Evangelikale

Gemeinsam für das Evangelium

Im Frühjahr 2006 luden vier Pastoren und Freunde zu der Konferenz »Together for the Gospel – Gemeinsam für das Evangelium« nach Louisville/Kentucky ein (www.t4g.org). Trotz ihrer ganz unterschiedlichen denominationellen Herkunft eint sie das gemeinsame Bekenntnis zum Evangelium Jesu Christi. Im Einzelnen sind das:

Eine theologische Erklärung von »Together for the Gospel« kann hier auf Amerikanisch und Deutsch herunter geladen werden: mbstext084.pdf.

Marjoe Gortner

Wenn ich sehe, wie selbsternannte Apostel, Propheten und Heilungsprediger Menschen verführen, erfüllt mich das jedes Mal mit Traurigkeit und Unverständnis. Traurig machen mich die vielen Menschen, die sich willenlos den respektlosen und selbstsüchtigen Experimenten der »vollmächtigen« Prediger ergeben. Nicht verstehen kann ich, warum es diesen Leuten so einfach gemacht wird, gesellschaftlichen und geistlichen Schaden anzurichten. Lieben es manche Menschen, betrogen zu werden? Wo sind die Mündigen, über die Dietrich Bonhoeffer so viel geschrieben hat?

Wer meint, dass sich lautes Predigen, Heilungswunder, Zungenrede oder das »Umgeworfen werden im Geist« (engl. »slain in the spirit«) nur als Wirkung des Heiligen Geistes erklären lassen, sollte sich einmal mit dem Leben von Hugh Marjoe Ross Gortner befassen.

Gortner, der als Marjoe Gortner bekannt wurde, trat schon als vierjähriges Kind auf Erweckungsveranstaltungen auf. Nachdem er sich als junger Mann vom christlichen Glauben gelöst hatte, veranstaltete er 1971 »erfolgreiche« Erweckungsfeldzüge unter Einbeziehung eines Filmteams. In den Pausen und nach den Events erklärte Gortner, der damals schon Atheist war, den Dokumentarfilmern die Wirkungsweise seiner rhetorischen und hypnotischen Tricks. Kurz: Der ganze »Feldzug« war ein »fake«.

Mitschnitte aus der preisgekrönten Dokumentation Marjoe können bei youtube.com eingesehen werden:

  1. www.youtube.com
  2. www.youtube.com
  3. www.youtube.com

Weitere Mitschnitte lassen sich bei youtube.com unter dem Stichwort »Marjoe« finden.

Zurück nach Rom

ReturntoRome.jpgIm Jahre 2004 traf ich Francis Beckwith auf der Jahrestagung der Evangelical Theological Society (ETS) in Texas. Wer konnte ahnen, dass der damals schon designierte Präsident der ETS über eine Konversion zum Katholizismus nachdachte?

In seinem neuen Buch beschreibt der Philosoph (University of Notre Dame), warum er seinen Protestantismus bereut und in den Schoß der einen wahren Kirche zurückgekehrt ist. Ich ahne, dass es neben einem anderen Sakramentsverständnis nicht zuletzt etwas mit der Profillosigkeit der Evangelikalen in ethischen Belangen zu tun hat.

Wir dürfen auf das Buch, dass in wenigen Wochen erscheint, gespannt sein.

Evangelikale und die Demokratie

Demokratie.jpgMehrfach wurde in den letzten Jahren der Eindruck erweckt, evangelikale Christen hätten ein ein gestörtes Verhältnis zur Demokratie. Das Martin Bucer Seminar und der Verein ProMundis e.V. (Bonn) haben in einer idea-Dokumentation das Verhältnis der Evangelikalen in Deutschland zur Demokratie dargestellt. Als Autor dafür wurde der Kölner Jurist Thomas Zimmermanns gewonnen. Der Rektor des Martin Bucer Seminars, Thomas Schirrmacher, erklärt dazu:

Millionen überzeugte Christen haben sich in allen demokratischen Ländern als gute Staatsbürger erwiesen, die rechtsstaatliche Verhältnisse stützen und zugleich das demokratische Recht auf eine eigene Meinung gerne und gewaltlos in Anspruch nehmen. Zudem verteilen sich überzeugte Christen in vielen Fragen auf das gesamte politische Spektrum, denn nicht jede politische Entscheidung berührt zentrale ethische Grundsatzfragen und aus vielen ethischen Grundwerten folgt nicht automatisch eine bestimmte konkrete Umsetzung – wenn man etwa an das soziale Netz eines Staates denkt.

Gleichzeitig sind überzeugte Christen keine netten Mitläufer und Befehlsempfänger, sondern halten eine gesunde Distanz zu allen politischen Utopien und allzu optimistischen Sichtweisen, dass sich alle Probleme durch Politik lösen lassen. Zudem folgen sie einem Wertesystem, das außerhalb der Reichweite des einzelnen Staates liegt und handeln »in Verantwortung vor Gott und den Menschen«. Sie fühlen sich an ihr von Gottes Offenbarung her gebundenes Gewissen stärker gebunden, als an Mehrheiten oder die augenblickliche politische Faktenlage.

Diese Bindung an höhere Werte gilt selbst für die Demokratie. Historische Erfahrung lehrt, dass Demokratie besser als jede andere Staatsform Tyrannei, Menschenrechtsverletzungen und einen zu großen Machtmissbrauch verhindern kann. Ja, es gibt schwerwiegende christliche Gründe für die Gewaltenteilung, etwa, dass Christen immer von der Neigung des Menschen zum Bösen ausgehen und es deswegen für weise halten, dass kein Einzelner eine zu große Machtfülle erlangt. Zudem befürworten Christen, dass auch die Herrschenden dem Gesetz unterstehen, nicht selbst das Gesetz sind.

Aber Demokratie ist kein Selbstzweck in sich. Wenn die Demokratie keine höhere Werte mehr verteidigt, kann sie sich selbst abwählen. Man kann auch Massenmörder demokratisch wählen und Rassismus legal in Gesetzesform gießen. Zudem leben wir in einer Parteiendemokratie, so dass sich letztlich politische Auffassungen nur durch wenige Nadelöhre kanalisieren lassen. Die Macht der Parteien lässt oft die Macht des Volkes schrumpfen, ja kann sogar die eigentlichen Regierungsfunktionen marginalisieren. Auch das werden Christen bei aller Unterstützung der Demokratien, in denen sie leben, immer wieder kritisch zur Sprache bringen.

An Evangelical Manifesto

Os Guinness hat die Formulierung eines Evangelical Manifesto angeregt, das schließlich am 7. Mai 2008 in Washington D. C. vorgestellt wurde. Al Mohler hat in seinem Blog eine Rezension über das Manifest publiziert und in einer Radiosendung mit Guinness über das Dokument gesprochen.

Der Mitschnitt der Radiosendung kann hier als Stream gehört oder als mp3 herunter geladen werden: www.albertmohler.com. Das Interview beginnt ab der 11. Minute.

Evangelikale Reaktion auf muslimische Verständigungsinitiative

Die Weltweite Evangelische Allianz (WEA) hat in einem Schreiben einen eigenen Beitrag zu einer christlich-muslimischen Verständigungsinitiative geleistet. Das Dokument, das am 11. März veröffentlicht wurde, ist eine Antwort auf ein Gemeinsames Wort von 138 muslimischen Geistlichen, das diese zum Ende des Fastenmonats Ramadan im Oktober an den Vatikan, die orthodoxen Kirchen, den Weltkirchenrat, die anglikanische Weltgemeinschaft sowie die Weltbünde der Lutheraner, Reformierten, Baptisten und Methodisten gerichtet hatten. Darin wiesen sie auf Gemeinsamkeiten in der Bibel und im Koran hin, insbesondere auf das Doppelgebot, Gott und den Nächsten zu lieben.

In dem vom Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit der WEA, Prof. Thomas Schirrmacher (Bonn), verfassten und von ihrem Internationalen Direktor, Geoff Tunnicliffe (Markham), unterzeichneten Antwortschreiben lädt die Dachorganisation von rund 420 Millionen Evangelikalen Muslime zu Gesprächen über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden großen Weltreligionen ein: »Lassen Sie uns im direkten Gespräch über unsere Differenzen sprechen und versuchen, einander durch gute Argumente zu überzeugen, ohne Gewalt und Androhung von Gewalt, und damit über die Differenzen in den politischen Strategien oder in der Handlungsweise der Regierungen hinauszugehen.«

Die WEA betont die Verpflichtung der Christen zum Frieden, wie sie etwa in der Bergpredigt Jesu oder in den Briefen des Apostels Paulus zum Ausdruck kommen. Die Weltallianz geht auch auf den Aufruf der muslimischen Gelehrten an Christen ein, Muslime zu werden, indem sie »Gott anbeten sollen, ohne ihm einen Partner zur Seite zu stellen«. Diese Einladung könne man nicht annehmen. Im Gegenzug lädt die Allianz Muslime zum Glauben an den Gott ein, »der unseren Widerstand gegen ihn und unsere Sünde durch das vergibt, was sein Sohn Jesus Christus für uns am Kreuz getan hat«. Es gehe nicht darum, Streit zu suchen. Vielmehr seien Christen von der Wahrheit ihres Glaubens ebenso überzeugt wie Muslime von ihrer. Die Allianz verweist unter anderem auf das Jesus-Wort »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich« (Johannes 14,6).

Die fundamentalen Unterschiede im Gottesverständnis zwischen Islam und dem christlichen Glauben seien der Allianz bewusst. Zum besseren Verstehen werde es langer, aufrichtiger Gespräche bedürfen. Auch beim Verständnis der Liebe Gottes bestünden tiefe Differenzen. So glaubten Christen im Unterschied zu Muslimen, dass der Tod Jesu am Kreuz der größte Beweis der Liebe Gottes zu den Menschen sei. Man werde die Unterschiede jedoch niemals zum Vorwand nehmen, Muslime nicht zu lieben oder den Frieden zu gefährden.

Die WEA kommt auch auf die Religionsfreiheit als Menschenrecht zu sprechen. Man wolle, dass Christen und Muslime in Frieden zusammenleben können. Frieden werde man nicht dadurch erreichen können, dass man sich zunächst in allen Unterschieden einig werde. Vielmehr sollte man den Anhängern aller Religionen ermöglichen, ihren jeweiligen Glauben in vollem Maße auszuüben und zu verbreiten, und allen Menschen erlauben, ihre Religionszugehörigkeit frei zu wählen.

Die WEA bringt ferner Bedenken auf drei Gebieten zum Ausdruck. Sie bittet Muslime, zwischen dem christlichen Glauben und der westlichen Welt zu unterscheiden. Das Christentum sei keine westliche Religion, und die Mehrheit der Menschen im Westen lebten nicht nach Gottes Willen. Zum zweiten zeigt sich die Allianz verwundert, dass die Muslime davon sprechen, dass Christen Krieg gegen Muslime wegen ihrer Religion führten, sie unterdrückten und vertrieben. »Wo führen Christen Krieg gegen Muslime?« fragt die Allianz. Die dritte Sorge betreffe das Schicksal von Christen in überwiegend muslimischen Ländern. Oft sei es ihnen nicht gestattet, ihren Glauben ungehindert auszuüben; manche säßen in Haft, andere würden ermordet. Man bitte darum, den Christen das gleiche Maß an Frieden und Gerechtigkeit zukommen zu lassen, wie den dort lebenden Muslimen.

Im November 2007 hatten bereits eine große Anzahl christlicher Theologen eine Antwort auf die muslimische Verständigungsinitiative unter dem Titel »Gott und den Nächsten zusammen lieben« in der Zeitung New York Times veröffentlicht. Darin wurde die Gottes- und Nächstenliebe als »zentrale Gemeinsamkeit« der beiden Religionen bekräftigt. Das Papier wurde heftig kritisiert, da die Unterschiede zwischen den Religionen verwischt und die Bedeutung von Jesus Christus relativiert wurde.

Das originale Dokument gibt es hier: We_Too_Want_to_Live_in_Love.pdf. Eine deutsche Übersetzung kann heruntergeladen werden unter: WeToWant.pdf.

Francis Schaeffer und die Krise des Evangelikalismus (Teil 4)

2005-03-26c.jpgEines der großen Vermächtnisse von Francis Schaeffers war es, uns zu zeigen, dass »Ideen Konsequenzen haben« und wir die Geistes- und Kulturgeschichte kennen müssen, um die Gegenwart zu verstehen. Schaeffer lehrte, dass wir ohne Kenntnis der Heilige Schrift und ohne Vertrautheit mit der Kulturgeschichte nicht in der Lage sind, gegenwartsrelevant zu leben und die Menschen mit dem Evangelium zu erreichen. So mahnte er eindringlich, die Genealogie des existentialistischen und konstruktivistischen Wahrheitsverständnisses wahrzunehmen. Schon im Jahre 1968 schrieb er:

Die heute zwischen den Generationen aufgebrochene Kluft ist zum größten Teil durch einen Wandel im Wahrheitsverständnis entstanden. Wo immer wir hinschauen, herrscht dieses neue Verständnis vor. Es umgibt uns als ein nahezu fugenloser Meinungsblock auf allen Gebieten, sei es in den Künsten, in der Literatur oder auch nur beim Lesen von Zeitungen und Wochenschriften, wie Spiegel, Weltwoche, Welt am Sonntag, Sunday Times, L’Express de Paris, Elsevier’s Weekblad und anderen mehr. Von allen Seiten her spüren wir den Würgegriff einer neuen Methodologie – und mit Methodologie meinen wir die Art und Weise, wie wir an Wahrheitserkenntnis und Wissen herangehen. Es ist erstickend wie der dichteste Londoner Nebel! Und sowenig sich der Nebel durch Wände und Türen abhalten läßt, so wenig können wir uns der vorherrschenden Meinung entziehen. Das geht so weit, daß wir in unseren eigenen vier Wänden nicht mehr klar sehen und uns doch nicht erklären können, was eigentlich geschehen ist. Die Tragik unserer heutigen Situation liegt darin, daß die neue Einstellung zur Wahrheit Männer und Frauen in ihren Lebensgrundlagen erschüttert hat, ohne daß sie sich jemals Rechenschaft über den neuen Kurs gegeben haben. Die jungen Menschen werden zunächst im Rahmen des alten Wahrheitsverständnisses erzogen. Dann geraten sie unter den Einfluß der modernen Auffassung. Mit der Zeit werden sie unsicher, weil sie die ihnen vorgelegte Alternative nicht durchschauen. Diese Unsicherheit führt zu Verwirrung und bald zu einem inneren Zerbruch – unglücklicherweise nicht nur bei jungen Menschen, sondern auch bei vielen Pfarrern, Lehrern, Evangelisten und Missionaren. So ist, wie ich meine, die veränderte Auffassung über den Weg, der zu Erkenntnis und Wahrheit führt, das entscheidende Problem, das sich der Christenheit heute stellt.

Doch Schaeffer war kein pessimistischer Nörgler oder ein weltfremder Experte. Er bejahte das Leben und zeigte den Menschen, dass sie wertvoll und wichtig sind. Der Mann, der sich so sehr für die großen Zusammenhänge interessierte, bemühte sich leidenschaftlich darum, für jeden einzelnen Nächsten eine geistliche Perspektiven zu entwickeln. Udo Middelmann schreibt:

Schaeffers Bereitschaft, mit und über die Bibel zu diskutieren, entsprang der Entdeckung, dass man ihrem Wahrheitsgehalt vertrauen kann. Dazu kamen seine Freude an Menschen und sein Respekt für sie. Er sah nicht die Masse, sondern den Einzelnen. Er sah nicht Bedürftige, sondern Individuen, die eine Antwort auf die verwirrenden Lebensfragen brauchten. Bei Schaeffer gab es keine kleinen Leute, sondern nur Männer und Frauen im Ebenbild Gottes. Das heißt nicht, dass er sich nicht manchmal über einen Menschen ärgerte, sondern dass er nie über Fragen und Situationen schockiert war, mit denen Menschen ihn konfrontierten. Für ihn waren sie alle Menschen aus Fleisch und Blut, neugierig und begabt und mit mehr oder weniger Mut zum Leben.

Schaeffer nahm einfühlsam wahr, dass es in der Welt um uns herum auch gute Gründe dafür gibt, kein Christ zu sein. Ohne die Bibel ist die Welt in vielen Bereichen um uns ein verwirrendes Durcheinander. Wenn die Welt um uns herum so von Gott gemacht oder gewollt ist, existiert er entweder gar nicht oder er ist ein Monster. Nur die Bibel kann eine treffendere Erklärung der Realität und der Geschichte, des Schöpfers und seines Einsatzes für unsere Erneuerung vorweisen. Schaeffer ging immer von der jetzigen Unzulänglichkeit aus und freute sich über das, was dennoch in einer gefallenen Welt bewirkt werden kann.

Nun der Link auf den vierten Mitschnitt der Vorlesung »Watershed of the Evangelical World«: www.youtube.com und ein kurzer Videoclip aus dem Jahre 1982. Schaeffer hatte sich damals bereits von der Evangelikalen Bewegung entfremdet und war von seiner schweren Krankheit gezeichnet.

Schließlich der Hinweis auf einen Artikel aus dem World Magazin über 50 Jahre L’abri: www.worldmag.com.

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