Gendergerechte Sprache

Genderstern nicht im Regelwerk

Der Gender-Lobbyismus hat dazu geführt, dass in immer mehr Behörden, Unternehmen und Medienanstalten die „gendergerechte Sprache“ eingeführt wird. Glücklicherweise hat sich der Rat für deutsche Rechtschreibung erst einmal dagegen entschieden, das Gendersternchen in das amtliche Regelwerk aufzunehmen.

DIE ZEIT meldet: 

Bis auf Weiteres wird das Genderstern nicht in das amtliche Regelwerk der deutschen Sprache aufgenommen. Dies geht aus einem Zwischenbericht hervor, den der Rat für deutsche Rechtschreibung beschlossen hat. Demnach will das Expertengremium die Entwicklung des Schreibgebrauchs zunächst weiter beobachten.

Der Rat wolle sich in seiner Bewertung geschlechtergerechter Schreibweisen an der Lesbarkeit und Verständlichkeit orientieren, heißt es in dem Papier. Ziel sei es, „einem unkontrollierten Nebeneinander unterschiedlichster Variantenschreibungen entgegenzuwirken“ und „die Einheitlichkeit der Rechtschreibung in allen deutschsprachigen Ländern zu erhalten“.

Mit neuen sprachlichen Formen wie etwa dem Genderstern („Student*innen“) oder dem Unterstrich („Bürger_innen“) sollen auch Menschen angesprochen werden, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen. Immer mehr Unternehmen, Hochschulen, Stadtverwaltungen und Behörden verwenden solche Formen. Laut dem Rechtschreibrat kann die Verwendung solcher Sonderzeichen zu Folgeproblemen und grammatisch nicht korrekten Lösungen führen.

Mehr: www.zeit.de.

Das erinnert an einen Fleischwolf

Die klugen Beobachtungen von Rieke Hümpel zur Gender-Sprache empfehle ich sehr gern.

Zum Beispiel:

In der Ausbildung zur Journalistin habe ich gelernt, dass Sätze verständlicher werden, je genauer man die Handelnden benennt. Wenn der Schulleiter nun von Lehrkräften spricht, denke ich: Ich möchte nicht, dass mein Sohn von einer Kraft unterrichtet wird. Sollten Medien, Bildungseinrichtungen und Online-Wörterbüchern gelingen, dass generische Maskulinformen künftig als politisch unkorrekt gelten, so werden die Menschen dennoch versuchen, die lange Beid-Nennung zu umgehen. Die Folge wird sein, dass Menschen in unserer Sprache immer mehr „neutralisiert“ werden. Wollen wir das wirklich? Eine Welt voller Lehrkräfte, Gartenkräfte, Hilfskräfte, Führungskräfte, Pressepersonen, Gastpersonen, Reitpersonen, Schiffspersonen – und Diverse. Was macht das mit uns?

Oder:

Etwas anderes ist es, wenn ein Staat Sprachgebrauch per Gesetz, Vorschrift oder Erlass vorschreibt– das nennt man dann Zwang. Und auch wenn Gleichstellungsbeauftragte in Universitäten Leitfäden zur gendersensiblen Sprache verteilen, ist das keine natürliche Sprachentwicklung. Sprache per Zwang und Druck zu normieren, führt in die Unfreiheit. Es gibt keinen freien Sprachzwang. Bisher waren dafür eher Diktaturen wie das Dritte Reich oder die Franco-Diktatur bekannt. Ich finde es beschämend, dass nun eine Demokratie in ein derart wichtiges Werkzeug der Freiheit so stark eingreift, und nehme es als lautes Alarmsignal wahr.

Mehr: www.welt.de.

Ein paar Fragen an die Duden-Redaktion

Ein Lektor und Verleger stellt der Duden-Redaktion etliche hilfreiche Fragen (Auszug aus einem FAZ-Leserbrief, 01.02.2020, Nr. 26, S. 19):

Die Duden-Redaktion, die das generische Maskulinum abschaffen will, sowie alle Befürworter und Propagandisten des Genderns müssen sich folgende Fragen stellen lassen: Weshalb haben sie sich (eventuell wider besseres Wissen) dem moralischen und politischen Druck der Sprachaktivisten gebeugt? Gibt es in ihrem Kreis niemanden, der die Funktion des generischen Maskulinums als unmarkierte sexusneutrale Sammelform im Sprachsystem erklären kann? Warum unterstützen sie eine Modeideologie, die sich bei näherer Betrachtung als undurchdachter Aktivismus am falschen Objekt entpuppt und in der praktischen Wirkung dem erklärten Anliegen, mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen, zuwiderläuft? Sehen sie nicht, dass beim Gendern eine feministische Agenda über ein gewachsenes und funktionierendes Sprachsystem gestellt wird und dass hier begründeter Ideologieverdacht besteht? Ist ihnen nicht klar, dass es sich beim Gendern um eine akademische Blüte handelt, die mit dem Sprachgebrauch der meisten Menschen nichts zu tun hat? Sehen sie nicht, dass eine Sprachpolitik von oben den natürlichen Sprachwandel manipuliert und verfälscht? Sehen sie nicht die Gefahr, dass das Gendern die Sprachgemeinschaft spaltet in solche, die sich als Avantgarde und als die „Guten“ fühlen, weil sie gendern, und auf den Rest herabschauen, weil sie sich verweigern? Sehen sie darüber hinaus nicht die Gefahr, dass das Gendern zum sozialen Distinktionsmerkmal wird? Registrieren sie nicht, dass trotz jahrelanger Propaganda eine überwiegende Mehrheit der Sprecherinnen und Sprecher des Deutschen das Gendern ablehnt?

Der Duden schafft sich ab

Sehr schön auf den Punkt gebracht:

Weil sich der Duden nun – nach 140 Jahren – identitären Obsessionen relativ kleiner Gruppen unterwirft, büßt er jede Verbindlichkeit ein – er schafft sich selber ab. Ich gehe jedenfalls weiterhin zum Bäcker – nicht zum Backshop, zur Backenden oder zur Bäcker*in.

Mehr: www.berliner-zeitung.de.

Wer schützt uns vor dem Duden-Verlag?

Der Verein Deutsche Sprache e.V. möchte den Bestrebungen des Duden-Verlags, die deutsche Sprache von oben herab umzubauen, entgegentreten (vgl. „Gendergerechte Sprache: Duden knickt ein“). Ich habe den Aufruf: „Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden“ unterzeichnet.

Der VDS schreibt zum Aufruf:

Der Verein Deutsche Sprache e. V. fordert alle Freunde der deutschen Sprache auf, den aktuellen Bestrebungen der Dudenredaktion zu einem Umbau der deutschen Sprache entgegenzutreten. So wird auf den Internetseiten des Duden das seit hunderten von Jahren in der deutschen Grammatik und im modernen Sprachgebrauch fest verankerte generische Maskulinum abgeschafft: „Mieter: Substantiv, maskulin, – männliche Person, die etwas gemietet hat.“ Frauen könnten demnach keine Mieter sein. Damit widerspricht der Duden nicht nur den Regeln der deutschen Grammatik, sondern auch dem Bundesgerichtshof, der im März 2018 letztinstanzlich festgehalten hat, dass mit „der Kunde“ Menschen jeglichen Geschlechts angesprochen seien. Die Beschwerde der Klägerin, die von ihrer Sparkasse mit „Kundin“ angeredet werden wollte, wurde kürzlich vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen.

Mit seiner Ankündigung, mehr als 12.000 Personen- und Berufsbezeichnungen mit weiblicher und männlicher Form in die Netz-Version des Werkes aufzunehmen, betreibt der Duden eine problematische Zwangs-Sexualisierung, die in der deutschen Sprache so nicht vorgesehen ist. Das biologische Geschlecht (Sexus) ist nicht mit dem grammatikalischen Geschlecht (Genus) gleichzusetzen. „Der Engel“ ist geschlechtslos, „der Scherzkeks“ kann auch eine Frau sei. Noch absurder wird das Vorgehen bei der Betrachtung des Plurals: „Die Ärztekammer“ vertritt Ärztinnen und Ärzte gleichermaßen, ebenso wie das Finanzamt Geld vom „Steuerzahler“ einzieht – unabhängig vom Geschlecht. Wenn wir konkrete Personen ansprechen, sagen wir selbstverständlich „Ärztin“ oder „Lehrerin“.

Indem er diese Grundsätze missachtet, ist der Duden auf dem Weg, seine Rolle als Standard-Referenzwerk für das Deutsche aufzugeben. Indem er Sprache nicht mehr nur widerspiegelt, sondern sie aktiv verändert, widerspricht er seiner eigenen Unternehmensstrategie. Der VDS fordert deshalb den Duden auf, seine Sexualisierungspläne zu überdenken, in Zukunft sensibler und behutsam mit der deutschen Sprache umzugehen, und sich auf seine ursprünglichen Ziele zu besinnen.

Hier gibt es die Möglichkeit, zu unterzeichnen: vds-ev.de.

Umbau der Sprache: Wer wagt noch zu widersprechen?

Aus einem FAZ-Leserbrief (12.01.2021, Nr. 9, S. 6)

Das Einknicken des Dudens folgt dem der Universitäten, die immer mehr zu Beschleunigern des Umbaus werden. Leider tun sich dabei gerade auch die Germanisten hervor, die es besser wissen sollten. Ihre Veröffentlichungen, bestimmt für die Studierenden, die sie als ihre LeserInnen oder Leser*innen oder gar als Lesende adressieren, beeinflussen nachhaltig die künftig in Schulen Lehrenden, was den Umbau der Sprache in politischer Zurichtung endgültig absichern dürfte. Wer aus der wissenschaftlichen Elite an den Universitäten und wer unter den politischen Entscheider*innen wagt es angesichts des allgegenwärtigen Drucks von Sprach-Ideologen überhaupt noch, den Gesslerhut nicht zu grüßen und öffentlich zu diesem sprachwissenschaftlichen Unsinn auf Distanz zu gehen? Leider viel zu wenige! 

Gendergerechte Sprache: Duden knickt ein

Der Streit über den Umbau des Deut­schen zur geschlech­ter- oder gender­ge­rech­ten Spra­che nimmt Fahrt auf. Inzwischen gab der Duden-Verlag bekannt, die Online-Version seines Wörterbuchs in Zukunft gendersensibel zu gestalten. „Die Redaktion habe“ – so ist beim DLF zu lesen – „seit einiger Zeit immer Zuschriften gekriegt, in der eine Gleichstellung der Geschlechter im Online-Duden gefordert wurde“. Der Vorstand der Deut­schen Gesell­schaft für Sprach­wis­sensch­schaft (DGfS), des größ­ten und mit Abstand mäch­tigs­ten Berufs­ver­ban­des der Diszi­plin, hat einen Blog gestar­tet, in dem die Mitglie­der sich zum Antrag auf Ände­rung der Satzung im Sinne einer „geschlech­ter­in­klu­si­ven Schrei­bung“ – das ist eine konse­quen­te Schrei­bung mit Gender­stern – äußern sollen. Also wird auch dort die Umstellung auf eine gendergerechte Sprache erwogen. Außerdem wird eine von etwa zwei­hun­dert Sprach­wis­sen­schaft­lern unter­zeich­ne­te Erklä­rung lanciert, die Kriti­kern des Gen­derns pole­mi­sche Unwis­sen­schaft­lich­keit vorwirft. Der Text wurde – so schreibt Peter Eisenberg in der FAZ  – in der Ausgabe 1/2021 der Zeit­schrift Forschung und Lehre abge­druckt.

Eisenberg, der bis zu seiner Emeritierung als Profes­sor für Deut­sche Spra­che der Gegen­wart an der Univer­si­tät Potsdam gelehrt hat, sieht diese Entwicklung kritisch. Er schreibt: 

Wozu dient der Stern also? Eine expli­zit poli­ti­sche Einlas­sung auf einer Dele­gier­ten­kon­fe­renz der Grünen 2015 in Berlin laute­te: „Um sicher­zu­stel­len, dass alle Menschen glei­cher­ma­ßen genannt und dadurch mitge­dacht werden, wird in unse­ren Beschlüs­sen ab jetzt der Gender-Star benutzt. Trans­se­xu­el­le, trans­gen­der und inter­se­xu­el­le Perso­nen werden so nicht mehr unsicht­bar gemacht und diskri­mi­niert.“ Hier wird keine inten­dier­te Bedeu­tung oder sprach­li­che Funk­ti­on genannt, sondern eine Einstel­lung des Benut­zers. Dieser stellt etwas sicher und folgt damit der Vorga­be, die mit dem Stern verbun­den ist. Das ist, zurück­hal­tend formu­liert, eine Geste der Aner­ken­nung für ein bestimm­tes Verständ­nis von sprach­li­cher Sicht­bar­ma­chung. Weni­ger zurück­hal­tend formu­liert, handelt es sich um das Einfor­dern einer Unter­wer­fungs­ges­te. Der Gender­stern ist ein sprach­li­cher Gess­ler­hut, mit dem signa­li­siert wird, dass sein Träger einer von den Propo­nen­ten vertre­te­nen Geschlech­te­r­ideo­lo­gie folgt. Eine ausge­führ­te Gram­ma­tik des Sterns liegt nicht vor. 

Wer die Argumente im Einzelnen kennenlernen möchte, muss sich die Ausgabe Nr. 6 der FAZ (08.01.2021, S. 12) besorgen. 

Das grammatische Genus und die Biologie

Aus einem FAZ-Leserbrief (04.01.2021, Nr. 2, S. 5):

Wahrscheinlich ist es ungeschickt, dass die deutsche Grammatik die Begriffe „Maskulinum“, „Femininum“ und „Neutrum“ als Fachtermini aus dem Latein übernommen hat. Denn grundsätzlich hat das grammatische Genus mit dem biologischen Sexus nichts zu tun. Schon in der F.A.Z. vom 2. September 2019 legte Wolfgang Krischke dar, dass grammatisches Genus und biologischer Sexus nur bei einem kleinen Bruchteil des Wortschatzes übereinstimmen. Die übrige Zuordnung des Genus zu den Substantiven ist historisch wohl zufällig, kann bei der Entwicklung der indogermanischen Sprachen eventuell mit bewegten und unbewegten Dingen zu tun haben. 

Bei der Gleichsetzung von Genus und Sexus ist also offensichtlich etwas „verrückt“, also in einen Topf geworfen worden, was nicht zusammengehört. Daher kann unser Staat (generisch männlich) glücklicherweise auf politisch korrekte Weise „der Staat“ bleiben, obwohl dieses Gebilde auch Frauen und Diverse mit umfasst. Und unsere Gesellschaft (generisch weiblich) darf auch so bleiben, wie sie ist, auch wenn Männer Teil derselben sind. Und auch wenn im Inneren der generisch weiblichen Gesellschaft ein männlicher „Gesell“ steckt, muss der Begriff nicht in „Gesellendenschaft“ umformuliert werden. Als Beispiel für die sprachlich willkürlichen Verteilung der Genera mag die Tierwelt dienen: die Amsel, der Specht, das Tier. 

Ergänzend sei auch noch auf die Argumentation von Dr. Falkenau in der F.A.Z. hingewiesen: Die Artikel „der“, „die“, „das“ sind weder generisch noch biologisch festgelegt. Ihre Funktion ändert sich, ob sie im Nominativ stehen oder im Plural, Genitiv oder Dativ. Schlussfolgernd ist festzustellen: Die irrtümliche biologische Interpretation der grammatischen Genera rechtfertigt keine schwerwiegenden verholzenden und verballhornenden Eingriffe in die deutsche Sprache. Ernsthafte Literatur verträgt kein Gendern, Gedichte mit Schrägstrichen, Binnen-I’s und Sternchen können nur Witzgedichte sein. „Wander*innen“ können keine Nachtlieder singen. 

Richtig gendern: Von (un)gerechter Sprache

Heike Schmoll hat kürzlich für die FAZ erklärt, dass der Duden als dritte orthographische Instanz während der insgesamt gescheiterten Rechtschreibreform alles unternommen habe, um seine Autorität zu verspielen. Der Verlag kompensiere seinen Autoritätsverlust, indem er krampfhaft nach anderen Alleinstellungsmerkmalen suche.

Was dabei herauskommt ist, sind Broschüren wie Richtig gendern. Daniel Vullriede hat das Büchlein für GLAUBEN UND DENKEN HEUTE gelesen. Ich darf die Rezension mit freundlicher Genehmigung hier wiedergeben:

  • Diewald, Gabriele/ Steinhauer, Anja, Richtig gendern: Wie Sie angemessen und verständlich schreiben, Berlin: Verlag Bibliographisches Institut GmbH (Duden), 2017. ISBN: 978-3-411-74357-5, Paperback, 128 Seiten, 12,00 Euro.

Von (un)gerechter Sprache

Buch genderViele Menschen im Saarland werden den Namen Marlies Krämer nicht mehr so schnell vergessen. Die 80-jährige Seniorin geriet Anfang 2018 in die Schlagzeilen, weil sie eine juristische Auseinandersetzung mit der Sparkasse Saarbrücken führte. Frau Krämer hatte Klage eingereicht, weil in den Vordrucken ihrer Bank die weibliche Anrede fehlte und sie als selbstständige Frau somit praktisch totgeschwiegen wurde. Das Argument bankenrechtlicher Vorgaben oder der Hinweis auf den normalen Sprachgebrauch überzeugte die Rentnerin nicht. Sie ging durch alle Instanzen, bis hin zum Bundesgerichtshof.

Sprache ist für das menschliche Leben unverzichtbar und meist gebrauchen wir sie wie selbstverständlich. Schwierig wird es natürlich, wenn Menschen durch Worte abgewertet und ausgegrenzt werden, oder gar Schaden erleiden. Wer will schon eine ‚ungerechte‘ Sprache?

Der Wunsch nach Gerechtigkeit

Die Autorinnen Gabriele Diewald (Professorin für Germanistische Linguistik an der Leibniz Universität Hannover) und Anja Steinhauer (Lektorin und promovierte Germanistin) bieten mit dem vorliegenden Duden-Büchlein den ersten umfassenden Ratgeber zum Gendern. Einerseits gehen sie damit auf zahlreiche Anfragen an die Dudenredaktion ein, andererseits spiegelt sich hier eine gewichtige, gesellschaftliche Entwicklung wider. Menschen in Institutionen, Verwaltungen und Firmen sollen nun eine praktische Hilfestellung zum gendergerechten Schreiben erhalten.

In der Einleitung werden zunächst konzeptionelle Grundlagen erläutert: Die Bedeutung des Wortes Gendern als die Anwendung geschlechtergerechter Sprache; die gesetzlichen Grundlagen zur Gleichberechtigung; die Funktion menschlicher Sprache und ihr Einsatz als ein Mittel für mehr Gendergerechtigkeit in der Gesellschaft.

Die Autorinnen beleuchten v.a. die schriftliche Kommunikation und folgen in ihrem Buch einer pragmatischen Grundhaltung: Weil die Menschen im deutschen Sprachraum aktuell in Männer und Frauen unterteilt werden, gehen sie vom „Prototyp der Zweigeschlechtlichkeit“ (S. 8) aus. Dennoch möchten sie die Möglichkeit oder die Legitimität anderer Geschlechteridentitäten nicht in Abrede stellen. Ihr Anliegen ist zunächst deskriptiv: ‚Richtig gendern‘ bedeutet für sie, situations- und sachangemessen, verständlich und gemäß der eigenen Absichten geschlechtergerecht zu kommunizieren.

Im Kapitel ‚Sprachliche Grundlagen‘ werden vier Ebenen von Worten und Personenbezeichnungen unterschieden: Das grammatische Geschlecht (Genus), das semantische Geschlecht (auf der Bedeutungsebene), das soziale Geschlecht (als kulturelle Kategorie) und das biologische Geschlecht. In einem Unterabschnitt erklären die Autorinnen das generische Maskulinum, das sie schließlich als sexistisch, sachlich unzutreffend und irreführend ablehnen. In einem Exkurs beleuchten sie anhand von Gegensatzpaaren eine sprachliche Alternative und sprechen sich u.a. für die Verwendung von neutralen Oberbegriffen aus (Person: Frau – Mann; Studierende: Studentin – Student).

Das Kapitel ‚Richtig gendern auf der Wortebene‘ präsentiert weitere Möglichkeiten gendergerechter Formulierungen: ausführliche Doppelnennungen von weiblichen und männlichen Personen (Kolleginnen und Kollegen), Sparschreibungen wie Schrägstrich mit Bindestrich, das große Binnen-I, Klammern, der Genderstern oder der Gendergap. Insgesamt sprechen sich die Germanistinnen dafür aus, Texte gut lesbar zu halten und Ersatzformen bzw. Neutralisierungen zu nutzen, wie z.B. Substantivierungen, Kurzwörter, direkte Anrede, das Passiv und Adjektiv-Formulierungen (Rat des Arztes – ärztlicher Rat).

Im Abschnitt ‚Richtig gendern in Satz und Text‘ beleuchten die Autorinnen sprachtheoretische Grundlagen von Sätzen und Texten. Sie definieren dazu vier Ebenen, die einzeln eine mäßige, eine hohe oder die höchste Genderrelevanz haben können. Dazu gehören Referenztypen (Klassen, Gruppen und Personen, auf die man Bezug nimmt), syntaktische Funktionen im Satz (Verhältnis von Subjekt und Prädikat), textuelle Funktionen (Ersterwähnung und Wiederaufnahme von Personen und Gruppen im Text) und der Wortstatus (je direkter der Personenbezug eines Wortes, desto höher seine Genderrelevanz). Zahlreiche Beispiele unterstreichen dabei den Gedankengang der Autorinnen.

Ein eigenes Kapitel machen die ‚Beispielanalysen‘ aus. Hier besprechen und revidieren die Germanistinnen unterschiedliche Texte, die sie als gut oder ungünstig gegendert ansehen. Im letzten Kapitel liefern sie noch einen knappen, historischen Abriss über moderne feministische Strömungen und deren Sprachkritik. Maßgebliche Personen, Buchtitel und Hauptargumente werden kurz genannt, ebenso die Ansätze und Absichten der heutigen Gender Studies. Ein weiterführendes Literaturverzeichnis und ein Register runden das Duden-Büchlein ab.

Kompetente Antworten, aber noch mehr Fragen

Zunächst einmal ist den Autorinnen eine kompetente Einführung gelungen – sowohl in die Möglichkeiten und Nuancen der deutschen Sprache, als auch in das grundsätzliche Anliegen einer nichtdiskriminierenden Sprache. Dabei ging es ihnen nicht um einen kanonischen Leitfaden, sondern um einen Ratgeber und um Impulse zur reflektierten Anwendung des Gelesenen. Ihre Argumente stellen sie nachvollziehbar dar, und trotz des heiklen Themas wird ein polemischer Tonfall fast durchweg vermieden. Beim Lesen kann man den Autorinnen ein persönliches Anliegen für die Gleichberechtigung aller Menschen abspüren.

Trotz der Fachkenntnis und einer gewissen Ausgewogenheit wirft das Duden-Büchlein Fragen auf. Bei der Lektüre wird ersichtlich, dass auch die Autorinnen nicht ‚neutral‘ sind. Stattdessen vertreten sie ein klares Weltbild und haben konkrete gesellschaftspolitische Absichten, die sich im Sprachgebrauch niederschlagen sollten. Viele ihrer Schlagwörter (z.B. geschlechtergerechte Gesellschaft, systematische Ungleichbehandlung aufgrund des biologischen Geschlechts) sind bereits ideologisch gefüllt, was eine offene Debatte zum Thema nicht unbedingt erleichtert. Auch der historische Abriss am Ende des Buches hat einen klar apologetischen Charakter und verschweigt die markanten Unterschiede bzw. Reibungspunkte zwischen den LGBT-, Queer- und feministischen Communitys.

Ein Schlüsselargument betrifft den Unterschied zwischen dem grammatischen und dem semantischen Geschlecht eines Wortes, der sich höchst unterschiedlich interpretieren lässt. Während manche im generischen Maskulinum eine grobe Diskriminierung sehen, sprechen sich andere mit derselben Argumentation für sein Inklusionspotenzial aus – gerade weil das semantische Geschlecht nicht automatisch das grammatische, soziale oder biologische Geschlecht bezeichnen muss.

So hat auch der Bundesgerichtshof die Klage von Frau Krämer (siehe oben) am Ende abgewiesen, weil die grammatikalisch ‚männliche‘ Formularsprache weder gegen das Gleichbehandlungsgesetz noch gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstoße, d.h. auf der Bedeutungsebene keine Geringschätzung des anderen Geschlechtes ausdrücke. Was ist nun Diskriminierung und wo beginnt sie? Reicht bereits eine ungeschickte Formulierung oder muss eine konkrete Absicht bestehen? Wie weit darf man anderen ihre Sprache vorschreiben?

Symptome für ein größeres Problem

So wichtig diese und ähnliche Fragen für das gesellschaftliche Miteinander auch sein mögen, sie wirken letztlich symptomatisch. Bereits vor über 50 Jahren wiesen christliche Denker wie Carl F. H. Henry oder Francis Schaeffer auf ein größeres Problem hin, nämlich dass unserer westlichen Welt die Verstehens- und Lebensgrundlage abhandengekommen sei.

Trotz alter und neuer Ideologien umgibt uns heute eine immense Ratlosigkeit: Was genau ist die Realität? Worauf gründet sie sich und wie kann man sie erkennen? Was macht den Menschen aus und wie sollte man letztlich leben? So ist es verständlich, wenn Gesellschaften die Frage nach der Realität, nach der eigenen Identität und nach der Ethik psychologisieren und individualisieren. Man komponiert sich selbst und muss alle störenden Hürden auf dem Weg dahin überwinden.

Christen werden gut daran tun, diese Anfragen ernst zu nehmen und sie auf der Grundlage der Bibel zu beantworten. Sie sollten erklären, was Mann und Frau wertvoll macht und zugleich voneinander unterscheidet. Sie sollten Diskriminierung und Missbrauch aufdecken und angehen, ohne jedoch unüberlegt die Methoden oder Denkkategorien einer nichtchristlichen Gesellschaft zu kopieren. Zugleich sollten Christen keine Angst vor Gegenwind haben und geduldig aufzeigen: Unsere Sehnsucht nach einer gerechten Gesellschaft werden auch eine gendergerechte Sprache und ähnliche Ansätze nicht stillen können. Umso mehr dürfen Christen Gott mit ihren Worten ehren, bescheiden die Wahrheit sagen und andere Menschen mutig auf Jesus Christus hinweisen. Denn ihn ihm, dem inkarnierten und verherrlichten Gottessohn höchstpersönlich, hat sich uns die wahre, umfassende Gerechtigkeit offenbart.

Eine kleine Sex-Grammatik

Wann begreifen die Leute endlich, dass das grammatische Geschlecht mit dem biologischen Geschlecht nichts zu tun hat? Der Linguist Peter Eisenberg hatte schon im Februar in der FAZ eine Verstehenshilfe veröffentlicht und kommt zu dem Fazit (geschützter Bereich):

Das Ganze gipfelt in der Behauptung: „Aus dem Sprachsystem des Deutschen ergibt sich kein sachlicher Grund für die Verwendung des sogenannten ‚generischen Maskulinums‘. Letzteres stellt eine bestimmte Art des Sprachgebrauchs dar, die verändert werden kann.“ Manipulation des Sprachgebrauchs, Manipulation der Sprachnorm und Ridikülisierung der Grammatik: der Preis, der für eine Anbiederung an den Zeitgeist gezahlt wird, ist hoch. Für Wissenschaftlerinnen viel zu hoch.

Der Sprachwissenschaftler Helmut Glück meinte gestern, ebenfalls in der FAZ (geschützter Bereich): Wer behauptet, in generischen Maskulina seien „die Frauen nicht mitgemeint“, verkennt eine elementare Funktion von Sprache.

Die Forderung, alle personenbezeichnenden Maskulina zu gendern, verkennt die Tatsache, dass Maskulina in Bezug auf Sexus grundsätzlich unmarkiert sind. Genus ist ein grammatischer Mechanismus, über den niemand nach Gusto verfügen kann. Die Behauptung eines amtierenden Professors für Linguistik, das Gendern sei eine Frage der Moral und des Anstands, ist eine sozialpädagogische Anmaßung und hat keine grammatische Grundlage … Das grassierende Gendern sexualisiert die Sprache, es missbraucht die Sprache. Denn die Sprache ist weder Männchen noch Weibchen. Zum „kleinen Unterschied“ trägt sie nur so viel bei, dass man über ihn sprechen und schreiben kann. Zum Schutz von Menschenrechten taugt das Gendern nicht. Es gibt Felder, auf denen es wirklich nötig ist, für die Rechte der Frauen einzutreten.

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