Reformpädagogik

Gesellschaft, Pädagogik

Reformpädagogik in der Krise

Gleich zwei aktuelle Beträge der FAZ eröffnen Einblicke in die Reformpädagogik, die in den letzten Jahrzehnten vor allem durch linke Strömungen durchgesetzt wurde und, so kann man sagen, einen bildungspolitischen „Scherbenhaufen“ hinterlassen hat.

Der Beitrag „Diplome für alle“ informiert über eine vermeintlich sensationell erfolgreiche Schulreform in den USA:

Märchenhaft, anders kann man es nicht nennen. Vor zehn Jahren begann die Reform der völlig desolaten Schulen in Washington. Sie verlief so erfolgreich, dass man mitunter seinen Augen nicht traute, wenn wieder neue Fortschritte vermeldet wurden. Die Noten wurden immer besser, die Schüler immer schlauer, die Lehrer immer beliebter. Die Disziplin an den Schulen stieg, die Zahl der Abschlüsse auch, die Zahl der Problemfälle und Schulverweise sank. Der damalige amerikanische Präsident Barack Obama hielt vor nationalem Publikum eine Lobrede auf das Washingtoner Erfolgsmodell, das ein Vorbild für alle Schulen in den Vereinigten Staaten sein müsse. Das Magazin „Time“ setzte die strahlende Schuldezernentin Michelle Rhee mit einem eisernen Besen in der Hand aufs Cover und feierte sie als siegreiche Heldin im Kampf gegen die verkrustete Bürokratie. Mehr Ehre geht gar nicht.

Die Sache hat allerdings einen Haken. Dahinter stecken Lug und Trug: Die Ballou High School hatte die Diplome praktisch an alle Schüler verschenkt, unabhängig davon, welche Leistungen sie erbracht hatten oder ob sie überhaupt am Unterricht teilgenommen hatten. Denn:

Jeder zweite Absolvent hatte mehr als drei Monate des Schuljahres unentschuldigt gefehlt, jeder Fünfte hatte sogar mehr als die Hälfte des Jahres geschwänzt, viele andere waren in den entscheidenden Tests durchgefallen. Sogar Schüler, die sich praktisch nie hatten blicken lassen, bekamen zum Abschied von ihrer Schule ein Diplom – aber auch solche, die wegen Gewalt- und Drogendelikten aufgefallen waren. Spätere Nachforschungen zeigten, dass mehrere Schüler des Abschlussjahrgangs nach gängigen Maßstäben kaum lesen und schreiben konnten – was darauf hindeutet, dass sie schon in früheren Jahren kaum am Unterricht teilgenommen hatten.

In dem Artikel „Der Pädagoge als Erzieher“ geht es um einen kollektiven Verdrängungsmechanismus. Die Gesellschaft ignoriert nämlich, dass Schule nicht nur bilden, sondern auch disziplinieren muss. Viele Lehrer spüren, dass in Familien immer weniger Grenzen gesetzt werden. Der Erziehungswissenschaftler Thomas Wenzl stellt aber fest, dass man den Lehrern diese erzieherischer Kompetenz andererseits nicht zugestehen will. Lehrer sollen nur begleiten. Das treibt die Lehrer in eine Zwickmühle (und manche wohl auch in eine Identitätskrise):

Lieber, bemerkt Wenzl, wollen gerade junge Lehrer bei ihren Schülern „beliebt“ sein, wohinter sich die Hoffnung verbirgt, damit dem befürchteten jugendlichen Widerstand gegenüber der amtsgegebenen Autorität des Lehrer in der Simulation eines Freundschaftsverhältnisses von Gleichberechtigten zu entgehen.

Das kann eigentlich nicht gut gehen, zumal die Familie als Erziehungsraum oft ausfällt:

Die Gesellschaft verdränge die Notwendigkeit der Disziplinierung der Kinder, sie verschweigt sie lieber, weil sie sich selbst als frei und zwanglos imaginieren möchte. Es passt nicht zum Selbstbild, dass die Notwendigkeit von Erziehung nicht geringer geworden ist, sondern eher zunimmt. Was auch daran liegt, dass die Familie als primärer Raum einer solchen Disziplinierung mehr und mehr ausfällt.

Stattdessen habe die Gesellschaft den Zwang an die Schule delegiert und empöre sich dann darüber, dass diese mit seiner Durchsetzung überfordert ist. Liegt hierin vielleicht der tiefere Grund des akuten Lehrermangels in Deutschland, dass immer weniger junge Menschen bereit sind, diese Rolle des Prügelknaben der Nation anzunehmen?

Ethik, Feuilleton

Das Ende des geheimen Deutschlands

Acht Jahre sind vergangen, seitdem die Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule öffentlich geworden sind. Mehr als hundert Kinder, vor allem Jungen, wurden dort zwischen 1960 und 1990 von ihren Lehrern sexuell missbraucht (siehe z.B. hier und hier).

In die Etablierung der reformpädagogischen Erziehung war ein elitäres Netzwerk eingebunden. Illustre Namen waren mit der Bewegung, für die die Odenwaldschule ein pädagogisches Vorzeigeprojekt gewesen ist, verbunden. Bekannt sind gewiss Richard von Weizsäcker, von 1984 bis 1994 der sechste Bundespräsident, oder Marion Gräfin von Dönhoff, die langjährige Chefredakteurin und Mitherausgeberin der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT. Der spätere Mitbegründer der TAZ soll sogar aktiv in den Missbrauch involviert gewesen sein (siehe hier).

Derjenige, auf den sich die Reformpädagogen der Bundesrepublik gern beriefen, war der Dichter Stefan George. Er war so etwas wie ein geistiger Übervater der Reformpädagogik (siehe hier).

Inzwischen wird immer deutlicher, dass der George-Kreis nicht nur autoritär geführt wurde, sondern geradezu sektengleich die „Schüler“ abhängig machte. Eine zentrale Rolle spielte nach dem 2. Weltkrieg das von dem Deutschen Wolfgang Frommel betriebene „Castrum Peregrini“ in Amsterdam. Um zum engeren Kreis zu gehören, brauchte es eine initiierende Weihe. Das Ritual war, so vermutet man inzwischen, stark sexuell konnotiert. Da trafen sich deutsche und holländische Jungs und Männer, die bei rituellen Festen Efeukränze auf ihren Köpfen trugen und im Kerzenlicht George-Gedichte lasen. Einige Teilnehmer verglichen die Initiation mit einer Vergewaltigung. Es deutet auch viel darauf hin, dass es zwischen dem Geist Stefan Georges und der Odenwaldschule eine direkte Verbindung gab. Erste Opfer brechen ihr Schweigen. Finstere Abgründe deuten sich an (siehe auch diesen niederländischen Artikel).

Die FAS schreibt in der Ausgaben vom 13. Mai 2018 (Nr. 19, S. 45–46):

Zum ersten Mal wird im George-Kontext offen gesprochen und die Praktiken des Kults werden explizit benannt. Es ist nicht bloß einer, der jetzt spricht, es sind mehrere; nicht nur Männer, sondern auch Frauen, und möglicherweise werden ihnen noch andere folgen. Was bleibt übrig vom „geheimen Deutschland“, wenn die Geheimnistuerei wegfällt? Kann es sein, dass wir dabei zusehen können, wie eine Elite nicht nur demontiert wird, sondern sich mit ihren Mythen selbst demontiert?

Am 12. Juli hat der Dichter Stefan George 150. Geburtstag. Die Frage ist: Was gibt es zu feiern? Was gilt es zu benennen? Mit dem Jahrestag steht, so, wie es aussieht, vor allem der mit einer Kultur des Verschweigens verschränkte George-Kult ums Geheimnis zur Diskussion. Denn es ist ja nicht so, dass das Geraune und die Geheimnistuerei in der George-Forschung aufgehört haben. Es geht ja immer so weiter. Ulrich Raulff bestätigt am Telefon, dass in der George-Forschung, „soweit sie den Namen verdient“, der konservative, apologetische Flügel wieder Oberwasser erlangt habe. „Die Georgeaner, mittlerweile in der vierten Generation, vermeiden bis heute, Klartext zu reden, gerade was das Sexuelle angeht. Ich denke mittlerweile, dass das historisch eine enorme Vernebelung und moralisch ein entsetzlicher Schmus ist.“

„Das Ende des geheimen Deutschlands“ ist ein mutiger und empfehlenswerter Artikel, der hoffentlich dazu beiträgt, mehr Licht in das Dunkel des „pädagogischen Eros“ hineinzubringen. Leider ist er noch nicht öffentlich einsehbar. Er kann aber über ein Probeabo oder einen Tagespass gelesen werden: www.faz.net.

Gesellschaft, Politik

Schule als Experimentierfeld

In einem Artikel auf FOCUS Online hat eine bayerische Grundschullehrerin offen aus ihrem Alltag erzählt. Das hat eine Flut an Reaktionen ausgelöst. Der Tenor: Die Politik investiert beschämend wenig in die Bildung – und legt ein zu großes Augenmerk auf „Gleichmacherei“ und „Kuschelpädagogik“. Einige Reaktionen von Eltern hat FOCUS online zusammengestellt. So heißt es dort:

Ich bin als Therapeut oft in den Schulen. Intelligente Kinder brauchen Futter, um nicht gelangweilt zu sein. Inklusion überfordert die Schwachen und bremst die Guten. Jetzt noch Migrantenkinder dazu zu geben, ist ein Attentat auf die Zukunft des Landes. Gut wären Alphabetisierungskurse und Deutschkurse in getrennten Klassen. Man muss bedenken, dass die asiatischen Kinder zu Hochleistern gedrillt werden, während unsere Kinder in gesellschaftlichen Experimenten aus ideologischen Gründen am Lernen eher gehindert werden. Wenn man es richtigmachen wollte, müsste man den zehnfachen finanziellen und organisatorischen Aufwand betreiben.

Diese Situation ist von der Politik so gewollt. Egal ob SPD, Grüne oder CDU/CSU: Die Schule ist seit Jahrzehnten zu einem Experimentierfeld für sogenannte Bildungspolitiker verkommen. Das Resultat kann man an den Hochschulen und an den Berufsschulen bewundern. Studenten, deren Hausarbeiten vor Fehlern wimmeln oder Lehrstellensuchende, die bei der Unterschrift drei Kreuze machen. Ausbildungsbetriebe und Universitäten schlagen seit Jahren Alarm über die Versäumnisse einer verfehlten Bildungspolitik, deren Ziel es war, jedem, aber wirklich jedem, ein Abitur zu ermöglichen.

Hier mehr: www.focus.de.

VD: MS

Gesellschaft

Überschreitungen

An der renommierten Odenwaldschule hatte der charismatische und bis in die höchsten Kreise der deutschen Gesellschaft (einschließlich des hessischen Bildungsministeriums) vernetzte Schulleiter Gerold Becker Kinder missbraucht. Viele verstörende Details sind im Laufe des Jahres 2010 über den Missbrauch an der Odenwaldschule bekanntgeworden. Der vorläufige „Abschlussbericht“ der beiden Anwältinnen, die die Ereignisse im Auftrag der Schule aufarbeiteten, verzeichnet mindestens 132 Fälle seit 1969.

Der Film „Geschlossene Gesellschaft“ zeigt das große Leid, das den Opfern der sexualisierten Gewalt widerfahren ist. Die Dokumentation von Regina Schilling und Luzia Schmid ist 2012 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden.

Ich habe den Film gestern Abend gesehen. Er dokumentiert nicht nur das Scheitern der Odenwaldschule, sondern mittelbar auch die obliterierenden Momente der deutschen Reformpädagogik. Gerold Becker war ein Schützling des bekannten Pädagogen Hellmut Becker, dem Mitbegründer und ersten Direktor des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung. Aus einer Aussage im Film erfahren wir, dass Hellmut Becker Gerold Becker zum Schulleiter der Odenwaldschule machte, obwohl er von seinen pädophilen Neigungen und homosexuellen Übergriffen auf einen Minderjährigen wusste.

Wer starke Nerven hat, kann sich den Film noch ansehen. Er wird heute (Do., den 2. Oktober 2014) noch zweimal ausgestrahlt:

  • Einsfestival 15:50 – 17:20 (90 Min.)
  • WDR Fernsehen 23:15 – 00:45 (90 Min.)

Trailer anlässlich der Grimme-Preis-Verleihung:

Gesellschaft

Zoë Jenny: Weltverbesserer sind lernresistent

Lehrer mit Latzhosen, Stirnband und „Atomkraft? Nein danke“-Ansteckern sahen Kinder oft nur als Spielzeug, meint die Schriftstellerin Zoë Jenny. Sie erklärt im Rückblick auf ihre Zeit in einer reformpädagogischen Schule: „Im Zuge der sexuellen Revolution wurden die Erwachsenen vor allem von einem befreit: von ihrer Verantwortung.“

Die Vorstellung, dass man an dem Schlechten in der Welt auch selber schuld sein könnte: Es übersteigt das geistige Fassungsvermögen der Gutmenschen, dass sie vielleicht in Wahrheit gar nicht so gut sind. Die Weltverbesserer sind vor allem eines: lernresistent. Lieber zeigt man sich empört.

Wie Claudia Roth, die allen Ernstes zurückmaulte, dass man den über alles erhabenen Grünen – die sich nach wie vor als Retter der Welt verstehen – sicher nichts über Moral erklären müsse. Klar, denn das Böse und Monströse ist ja immer woanders. In der Psychologie nennt man das Projektion. Im Extremfall gipfelt es in der Metapher des Narziss, der selbstverliebt ins Wasser starrt, auf sein Spiegelbild – und dabei ertrinkt. Die Grünen sind geradezu besessen von ihrem Spiegelbild.

Mehr: www.welt.de.

Allgemein

Norbert Bolz kritisiert Reformpädagogik

Wir brauchen keine Bildungsrevolution, sagt der Philosoph und Medienwissenschaftler Norbert Bolz. Statt Reformen brauchen wir selbstbewusste Lehrer, statt Ganztagsschulen sollten sich die Eltern wieder selbst um ihre Kinder kümmern:

Als vierfacher Vater von schulpflichtigen Kinder glaube ich, das Problem der Schulen ist nicht das Curriculum, sondern völlig überforderte Lehrer, die sich immer häufiger in Krankheiten flüchten. Überfordert sind die Lehrer nicht vom Stoff, sondern von Eltern, die immer größere Konsumentenerwartungen an die Schule richten, und zum anderen von der Verwaltung, die den Lehrern ständig neue Reformprogramme aufdrückt und sie in irgendwelche Schulungen hetzt. Hier werden sie dann mit sogenannten „neuen Formen des Lernens“ konfrontiert, die ihren eigenen Erfahrungen widersprechen. Das klassische Beispiel ist der Frontalunterricht. Alle Welt, die über Pädagogik nachdenkt, ist dagegen. Die wirklich guten Lehrer, verstehen die Diskussion überhaupt nicht und die Schüler bestätigen mir immer wieder, dass diese gruppenbasierten Alternativmodelle zu nichts führen. Ich wünschte mir manchmal mehr Feuerzangenbowle und weniger Brüsseler Reformideen.

Mehr: www.cicero.de.

Akzente, Allgemein

Die Schule der Zukunft

Es lohnt sich, die Anliegen pädagogischer Strömungen konsequent zu Ende zu denken. Ein schwedischer Kommunalpolitiker hat sich die Mühe gemacht, den Gedanken der Reformpädagogik zu radikalisieren. Wie so oft denken die Schweden europäische Bildungspolitik voraus. Das Ergebnis: Die Schulen können nun auch auf „Lernbegleiter“ verzichten.

Es geht natürlich wieder um „Entgrenzung“, um die ganz persönliche Reise eines jeden Kindes. Ob der Traum der Schülers in Erfüllung geht? SPIEGEL ONLINE schreibt:

„Eine Schule, die die Zukunft ist, hat keine Klassen, keinen Unterricht, keine Stufen, keine Schüler oder Lehrer. Stattdessen ist es ein unerhört komplexes Umfeld, in der Menschen sich mit sich selbst beschäftigen, ihren Ansichten und ihren Ressourcen, um den Tag reicher zu beenden, als man ihn begonnen hat.“

Zudem solle die Schule der Zukunft subjektiv sein: Schüler sollten sich selbst überlegen, welches Ziel und welche Bedeutung ihre ganz persönliche Reise habe.

Die Bedingungen, so der Vorschlag, könnten auf zweierlei Arten gelöst werden: „Zunächst sollten Schulgebäude die letzte Alternative sein, wenn es um Umgebungen fürs Lernen geht, nicht die erste.“ Zum anderen müssten Gebäude zukünftig wesentlich effektiver genutzt werden als heute. Warum soll man die Schule nicht für andere Akteure öffnen? Für Mama und Papa beispielsweise: „Der einfachste Weg nach vorn wäre es, dass die Schule wenigstens für die Eltern der Schüler ein attraktives Umfeld ist, wenn sie in ihrem Alltag nach einem alternativen Arbeitsplatz suchen.“ Das würde die Kosten senken und die Grenze zwischen Schule und dem Rest der Welt aufweichen.

Ich schlage ganz progressiv vor, noch weiter zu denken. Schafft die Schulen wieder ab und traut den Eltern zu, dass sie die Kinder bilden können. Also: Anstatt Mama und Papa jetzt auch noch in die Schulen zu schicken, damit die Gebäude effektiver genutzt werden, lasst doch einfach die Kids bei den Eltern. Das senkt nicht nur die Kosten, sondern macht den Kindern noch mehr Spass.

Feuilleton

„Die Schulä fenkt an“

Harald Martenstein hat sich mit dem Erlernen der Rechtschreibung nach Gehör befasst und seine „Erkänntnisse“ in einen wunderbaren Text gepackt:

Manchmal sagen Leute: Ach, wissen Sie, ich würde auch gerne schreiben – kann man das lernen? Natürlich. Ich habe auf die folgende Weise schreiben gelernt. Eine bezaubernde junge Frau, die mir riesengroß vorkam, betrat das Zimmer, in dem ich saß. Sie lächelte mich an, ging zu einer Tafel, sie schrieb das Wort „Hans“ und das Wort „Lotte“ an die Wand. Dann erklärte sie mir, welcher Buchstabe welchem Laut entspricht. So habe ich schreiben gelernt. Buchstabe für Buchstabe, mit Fibel. Ich war überrascht, als ich in der Zeitung las, wie Kinder heutzutage das Schreiben lernen.

Die Kinder kriegen eine „Anlauttabelle“. Man erklärt ihnen, welcher Laut welchem Buchstaben entspricht. Dann sollen sie loslegen. Sie hören einen Satz, gucken in ihrer Tabelle nach und schreiben: „Die Schulä funkt an.“ Schon nach ein paar Wochen können sie halbe Romane schreiben, besser gesagt, halbe Roh Manne. Der Lehrer darf sie nicht korrigieren. Das würde den Kindern, heißt es, seelischen Schaden zufügen und sie demotivieren. Die Methode „Lesen durch Schreiben“ ist eine Erfindung des Reformpädagogen Jürgen Reichen, sie setzt sich immer mehr durch. In der Zeitung stand auch, dass Eltern verwirrt sind. Ihr Kind schreibt „Di Bollitzei isst da“ und fragt, ob das richtig geschrieben sei. Was sollen die Eltern dem Kind antworten? Beim Elternabend wird ihnen gesagt, dass sie so tun sollen, als sei alles richtig. Falls sie damit ein Problem haben, sollen sie „ausweichend antworten“. Die Eltern können sagen: »Richtig, falsch, das sind relative Begriffe. Alles nur gesellschaftliche Konvention.« Oder: „Was richtig war und was falsch, zeigte sich oft erst nach Jahrzehnten.“

Interessanterweise hat die neue Methode dazu geführt, dass es viel mehr Kinder mit Rechtschreibschwächen gibt als früher …

Mehr: www.zeit.de.

VD: ET

Allgemein

Odenwaldschule: Skandal über Jahre vertuscht

Die sexuellen Übergriffe an der Odenwaldschule hatten System, ein Abschlussbericht zählt bislang 132 Opfer. Jahrelang wurde der Skandal vertuscht. Nun belegen Briefe, dass sich der einflussreiche Reformpädagoge Harmut von Hentig gegen eine Aufklärung gewandt hatte. Sein verstorbener Lebensgefährte Gerold Becker gilt als Haupttäter.

Im Fall des vielfachen sexuellen Missbrauchs von Schülern an der hessischen Odenwaldschule hat der Erziehungswissenschaftler und Reformpädagoge Hartmut von Hentig intern für ein »Aussitzen« des Skandals plädiert. Das berichtet die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« (F.A.S.) in ihrer Ausgabe vom 19. Dezember unter Berufung auf Briefe Hentigs vom Frühjahr des Jahres, die der Zeitung vorliegen. So hat Hentig am 14. Mai 2010 in einem Brief an den Sohn eines Weggefährten geschrieben: »Meine (nicht leicht einzuhaltende) Strategie: aussitzen«. In vier Jahren könne man dann »in Ruhe auf all dies zurückblicken und ›lernen‹ – oder wir haben einen neuen Fundamentalismus, der auch die letzten Regungen der Aufklärung beseitigt«, schreibt Hentig weiter.

Möglicherweise muss man Sehnsüchte des Harmut von Hentig, wie z.B.:

Ich wünsche, dass junge Menschen erfahren, was eine Gemeinschaft ist – eine größere als die Familie, in die sie hineingeboren sind, und eine weniger künstliche und zufällige als die Schulklasse, in die man sie hineinverwaltet hat.

nun ganz anders deuten?

Hier der Artikel der FAZ: www.faz.net.

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