenschaft und die Sozial- und Naturwissenschaften. In allen diesen Bereichen gibt es Vorgehensweisen, allgegenwärtige Annahmen über das Wesen der Disziplin (zum Beispiel Annahmen über das Wesen der Wissenschaft und ihren Platz in unserer intellektuellen Welt), Annahmen darüber, wie wir in einer Disziplin Fortschritt erzielen können und wie ein wertvoller und lohnenswerter Beitrag von ihr aussehen könnte, und so weiter. Wir absorbieren diese Annahmen, wenn nicht mit der Muttermilch, so spätestens dann, wenn wir unsere eigentliche Disziplin erlernen. In all diesen Bereichen lernen wir, unser Fachgebiet unter der Leitung und dem Einfluss unserer Kollegen zu betreiben.

Aber in vielen Fällen passen diese Annahmen und Vermutungen nicht so leicht mit der christlichen oder theistischen Weltsicht zusammen. Dies wird in vielen Bereichen ersichtlich: In der Literaturkritik und der Filmtheorie, wo sich der kreative Anti-Realismus (siehe unten) austobt, in der Soziologie und der Psychologie und den anderen Humanwissenschaften; in der Geschichtswissenschaft und sogar in einem großen Teil der gegenwärtigen (liberalen) Theologie. Obwohl weniger offensichtlich, trifft das ebenso auf die sogenannten Naturwissenschaften zu. Der australische Philosoph J. J. C. Smart bemerkte einst, dass ein (aus seiner naturalistischen Sichtweise) nützliches Argument, um diejenigen, die an die menschliche Freiheit glauben, vom Irrtum ihrer Sicht zu überzeugen, darin besteht, sie darauf hinzuweisen, dass die gegenwärtige mechanistische Biologie anscheinend keinen Raum für den freien Willen des Menschen lasse: Wie könne sich denn zum Beispiel so etwas wie freier Wille im evolutionären Lauf der Dinge entwickelt haben? Sogar in der Physik und Mathematik, jenen starken Bastionen der reinen Vernunft, kommen ähnliche Fragen auf. Diese Fragen haben mit dem Inhalt jener Wissenschaften zu tun, und der Art, wie sie sich entwickelt haben. Sie haben auch damit zu tun, wie (wenn sie wie heute üblich gelehrt und praktiziert werden) diese Disziplinen künstlich von den Fragen getrennt werden, die das Wesen der Objekte betreffen, welche sie untersuchen – eine Trennung, die nicht dadurch festgelegt wird, was am ehesten der Natur des Fachgebietes entspricht, sondern durch eine weitgehend positivistische Vorstellung des Wesens von Wissen und des Wesens der intellektuellen Aktivität des Menschen.

Und drittens brauchen hier, wie in der Philosophie, Christen eine Autonomie und Ganzheitlichkeit. Wenn die gegenwärtige mechanistische Biologie tatsächlich keinen Raum für die menschliche Freiheit lässt, dann braucht es eine Alternative zur mechanistischen Biologie, und die christliche Gemeinschaft muss sie entwickeln. Wenn die gegenwärtige Psychologie grundlegend naturalistisch ist, dann ist es Aufgabe der christlichen Psychologen, eine Alternative zu entwickeln, die gut mit dem christlichen Supranaturalismus [Anm.: Also der Sicht, dass es mehr als nur Materie gibt und dass der Mensch eine übernatürliche Seele hat.] zusammenpasst, die also ihren Anfang bei grundlegenden wissenschaftlichen Wahrheiten wie: Gott hat die Menschheit nach seinem Bild geschaffen, nimmt.

Die vollständige Abhandlung gibt es in der nächsten Ausgabe von Glauben & Denken heute. Ich danke hier schon mal sehr herzlich Jonas, Ivo und Roderich für die Übersetzungsarbeit!

Thomas Nagel empfiehlt Plantingas neuestes Buch

418zJ1QUx-L._BO2,204,203,200_PIsitb-sticker-arrow-click,TopRight,35,-76_AA300_SH20_OU03_.jpgDer Philosoph Thomas Nagel (New York) hat Alvin Plantingas neustes Buch Where the Conflict Really Lies: Science, Religion, and Naturalism gelesen:

The interest of this book, especially for secular readers, is its presentation from the inside of the point of view of a philosophically subtle and scientifically informed theist—an outlook with which many of them will not be familiar. Plantinga writes clearly and accessibly, and sometimes acidly—in response to aggressive critics of religion like Dawkins and Daniel Dennett. His comprehensive stand is a valuable contribution to this debate.

I say this as someone who cannot imagine believing what he believes. But even those who cannot accept the theist alternative should admit that Plantinga’s criticisms of naturalism are directed at the deepest problem with that view—how it can account for the appearance, through the operation of the laws of physics and chemistry, of conscious beings like ourselves, capable of discovering those laws and understanding the universe that they govern. Defenders of naturalism have not ignored this problem, but I believe that so far, even with the aid of evolutionary theory, they have not proposed a credible solution. Perhaps theism and materialist naturalism are not the only alternatives.

Hier mehr: www.nybooks.com.

 

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