Judith Butler

Judith Butler dekonstruiert die Ereignisse des 7. Oktobers 2023

Judith Butler erklärt das Hamas-Massaker zum Widerstandsakt im Freiheitskampf. Die Taten des 7. Oktober seien weder terroristisch noch antisemitisch gewesen. Sie dekonstruiert und konstruiert sich ihre eigene Wirklichkeit. 

Jürgen Kaube kritisiert Butler scharft:

Butler spuckt auf Gräber, über die sie vorschlägt, ein Seminar zu Wertungsgesichtspunkten bei Abschlachtungen abzuhalten. 1927 hatte Julien Benda vom „Verrat der Intellektuellen“ geschrieben, als er die Bereitschaft der Extremisten diagnostizierte, ihren Geist dem nationalistischen oder internationalistischen Furor zu unterwerfen. Der Intellekt, so seine Analyse, verschafft sich das Gefühl politisch zu sein durch die Übernahme der Blindheiten, die mit politischen Feinderklärungen einhergehen. Right or wrong, my country. Right or wrong, my party. Wir werden gerade Zeuge eines wiederholten Verrats dieser Art, und es spielt keine Rolle, dass er diesmal in der selbstgerechten Stimmung begangenen wird, ganz arg links und global zu sein.

Judith Butler hat sich jüngst darüber heftig beklagt, in Deutschland nicht mehr auftreten zu können, weil der Sonderweg dieses Landes in Bezug auf Israel – Stichwort „Staatsräson“ – jede Diskussion verhindere. Natürlich, sie ist ein Opfer. Tatsächlich sind ihre Thesen, siehe oben, so krude, dass es zugleich ganz leicht und ganz schwer wäre, über sie zu diskutieren. Butler ist es, verwöhnt durch Einladungen und Anhängerschaften weltweit, aber nicht mehr gewohnt, dass jemand dem Unfug scharf widerspricht, den sie verzapft.

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Warum Judith Butler ihre Perspektive auf Israel immer wieder vorträgt

Warum ist Judith Butler so sehr daran gelegen, die antisemitische Gewalt und den Israelhass der Hamas zu verstehen – den Staat Israel dagegen zu delegitimieren? Der Literaturwisschaftler Magnus Klaue meint, es habe etwas mit ihren Aversionen für das abendlänische Denken zu tun: 

Das Programm der postmodernen Performativitätstheorie lässt sich so zusammenfassen: Sie versucht die Probe aufs Exempel ihrer eigenen These zu machen, dass Lüge durch Wiederholung zur Wahrheit wird. Wahrheit, darin sind sich, bei aller Differenz ihrer philosophischen und politischen Anschauungen, Jacques Derrida, Michel Foucault und Gilles Deleuze mit der amerikanischen Philosophin Judith Butler einig, bezeichnet keine „Essenz“, wie Butler derlei metaphysische Restbestände abendländischen Denkens nennt, sondern eine arbiträre Vereinbarung, an die umso fester geglaubt wird, je häufiger man sie wiederholt.

Entsprechend rituell wiederholt Butler, seit sie im Nachgang von 9/11 ihre kaum verhohlene Sympathie mit dem islamistischen Terror von Hisbollah und Hamas zu legitimieren sucht, ihre Theorie der Anerkennung als Mittel zum Verständnis antisemitischer Gewalt.

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Judith Butlers philosophischer Ausfall

Die Philosophin Seyla Benhabib wirft dem Aufruf „Philosophy for Palestine“, der auch von Judith Butler und Nancy Fraser unterzeichnet wurde, intellektuelles Versagen vor. Christian Geyer-Hindemith hat sich das angeschaut und bringt es gut auf den Punkt: 

Benhabib, wie Butler und Fraser ausge­wiesen in sozialpolitischer Ideen­geschichte, feministischer Theorie und Kritischer Theorie, trägt als zentralen Einwand gegen den Text ihrer Kolleginnen vor, „dass er den Konflikt zwischen Israel und Palästina nur durch die Linse des ,Siedlerkolonialismus‘ sieht und die Gräueltaten der Hamas vom 7. Oktober 2023 zu einem Akt des legitimen Widerstands gegen eine Besatzungsmacht erhebt“.

Die Yale-Professorin nennt es einen „kolossalen Fehler“ des von ihr kritisierten Textes, dass er für die Beschreibung der Hamas den falschen Kontext aufmache. Gestärkt werde nämlich die propagandistische Selbstbeschreibung der Hamas, als angebliche Avantgarde des palästinensischen Befreiungskampfes zu agieren. Stattdessen handelt es sich – so die kühle Analyse Benhabibs von Akteur und Aktion – um eine nihilistische Organisation, welche die Geiselnahme Palästinas und die Ermordung jüdischer Menschen von der Dschihad-Ideologie her begreift, die in der Pornographie der Gewalt schwelgt. Ja, es stimme, wenn Amnesty International erkläre: „Gaza ist das größte Freiluftgefängnis der Welt“, aber das liege auch daran, dass die Hamas eine Vernichtungsagentur sei, deren Charta die Zerstörung des Staates Israel befürworte.

Welch ein monströser philosophischer Ausfall, wenn ebendiese nihilistische Eigenart der Hamas im Aufblättern von Kontexten verwischt wird, wenn Gewalt in Gewaltgeschichte versandet, unförmig wird. In den Worten von Benhabib nicht nur an Butler und Fraser: „Welche moralische und politische Logik leitet Ihre Argumentation?“ Es ist ein intellektuelles Versagen, das hier als rhetorische Frage namhaft gemacht wird, aus berufenem Mund sozusagen.

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Die Postmoderne verfängt sich in ihren eigenen Logiken

Anna Mayr beschreibt in dem Artikel „Warum sich die postmoderne Linke soschwertut, den Terror gegen Israel zuverurteilen“, wie sich die Postmodernen angesichts der Krise im Nahen Osten selbst zerlegen. Die Theoretiker der Postmoderne von gestern haben den Diktatoren von heute einen roten Teppich ausgelegt. Wenn sich Probleme nicht mit vernünftigen Argumenten lösen lassen, werden die Säbel gezogen. 

Mayr schreibt: 

Es gibt ein Video im Internet, das ganz gut erklärt, warum diese Positionierung vielen nicht gelang. Darin sitzt die Sängerin Achan Malonda neben dem Autor Fabian Wolff, der sich jahrelang als Jude ausgegeben hatte, auch als jüdischer Autor bei ZEIT ONLINE Texte veröffentlichte, ohne wirklich Jude zu sein. Die beiden sprechen über die Solidarität zwischen People of Color und Juden. Malonda fragt darin Wolff, den sie zu dem Zeitpunkt wohl für einen Juden hält: „Denkst du, dass sie euch im Prinzip whiteness ge-offered haben?“ Übersetzung: Denkst du, Juden können sich aktiv dafür entscheiden, Weiße zu sein? Er stimmt ihr zu. Juden hätten die Wahl, ob sie zu den Diskriminierten gehören wollten oder nicht.

Wenn man das weiterdenkt, können Juden alles nur falsch machen: Werden sie zu Weißen, sind sie Teil der Mehrheitsgesellschaft. Lassen sie sich unterdrücken, sind sie selber schuld, denn sie hätten sich anders entscheiden können.

Judith Butler, postmoderne Vordenkerin, hat vor einigen Tagen einen Essay veröffentlicht, in dem nichts drinsteht. Eigentlich hat Butler die Hamas einst unterstützt, als Freiheitskämpfer für die Palästinenser. Doch in ihrem neuen Essay steht zig Absätze lang immer wieder das Gleiche: Die Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen, und man muss dennoch die Gewalt der Besatzungsmacht Israel sehen. Es wird deutlich, dass sie(nachvollziehbarerweise) nicht weiß, wohin sie noch denken soll. Von radikalen angloamerikanischen Postmodernen wird sie bereits geächtet; sie sei wohlauch nur eine reaktionäre, weiße Progressive, schreibt einer auf Twitter. Butler ist jüdisch.

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VD: JL

„Genderismus“ als Sündenbock

In dem Aufsatz „‚Genderismus‘ als Sündenbock“ beschwert sich Judith Butler über die zunehmende Kritik an den Gendertheorien (Philosophie Magazin, Sonderausgabe 20, Jan/Apr 2022, S. 18–23, zuerst am 23.10.2022 als „Why is the idea of ,gender‘ provoking backlash the world over?“ im Guardian erschienen).

Sie behauptet dort im Wesentlichen, dass der Treiber des „Antigenderismus“ die Sehnsucht nach autoritärer Herrschaft und Zensur sei. Unter dem Vorwand, dass die Kritiker der Gendertheorien keinen Bildungswillen mitbrächten und kaum dazu bereit seien, sich mit Ansichten auseinanderzusetzen, die ihren eigenen widersprechen, verzichtet sie darauf, inhaltliche Argumente für ihre Behauptung vorzutragen. Dafür macht sie genau das, was sie ihren Opponenten unterstellt. Sie vereinfacht, diffamiert und schablonisiert. Und sie rückt den „Antigenderismus“ in die Nähe des Faschismus. Ausgrenzungen dieser Art verfehlen ihr Ziel selten. Sie zeigen eben auch oft, dass es um sachliche Argumente nicht gut bestellt ist.

Nachfolgend einige Zitate von Judith Butler aus dem besagten Aufsatz:

Die Argumente der Anti-Gender-Bewegung sperren sich gegen eine schlüssige Rekonstruktion, weil es ihren Vertretern nicht unbedingt auf Konsistenz und Kohärenz ankommt. (S. 19)

Auch wenn die Bewegung allgemeiner nationalistisch, transphob, misogyn und homophob ist, besteht ihr Hauptziel in einer Umkehrung der rechtlichen Fortschritte, die die LGBTQI- und feministischen Bewegungen in den letzten Jahrzehnten erkämpft haben. (S. 19)

[Die Vertreter der Gendertheorien] bestreiten nicht, dass es ein biologisches Geschlecht gibt; sie fragen danach, wie Geschlecht durch medizinische und rechtliche Rahmenbedingungen hergestellt wird, wie sich dieser Rahmen historisch verändert hat und welchen Unterschied es für die soziale Organisation unserer Welt macht, wenn das Geschlecht, das wir bei der Geburt zugewiesen bekommen, für das weitere Leben unter anderem in den Arbeits- und Liebesverhältnissen keine vorbestimmende Rolle mehr spielt. (S. 19–20)

Im Allgemeinen stellen wir uns die Zuweisung des Geschlechts als etwas vor, das nur einmal geschieht. Aber was ist, wenn wir es uns als komplexen und revidierbaren Prozess denken? Das heißt über die Zeit revidierbar für diejenigen, die das falsche Geschlecht zugewiesen bekommen haben? Wer eine solche Perspektive einnimmt, stellt sich nicht gegen die Wissenschaft, sondern fragt nur, in welcher Weise Wissenschaft und Recht in die soziale Regulierung von Identitäten eingehen. (S. 20)

Angestachelt von Sorgen vor einem Zusammenbruch der Infrastruktur, Hass auf Migranten und – in Europa – der Furcht, der Unantastbarkeit von heteronormativer Familie, nationaler Identität und weißer Vorherrschaft verlustig zu gehen, suchen viele die Schuld bei der zersetzenden Kraft von Gender, Postkolonialismus und Critical Race Theory. Wenn sich diese Gruppen Gender als Invasion von außen imaginieren, zeigen sie nur zu deutlich, dass sie selbst nationalistisch motiviert sind. (S. 20)

Gleichzeitig nehmen Gegner der „Gender-Ideologie“ Zuflucht zur Bibel, um ihre Ansichten über die natürliche Hierarchie zwischen Mann und Frau und über die je eigenen Vorzüge des Männlichen und Weiblichen zu untermauern (auch wenn fortschrittliche Theologen klargestellt haben, dass diese auf strittigen Lesarten der Bibeltexte beruhen). In Angleichung der Bibel an die Naturrechtslehre erklären sie das zugewiesene Geschlecht zur göttlichen Setzung und tun seltsamerweise so, als stünden heutige Biologinnen und Medizinerinnen im Dienste einer Theologie aus dem 13. Jahrhundert. (S. 22)

Als faschistische Tendenz greift sie vielmehr auf eine ganze Reihe rhetorischer Strategien aus dem gesamten politischen Spektrum zurück, um damit die Angst vor Unterwanderung und Zerstörung, die ganz unterschiedlichen ökonomischen und sozialen Kräften entspringt, auf die Spitze zu treiben. Sie strebt überhaupt nicht nach Konsistenz, denn ihre Stärke speist sich gerade auch aus ihrer Inkohärenz. (S. 22)

[Die Anti-Gender-Ideologie] ist reaktionäre Hetze, ein Bündel aufwiegelnder Widersprüche und inkohärenter Behauptungen und Anwürfe. Sie lebt von genau der Instabilität, die sie einzudämmen verspricht, und ihr eigener Diskurs stiftet selbst nichts als Chaos. Durch eine Flut inkonsistenter und übertreibender Behauptungen rührt sie sich eine Welt diverser unmittelbarer Bedrohungen zusammen, um ihren Ruf nach autoritärer Herrschaft und Zensur zu unterfüttern.

Als faschistische Tendenz unterstützt die Anti-Gender-Bewegung immer stärker werdende Formen des Autoritarismus. Durch ihre Taktiken werden Staaten ermutigt, in Universitätsprogramme einzugreifen, Kunst und TV-Programme zu zensieren, Transpersonen ihre Rechte zu verwehren und LGBTQI aus öffentlichen Räumen zu verbannen, reproduktive Freiheiten einzuschränken und den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen, Kinder und LGBTQI- Personen zu untergraben. (S. 23)

Warum ist dieser Beitrag so unsachlich und im Ton herabwürdigend? Zum Teil kann das damit erklärt werden, dass viele Texte von Judith Butler in so einem Stil vorgetragen sind. Sie schreibt mehr als Aktivistin denn als Philosophin. Es könnte aber darüber hinaus der Fall sein, dass sich immer mehr Intellektuelle gegen die oft seltsamen Thesen des Genderaktivismus wehren und die Luft für die vielen Gender-Professorinnen enger wird. Aus Betroffenheit entwickelt sich manchmal Wut.

Alan Sokal (ja, genau der vom Sokal-Skandal, vgl. hier S. 11–16) kommentiert den Aufsatz von Butler sachlich: „Wir unterstützen voll und ganz das Recht aller Menschen, ihr Leben so zu leben, wie sie es wünschen, frei von Gewalt, Belästigung und Diskriminierung. Wir sind jedoch nicht mit der radikalen Idee einverstanden, dass die selbst deklarierte Geschlechtsidentität das biologische Geschlecht für alle rechtlichen und sozialen Zwecke ersetzen sollte.“

Für die freie Wissenschaft

An vielen Universitäten ist eine Atmosphäre der Konformität und Intoleranz entstanden – mit Vorschriften zu korrekter Sprache und Auftrittsverboten. Jünger von Genderwissenschaftlerinnen wie der US-Forscherin Judith Butler haben Theorien von struktureller Diskriminierung auch an etlichen deutschen Hochschulen platziert. Nun regt sich langsam Widerspruch.

Die Welt schreibt: 

Lange trauten sich nur wenige, etwas gegen die neuen Vorgaben zu sagen. Viele Lehrende wollten nicht als unmodern, Sexist oder Rassist gelten. Doch es formiert sich eine Gegenbewegung. Ihr gehe es nicht darum, in alte Sprachformen, Denkmuster und Handlungsweisen zurückzufallen, sondern darum, den Diskurs am Leben zu halten. Der Austausch gehöre zum Wesen der Universität – und mache eine Weiterentwicklung der Forschung erst möglich, wird argumentiert.

„Wir wollen, dass alle Fragen wissenschaftlich offen diskutiert werden“, sagt Historiker Rödder. Mit 70 Forscherkollegen hat er im Februar das Netzwerk Wissenschaftsfreiheit gegründet, das sich „für ein freiheitliches Wissenschaftsklima“ einsetzt. Rund 380 Personen gehören ihm inzwischen an, darunter viele Professoren. „Wir tauschen uns untereinander aus und veranstalten auch öffentliche Seminare“, berichtet Rödder. „Der größte Wert des Netzwerks ist, dass wir überhaupt da sind. Personen, die anderen den Mund verbieten wollen, können mit einer Gegenhaltung rechnen.“

Mehr hinter einer Bezahlschranke: www.welt.de.

Geschlechtswechsel als einfacher Sprechakt

Die Transgender-Bewegung will das körperliche Geschlecht juristisch abschaffen: Über Risiken und Nebenwirkungen wird konsequent geschwiegen. Ich empfehle den FAZ-Artikel „Die Überwindung des Fleisches“ von Thomas Thiel:

Nach den deutschen Gesetzesentwürfen soll ein Kind mit vollendetem vierzehnten Lebensjahr, also noch vor dem Ende der Pubertät und des körperlichen Reifungsprozesses, selbst – ohne ärztliche Beratung und elterliche Einwilligung – über den hormonellen Geschlechtswechsel entscheiden. Dass es in der Lage ist, diese Entscheidung zu überblicken, bevor es die Gefühlswirren der Pubertät überwunden und den körperlichen Reifeprozess abgeschlossen hat, wird von Medizinverbänden bezweifelt, zumal es darüber nicht mehr informiert werden muss.

Ein riskanter, ja gefährlicher Schritt. Denn der hormonelle Geschlechtswechsel führt nach einer britischen Studie fast immer zur späteren Geschlechtsoperation (98 Prozent). Kinder, die keine Hormone einnehmen, geben den Wunsch zum Geschlechtswechsel dagegen nach Langzeitstudien zu neunzig Prozent nach der Pubertät auf. Mit anderen Worten: Pubertätsblocker fördern der Wunsch nach Geschlechtswechsel. Nach einem Urteil des Hohen Londoner Gerichts ist ihr Einsatz ein experimenteller Akt an Kindern, dem sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Eingriffe in den kindlichen Körper anschließen wie die Amputation von Brust oder Penis, die den Verlust der Fortpflanzungsfähigkeit und die Verminderung sexuellen Erlebens bis hin zur Anorgasmie zur Folge haben. Warum nehmen Grüne und FDP diese Risiken schweigend in Kauf?

Mehr: zeitung.faz.net

Warum Judith Butler Unterwerfung fordert

Marco Ebert hat für die FAZ einen gehaltvollen Beitrag über Judith Butler veröffentlicht. Während in den Gender Studies Butler bis heute die Rolle einer moralischen Instanz ausübt und ihre Unterscheidung zwischen Gender und Sex und damit ihr Konzept „Gender Doing“ weitestgehend unwidersprochen vermittelt wird (wir haben im Blog schon viel darüber diskutiert, siehe etwa hier und hier), ist kaum darüber reflektiert worden, dass sich die Philosophin von liberalen und linken Freiheitsvorstellungen entfernt hat und sich inzwischen den Positionen islamistischer Ideologien annähert. So ist auch Butlers Engagement gegen den jüdischen Staat verständlich. Bereits 2006 lobte die Professorin während einer Podiumsdiskussion in Berkeley die antisemitischen Terrororganisationen Hamas und Hizbullah als „soziale“ und „progressive“ Bewegungen und Teil einer „globalen Linken“.

Marco Ebert schreibt:

Dass es sich bei dem hier vertretenen Menschen- und Gesellschaftsbild nicht um einen radikalen Pazifismus oder um eine „Ethik der Gewaltlosigkeit“ handelt, wie Butler selbst behauptet, sondern um eine Ideologie, die überaus gewaltvolle Konsequenzen zeitigt, lässt sich ihren Schriften unmittelbar entnehmen.

Durch die radikale Ablehnung liberaler und linker Freiheitsvorstellungen samt deren Kernbegriffen Universalismus, Subjektivität und Individuum nähert sich Butler den Positionen islamistischer Ideologen an. Das tut sie, indem sie eine Neudefinition von Freiheit fordert, die nicht mehr auf Subjektivität, sexueller und künstlerischer Ausdrucksfreiheit beruht, sondern vom Begriff der Handlungsfähigkeit (agency) ausgeht: Agency „erlaubt diverse Praktiken als Ausdruck von Freiheit vorzustellen, die nicht unbedingt dem Individuum entspringen oder irgendeiner innerlichen Vorstellung von Selbstbestimmung“. Eine solche Praktik ist für Butler beispielsweise die „Freiheit, eine Burka zu tragen“.

Hier der Artikel, der allerdings hinter einer Bezahlschranke liegt: www.faz.net.

Wie die Genderforschung Gewalt verharmlost

Einige Genderforscherinnen bringen die Gewalt durch Genitalverstümmelung oder Terrorismus mit ihren Sprachregelungen zum Verschwinden. Durch queere Rhetorik wird etwa der islamische Terrorismus verteidigt. Judith Basar schreibt für die FAZ am 22.11.2018 (im geschlossenen Bereich):

Auch Judith Butler legt sich in „Raster des Krieges“ mit der Moral an. Das Wort „Terrorist“ sei nur ein Produkt des westlichen Liberalismus, weswegen sie Wörter wie „terroristisch“ und „terroristische Gewalt“ konsequent in Anführungszeichen setzt. Auch die moralische Ablehnung des Terrors sieht Butler als Resultat unserer westlichen Überlegenheit an. Die Konsequenz: Nicht mehr islamistische Attentäter sind moralisch zu verurteilen, sondern die westliche Staatsgewalt. Sie schreibt: „Wenn wir erst einmal in der Lage sind, diese Formen der Gewalt vergleichend zu betrachten, das heißt sie als Bestandteil des heutigen Spektrums tödlicher Akte zu erkennen, wird auch sichtbar, dass die Zerstörungen und Übergriffe durch die Staatsgewalt weit schwerwiegender sind als die Wirkungen jener Akte, die in die Kategorie ‚terroristisch‘ fallen.“

Die performative Theorie der Versammlung

410eSRcIToL SX299 BO1 204 203 200Judith Butler hat ein Buch über die performative Theorie der Versammlung geschrieben. Gregor Quack hat mit ihr darüber gesprochen. In einer Rezension schreibt Hannah Bethke (FAZ vom 25.11.2016, Nr. 249, S. 10):

Was genau ist die zentrale Botschaft? Welchen politischen und theoretischen Mehrwert haben wir von der normativen „Konstruktion des Menschlichen“, von Wortschöpfungen wie „vordiskursiv“, „resignifizieren“ oder „chiasmisch“, noch dazu „innerhalb des von gegenhegemonialen Erkenntnisformen erschlossenen epistemischen Feldes“? „Ich bin selbst eine Allianz“, lernen wir von Butler. Wie bitte? „Denn wenn ich hier und dort bin“, fährt die Autorin fort, „bin ich auch nie vollständig dort, und selbst wenn ich hier bin, bin ich doch immer mehr als vollständig hier.“ Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort, möchte man mit Hannes Wader fröhlich kapitulierend weitersingen.

Wenn wir uns die Annahme zu eigen machten, nach der Sprache die Welt nicht nur beschreibt, sondern sie hervorbringt: Wie sähe die Welt aus, wenn wir ihre Benennung ausschließlich den Poststrukturalisten überließen? Wären wir – die Normalsterblichen, die nicht zu den Groupies der performativen Theorie der Postmoderne gehören – in einer solchen Welt überhaupt lebensfähig? Nach der Lektüre ihres neuesten Werks sind daran erhebliche Zweifel angebracht.

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