Ist die evangelische Kirche tot?
Gottesdienste können weg, ein Reformator, eine Reformatorin muss her! Das fordert der katholische Buchautor Erik Flügge. Ein Streitgespräch zwischen ihm und Reinhard Mawick zeigt, wie tief der Protestantismus in der Krise steckt. Sowohl Reinhard Mawick als auch Erik Flügge können nicht heraushelfen, denn sie sitzen im Gefängnis des Anthropozentrismus. Ihre schlichte Botschaft: „Weiterglauben“:
Na, also dem würde ich stark widersprechen. Also zunächst mal über Zahlen kann man natürlich immer reden, aber Gottesdienst feiern hat für mich eine Dimension, die über die reine quantitative Betrachtung hinausgehen muss. Ich glaube zutiefst daran, dass Gottesdienst ein Wert an sich ist und auch die, die nicht kommen und zum Glück bei uns Evangelischen nicht kommen müssen, – deswegen kommen sie auch nicht, wir haben keine Messpflicht –, dass das für die wichtig ist, dass wir Gottesdienst feiert. Evangelische Spiritualität ist weit gefächert, Protestantismus ist auch nicht nur Kirchlichkeit. Aber der Gottesdienst ist ein wesentliches Kennzeichen der evangelischen Kirche, weil da nämlich das geschicht, was Sie auch fordern. In Ihrem Buch habe ich den Eindruck, dass Ihnen das wichtig ist, dass wir weiterdenken. Sie fordern, man solle die Bibel weiterschreiben. Im Idealfall passiert so etwas in einer Predigt, im gemeinsamen Nachdenken über einen Bibeltext, dass man zu neuen Formulierungen kommt. Dafür ist der Gottesdienst wichtig.
Was mir wichtig ist: Das ist überhaupt nichts Neues, dass die Evangelischen nicht zur Kirche gehen, denn sie müssen es nicht und ich finde das gut und einen Freiheitsgewinn, jeder kann seine Neo-Distanz da selber bestimmen. Denn, was im eigenen Seelenkämmerlein geschieht, das ist auch Spekulation. Denn es wäre ja schön, wenn alle eine Million Kirchenmitglieder ein reiches geistiges Leben auch ohne Kirche hätten. Ich glaube, dass das nicht der Fall ist. Ich glaube, dass der Gottesdienst, neben den Vielen, die es wirklich genießen, auch einen stellvertretenden Anspruch und Charakter hat und dass es absurd wäre, wenn die evangelische Kirche ihre Gottesdienste ausdünnen oder gar abschaffen würde.