Der Streit über den Umbau des Deutschen zur geschlechter- oder gendergerechten Sprache nimmt Fahrt auf. Inzwischen gab der Duden-Verlag bekannt, die Online-Version seines Wörterbuchs in Zukunft gendersensibel zu gestalten. „Die Redaktion habe“ – so ist beim DLF zu lesen – „seit einiger Zeit immer Zuschriften gekriegt, in der eine Gleichstellung der Geschlechter im Online-Duden gefordert wurde“. Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschschaft (DGfS), des größten und mit Abstand mächtigsten Berufsverbandes der Disziplin, hat einen Blog gestartet, in dem die Mitglieder sich zum Antrag auf Änderung der Satzung im Sinne einer „geschlechterinklusiven Schreibung“ – das ist eine konsequente Schreibung mit Genderstern – äußern sollen. Also wird auch dort die Umstellung auf eine gendergerechte Sprache erwogen. Außerdem wird eine von etwa zweihundert Sprachwissenschaftlern unterzeichnete Erklärung lanciert, die Kritikern des Genderns polemische Unwissenschaftlichkeit vorwirft. Der Text wurde – so schreibt Peter Eisenberg in der FAZ – in der Ausgabe 1/2021 der Zeitschrift Forschung und Lehre abgedruckt.
Eisenberg, der bis zu seiner Emeritierung als Professor für Deutsche Sprache der Gegenwart an der Universität Potsdam gelehrt hat, sieht diese Entwicklung kritisch. Er schreibt:
Wozu dient der Stern also? Eine explizit politische Einlassung auf einer Delegiertenkonferenz der Grünen 2015 in Berlin lautete: „Um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichermaßen genannt und dadurch mitgedacht werden, wird in unseren Beschlüssen ab jetzt der Gender-Star benutzt. Transsexuelle, transgender und intersexuelle Personen werden so nicht mehr unsichtbar gemacht und diskriminiert.“ Hier wird keine intendierte Bedeutung oder sprachliche Funktion genannt, sondern eine Einstellung des Benutzers. Dieser stellt etwas sicher und folgt damit der Vorgabe, die mit dem Stern verbunden ist. Das ist, zurückhaltend formuliert, eine Geste der Anerkennung für ein bestimmtes Verständnis von sprachlicher Sichtbarmachung. Weniger zurückhaltend formuliert, handelt es sich um das Einfordern einer Unterwerfungsgeste. Der Genderstern ist ein sprachlicher Gesslerhut, mit dem signalisiert wird, dass sein Träger einer von den Proponenten vertretenen Geschlechterideologie folgt. Eine ausgeführte Grammatik des Sterns liegt nicht vor.
Wer die Argumente im Einzelnen kennenlernen möchte, muss sich die Ausgabe Nr. 6 der FAZ (08.01.2021, S. 12) besorgen.
Es ist schon peinlich, wie das dann in der konkreten Umsetzung aussieht. Wer als Ausländer mit Duden Online Deutsch lernt, lernt, dass der „Mieter“ eine „männliche Person, die etwas gemietet hat“ ist. Die „Mieterversammlung“ ist die „Versammlung der Mieter [eines Hauses]“. Die korrekte Ableitung daraus wäre, dass Mieterversammlungen stets ohne Frauen stattfinden. Der Duden diskreditiert durch diese hirnlosen und sprachunmöglichen Definitionen den allgemeinen Sprachgebrauch und schließt gleichzeitig die Personen aus, die geschützt werden sollen.
Wie wäre es eigentlich mit einer Verfassungsklage gemäß Artikel 3 GG: „Niemand darf … aufgrund seiner Sprache … benachteiligt oder bevorzugt werden.“? Die Diskreditierung der traditionellen Grammatik kommt schließlich einer Diskriminierung der Allgemeinbevölkerung gleich, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Nichtbeachtung der neuen Regeln vielerorts für „Studierende“ einen Punktabzug in wissenschaftlichen Arbeiten darstellt.
Unfortunately, the Basic Law is not a constitution, and unfortunately, a constitution in any dictatorship is just a joke.
[…] Bestrebungen des Duden-Verlags, die deutsche Sprache von oben herab umzubauen, entgegentreten (vgl. „Gendergerechte Sprache: Duden knickt ein“). Ich habe den Aufruf: „Rettet die deutsche Sprache vor dem Duden“ […]