Die Soziologin Andrea Newerla trifft den Nagel auf den Kopf, wenn sie in einem Interview erklärt, dass die Romantik keine hinreichenden Gründe für stabile Beziehungen liefert. Sie spricht von einem einem „Zeitalter der seriellen Romantik“. Das bedeutet, Menschen lösen sich nicht von der romantischen Erzählung, sondern suchen nach dem Scheitern einer Beziehung ihr Glück in der nächsten Beziehung. Genau diesen Kreislauf möchte sie durchbrechen und fordert, dass die Gesellschaft sich für neue Formen des Zusammenlebens öffnet und dabei etwa von polyamourösen oder queeren Beziehungen lernt. Vom Modell der „Verantwortungsgemeinschaft“, das die Ampelkoalition derzeit diskutiert, erwartet sie dafür hilfreiche Impulse.
Sie sagt:
Das ist ein sehr spannender Vorschlag, weil es solch ein Modell in dieser sehr freien Form, ohne Fokus auf Zweisamkeit, noch nirgendwo anders gibt. Ich würde mir wünschen, dass die politischen Entscheidungsträger Strukturen schaffen, die eine Vielfalt von intimen Beziehungen ermöglichen. Im Moment ist es zum Beispiel schwierig, wenn ich mit einer Freundin oder einem Freund ein Kind großziehen will, ich aber kein biologischer Elternteil bin; dann habe ich keine Rechte. Es geht auch um unsere Zukunft als alternde Gesellschaft. Wir haben jetzt schon enorme Versorgungsprobleme, die ein romantischer Liebesdienst nicht lösen kann. Wir brauchen ein neues Miteinander, das nicht nur auf einem sehr besonderen, aber auch sehr zerbrechlichen Gefühl wie der romantischen Liebe fußt.
Hier liegt sie falsch. Das wird nicht funktionieren, sondern – wenn es denn so kommt – einen Scherbenhaufen hinterlassen. Das hat etwas damit zu tun, dass Menschen langfristige, verlässliche und tiefe Beziehungen brauchen, um seelisch zu reifen. „Biofamilien“ können genau das besser als andere Konstellationen. In dem Interview, das Sarah Obertreis mit Andrea Newerla geführt hat, klingt durch, dass ihr Paradigmenwechsel durch persönliche Enttäuschungen motiviert war: „Auch ich war serielle Romantikerin. Das heißt: Seit ich 15 Jahre alt war, bin ich immer in romantischen Liebesbeziehungen gewesen – mal länger, mal kürzer. Das hat sich erst mit dem Ende meiner letzten romantischen Beziehung geändert.“
Aus christlicher Sicht lässt sich dazu sagen: Es stimmt, dass das romantische Gefühl keine ausreichende Grundlage für Ehe und Familie ist. Aus dieser zutreffenden Beobachtung zu schließen, dass man sich gar nicht mehr auf langfristige Zweierbeziehungen einlassen, sondern seinem Gefühl folgen sollte – wohin es auch immer führt, stimmt allerdings ebensowenig. Aus christlicher Sicht ist die Ehe ein Bund auf Lebenszeit – zum Wohle der Partner, der möglichen Kinder und der Gesellschaft. Dieser Bund, den beide Parnter vor Gott eingehen, liefert eine tragfähige Grundlage für eine stabile Beziehung auf Lebenszeit.
Nebenbemerkung: Im Interview fällt der Satz: „Was wir in unseren Schlafzimmern treiben, ist politisch.“ Zum besseren Verständnis dieser Aussage empfehle ich das Buch Der Siegeszug des modernen Selbst von Carl Truman.
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