In vielen westlichen Ländern vollzieht sich eine Entwicklung, die schleichend und weitgehend unbemerkt geschieht: die Rückkehr des Sozialismus. Damit ist nicht die vollständige Verstaatlichung von Unternehmen und Fabrikanlagen gemeint, wie sie Karl Marx forderte. Soweit sind wir noch nicht. Aber die völlige Gleichheit und soziale Gerechtigkeit werden zunehmend über die persönliche Freiheit gestellt. Die „Gesellschaft“, was auch immer das ist, soll die Probleme lösen.
Wie kommt es zu dieser Rainessance? Morten Freidel schreibt in der NZZ:
Ein Grund ist, dass die Kargheit und die Grausamkeit sozialistischer Staaten in Vergessenheit geraten. Die Millionen Toten, die Stalin und Mao auf dem Gewissen haben, werden zu einer abstrakten Kennziffer. Die Schrecken des Sozialismus verblassen, seine Verheissungen erstrahlen dafür in den leuchtendsten Farben. Das erklärt seinen Aufstieg aber nur teilweise.
Der eigentliche Grund liegt tiefer: Viele Menschen haben vergessen, was Freiheit wirklich bedeutet. Das liberale Prometheus-Institut fragte junge Deutsche vor wenigen Tagen in einer repräsentativen Umfrage, wie sie dazu stehen. Auf den ersten Blick war ihnen die Freiheit besonders wichtig. Aber dieser Eindruck täuscht.
Was junge Leute unter Freiheit verstehen, hat damit nur bedingt etwas zu tun. Sie sahen darin vor allem die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, zum Beispiel zu reisen. Seltener hingegen die Abwesenheit von Zwang und Verantwortung für das eigene Handeln. Mit anderen Worten: Viele junge Menschen lehnen die Zumutungen der Freiheit ab. Sie wollen frei sein, aber nicht für ihre Entscheidungen haften. Nur ist eine Freiheit ohne Haftung keine. Sie führt direkt in die Vormundschaft des Staates.
Mehr: www.nzz.ch.
Mir würde ja mehr Sorgen machen, dass in vielen westlichen Ländern der Faschismus zurückkehrt. Siehe z.B. USA. Aber man kann natürlich so tun als ob es eine angebliche Rückkehr zum Sozialismus das echte Problem ist.
@Nik
Es ist nicht hilfreich, einen undefinierten Begriff wie „Faschismus“ zu verwenden – es ist damit aber evident, aus welcher Ecke heraus man selbst argumentiert, wenn man den Begriff Faschismus nimmt und dem Begriff Sozialismus als gegenteilig gegenüberstellt. Und dabei vergisst, dass beide Begriffe mindestens zeitweise die selben Personengruppen meinten.
Die fließende Verwischung von Begriffen und ihren Bedeutungen sieht man auch am Übergang von „die Demokratie“ in „unsere Demokratie“ – beides sind jedoch gegenteilige Dinge, inhaltlich unterschiedlich gefüllt.
Letztendlich beobachten wir aber in vielen Ländern, auch bis uns, keinen „Rechtsruck“, sondern eine Linksflucht, also zurück zur Mitte. Klar ist, dass diejenigen davon enttäuscht sind, die im Rahmen der sozialistischen Gleichmacherei am meisten davon profitiert haben. Linksflucht geht einher mit mehr Leistungsorientierung, und in einer leistungsorientierten Gesellschaft ist halt ein Ingenieur oder Handwerker (beide i.d.R. Nettosteuerzahler) finanziell mehr wert als jemand mit Soziologie- oder Genderstudium (beide i.d.R. Empfänger von Transferleistungen).
@Nik: Es gibt eine bedeutsame Entwicklung: Vor dem Faschismus warnt (fast) jeder, vor dem Sozialismus/Marxismus (fast) niemand.
Liebe Grüße, Ron
In vielen Bereichen haben wir doch Probleme mit Begrifflichkeiten. So fängt bei einigen Sozialismus schon bei einer sozialen Marktwirtschaft an. Was sich aber auch zeigt ist, dass wirtschaftliche Interessen eben vieles mittlerweile viel zu stark beherrschen, es immer mehr Superreiche gibt und man sich dann nicht wundern braucht, wenn es dazu Gegenbewegungen gibt. Dass demokratische Strukturen immer mehr besonders auch von links unter Beschuss kommen ist dagegen ebenfalls ein Problem. Was ich damit sagen will. Es ist hier leider nicht nur alles schwarz weiss
@Matze
Wer sind diese „Superreichen“? Wie definiert man, was superreich ist?
Superreiche kann man auch sicher anders benennen. Es gab dazu aber genug Presseartikel sowie die Oxfam-Studie
@Matze Ich frage eigentlich deshalb so hartnäckig, weil heutzutage gerne von „Superreichen“ gesprochen wird, wenn doch eigentlich nur eine Umverteilung gewollt ist – also ein politischer Kampfbegriff. Der oder die Inhaber von „Produktionsmitteln“ hat letztendlich die Kontrolle über die Produktionsmittel, aber diese Dinge sind kein Bargeld. Wirtschaftet er ordentlich und vorausschauend, dann bleibt der Betrieb mit Arbeitspätzen und Rendite für ihn erhalten. Nun wollen manche Gestalten im Lande „umverteilten“, was auch immer. Das Ergebnis einer derartigen Wirtschaft haben wir in der DDR gesehen. Wenn denn Oxfam von 2800 Milliardären weltweit spricht und deren „Vermögenssteigerung“ von 13 auf 15 Billionen Dollar: das ist nicht so wie bei Donald Duck, dass man da Tresore mit Goldmünzen und Scheinen auffüllt. Die Masse sind virtuelle Werte in Form von Aktien, die nur soviel wert sind wie Käufer glauben dass sie es wert sind. Das sind Produktionsanlagen und die Summe von Firmen-Know-How, mancher mag tatsächlich auf Bodenschätzen sitzen. Habe ich jetzt „Superreiche“ übersehen, die man… Weiterlesen »
@Stephan
@Matze
Dann sind wir näher beeinander als gedacht – ich tue mich schwer mit mißbrauchten Begriffen wie „Superreiche“. Da müßte man ja auch Deichmann dazu zählen.
Es gibt also durchaus „Reiche“, die ihre soziale Verantwortung ernst nehmen. Und ohne zufriedene Mitarbeiter funktioniert ein Laden nicht.
Ich sehe aber auch beim Konsumenten Möglichkeiten korrigierend einzugreifen, und sei es, dass man sich überlegt, woher wohl die Billig – Klamotten stammen.
@Stephan
Genau Deichmann ist kein Superreicher. Leider hat der Konsument in weiten Bereichen relativ wenig Einfluss. Beispiel: eine große Textilfärberei in Indien, wo Kleidung für Billigkleidung UND hochwertige Produkte gefärbt werden und wir erkennen es nicht. Die Textilien werden dort mit furchtbaren Standards gefärbt. An den teuren Produkten wird halt mehr verdient. Und die notwendigen relativ hohen Preise in einem Eine Welt Laden kommen von den kleinteiligen Handelsstrukturen. Der hohe Preis dort heisst nicht zwangsläufig, dass der Bauer von dem fair gehandelten Produkt bei ALDI weniger Geld bekommt wie bei dem aus dem Eine Welt Laden. Es ist das Ganze leider nicht einfach.