Missiologie

Missions By The Book

Wer einmal auf dem Missionsfeld im Ausland oder Innland tätig war, macht oftmals die Erfahrung, dass Missionare viel Leidenschaft mitbringen, die Methoden und die Leiterausbildung betont werden, die Theologie jedoch keine große Rolle spielt. Das ist nicht nur schade. Es führt in der Regel zu toxischen Langzeitfolgen, die die Ausbreitung des Evangeliums bremsen.

Benjamin Trachsel stellt ein leicht lesbares Buch vor, in dem genau diese Fragen erörtert werden. Er schreibt über Missions By The Book (Founders Press, 2022):

Gerade in der evangelikalen Missionslandschaft liegt der Fokus aktuell sehr stark auf schnellem Wachstum und Multiplikation, was an sich auch sehr wünschenswert ist. Die Kehrseite ist allerdings oft, dass Missionare ausgesandt werden, die charakterlich und lehrmäßig unqualifiziert sind. Das kann oft zu pragmatischen Methoden und fragwürdigen Lehren führen.

Im Verlauf des Buches sprechen die Autoren einige dieser missiologischen Methoden an (etwa das Disciplemaking Movement oder das Insider Movement) und zeigen ihre Schwachstellen auf. Diese Strategien zielen darauf ab, das Evangelium unter unerreichten Volksgruppen rasch zu verbreiten und schnelle Erfolge zu erzielen.

Meiner Meinung nach schaffen Chad Vegas und Alex Kocman es sehr gut, diese verschiedenen Trends in der Mission zu bewerten und zu kritisieren, ohne dabei polemisch oder extrem zu werden. Immer wieder betonen sie, dass sie das Anliegen und den Eifer der Missionare schätzen, dass es allerdings auch wichtig ist, biblisch zu sein („Was sagt das Wort?“) und nicht pragmatisch („Was funktioniert?“).

Mehr: www.evangelium21.net.

Christlam

Missionswissenschaftler diskutieren seit vielen Jahren über die sogenannten „Insider-Bewegungen“ (engl. Insider Movements). „Insider“ sind Menschen aus einer nicht-christlichen Religion, die nach ihrem Selbstverständnis zugleich Nachfolger Jesu sind (vgl. hier). Ein Insider kann etwa die Moschee besuchen und an islamischen Kulthandlungen teilnehmen und sich gleichwohl als Jesusbekenner verstehen. Jaap Hansum hat vor etlichen Jahren den Ansatz der „Insider Bewegung“ in dem Aufsatz „Jesus-Muslime, eine (Un)Möglichkeit für Evangelikale?“ wohlwollend vorgestellt. Dabei führt er zum Einstieg ein Beispiel an, das sich bei einem „US National Prayer Breakfast“ ergeben hat  (evangelikale missiologie, Nr. 24, 3/2008, S. 88–94):

Dies ist eigentlich eine Unterhaltung zwischen mir und einem Freund. Mein Freund fragte mich: Welcher Religion gehörst du an? – Ich sagte: Ich bin Moslem und ein Nachfolger Jesu. – Er fragte mich: Wieso bist du dann kein Christ? – Ich antwortete: Jesus kam nicht nur, um die Christen zu retten; er kam für die ganze Welt. – Mein Freund fragte: Steht das so in deinem Buch? – Ich sagte: Selbstverständlich … alle Geschichten und Unterweisungen des Alten Testamentes stehen mit demselben Inhalt im Koran über Abraham, Ismael, Isaak, Jakob, Moses usw. Der Koran bestätigt vieles von dem, was im Neuen Testament über Jesu Leben und Mission steht. Seine unbefleckte Empfängnis ist im Koran wunderschön beschrieben: ‚ … Siehe! Der Engel sagte: Oh, Maria, Gott gibt dir die frohe Botschaft eines Wortes von sich: Sein Name wird Messias Jesus sein’ (3,45). Er wird auch viele Wunder tun in Gottes Namen, zum Bespiel: ‚Ich heile die Blindgeborenen und die Aussätzigen und ich mache Tote lebendig nach Gottes Willen’ (3,49). Der Koran bestätigt, dass Jesus das Evangelium (injil) gepredigt hat, wobei er das Gesetz des Moses bestätigte, das ihm voranging: ‚Wir sandten Jesus, den Sohn Marias, um das Gesetz zu bestätigen, das vor ihm gekommen war. Wir sandten ihm das Evangelium, in welchem Führung und Licht und Bestätigung des Gesetzes ist, das vor ihm gekommen war. Eine Führung und Ermahnung für jene, die mehr von ihm wissen wollten’ (5:46). So lese ich das Neue Testament, das gemäß dem Koran ein heiliges Buch ist, das ich als Moslem zu lesen und zu ehren habe. Ich liebe Seine Prinzipien, Seine Unterweisung, Seine Lebensweise. Ich liebte Ihn mehr und mehr und entschloss mich, Ihn in meinem Herzen aufzunehmen und Ihm zu folgen. – Mein Freund sagte: Dann bist du jetzt also ein guter Christ? – Ich sagte: Das ist deine Sichtweise. Meine Sichtweise ist, dass ich ein guter Moslem bin, weil ich mich dem einen Gott unterwerfe und weil ich Jesus folge. – Er fragte: Was gefällt dir an Jesus? – Ich antwortete: Alles!1

Wirklich alles?

Nun ist ja nichts dagegen einzuwenden, sich auf die Kultur derjenigen einzulassen, die wir mit dem Evangelium erreichen möchten. Allerdings führt die Vermischung, die im obigen Beispiel sichtbar wird, dazu, dass grundlegende Wahrheiten des christlichen Glaubens um der Inkulturation wegen vernachlässigt oder gar völlig ausgeblendet werden. So ist beispielsweise aus einer Untersuchung unter Insidern im asiatischen Raum bekannt, dass im Namen Jesu um Vergebung und Befreiung gebeten wird, aber nur etwa die Hälfte der Beter an die Gottheit von Jesus Christus glauben.2

Können wir Muslimen das Evangelium verkündigen und dabei verschleiern, dass Jesus Gottes Sohn und Gott selbst ist? Elliot Clark begründet in seinem Artikel „Unter Muslimen Jesus als Sohn Gottes verkündigen?“, warum wir in unseren missionarischen Gesprächen nicht verschweigen dürfen, wer Jesus wirklich ist:

Aus diesem Grund wäre es ein schwerwiegender Fehler, im Gespräch die herausfordernde Frage nach der Sohnschaft Jesu zu umgehen oder die Diskussion ganz zu beenden. Wir können nicht – und wir dürfen nicht – „Sohn Gottes“ in einen anderen Titel umformulieren (auch nicht in einen biblisch korrekten). Wir würden dadurch die Worte Gottes manipulieren. Wir würden unsere Empfindlichkeiten über Gottes Selbstoffenbarung stellen. Wir würden den ewigen Charakter der Dreieinigkeit und die innertrinitarischen Beziehungen verzerren. Wir würden das Zeugnis der Bibel umdeuten. Und als ob das nicht genug wäre, würde auch ein neuer Gläubiger daran gehindert, die biblische Typologie und die Entwicklung der Offenbarung schätzen zu lernen. Letztendlich kann das sein Wachstum bremsen, weil es ihm den Glauben an Jesus als Bruder und Gott als Vater vorenthält.

Mehr hier: www.evangelium21.net.

Die Kreuzzüge

Erst kürzlich hatten wir auf dem Blog eine kleine Diskussion über das „compelle intrare“ bei Augustinus. Der Kirchenvater deutete nach vielem hin und her Lukas 14,23 („Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde.“) als Rechtfertigungsgrund für die Anwendung von Zwang in geistlichen Dingen. Eine verhängnisvolle Entscheidung. Die Gewalt hat bei der Verbreitung des christlichen Glaubens nichts zu suchen. Die Kreuzzüge, die sich zu Unrecht auch auf Augustinus beriefen, haben später großen Schaden angerichtet.

Robert Godfrey erklärt das in einem Artikel genauer:

Die Bibel kann ein gefährliches Buch sein, wenn sie falsch angewendet und missbraucht wird. In der Geschichte der Kirche hat ein falsches Verständnis der Bibel zu vielen ernsthaften Problemen geführt, angefangen von falscher Lehre über gesetzliche Bräuche bis hin zu einem fehlgeleiteten Leben. Eines der offensichtlicheren Beispiele dafür sind die Kreuzzüge: eine Reihe von Kriegen, die im Mittelalter von den Europäern im Namen Christi gegen die islamischen Staaten im Nahen Osten geführt wurden.

Die Vorstellung, dass Christen das Schwert gebrauchen können, um ihre Sache voranzubringen, kann durch Bibelstellen wie die folgenden gerechtfertigt erscheinen: „Alle Könige werden sich vor ihm niederwerfen, alle Heidenvölker werden ihm dienen“ (Ps 72,11); „Erbitte von mir, so will ich dir die Heidenvölker zum Erbe geben und die Enden der Erde zu deinem Eigentum. Du sollst sie mit eisernem Zepter zerschmettern, wie Töpfergeschirr sie zerschmeißen“ (Ps 2,8–9) und „Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns. Er wird Gericht halten unter den Heiden, es wird viele Leichen geben; er zerschmettert das Haupt über ein großes Land“ (Ps 110,5–6).

Mehr: www.evangelium21.net.

Ich empfehle zu dem Thema ein Buch von Lutz von Padberg:

Mission und Transformation

Buchhinweis:

41Zu8+bvIVL SX341 BO1 204 203 200In den letzten Jahren hat die missionale Theologie weltweit für Aufsehen gesorgt. Ihre Vertreter leiten aus der Reich Gottes-Perspektive die kirchliche Verpflichtung ab, die Gesellschaft zu verändern, zum Beispiel, indem sie sich für den Umweltschutz oder „Soziale Gerechtigkeit“ einsetzen.

Auch in Deutschland wird um den Wert und das Profil der Gesellschaftstransformation gerungen. So war etwa die Jahrestagung des Arbeitskreises für evangelikale Missiologie (AfeM, heute genannt: Evangelischer Arbeitskreis für Mission, Kultur und Religion) dem Thema „Evangelisation und Transformation“ gewidmet (die Referate sind erschienen in Robert Badenberg u. Friedemann Knödler (Hg.). Evangelisation und Transformation: „Zwei Münzen oder eine Münze mit zwei Seiten?“  Edition afem Mission reports. Nürnberg u. Bonn: VTR u. VKW, 2013). Auch die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel (STH) veranstaltete 2014 eine Ringvorlesungsreihe über „Mission und Transformation“.

Harald Seubert hat die Vorträge dieser Reihe nun in einem Band herausgegeben. Enthalten sind Beiträge von Rolf Hille, Peter Beyerhaus, Steffen Schweyer, Andreas Loos und Klaus W. Müller. Eingeleitet wird die Publikation durch einen Vortrag, den der Herausgeber im Jahre 2014 vor dem Professorium und den Doktoranden der STH gehalten hat.

Seubert begrüßt das in den letzten Jahrzehnten neu erwachte Interesse an den Fragen der Inkulturation. Das Evangelium gibt seiner Meinung nach keiner Kultur den Vorrang, sondern beurteilt alle Kulturen nach seinem eigenen Maßstab. Allerdings bedürfe es bei aller notwendigen Hinwendung zu Kultur keiner „unkritischen Übernahme säkular entwickelter Interkulturalitätskonzeptionen, sondern deren theologischer Kritik und Aufnahme von der Mitte des Evangeliums her“ (S. 20). „Die Welt umarmen“ reiche nicht. Der Band führt ausgewogen in die Hauptposition der aktuellen Missionswissenschaft ein und ist somit ein wichtiger Beitrag im Klärungsprozess.

David Platt: Mission

Was denkst Du über Mission? Hier ist zu hören, was David Platt darüber zu sagen hat, leidenschaftlich, provokant, ernüchternd, persönlich:

T. Tennant: Schluss mit der Kontextualisierung

Der Missionswissenschaftler Tim Tennant hält den Begriff „Kontextualisierung“ inzwischen für so untauglich, dass er es für angemessen hält, den Begriff durch das Wort „Übersetzung“ (engl. „Translation“) auszutauschen. Schon 2010 hat er in seinem Buch Invitation to World Missions: A Trinitarian Missiology for the Twenty-First Century  geschrieben:

Heutzutage verwenden einige Kontextualisierung, um die Idee zu verbreiten, dass ebenso wie Latinos die  Befreiungstheologie haben, die Koreaner eine ming jung-Theologie entwickeln sollten, Frauen eine feministische Theologie, die Farbigen eine farbige Theologie, Inder eine Dalit-Theologie, und so weiter. Doch jede authentische Theologie muss nicht nur die Erkenntnisse der eigenen Besonderheit hochhalten, sondern auch das Allgemeine, das von allen Christen überall geteilt wird, spiegeln. Wie Andrew Walls gesagt hat: „Der Herr der Heerscharen ist kein territorialer Baal.“ Wenn Jesus wirklich Gott ist, dann ist er Herr von uns allen; wir sind alle Glieder des gleichen Leibes.

Mehr bei Nicholas McDonald: scribblepreach.com.

 

Jesus passt zu Ostdeutschland

Eine Studie zeigt, dass sich viele Konfessionslose in den neuen Bundesländern ernsthaft mit Theologie und Sinnfragen auseinandersetzen wollen. Für die Pastoren und Gemeinden ist das nicht immer einfach. Matthias Kamann schreibt für DIE WELT über die Erfahrungen, Dorothee Land als Autorin der Studie mit Glaubenskursen gemacht hat:

„Die Besucher der Glaubenskurse sorgen dafür, dass es nicht beim Plaudern bleibt“, sagte Land im Gespräch mit der „Welt“. „Alle Erfahrungen zeigen, dass Distanzierte und Konfessionslose sehr schnell grundsätzliche und private Erfahrungen ansprechen, sobald sie einen Vertrauensraum vorfinden, in dem sie anerkannt werden. Wenn reale Probleme der Familie angesprochen und Grundfragen des Lebens thematisiert werden, dann öffnen sich die Leute ganz schnell und erzählen, was ihnen durch den Kopf geht oder widerfahren ist.“ Dies lasse sich nicht nur in Glaubenskursen beobachten, sondern auch etwa bei Gesprächen nach Beerdigungen. Für Land folgt daraus: „Leute schätzen es, wenn Kirche mit Inhalten, Ritualen und Symbolen erkennbar auftritt, und das nutzen sie als Anlässe für Gespräche, bei denen wir sie dann aber tatsächlich ernst nehmen müssen.“

Mehr: www.welt.de.

Mit Bartholomäus Ziegenbalg lernen

NewImageVor vielen Jahren hatte ich das Vorrecht, Niels Peter Moritzen bei der Herausgabe von zwei Werken aus der Frühgeschichte der evangelischen Mission zu unterstützen. Die Schrift „Kurze Beschreibung der Tätigkeit der Mission“ wurde am 21. Juli 1717 in Tranquebar/Südindien in lateinischer Sprache von der Missionsdruckerei veröffentlicht. Als Autoren zeichnen die beiden Indienmissionare B. Ziegenbalg und J.E. Gründler.

Prof. Moritzen, der die Schrift übersetzte und damit erstmals einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machte, schreibt in seiner Einführung: „Diese Darstellung ist ein faszinierendes Beispiel für eine sachliche und werbende Missionsberichterstattung, die sich an Mitchristen wendet. Sie macht nicht nur den äusseren Aufbau der Arbeit, sondern auch das Selbstverständnis der führenden Missionare recht deutlich und ist so als eine Einführung recht brauchbar“ (Bartholomäus Ziegenbalg u. Johannes Ernst Gründler, Von den Anfängen evangelischer Mission, hrsg. von Niels Peter Moritzen, Bonn, 2002, S. 7).

Die beiden Verfasser der Schrift „Kurze Beschreibung der Tätigkeit der Mission“ beschreiben unter Abschnitt XXV die Verkündigung des Evangeliums. Das gefällt mir natürlich:

Durch die Ankündigung des Evangeliums wird den Menschen der übergroße und allerkostbarste Schatz vorgestellt und dargeboten. Wer diesen annimmt und in seinem Gemüt wirklich zu eigen hat, der hat das Brot des Lebens; wer es isst, wird in Ewigkeit leben. Er hat eine Quelle lebendigen Wassers; wer daraus Wasser trinkt, wird in Ewigkeit nicht dürsten. Ja Ströme lebendigen Wassers fließen von seinem Leibe. Er hat das Licht der Welt, und wer dem folgt, wird nicht wandeln in der Finsternis. Er hat den Weg, und nur dieser führt uns zum ewigen Leben. Er hat die Pforte, durch die wir zur Teilnahme am Himmelreich eingehen. Dieser allerkostbarste und himmlische Schatz ist JESUS CHRISTUS, und zwar der gekreuzigt und von den Toten auferstanden ist. Er ist uns von Gott gemacht zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung.

Aber beeindruckend ist auch, was die Missionare über die Zielsetzung der errichteten Schulen kundtun. Es heißt dazu unter XIII.:

Das wichtigste Ziel in diesen Schulen ist: 1) Die wahre Frömmigkeit oder Erkenntnis der Wahrheit nach Art der Frömmigkeit in ihre Seelen zu pflanzen. 2) Das Wort Gottes und die göttlichen Wahrheiten aus der Heiligen Schrift selbst ihnen vertraut zu machen. 3) Die Lehren des wahren Christentums aus der Heiligen Schrift und anderen christlichen Büchern so zu lehren, daß sie den wahren Sinn und Zusammenhang der ganzen Ordnung der Gnade und des Heils erfassen, wie Gott in unseren Seelen das Werk der Erlösung bewirkt. 4) Den wahren Gebrauch und Sinn christlicher Schriften durch die Erziehung der Kleinen in diesen bisher dunklen Ländern einzuführen. 5) Die Schüler zu guten Sitten zu erziehen, damit die eingeübten Sitten der Heiden ausgelöscht und eine christliche Kultur der Seelen begründet werde. 6) Die biblische Geschichte nach ihrem Zusammenhang ihnen einzuprägen. 7) Rechtschreibung und Rechenkunst zu lehren. 8) Ihnen einen guten Stil anzugewöhnen usw.

Es folgt ein – wie ich meine – besonders wertvoller Abschnitt. Unter XIV. beschreiben die Missionare, wie sie einige begabte und fortgeschrittene tamulische Schüler für den Missions- und Pastorendienst vorbereiten. Zu ihren Aufgaben gehört:

1) Täglich halten sie fortlaufende biblische Lesung. 2) Kernstellen der Bibel werden auswendig gelernt. 3) Die thetische Theologie lernen sie ernstlich. 4) An den oben kurz beschriebenen tamulischen Schulen halten sie Katechisationen. 5) Die Predigten, die die Missionare öffentlich halten, schreiben sie in der Kirche aus ihrem Munde eilends mit Eilschrift auf, bedenken sie zu Hause und wiederholen sie vor der Versammlung der Schüler und Katechumenen aus dem Gedächtnis. 6) Gewisse theologische Stoffe und biblische Aussagen werden ihnen zur Erklärung vorgelegt, die sie nach ausreichender privater Verarbeitung und nach tamulischer Niederschrift auf Papier, wohlbedacht zum Vortrag ihrer Überlegungen vor den übrigen Schülern Gelegenheit haben. 7) Die biblische Geschichte machen sie sich durch häufigen Unterricht und Lesung vertraut. 8) Sie besuchen das Collegium Biblicum et Exegeticum, d.h. die Bibelauslegungsstunde bei den Missionaren. 9) Sie bemühen sich um medizinische Kenntnisse nach den Prinzipien der tamulischen Ärzte sowohl theoretisch wie praktisch. 10) Sie lernen das Portugiesische, Geographie und Kenntnis des Globus usw.

Na, da können wir heute viel lernen!

Der Missionsbefehl im 21. Jahrhundert

Nachfolgend ein Auszug aus dem Artikel:

  • Ron Kubsch, „‚Machet zu Jüngern alle Völker‘: Der Missionsbefehl im 21. Jahrhundert“, Reformation heute, Ausgabe 01/2014, S. 25–32, hier: S. 30–31.

Reformationheute

In vielen Regionen unserer Welt entstehen neue oder wachsen bestehende Kirchengemeinden. Dabei hat sich das geographische Zentrum von der nördlichen Halbkugel in die südliche verschoben. Während beispielsweise in China, Indien oder Lateinamerika das Christentum wächst, werden viele Länder Europas zunehmend als Missionsländer wahrgenommen. Auch Deutschland ist, nicht zuletzt wegen der Selbstsäkularisierung der Kirchen und der sich ausbreitenden Konfessionslosigkeit, längst wieder ein Missionsgebiet geworden. Während beispielsweise in Chile knapp 20 Prozent der Einwohner lebendige Christen sind, gelten in Deutschland nur ungefähr 2,5 Prozent als Gläubige.

Die bekenntnisorientierten Kirchengemeinden Deutschlands brauchen deshalb nicht nur ein Herz für die Weltmission, sondern auch für die lnlandsmission. Die Gründung und geistliche Neuausrichtung von Gemeinden wird in den nächsten Jahrzehnten eine der größten Herausforderungen für die Christen in Zentraleuropa werden.

Ich möchte deshalb mit einigen persönlichen Denkanstößen zur Mission heute schließen:

Jünger machen. Es lohnt sich, den »Missionsbefehl« gründlich zu lesen. Es sei hier nur kurz darauf hingewiesen, dass es dort nicht heißt: »Ruft zur Bekehrung auf«, sondern »macht zu Jüngern«. Die beiden Mittelwörter »taufen« und »lehren« konkretisieren das »Jüngern«. Nachfolger Jesu lernen die Glaubensinhalte, die ihr Herr ihnen hinterlassen hat (»lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe«). Sie gehorchen dem, was sie gelernt haben. Das Evangelium von Jesus Christus stiftet unter allen Völkern den »Glaubensgehorsam« (vgl. Röm 16,25-27). Evangelisation, die nur zur Bekehrung aufruft, um Menschen »in den Himmel zu bringen«, greift zu kurz.

Bekenntnisgebundene Mission. Da in den letzten hundert Jahren Fragen des rechten Glaubens durch Pragmatismus und Gemeinschaft verdrängt worden sind, gilt es, die einende und festigende Bedeutung des Glaubensbekenntnisses wiederzuentdecken. Gemeinde kämpft für den Glauben, »der den Heiligen ein für alle Mal überliefert worden ist« (Jud 3). Bekenntnisse sind Kurzformeln, in der »die biblische Botschaft brennglasartig zusammengefasst wird, in der das unaufgebbare Soll, die ›eiserne Ration‹ christlicher Wahrheit ›fest-geschrieben‹ wird.« Obschon der Glaube in der Bibel primär als persönlicher Vertrauensakt verstanden wird, bleibt er auf Lehre bezogen. »Nicht zuletzt waren es Irrlehren, die die neutestamentliche Gemeinde zwangen, klipp und klar auf den Satz und auf den Punkt zu bringen, was christlicher Glaube ist und was er nicht ist. Glaube ist im Neuen Testament immer auch inhaltliches Bekenntnis, kein verschwommenes allgemeines Gottvertrauen.« Es braucht verbindliche und öffentliche Zeugnisse über das, was in Gemeinde und Mission gilt.

Gemeindebezogene Mission. Die ersten Missionsgesellschaften hatten eine den Kirchengemeinden dienende Funktion. Sie übernahmen Aufgaben, die einzelne Gemeinden allein nicht leisten konnten. Leider haben sich inzwischen viele Missionswerke von sendenden Gemeinden emanzipiert. Hinzu kommt, dass Gründung und Stärkung von Gemeinden oft nicht mehr im Zentrum stehen. Auch wenn nicht alle Missionsarbeit gemeindegebunden sein muss – ich denke hier beispielsweise an Studentenmission –, so sollte sie insgesamt dem Gemeindebau dienen.

Gemeinde ist Botschafterin, nicht die Botschaft. Bei der Mission verkündigen wir nicht uns selbst (2Kor 4,5) oder ersonnene Botschaften (vgl. 2Pt 1,16), sondern den für uns am Kreuz gestorbenen und auferstandenen Jesus Christus. Verkündigung des Evangeliums ist treue »Ausbotschaftung« der Tatsache, dass Gott uns mit sich selbst versöhnt hat, indem er seinen Sohn als Sühnopfer für uns Sünder hat sterben lassen, so dass diejenigen, die ihm vertrauen und umkehren, ewiges Leben haben.
Wenn zum Beispiel John Howard Yoder betont, dass die sichtbare Kirche nicht Überbringerin der christlichen Botschaft, sondern selbst die Botschaft ist, liegt hier eine Fehldeutung des Zeugendienstes zugrunde. Als Gesandte oder Zeugen des Evangeliums sind wir Überbringer einer Botschaft und nicht selbst Urheber oder Gegenstand dieser Botschaft (vgl. 2Kor 5,20, Apg 1,8).

Mittel der Mission ist die Predigt … »Stille Proklamation des Evangeliums ist« – wie D. A. Carson kürzlich gezeigt hat – »ein Oxymoron«, also ein begrifflicher Widerspruch. Das Evangelium begegnet Menschen, indem es verkündigt wird. Selbstverständlich soll die Verkündigung durch entsprechende Werke gedeckt und bestätigt werden. Doch die Werke gehören nicht selbst zum Evangelium, sondern sind Früchte des Evangeliums. Der Glaube kommt »aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort« (Röm 10,17). Insofern ist es vorrangige Aufgabe der Gemeinde, das Wort Christi zu verkündigen.

Die empfehlenswerte Zeitschrift Reformation heute gibt es hier: www.reformationheute.de.

Insider-Bewegungen

In den Gemeinden wird noch nicht so viel über die „Insider-Bewegungen“ (engl. Insider Movements) gesprochen. Ja nur wenige werden wissen, was sich hinter dem Namen verbirgt. In der Missionswissenschaft sieht das anders aus. Verschiedene Organisationen wie z.B. OM, Frontiers oder Gruppen von Wycliffe diskutieren seit Jahren kontrovers über den Wert von Insider-Bewegungen.

Was ist nun das Besondere der Insider-Bewegungen? Dazu ein Beispiel. Brian McLaren, eine Leitfigur der „Emergenten Bewegung“, ringt sich nach einer mehrseitigen Erörterung der Frage, ob Christen evangelisieren sollen, zu der erfreulichen Stellungnahme durch, dass das Gespräch mit anderen Religionen „die Evangelisation nicht ausschließt, sondern erst möglich macht“. Wenige Zeilen später lesen wir dann (McLaren, A Generous Orthodoxy, 2006: S. 293, siehe auch hier):

Ich muss hinzufügen, dass ich nicht der Auffassung bin, Jünger machen sei gleichbedeutend damit, jemanden an die christliche Religion zu binden. Es mag unter vielen (nicht allen!) Umständen ratsam sein, Menschen zu helfen, Nachfolger Jesu zu werden und sie dabei in ihrem buddhistischen, hinduistischen oder jüdischen Kontext zu belassen.

Wenn er dann noch schreibt: „… , JA, du kannst Jesus nachfolgen, ohne dich selbst als Christ zu verstehen“ (S. 20, Fn 20), ruft das beim Leser diffuse Assoziationen hervor. Was heißt das denn? Sollen Christen im Kontext anderer Religionen leben und sich den dortigen Riten anpassen? Genau! McLaren wirbt für den Ansatz von Insider-Bewegungen. Insider sind Menschen, die sich zum Glauben zu Christus bekennen, jedoch Mitglieder ihrer ursprünglichen Religionsgemeinschaften bleiben. Muslime bleiben Muslime, Hindus bleiben Hindus und Buddhisten bleiben Buddhisten. So bleiben Jesusnachfolger beispielsweise Mitglieder der Moschee, halten sich an die fünf Säulen des Islam, leben in ihren Kulturen offen als Muslime, nehmen an muslimischen Opfern und Festen teil.

Geht das? Wie steht es denn mit dem gerade in den emergenten Kreisen so oft betonten Anspruch auf Authentizität? Wird hier nicht einem Dualismus von innerem Glauben und äußeren Handlungen das Wort geredet? Wie steht es mit dem Missionsverständnis des Neuen Testaments? Forderten Jesus und die Apostel nicht auch die Abkehr von der falschen Religion?

Nun ist es ziemlich einfach, Stellung zu beziehen, wenn man in einem Land lebt, in dem Glaubende nicht diffamiert oder verfolgt werden. Interessanter Weise haben aber gerade „Einheimische“ Probleme mit dem missionswissenschaftlichen „Import“.

Hier zwei Ausarbeitungen zum Thema:

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