An der renommierten Odenwaldschule hatte der charismatische und bis in die höchsten Kreise der deutschen Gesellschaft (einschließlich des hessischen Bildungsministeriums) vernetzte Schulleiter Gerold Becker Kinder missbraucht. Viele verstörende Details sind im Laufe des Jahres 2010 über den Missbrauch an der Odenwaldschule bekanntgeworden. Der vorläufige „Abschlussbericht“ der beiden Anwältinnen, die die Ereignisse im Auftrag der Schule aufarbeiteten, verzeichnet mindestens 132 Fälle seit 1969.
Der Film „Geschlossene Gesellschaft“ zeigt das große Leid, das den Opfern der sexualisierten Gewalt widerfahren ist. Die Dokumentation von Regina Schilling und Luzia Schmid ist 2012 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet worden.
Ich habe den Film gestern Abend gesehen. Er dokumentiert nicht nur das Scheitern der Odenwaldschule, sondern mittelbar auch die obliterierenden Momente der deutschen Reformpädagogik. Gerold Becker war ein Schützling des bekannten Pädagogen Hellmut Becker, dem Mitbegründer und ersten Direktor des Max-Planck-Institutes für Bildungsforschung. Aus einer Aussage im Film erfahren wir, dass Hellmut Becker Gerold Becker zum Schulleiter der Odenwaldschule machte, obwohl er von seinen pädophilen Neigungen und homosexuellen Übergriffen auf einen Minderjährigen wusste.
Wer starke Nerven hat, kann sich den Film noch ansehen. Er wird heute (Do., den 2. Oktober 2014) noch zweimal ausgestrahlt:
- Einsfestival 15:50 – 17:20 (90 Min.)
- WDR Fernsehen 23:15 – 00:45 (90 Min.)
Trailer anlässlich der Grimme-Preis-Verleihung:
http://www.grimme-institut.de/videos/2012/GeschlosseneG.flv
Der Abschlussbericht kann übrigens hier eingesehen werden: http://www.anstageslicht.de/fileadmin/user_upload/OSO_Abschlussbericht2010.pdf