Paul Tillich

Die Überhöhung des Zweifels bei Paul Tillich

Klaus Bockmühl hat sich in seiner Vorlesung kritisch zur Überhöhung des Zweifels bei Paul Tillich geäußert (Verantwortung des Glaubens im Wandel der Zeit, 2001, S. 221):

Etwas ist jedenfalls ganz sicher, daß nämlich der biblische Glaube durchaus keinen Platz für den Zweifel hat. Der biblische Glaube zielt darauf, den Zweifel zu entfernen. In Matthäus 21,2I sagt Jesus: „Wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt …“  Glaube und Zweifel sind also Gegensätze. In Matthäus 28,17 heißt es: „Einige aber zweifelten“ zur Zeit zwischen Auferstehung und Himmelfahrt Jesu. Aber nach Pfingsten war es anders. Das Evangelium beschreibt also den Glauben nicht als Einbau, sondern als Überwindung des Zweifels.

Ich gebe zu, daß die Überwindung des Zweifels ein andauernder Prozeß ist, aber das ist nicht dasselbe wie die Einverleibung des Zweifels in den Glauben. Im Hebräischen bedeutet das Wort für Glauben „festmachen, konsolidieren, gewiß machen“, was soviel sagen soll wie, die Unstabilität, die Möglichkeit von zwei miteinander im Konflikt stehenden Wahrheiten muß überwunden werden. Wenn wir auf Abraham als den Vater des Glaubens schauen, dann wird Glaube dort als Vertrauen verstanden. Da geht es nicht wesentlich auch um den Zweifel, sondern die wesentliche Konsequenz des Glaubens ist der Gehorsam. Zweifel führt zum Zögern und zum Ungehorsam, aber Glaube ist die vertrauensvolle Überbrückung der Wartezeit zwischen der Verheißung und der Erfüllung, und zwar im bewußten Handeln. Dabei spreche ich nicht von gegen alle Zweifel gefeiter Sicherheit, über die Tillich sich lustig machte – fundamentalistische Sicherheit. Es ist vielmehr so, daß der Glaube ständig mit dem Zweifel kämpft, aber nicht bereit ist, dem Zweifel eine Berechtigung einzuräumen, sondern versucht, ihn zu überwinden. Ich denke, daß Tillich mit seiner Behauptung, daß der Zweifel im philosophischen Betrieb, aber auch in der biblischen Religion dazugehört, in beiden Fällen irrt.

Die Kulturtheologie von Paul Tillich

Während in den evangelikalen Zirkeln hoffnungsvoll gezwitschert wird, die post-liberale Theologie habe die liberale Theologie verdrängt, beobachtete Georg Pfleiderer 2010 in seinem Aufsatz »Theologie als normative Kulturwissenschaft?« (Theologische Zeitschrift 66 (2010), Ausgabe 4, S. 318–331), dass die liberale Kulturtheologie seit den 70er Jahren eine beträchtliche Renaissance erfährt.

Da passt es ganz gut, dass der DLF kürzlich einen Hörbeitrag über die Theologie von Paul Tillich produziert hat. Wer »das Herz« der liberalen Theologie (und die damit verbundene Tragik) verstehen möchte, wird von den zwei Aufnahmen profitieren.

Teil 1:
[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/08/10/dlf_20110810_0945_8bb4caf9.mp3[/podcast]

Teil 2:
[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/08/11/dlf_20110811_0946_8bb5c543.mp3[/podcast]

Grenzgänger der Liebe: Karl Barth und Paul Tillich

Dogmatik und Ethik gelten als Geschwister. Wer ein hochgelehrter Theologe ist, muss aber noch lange nicht üblichen Konventionen genügen. Zwei prominente Theologen des 20. Jahrhunderts, Karl Barth und Paul Tillich, waren verheiratet, fühlten sich aber gleichzeitig von anderen anderen Frauen angezogen. Sie lebten mit diesen mehr oder weniger offen auch in Beziehungen. Ein Widerspruch zu ihrem theologischen Leben und Denken? Sie waren bemüht, auch diesen Bereich ihres Lebens theologisch zu begründen.

Hier geht es zu der Bayern 2-Radiosendung »Grenzgänger der Liebe« von Claudia Christophersen:

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Das Manuskript zur Sendung gibt es hier: BR-online-Publikation-ab-01-2010–186892-20100813100136.pdf.

VD: HB

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