Feminismus

Zeitgeist

Frauen, lasst die Teilzeit bleiben?

Frauen investieren viel Zeit und Geld in ihre Ausbildung. Doch kaum sind die Kinder da, ziehen sich viele in die Teilzeit zurück. Ein fataler Trend, findet Inge Kloepfer in ihrem Beitrag für die FAZ. Sie hat dafür die Studie Making Motherhood Work von Caitlyn Collins ausgewertet.

Bemerkenswert ist das fehlende Verständnis dafür, dass es für Eltern und Kinder gut ist, mehr Zeit füreinander zu haben. Der Druck auf Frauen, die sich für mehr Zeit an der Seite der Kinder entscheiden, steigt – spürbar und ganz selbstverständlich. Das sind die Nebengeräusche der Emanzipation. Die jungen Mütter sind überhaupt nicht auf die emotionalen Kosten des Mutterseins vorbereitet und geraten, wenn die Kinder plötzlich da sind, in einen „Informationsschock“:

Ganze Kohorten jüngerer Frauen unterschätzten regelmäßig die Kosten, die ihnen durch ihr Muttersein entstehen, vor allem die „emotionalen Kosten“, die durch die Trennung von den Kindern, durch Schuldgefühle gegenüber Familie und Arbeitgeber oder etwa durch zu wenig Schlaf entstehen. Eine realistische Vorstellung davon machten sich junge Frauen kaum, nicht nur in Deutschland. „Man könnte das Mutterwerden als eine Art Informationsschock bezeichnen, der sich dramatisch auf das Verhalten der Frauen niederschlägt“, heißt es in der Studie. Mit erheblichen Folgen: „Die Wahrscheinlichkeit einer Anstellung nach der Geburt des Kindes sinkt für Frauen in den Vereinigten Staaten oder Großbritannien um 30 bis 40 Prozent. Dabei wirkt der Informationsschock nicht nur lange nach. Er verstärkt sich sogar. Frauen, die direkt nach der Geburt einer festen Arbeit gegenüber skeptisch werden, seien es zwei Jahre später erst recht. Und noch stärker sind die Effekte, wenn das zweite Kind geboren wird. Betroffen sind davon vor allem die gut ausgebildeten Frauen. Bei Vätern indes sind derlei Effekte nicht nachzuweisen.

Anstatt den Rechtfertigungsdruck unter Frauen, die sich für die Familie entscheiden, zu erhöhen, sollten wir viel mehr danach fragen: Was ist gut für die Kinder? Aber das ist natürlich altbacken oder eben politisch unkorrekt.

Hier der vollständige Artikel: www.faz.net.

Gesellschaft, Politik

Agent*In

Da haben sich die Grünen wieder was einfallen lassen: Die Agent*In – ein Antifeminismus-kritisches Online-Lexikon. Das ganze Projekt läuft unter dem Dach der Heinrich-Böll-Stiftung und wird – so darf vermutet werden – mit öffentlichen Geldern gefördert.

Und worum geht es inhaltlich? Die Antwort der Betreiber:

Die gesellschaftliche Polarisierung zwischen autoritär orientierten Parteien und Gruppierungen und emanzipatorischen Kräften, die eine offene und liberale Gesellschaft mit all ihren Errungenschaften verteidigen wollen, nimmt zu. Mittendrin können wir seit Jahren Antifeminismus beobachten, der als verbindendes Element, als Kitt zwischen (national)konservativen, rechtspopulistischen bis hin zu rechtsextremen Einstellungen und Politiken fungiert und die Brücke in die sogenannte Mitte der Gesellschaft bildet. In dieser sind antifeministische Positionen gleichfalls verankert. Islamfeindlichkeit, Homophobie und Ablehnung von ‚Gender-Ideologie‘ verbinden eine bunte Mischung von Rechtsaußenparteien, Gruppierungen und fundamentalistischen Bewegungen in ganz Europa und über die Grenzen Europas hinaus. In Deutschland gehören zu diesem Spektrum u.a. die AfD, Pegida, HogeSa, Besorgte Eltern, Demo für alle, die Zivile Koalition, sogenannte Lebensschützer oder christlich-fundamentalistische Organisationen und Gruppierungen der Neuen Rechten. Diese antifeministischen, geschlechtskonservativen und mitunter rassistischen Kreise mobilisieren z.T. schon seit Jahren auf europäischer und nationalstaatlicher Ebene gegen Gleichstellungspolitik und emanzipative Geschlechterbewegungen wie auch gegen die Geschlechterforschung. Durch Demonstrationen, sprachliche Subversion und Aktionen, die sich z.B. gegen „Gender-Wahn“ oder die „Frühsexualisierung unserer Kinder“ richten sowie gezielte Tabubrüche wollen sie Einfluss auf den öffentlichen Diskurs nehmen. Unterstützung erhalten diese Gruppierungen u.a. von (ultra)konservativen Publizist_innen. Der Blick auf Leitmedien, Talkshows und Bestsellerlisten zeigt, dass der Einfluss von Anti-Feminist*innen in den letzten Jahren stärker geworden ist. Egal ob es sich um die Thematisierung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in der Gesellschaft, in Schulen oder in den Gender Studies handelt oder um Familien- und Rollenvorstellungen – der Protest richtet sich stets gegen post-essentialistische Sexualitäts- und Genderkonzepte.

Aufgebaut ist das wie eine „Täterdatei“. Hat jemand gegen Gender-Mainstream Stellung bezogen, etwa in einem Vortrag oder einem Buch, wird das im „Lexikon“ entsprechend vermerkt. Zu finden sind beispielsweise Einträge zur Rolf Hille, Stephan Holthaus, Daniel von Wachter oder auch das Netzwerk für „Bibel und Bekenntnis“. Sogar Harald Marteinstein, ein langjähriger Wähler der Grünen, wurde als NPD-nah eingestuft, weil er sich in der ZEIT kritisch zum Gender-Mainstream geäußert hatte.

Eine Stellungnahme gegen Abtreibung oder die Frühsexualisierung in den Schulen wird so als „gezielter Tabubruch“ hingestellt. Bedeutungsumkehr. Wir merken: Es geht nicht um den Austausch von Argumenten, sondern um eine neue Form der Inquisition. Ich frage mich, ob der Tag kommen wird, an dem die Aktivistinnen Leute dazu verpflichten wollen, einen Sticker zu tragen, weil sie antifeministische Positionen vertreten.

Gesellschaft

Das männliche Geschlecht in der Krise

Männlichkeit ist offenbar eine Idee von gestern. Das hat Folgen für die Gesellschaft. Inzwischen raten selbst Feministinnen zur Aufwertung männlicher Tugenden. Der Soziologe Walter Hollstein schreibt in einem Gastbeitrag für die FAZ:

Der amerikanische Präsident Barack Obama hat im Spätsommer 2016 im Magazin „Glamour“ den Essay „So sieht ein Feminist aus“ publiziert. Der Vater zweier Töchter notiert: „Michelle und ich haben unsere Töchter dazu erzogen, das Wort zu ergreifen, wenn sie Doppelmoral sehen oder denken, dass sie wegen ihres Geschlechts oder ihrer Rasse unfair behandelt werden (…) Und ja, es ist wichtig, dass ihr Papa ein Feminist ist, denn jetzt erwarten sie das von allen Männern.“ Männer nimmt Obama dabei nur als Unterstützer des Feminismus wahr. Und da schließt sich der Kreis zwischen den Präsidenten. Während „Clinton und Obama die Frauenkarte gespielt haben“, so der Rechtsgelehrte Glenn Reynolds, seien Jungen und Männer sozial immer weiter zurückgefallen. Er ist nicht der Einzige. Die Politologin Katherine J. Cramer hat in ihrem Buch „The Politics of Resentment“ eindrücklich beschrieben, wie viel Wut und Groll es in der Arbeiterklasse in Wisconsin gibt – einem Bundesstaat, der die Wahl Trumps mitentschieden hatte. Rechtsprofessorin Joan C. Williams erklärt in der „Harvard Business Review“ den Erfolg Trumps mit den lange ignorierten Bedürfnissen arbeitender Männer.

Mehr:  www.faz.net.

Feuilleton

Die kalte Seite des Feminismus

Es lohnt sich, ab und zu mal eine Stimme des linken Feminismus im O-Ton zu hören bzw. zu lesen. Die britische Journalistin, Autorin und Bloggerin Laurie Penny stellt in einem Interview mit der SZ ihr neues Buch Babys machen und andere Storys vor:

Ich liebe Babys, aber keine eigenen, denn ich will mit Kacke nichts zu tun haben. Nein, ernsthaft: Damit ich mir Kinder vorstellen könnte, müssten sich die Umstände dramatisch ändern und ich weiß nicht, ob sie das jemals tun werden. Es ist eine Schande, dass Frauen sich immer noch zwischen Mutterschaft und allem anderen entscheiden müssen. Außerdem bin ich überhaupt nicht wild auf eine Schwangerschaft. Dafür sollte es wirklich technische Alternativen geben.

SZ: Das ist ein Witz, oder?

Nein, das meine ich völlig ernst. Wir brauchen technische Alternativen zur Schwangerschaft. Warum gibt es noch keine? Die moderne Medizin kann Gliedmaßen wieder annähen und Gesichter transplantieren. Heutzutage ist so vieles möglich, was vor ein paar Jahrzehnten undenkbar war. Eizellen werden bereits in Petrischalen befruchtet. Warum sollten Babys nicht im Labor entstehen? Wieso ist eine technische Alternative zum Mutterleib so undenkbar? Schon in den Siebzigern haben Feministinnen über künstliche Gebärmütter nachgedacht.

Zumindest sollten Wissenschaftler diesen Fragen nachgehen. Es ist nicht nur eine feministische Frage: Schließlich gibt es auch Menschen, die keine Gebärmutter haben. Ich verstehe überhaupt nicht, was an dieser Idee verrückter ist als an der Idee, einen Arm, ein Herz oder ein Gesicht zu transplantieren.

Laurie Penny wird im deutschsprachigen Feuilleton übrigens verehrt. Es gibt sogar das Gerücht, sie ziehe demnächst nach Berlin. Sie gilt als Autorin, „die den Nerv für klare Worte hat und sich eine bessere Welt immerhin vorstellen kann“. DER SPIEGEL bezeichnete ihr Buch Fleischmarkt als „brillantes Plädoyer für einen neuen Feminismus“. Marie Schmidt zog für DIE ZEIT sogar folgendes Fazit: Am utopischen Horizont des Feminismus, den Laurie Penny vertritt, liege eine Gesellschaft, in der es so viele verschiedene Geschlechteridentitäten gäbe wie Menschen. Laurie Penny fordere deshalb Solidarität zwischen „all jenen, die in der heutigen Welt an Geschlechtszuschreibungen leiden“ (Quellen bei Wikipedia).

Mehr: www.sueddeutsche.de.

Akzente, Allgemein, Rezensionen

Gottes Mutterherz?

Einleitung

In einem Artikel vom 29. Dezember 2015 plädiert Tobias Faix für eine stärkere Betonung der weiblichen Seite Gottes in der christlichen Verkündigung. Er hat dabei auf verschiedene lexikalische Beobachtungen zurückgegriffen, die erörterungswürdig sind.

Ich möchte jedoch in der nachfolgenden, rasch ausgeführten, Untersuchung lediglich danach fragen, ob die zahlreichen in Anschlag gebrachten Bibeltexte die eingeforderte Rede vom „Mutterherz Gottes“ stützen. Ich zitiere dafür die angeführten Beweistexte, die in der feministischen Literatur immer wieder auftauchen, und ergänze sie durch kurze Vermerke.

Betrachtung der Bibeltexte

1. Gott als gebärende Frau

Dtn 32,18: „An den Fels, der dich gezeugt hat, dachtest du nicht mehr, und den Gott, der dich geboren hat, hast du vergessen.“

Der Vers spricht nicht von einer Frau, sondern davon, dass Gott (der Fels) uns gemacht hat. Das hebräische ḥyl kann gebären, aber auch zeugen, hervorbringen o. schaffen bedeuten. Da die Nomen „Gott“ und „Fels“ sowie das Verb „zeugen“ grammatisch maskulin sind, ist davon eher auszugehen.

Jes 42,4: „Lange bin ich still gewesen, habe ich geschwiegen, habe ich mich zurückgehalten, wie die Gebärende werde ich nun schreien, werde so sehr schnauben, dass ich um Luft ringen muss.“

Der Vers spricht nicht über eine Frau, sondern davon, dass Gott wie eine Gebärende schreien wird. Hier wird eine Tätigkeit Gottes beschrieben. Eine Eigenschaft oder Aktivität ist nicht mit Identität zu verwechseln. Zu sagen, dass mein Auto so schnell ist wie eine Rakete, bedeutet nicht, dass mein Auto eine Rakete ist.

Num 11,12: „Habe denn ich dieses ganze Volk empfangen, oder habe ich es gezeugt, dass du zu mir sagst: Trage es an deiner Brust, wie der Wärter den Säugling trägt, in das Land, das du seinen Vorfahren zugeschworen hast?“ 

Es handelt sich um einen Spruch des Mose. Er beschwert sich bei Gott, da dieser von ihm verlangt, sich um das Volk Gottes zu sorgen, so als sei es sein Kind. Es ist möglicherweise eine rhetorische Frage, die implizit mitteilt: „Du Gott hast das Volk gezeugt und aufgezogen“. Aber selbst dann, wenn das Bild feminin ist, ist der Text kein Beleg für die Weiblichkeit Gottes.

Hiob 38,8: „Wer hat das Meer mit Schleusen verschlossen, als es hervorbrach, heraustrat [wie] aus dem Mutterschoß, …“

Die Erde wird als Mutterschoß beschrieben, aus dem das Meer hervorgekommen ist. Gott war derjenige, der das Wasser mit Toren zurückgehalten hat. Die GN übersetzt trefflich: „Wer hat das Meer mit Toren abgesperrt, als es hervorbrach aus dem Schoß der Erde?“.

Hiob 38,29: „Aus wessen Schoß ist das Eis gekommen, und wer hat den Reif des Himmels geboren?“

Der Vers erinnert tatsächlich an das Bild einer Mutter. Allerdings steht hier wie in V. 28 das Verb jld, welches, je nachdem, ob eine Frau oder ein Mann gemeint ist, mit gebären oder zeugen übersetzt wird. Da es hier maskulin ist, passt zeugen besser.

Joh 16,21: „Wenn eine Frau niederkommt, ist sie traurig, weil ihre Stunde gekommen ist. Wenn sie das Kind aber geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Bedrängnis vor Freude, dass ein Mensch zur Welt gekommen ist.“

Hier wird die Verbildlichung einer gebärenden Mutter gebraucht, um die Zeit der Drangsal und Traurigkeit zu beschreiben, die auf die Jünger Jesu zukommt.

2. Gott als stillende Mutter

Num 11,11-12: „Und Mose sprach zum HERRN: Warum gehst du so übel um mit deinem Diener, und warum finde ich keine Gnade in deinen Augen, dass du die Last dieses ganzen Volks auf mich legst? Habe denn ich dieses ganze Volk empfangen, oder habe ich es gezeugt, dass du zu mir sagst: Trage es an deiner Brust, wie der Wärter den Säugling trägt, in das Land, das du seinen Vorfahren zugeschworen hast?“

Der Text wurde unter Num 11,11 bereits kommentiert. Hier beschwert sich Mose bei Gott. Auch dann, wenn die Fragen rhetorisch gestellt sind, ist die feminine Illustration kein Beleg für die Weiblichkeit Gottes. Gott spricht maskulin (’mr).

Ps 131,2: „Fürwahr, ich habe meine Seele besänftigt und beruhigt; wie ein entwöhntes Kind bei seiner Mutter, wie das entwöhnte Kind ist meine Seele ruhig in mir.“

David beschreibt seine seelische Verfassung. Seine Seele ist wie ein entwöhntes Kind stille in ihm [also in David].

Jes 49,15: „Würde eine Frau ihren Säugling vergessen, ohne Erbarmen mit dem Kind ihres Leibs? Selbst wenn diese es vergessen würden, werde doch ich dich nicht vergessen!“

Ein Vergleich. Eine Mutter vergisst ihr Säugling nur ausgesprochen selten. Selbst wenn sie es vergisst, so ist Gott anders als eine Mutter. Er wird sein Volk nie vergessen.

Hos 11,4: „Mit menschlichen Seilen habe ich sie gezogen, mit Stricken der Liebe, und ich war für sie wie jene, die das Kleinkind an ihre Wangen heben, und ich neigte mich ihm zu, ich gab ihm zu essen.“

Das Bild bezieht sich auf Ephraim als Kuh (vgl. Hos 10,11). Gott hat das Arbeitstier schonend behandelt.

1Petr 2,2: „Verlangt jetzt wie neugeborene Kinder nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, damit ihr durch sie heranwachst zum Heil, …“

Petrus greift wie in 1Petr 1,23 das Bild vom Neugeborenen auf. Die wiedergeborenen Christen sehnen sich nach geistlicher Nahrung wie Säuglinge sich nach Muttermilch sehnen.

3. Gott, der einkleidet

Gen 3,21: „Und der HERR, Gott, machte dem Menschen und seiner Frau Röcke aus Fell und legte sie ihnen um.“

Dieser Text hat keinerlei Beweiskraft für die These des Artikels, es sei denn, es wird vorausgesetzt, dass ausschließlich Frauen in der Lage sind, Menschen einzukleiden.

Mt 6,25-34: „Darum sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen werdet, noch um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Schaut auf die Vögel des Himmels: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in Scheunen — euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht mehr wert als sie? Wer von euch vermag durch Sorgen seiner Lebenszeit auch nur eine Elle hinzuzufügen? Und was sorgt ihr euch um die Kleidung? …“

Wie bei Gen 3,21 hat auch dieser Text keine Beweiskraft. Hinzu kommt, dass in Mt 6 ausdrücklich vom „himmlischen Vater“ gesprochen wird (vgl. 6,26.32).

4. Gott erzieht

Jes 46,3-4: „Hört auf mich, Haus Jakob, und ihr, der ganze Rest des Hauses Israel, die ihr mir schon im Leib eurer Mutter aufgeladen worden seid und die ihr vom Mutterschoß an getragen worden seid: Bis in euer Alter bin ich es und bis ins hohe Alter: Ich bin es, der euch schleppt. Ich habe es getan, und ich werde tragen, und ich werde euch schleppen und euch retten.“

Gott trägt das Volk vom Zeitpunkt der Geburt an und wird es auch in Zukunft tragen und retten. Der Bezug zur These fehlt, es sei denn, es wird davon ausgegangen, dass nur eine Frau schleppen, tragen und retten kann.

Hos 11,1–4: „Als Israel jung war, habe ich es geliebt, und ich rief meinen Sohn aus Ägypten. Sooft man sie rief, haben sie sich abgewandt von ihnen; den Baalen bringen sie Schlachtopfer dar und den Götterbildern Rauchopfer! Dabei war ich es, der Efraim das Gehen beigebracht hat – er hob sie auf seine Arme –, sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie geheilt habe. Mit menschlichen Seilen habe ich sie gezogen, mit Stricken der Liebe, und ich war für sie wie jene, die das Kleinkind an ihre Wangen heben, und ich neigte mich ihm zu, ich gab ihm zu essen.“ 

Siehe oben unter Punkt 2 (Hos 11,4).

5. Gott tröstet

Jes 66,13 „Wie einen, den seine Mutter tröstet, so werde ich euch trösten, und getröstet werdet ihr in Jerusalem.“ 

Es handelt sich um einen einfachen Vergleich, nicht um eine behauptete Identität von Gott und Mutter. Vgl. die Anmerkung zu Jes 42,14 unter Punkt 1. Der Sprecher, Jahwe (v. 12), redet in der männlichen Form (’mr).

Offb 21,4: „Und abwischen wird er jede Träne von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, und kein Leid, kein Geschrei und keine Mühsal wird mehr sein; denn was zuerst war, ist vergangen.“

Der Text hat keinerlei Beweiskraft im Blick auf die These, es sei denn, es wird verneint, dass ein Vater Trost spenden kann. Gen 5,29 spricht allerdings z.B. ausdrücklich davon, dass der Mann Noah trösten wird.

6. Gott als Geburtshelferin

Ps 22,10–11: „Du bist es, der mich aus dem Mutterschoß zog, der mich sicher barg an der Brust meiner Mutter. Auf dich bin ich geworfen vom Mutterleib an, von meiner Mutter Schoß an bist du mein Gott.“

Der Text hat keinerlei Beweiskraft, außer, es wird vorausgesetzt, dass ein Mann bei einer Geburt nie ein Helfer sein kann, so wie beispielsweise ein Gynäkologe die Geburt unterstützt.

Jes 66:

Hier gilt das Gleiche wie bei Ps 22,10-11.

7. Gott als Bärenmutter

Hos 13,8: „Ich falle über sie her wie eine Bärin, der man die Jungen genommen hat, und ich zerreiße die Brust über ihrem Herzen. Und dort fresse ich sie wie eine Löwin, die Tiere des Feldes reißen sie in Stücke.“

Hier wird Gott mit wilden Tieren verglichen, um den Ernst des göttlichen Gerichts herauszustreichen.

Ps 123,2: „Sieh, wie die Augen der Diener auf die Hand ihres Herrn, wie die Augen der Magd auf die Hand ihrer Herrin, so blicken unsere Augen auf den HERRN, unseren Gott, bis er uns gnädig ist.“

Ein einfacher Vergleich ohne Beweiskraft im Blick auf die These. Es wird nicht gesagt, dass Gott eine Gebieterin ist.

Lk 15,8-10: „Oder welche Frau, die zehn Drachmen besitzt und eine davon verloren hat, zündet nicht ein Licht an, kehrt das Haus und sucht eifrig, bis sie sie findet? Und wenn sie sie gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt: Freut euch mit mir, denn ich habe die Drachme gefunden, die ich verloren hatte. So, sage ich euch, wird man sich freuen im Beisein der Engel Gottes über einen Sünder, der umkehrt.“

Erkenne keinen Zusammenhang mit der These.

8. Gott als Bäckerin

Mt 13,33: „Ein anderes Gleichnis nannte er ihnen: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mischte, bis alles durchsäuert war.“ 

Ein Gleichnis. Erkenne keinen Zusammenhang mit der These.

Lk 13,20-21: „Und wiederum sprach er: Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es ist einem Sauerteig gleich, den eine Frau nahm und mit drei Scheffel Mehl vermengte, bis alles durchsäuert war.“

Ein Gleichnis. Erkenne keinen Zusammenhang mit der These.

9. Gott als Adlermutter

Ex 19,4: „Ihr habt selbst gesehen, was ich Ägypten getan und wie ich euch auf Adlersflügeln getragen und hierher zu mir gebracht habe.“ 

Ich bin kein Vogelkundler. Aber meines Wissens vertreibt oft die Adlermutter die Küken aus den Nestern und lässt sie fallen, damit sie fliegen lernen. Der Adlervater fängt sie dann mit seinen Flügeln auf. Aber selbst bei Arbeitsteilung spricht der Text nicht davon, dass Gott eine Adlermutter ist.

Dtn 32,11: „Wie ein Adler, der seine Brut aufstört zum Flug und über seinen Jungen schwebt, so breitete er seine Flügel aus, nahm es und trug es auf seinen Schwingen. Der HERR allein leitete es, kein fremder Gott war mit ihm.“

Ebenso wie Ex 19,4.

10. Gott als Henne

Ps 17,8: „Behüte mich wie den Augapfel, den Stern des Auges, birg mich im Schatten deiner Flügel“

Ps 57,2: „Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig, denn bei dir suche ich Zuflucht. Im Schatten deiner Flügel suche ich Zuflucht, bis das Verderben vorüber ist.“ 

Figurative Rede, wie sie oft zu finden ist. Bei Gottes Flügeln findet man Zuflucht und Schutz, vgl. z.B. Ps 36,7; 57,1; 63,7-8.

Mt 23,37: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder um mich sammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel sammelt, und ihr habt nicht gewollt.“

Lk 13,34: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst, die zu dir gesandt sind! Wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt.“ 

Auszug aus einer Strafrede Jesu. Das Bild von der Henne ist eindeutig figurativ zu verstehen.

Fazit

Der Artikel „Das Mutterherz Gottes“ wirft zahlreiche theologische Fragen auf. Um einige zu nennen: Ist im Hebräischen tatsächlich die Gebärmutter Ort der Gefühle und des Glaubens? Prägt die Biografie den Glauben eines Menschen prinzipiell stärker als die Theologie, determinieren also Vita und soziales Milieu die Bibelauslegung? Ist das zu Anfang geschilderte Beispiel nicht ein immens starker Hinweis darauf, dass wir unsere Erfahrungen gerade nicht auf Gott projizieren, sondern diese vielmehr von Gott her erleuchten lassen sollten? Ist das Shalom Gottes eine transformatorische Zusage Gottes für den Frieden in dieser Welt? Steht über das Wesen Gottes nur sehr wenig in der Heiligen Schrift? Warum finden wir in der Bibel keine Aufforderung, Gott als Mutter anzusprechen, die geforderte Anrede als Vater dagegen sehr wohl?

Diese kleine Untersuchung war freilich nicht den großen Fragen gewidmet. Es ging lediglich darum, ob die im Beitrag „Das Mutterherz Gottes“ aufgeführten 30 Bibeltexte die These stützen, dass die Heilige Schrift Gott mit zahlreichen weiblichen Bildern beschreibt (und „Mutterherz“ ein angemessener Begriff ist, um das Herz Jahwes zu bezeichnen). Viele der angeführten Begründungstexte haben im Blick auf die Behauptung keine Beweiskraft. Einige Texte rufen entsprechende Bilder oder Assoziationen hervor, ohne das sie ein weiblicheres Gottesbild erzwingen. Lediglich Hiob 38,29 könnte die Ansicht, Gott werde als gebärende Frau gekennzeichnet, stützen. Jedoch ist auch dieser Text nicht so evident, dass er den restlichen Befund kompensieren kann.

Ron Kubsch

– – –

Der Text kann hier auch als PDF-Datei heruntergeladen werden: MutterherzGottes1.1.pdf.

Nachtrag vom 31.12.15, 16.20 Uhr: Tobias hat die Ausführungen zu rǽḥæm für „Mutterschoß“ und lėb für Herz inzwischen korrigiert, so dass ein Hinweis darauf nur stört. Ich habe den entsprechenden Abschnitt deshalb gestrichen.

Gesellschaft, Politik

Staatsfeminismus

Claudia Wirz hat in der NZZ dargelegt, weshalb sie sich als Frau keine staatliche Zwangsbeglückung wünscht.

Vom einstigen Geist der Frauenemanzipation ist nicht mehr viel übrig geblieben. Was früher eine Volksbewegung war – also eine Bewegung hauptsächlich der Bürgerinnen –, ist heute zur Staatsdoktrin geworden. Der Staatsfeminismus, der scheinbar dem Motto nachlebt, dass alles Gute von oben kommt, eröffnet ein weites Feld für Interventionen. Der Staat sucht unentwegt nach neuen Missständen – zu Amtsdeutsch: Handlungsbedarf –, um immer weiter regulieren zu können. Die individuelle Eigenverantwortung, welche am Anfang der Aufklärung und damit auch der Frauenbewegung stand, ist dem gönnerhaften Staatsfeminismus fremd.

Es ist Frauenpolitikerinnen nicht vorzuwerfen, wenn sie mit einem solchermassen paternalistischen Feminismus Politik machen. Beunruhigen aber muss, wie wenig Widerstand solchen Postulaten entgegenweht. Schon die «geschlechtergerechte Sprache» nimmt man willfährig hin, obwohl sie Unfug ist. Wenn heute schon Fünfjährige von ihrer «Kindergartenlehrperson» sprechen, sollte das zu denken geben. Auch dass sich der Bundesrat für die Frauenquote ausspricht, irritiert. Denn mit der Quote wird nicht nur die Freiheit weiter demontiert. Mit ihr werden die Frauen abqualifiziert, weil man ihnen unterstellt, dass sie es aus eigener Kraft nicht schaffen und deshalb etwas «Spitex» brauchen. Und es werden neue Diskriminierungen geschaffen. Die Quote ist nichts anderes als eine staatliche Umverteilung zulasten der Männer.

Das Ziel des heutigen, staatlich forcierten Feminismus ist nicht mehr wie einst die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter, die eine Gleichheit im Anderssein postuliert. Heute geht es um die Nivellierung jedes Geschlechterunterschieds im gesellschaftlichen Zusammenleben. Dabei weiss gar niemand, wie eine vollkommen gleichgestellte Gesellschaft überhaupt aussehen würde. Wahrscheinlich wäre sie ziemlich langweilig – und gefährlich, weil überall Fehltritte und Klagen lauern.

Mehr: www.nzz.ch.

Gesellschaft, Wissenschaft, Zeitgeist

Fünf feministische Mythen widerlegt

Etliche Mythen, die im Raum des Feminismus verbreitet wurden, halten sich sehr hartnäckig und beeinflussen sogar politische Entscheidungen. Deshalb ist es gut, wenn die Philosophin Christina Hoff Sommers aus Liebe zur Wahrheit fünf dieser Mythen widerlegt. Gemeint sind folgende US-amerikanischen „Überzeugungen“:

  • Mythos 1: Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus, erarbeiten zwei Drittel der Arbeitsstunden der Welt, empfangen 10% des Welteinkommens und besitzen weniger als 1% des weltweiten Eigentums.
  • Mythos 2: Zwischen 100.000 und 300.000 Mädchen sind in den USA zur sexuellen Sklaverei gezwungen.
  • Mythos 3: In den Vereinigten Staaten sind 22% bis 35% der Frauen, die in der Notaufnahme von Krankenhäusern landen, Opfer häuslicher Gewalt.
  • Mythos 4: Eine von fünf Frauen wird in der Schule sexuell missbraucht.
  • Mythos 5: Frauen verdienen bei gleicher Arbeit nur 77 Cent für jeden Dollar, den ein Mann verdient.

Hier mehr: time.com.

Gesellschaft, Wissenschaft

Sprachliche Gleichbehandlung revidieren

In Österreich haben am Montag insgesamt 800 Uni-Professoren, Lehrer, Journalisten und Sprachkritiker in einem Offenen Brief zur Abschaffung der gegenderten Sprache aufgerufen.

Hier einige Auszüge:

Die gegenwärtige öffentliche Diskussion zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern veranlasst die unterzeichneten Linguisten, Germanisten, Hochschul-, Gymnasial- und Pflichtschullehrer, Journalisten und Schriftsteller, aber auch andere Personen des Gesellschaftslebens, dringend eine Revision der gegenwärtigen Vorschriften zu fordern. Es ist Zeit für eine Rückkehr zur sprachlichen Normalität.

Die derzeit durch den Frauenförderungsplan von oben her verordnete konsequente getrenntgeschlechtliche Formulierung zerstört die gewachsene Struktur der deutschen Sprache bis hin zur Unlesbarkeit und Unverständlichkeit. Man versuche z. B. nur § 2 des Bundesgleichbehandlungsgesetzes zu lesen und zu verstehen. Die Verpflichtung zur generellen getrenntgeschlechtlichen Formulierung führt darüber hinaus dazu, dass manche Aussagen nun schlichtweg nicht mehr „politisch korrekt“ formulierbar sind, z. B. Sätze wie „Frauen sind eben doch die besseren Zuhörer“. Das Beispiel zeigt klar auf: Die verordneten Vorschriften widersprechen zum Teil den Grundregeln unserer Sprache.

Die feministisch motivierten Grundsätze zur „sprachlichen Gleichbehandlung“ basieren auf einer einseitigen und unrichtigen Einschätzung der Gegebenheiten in unserer Sprache. Das „generische Maskulinum“(z. B. Mensch, Zuschauer…) zum Feindbild zu erklären und dessen Abschaffung zu verlangen, blendet die Tatsache aus, dass unsere Sprache ebenso ein „generisches Femininum“ (z. B. Person, Fachkraft…) und ein „generisches Neutrum“ (z. B. Publikum, Volk…) kennt. Alle seit Jahrhunderten als Verallgemeinerungen gebrauchten Wörter umfassen prinzipiell unterschiedslos beide Geschlechter. Die angeführten Beispiele beweisen dies. Es kann also weder die Rede davon sein, dass das jeweils andere Geschlecht nur „mitgemeint“ sei, noch dass das „generische Maskulinum“ ein „geronnener Sexismus“ wäre und für die Unterdrückung der Frau in der Sprache stünde. Die Sprachfrequenzforschung belegt ganz im Gegensatz dazu überzeugend, dass der feminine Artikel „die“ in allen Arten von Texten um ein Vielfaches häufiger repräsentiert ist als der maskuline Artikel „der“.

Auch auf die Forderung, ausweichende Formulierungen zu suchen, ist zu verzichten, weil der Schreiber durch krampfhaftes Suchen nach Ersatzformen häufig vom Wesentlichen des Inhalts abgelenkt wird und andererseits der Leser durch gekünsteltes Wortgut irritiert wird.

Außerdem muss gewährleistet sein, dass durch die traditionsgemäße Anwendung verallgemeinernder Wortformen die Verständlichkeit von Texten wieder den Vorrang vor dem Transport feministischer Anliegen eingeräumt bekommt. Dies vor allem im Hinblick auf

  • Kinder, die das sinnerfassende Lesen erlernen sollen,
  • Menschen, die Deutsch als Fremdsprache erwerben und
  • Menschen mit besonderen Bedürfnissen (z. B. Blinde, Gehörlose, Menschen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten)

Der vollständige Brief kann hier eingesehen werden: www.diesteirische.at.

Politik

Die EU will Kritik am Feminismus verbieten

Telepolis meldet, dass die EU konkreten Maßnahmen plant, um die Kritik am Feminismus zu eliminieren:

Ein bislang unbeachtetes Europäisches Rahmenstatur zur Förderung der Toleranz sieht in Sektion 2e vor, dass die EU „konkrete Maßnahmen“ ergreift, um Rassismus, Vorurteile nach Hautfarbe, ethnische Diskriminierung, religiöse Intoleranz, totalitäre Ideologien, Xenophobie, Antisemitismus, Homophobie und „Anti-Feminismus“ zu „eliminieren“. Der letztgenannte dieser Begriffe stößt unter anderem deshalb auf Kritik, weil es sich beim Feminismus um keinen der genetisch oder kulturell determinierten Gruppenmerkmale handelt, sondern um eine politische Ideologie. Hätten die Verfasser des Papiers gewollt, dass nicht die Kritik am Feminismus, sondern an Frauen als Gruppe eliminiert werden soll, dann hätten sie den Begriff „Misogynie“ verwenden müssen.

Ob eine „Eliminierung“ von Kritik, wie sie das auf dem Server des Europaparlaments gehostete Papier fordert, mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar wäre, ist ausgesprochen fraglich: Das liegt zum einem am Artikel 5 der Verfassung, in dem die Meinungs-, die Presse-, die Kunst- und die Wissenschaftsfreiheit geschützt sind. Werden diese Grundrechte eingeschränkt, dann müssen höherwertige Schutzgüter betroffen sein. Zum anderen könnten sich andere politische Ideologien wie die Sozialdemokratie, der Ökologismus, der Libertarismus oder der BüSo-Keynesianismus auf den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 des Grundgesetzes berufen und fordern, dass auch die Kritik an ihnen verboten wird.

Mehr: www.heise.de.

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