Sozialismus

Mehr Ungleichheit, bitte!

Marc Felix Serrao beschreibt in seinem Artikel „Mehr Ungleichheit, bitte!“, wie tief das sozialistische Denken in Europa eingesickert ist und das es notwendig in einer neue Knechtschaft führen wird, wenn es kein Umdenken und keine Umkehr gibt. Bei seiner Diagnose greift er eine Rede von Carlos Carvalho auf, in der die Ungleichheit verteidigt. 

Hier ein Auszug aus dem Artikel: 

Die Bürger des Westens mögen allesamt satt und sicher sein. Trotzdem empfinden sie es mehrheitlich als Skandal, dass einige wenige von ihnen deutlich mehr besitzen als der Durchschnitt. In Deutschland etwa sprachen sich kürzlich 70 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage für eine höhere Besteuerung hoher Einkommen aus. Zur Erinnerung: Das Land hat bereits die zweithöchste Steuer- und Abgabenlast aller Industrienationen. Nur Belgien liegt drüber.

Wie konnte sich das Leitmotiv des Sozialismus – Neid – so erfolgreich in den Köpfen auch im Westen festsetzen? Oder anders gefragt: Wie konnte die Ungleichheit, die jedem Streben nach Erfolg innewohnt, in ein derart trübes Licht geraten?

Eine fulminante Antwort hat nun Carlos Carvalho gegeben, der Präsident der University of Austin. Diese noch junge amerikanische Hochschule versteht sich als Bastion gegen akademische Wokeness und Cancel-Culture. „In Defense of Inequality“ lautete der Titel der Rede, die Carvalho zu Wochenbeginn vor der „Class of 2029“ und deren Eltern gehalten hat. Zur Verteidigung der Ungleichheit.

Der Statistik-Professor zitiert unter anderem Alexis de Tocquevilles berühmte Studie «Über die Demokratie in Amerika» aus dem frühen 19. Jahrhundert. Der Analytiker der modernen Demokratie hatte als einer der Ersten auf die Schattenseite von deren Gleichheitsideal hingewiesen. Die rechtliche Gleichheit der Bürger sei zwar die Grundbedingung der Freiheit, so Tocqueville. Doch Gleichheit als politisches Ziel führe zu einem paternalistischen Staat, der diese Freiheit schleichend wieder einschränke. Am Ende des Weges stehe die Knechtschaft.

Mehr: www.nzz.ch.

Der Sozialismus kehrt zurück

In vielen westlichen Ländern vollzieht sich eine Entwicklung, die schleichend und weitgehend unbemerkt geschieht: die Rückkehr des Sozialismus. Damit ist nicht die vollständige Verstaatlichung von Unternehmen und Fabrikanlagen gemeint, wie sie Karl Marx forderte. Soweit sind wir noch nicht. Aber die völlige Gleichheit und soziale Gerechtigkeit werden zunehmend über die persönliche Freiheit gestellt. Die „Gesellschaft“, was auch immer das ist, soll die Probleme lösen. 

Wie kommt es zu dieser Rainessance? Morten Freidel schreibt in der NZZ:

Ein Grund ist, dass die Kargheit und die Grausamkeit sozialistischer Staaten in Vergessenheit geraten. Die Millionen Toten, die Stalin und Mao auf dem Gewissen haben, werden zu einer abstrakten Kennziffer. Die Schrecken des Sozialismus verblassen, seine Verheissungen erstrahlen dafür in den leuchtendsten Farben. Das erklärt seinen Aufstieg aber nur teilweise.

Der eigentliche Grund liegt tiefer: Viele Menschen haben vergessen, was Freiheit wirklich bedeutet. Das liberale Prometheus-Institut fragte junge Deutsche vor wenigen Tagen in einer repräsentativen Umfrage, wie sie dazu stehen. Auf den ersten Blick war ihnen die Freiheit besonders wichtig. Aber dieser Eindruck täuscht.

Was junge Leute unter Freiheit verstehen, hat damit nur bedingt etwas zu tun. Sie sahen darin vor allem die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, zum Beispiel zu reisen. Seltener hingegen die Abwesenheit von Zwang und Verantwortung für das eigene Handeln. Mit anderen Worten: Viele junge Menschen lehnen die Zumutungen der Freiheit ab. Sie wollen frei sein, aber nicht für ihre Entscheidungen haften. Nur ist eine Freiheit ohne Haftung keine. Sie führt direkt in die Vormundschaft des Staates.

Mehr: www.nzz.ch.

Die erstaunliche Renaissance des Sozialismus

Rainer Zitelmann hat für die NZZ das sehr empfehlenswerte Buch Socialism: The Failed Idea That Never Dies von Kristian Niemietz vorgestellt.

Der totgesagte Sozialismus ist so lebendig wie schon lange nicht mehr – jedenfalls unter jungen Leuten, die sein historisches Scheitern nicht miterlebt haben. Denn Sozialismus meint ja Gerechtigkeit, Gleichheit, Solidarität, und wer wollte schon etwas dagegen einzuwenden haben? Laut einer Umfrage des Gallup-Institutes haben 51 Prozent der jungen Amerikaner eine positive Sicht des Begriffs Sozialismus, aber nur 45 Prozent sehen den Kapitalismus in günstigem Licht. Nicht nur Bernie Sanders, auch andere demokratische Bewerber für das Präsidentschaftsamt bekennen sich zur sozialistischen Gesellschaftsordnung, zu dieser Idee eines planwirtschaftlichen Kollektivismus, die aus dem 19. Jahrhundert stammt.

Auch in europäischen Ländern erlebt der Sozialismus eine für manche überraschende Renaissance. Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn bezeichnet sich selbst stolz als Sozialisten. In Deutschland wurde im vergangenen Jahr der 200. Geburtstag von Karl Marx enthusiastisch gefeiert, in seiner Geburtsstadt Trier wurde ein überlebensgrosses Monument des kommunistischen Vordenkers aufgestellt. In Berlin wird derzeit ein Volksbegehren initiiert, das auf eine Enteignung privater Immobiliengesellschaften zielt, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, und der Vorsitzende der SPD-Jugendorganisation, Kevin Kühnert, fragte bereits herausfordernd, wer einem Menschen das Recht gebe, mehr als 20 Wohnungen zu besitzen.

In den letzten hundert Jahren gab es mehr als zwei Dutzend Versuche, eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, von der Sowjetunion über das maoistische China bis nach Venezuela. Alle von ihnen haben in unterschiedlichem Maße versagt. Aber, so die Anhänger des Sozialismus, nur, weil keines dieser Experimente „realer Sozialismus“ war.  Niemietz erklärt das Phänomen mit dem Hinweis darauf, dass Sozialismus in drei Phasen auftritt. In einer ersten Phase sind Intellektuelle weltweit begeistert und preisen das System in höchsten Tönen. Das galt selbst für Massenmörder wie Stalin oder Mao.

Auf die Phase des Enthusiasmus, so zeigt Niemietz, folgt stets eine zweite Phase der Ernüchterung: Das System und seine «Errungenschaften» werden zwar noch verteidigt, aber nicht mehr unkritisch unterstützt. Mängel werden zugegeben, aber gerne dem Wirken von kapitalistischen Saboteuren, ausländischen Kräften oder als Ergebnis des Boykotts durch den «US-Imperialismus» dargestellt. Schliesslich folgt die dritte Phase, in der bestritten wird, dass es sich überhaupt um eine Form des Sozialismus gehandelt habe.

Hier der Artikel: www.nzz.ch.

Barth, „der rote Pfarrer“

Karl Barth war bereits in seiner frühen Schaffensperiode, also noch vor der „dialektischen Wende“, vom Sozialismus sehr angetan.

Die Einflüsse auf dem Weg dahin sind vielfältig. Das Reich Gottes als ethische Aufgabe war das große Thema der Liberalen Theologie, die er in Berlin oder Marburg gehört hatte. Durch Eduard Thurneysen lernte Barth Hermann Kutter kennen, der als Pfarrer am Zürcher Neumünster predigte, die Verheißungen Gottes würden mit der Sozialdemokratie in Erfüllung gehen. Beachtlichen Einfluss entwickelten freilich auch die Erfahrungen in der Arbeiterstadt Safenwill, in der Karl Barth zwischen 1911–1921 ein Pfarramt übernahm. Er konnte dort mit eigenen Augen sehen, unter welch schwierigen Bedingungen geschuftet wurde (ähnliches erlebten ja auch Karl Marx und Friedrich Engels).

Wer glaubt, die „Himmel auf die Erde“-Theologie sei erst durch das neue Missionsparadigma erfunden oder bedeutsam geworden (z.B. N.T. Wright: „In der Bibel bedeutet Erlösung nicht: Gott errettet die Menschen aus der Welt heraus, sondern Erlösung ist die Errettung der Welt an sich.“), braucht nur auf Leute wie Walter Rauschenbusch oder eben Karl Barth zurückblicken. Christiane Tietz schreibt in ihrer Barth-Biographie in dem Kapitel „Der rote Pfarrer“ (Karl Barth, 2018, S. 82):

Die Nähe lag für Barth in dem, was die soziale Bewegung und die Sozialdemokratie wollen: Das, «was sie wollen,… das wollte Jesus auch». Deshalb könne man auch «als Atheist und Materialist und Darwinist ein echter Nachfolger und Jünger Jesu sein». Der Sozialismus als proletarische Bewegung sei eine Bewegung von unten. Ganz ähnlich war Jesus Arbeiter und wandte sich an die Armen und Unterdrückten. Wer behaupte, Jesu Botschaft habe sich nur auf Geist und Innerlichkeit gerichtet, verleugne diese Botschaft. Für Jesus habe es nicht zwei Welten von Geist und Materie, von Himmel und Erde gegeben, «sondern nur die eine Realität des Gottesreichs»; die Erlösung bestand für Jesus darin, «daß Gottes Reich zu uns komme in die Materie und auf die Erde». Pointiert gesagt: «Nicht wir sollen in den Himmel, sondern der Himmel soll zu uns kommen.»

Deshalb müsse die Kirche endlich den Mut haben auszusprechen: «die soziale Not soll nicht sein, um dann ihre ganze Kraft für dieses es soll nicht sein einzusetzen». Diesen Mut wandte Barth gleich an. Er fragte rhetorisch: «Gehn die beiden zusammen: Jesus und der Kapitalismus, das System des schrankenlos wachsenden Privateigentums?» Und er zog die Konsequenz: «Dieses Erwerbssystem muß … fallen vor allem seine Grundsäule: … das Privateigentum an Produktionsmitteln».

Obwohl die Wende hin zur „Wort Gottes“-Theologie diese Schwärmerei abmilderte, blieb Barth dem Sozialismus sein Leben lang verbunden. Er verteidigte nach dem Krieg sogar Stalin, weil er hoffte, diesem sei es im Kern um die „soziale Frage“ gegangen. Bis zu seinem Lebensabend blieb er ein Kirchenmann, der für die „soziale Bewegung“ warb.

Rudolf Bultmann, der ja eine Zeit lang an der Seite von Barth für die Wende kämpfte, durchschaute schon früh die Irrtümer des Sozialen Evangeliums. Über die „Reich Gottes“-Theologie der Ritschlianer sagte er (Glauben und Verstehen, Bd. 1, 1961, S. 15):

Wenn man meint, daß soziale Arbeit als solche, d.h. Arbeit, die sich — ob sozialistisch orientiert oder nicht — um die Schaffung menschenwürdiger sozialer Zustände müht, als solche Reichsgottesarbeit, christliches Tun sei, so kennt man das σκάνδαλον des Wortes Gottes nicht. Und das σκάνδαλον ist um so größer, um so deutlicher, als hier gegenüber solchem Tun, das an sich pflichtmäßig, ehrenwert, bitter notwendig ist, hart gesagt wird: es ist kein christliches Tun. Denn es gibt kein Tun, das sich direkt auf Gott und sein Reich beziehen könnte. Jede Form menschlichen Gemeinschaftslebens, die schlimmste wie die idealste, steht in gleicher Weise unter dem göttlichen Gericht.

Nach dem Sozialismus ist vor dem Sozialismus

Markwirtschaft ist kaum noch en vogue. Unausgegorene Planwirtschaft (z.B. Klimaziele, Energiewende), politisch korrekte Zentralverwaltung (z.B. Mindestlohn, Frauenquote) nehmen überhand. Eine Abrechnung von Erwin Grandinger, der ich herzlich zustimme.

Diese Form der Ökonomie, die verdächtig nach „DDR light“ klingt, gibt inzwischen offensichtlich vielen Politkern den Freifahrschein, die meisten Schaltstellen der Macht mit der eigenen Klientel oder Mitgliedern zu besetzen. Kein Wunder ist inzwischen die Europäische Zentralbank (EZB) neben dem Bundesverfassungsgericht (mit einem ehemaligen Ministerpräsidenten als Verfassungsrichter) die Politischste aller Organisationen.

Die Zentralbanken versorgen derzeit, der politischen Wunschvorstellung entsprechend, und damit völlig irrational, die Finanzmärkte mit nahezu unendlicher Liquidität. Ja, es klingt richtig gut: der Dax klettert von einem Rekordhoch zum nächsten. Ein Wellnessgefühl stellt sich ein, und so will es die Politik sehen. Ob man an den „neuen Bullenmarkt“ glauben darf, ist dennoch unklar.

Hier: www.welt.de.

„Sozialismus und Christentum passen nicht zusammen“

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist elementar von christlichen Werten geprägt. Dies äußerte der frühere Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung beim 6. „Forum Politik“ in Gießen. Jung kritisierte dabei auch Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.

Der Sozialismus sei in seiner Geschichte immer mit Unterdrückung einhergegangen, sagte Jung. „Eine Politik auf Grundlage des christlichen Menschenbildes gibt den Bürgern dagegen Freiheit und Verantwortung. Sie entscheidet sich im Zweifel für die Freiheit, weil das Individuum meistens eine bessere Entscheidung trifft als der Staat.“ In diesem Zusammenhang lobte Jung, der nach seiner Zeit als Bundesverteidigungsminister auch kurz als Bundesarbeitsminister in Merkels Kabinett diente, das Betreuungsgeld. „Zu DDR-Zeiten haben wir uns kritisch damit auseinandergesetzt, dass Eltern gezwungen wurden, ihre Kinder schon früh in eine Krippe abzugeben.“

Hier der vollständige Beitrag des Medienmagazins pro: www.pro-medienmagazin.de.

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