Thorsten Dietz

Wie christliche Sexualethik unchristlich transformiert wird

Am 4. April hatte ich auf eine kurze Rezension der der Transformativen Ethik von Faix und Dietz verwiesen, die Pfarrer Ulrich Parzany veröffentlich hat. Inzwischen ist eine ausführliche Besprechung von Thomas Jeising veröffentlicht worden, auf die ich gern hinweise. Fazit:

In dieser „christlichen“ Sexualethik findet der geneigte Leser Rechtfertigungen für fast jeden Umgang mit Sexualität. Ich setze „christlich“ in Anführungszeichen, weil ein bewusster Abschied von der kompletten christlichen Tradition vorliegt und nicht nur notwendige Korrektur. Die wiederholte Betonung, man orientiere sich an der Bibel, meint eine selektive Auswahl biblischer Motive, soweit sie die vorgefasste Meinung zu bestätigen scheinen. Die Autoren sehen kein Problem, sich die Sache im Zweifel hinzubiegen. Auch die historischen Exkurse sind tendenziös, beruhen auf wenigen Quellen, die wieder sehr selektiv herangezogen werden. Dabei stellen sich Dietz/Faix als selbstkritisch bescheidende Vermittler dar, während sie tatsächlich mit Vehemenz ihre Agenda durchpeitschen. Diese Art hat etwas von Unehrlichkeit.

In ihrer Kritik einer christlichen Ethik, die geschöpflichen Gegebenheiten Bedeutung beimessen will, sind die Autoren rigoros: alles Biologismus. Biblische Ordnungen, die vom Schöpfer passend zu seiner Schöpfung in ihrem gefallenen Zustand gegeben wurde, haben für sie keine Relevanz. An keiner Stelle gelingt es ihnen, einen eigenen hilfreichen Akzent in herausfordernden ethischen Fragen zu setzen. Offensichtliche Entwicklungen, wie die erhebliche Zunahme psychischer Störungen bei jungen Menschen, die offenbar auch mit Orientierungslosigkeit in Fragen der Identität und Sexualität verbunden sind, werden in ihrer ethischen Dimension nicht wahrgenommen. Es findet sich nicht einmal ein Versuch, eine christliche Antwort zu geben.

Nach evangelischem Verständnis ist biblisch-christliche Ethik Gesetz, also Gottes Weisung für den Menschen, auf der Grundlage des Evangeliums von der Vergebung und ewigen Erlösung durch Christus. Wegweisung oder Orientierung kann die transformative Ethik nirgendwo bieten, weil sie einfach nur kritiklos wiederholt, was jeder allerwärts hören kann. Bei all dem Ausrichten an den Transformationen haben die Autoren scheinbar nicht bemerkt, dass überall Menschen nach Orientierung fragen und Wegweisung suchen. Hier kann eine christliche Sexualethik Hilfe bieten, wenn sie Gottes Gedanken über die Geschlechtlichkeit entfaltet. Sie ist auch dann eine Ethik zum Selberdenken im Sinne des aktiven Nachdenkens der Gedanken Gottes. Was hier vorgelegt wurde, erscheint eher als eine Ethik des Nachplapperns des aktuellen sozialwissenschaftlichen Mainstreams.

Mehr: bibelbund.de.

Wege zur Liebe?

Der zweite Band der sogenannten Transformativen Ethik von Thorsten Dietz und Tobias Faix ist soeben unter dem Titel „Wege zur Liebe“ erschienen. Es geht darin – und damit ist schon der Begriff „Liebe“ zeitgeistig gefüllt – um Sexualität.

Nachdem ich die Buchbesprechung von Ulrich Parzany gelesen habe, musste ich schmunzelnd an eine Rezension von Friedrich Schleiermacher aus dem Jahre 1799 denken. Der wagte es, tatsächlich über Immanuel Kants Anthropologie zu sagen, dass diese vortrefflich als „Negation aller Anthropologie“ zu lesen sei. Ich glaube, wir sollten die Transformative Ethik als die Negation aller biblischen Ethik lesen (wenn wir sie denn überhaupt lesen).

Ulrich Parzany schreibt:

Das Bild von Karte und Gebiet ist für die Autoren in ihren ethischen Überlegungen leitend. Die Bibel ist die alte Landkarte. Unsere heutige Welt ist das Gebiet. Die Wege, die in der alten Karte eingezeichnet sind, gibt es leider heute nicht mehr. Wege, die wir durchs heutige Gebiet suchen, kann man in der veralteten Karte nicht finden. Also spielen die Gebote Gottes keine maßgebende Rolle. Gebotsethik ist für die Autoren etwas ganz Schlimmes. Keine Spur von Nachdenken darüber, dass und wie Jesus die Gebote Gottes in der Bergpredigt oder in Johannes 15,10 („Wenn ihr meine Gebote haltet, bleibt ihr in meiner Liebe“) oder im Gespräch mit dem reichen jungen Mann (Mat 19,16-19) bestätigt.

Die Autoren orientieren sich dagegen an Judith Butler, deren Gender-Ideologie sie heftig verteidigen, und anderen Ratgebern, die fast jedes sexuelle Verhalten rechtfertigen oder empfehlen. Vorehelich, außerehelich, hetero, homo, queer, polyamorös.

Welche Rolle spielt die Bibel in diesem Buch? Ihre Aussagen werden von den Autoren auf die Prinzipien Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit geschrumpft. Diese Prinzipien werden, wenn die Autoren es für nötig halten, auch kritisch gegen konkrete biblische Aussagen angewandt. Unter Berufung auf das Liebesgebot werden in der kirchlichen Argumentation ja schon länger konkrete Gebote Gottes für ungültig erklärt. Gegen den Gebrauch der Bibel als Wort Gottes und Maßstab für Glauben und Leben wird in diesem Buch durchgehend polemisiert.

Was schon im ersten Band behauptet wurde, wird im zweiten konsequent ausgeführt: Die neuzeitlichen Transformationen in Verständnis und Verhalten hinsichtlich Gender und Sexualität werden als Wirken Gottes in der Geschichte bewertet. Ihnen wird quasi eine Offenbarungsqualität zugesprochen. Sie werden deshalb als maßgebend angesehen.

Die Selbstbestimmung des Menschen ist Grunddogma für sexuelles Verhalten. Der wichtigste ethische Maßstab ist Einvernehmlichkeit. Wenn die gewährleistet ist, kann auch Polyamorie positiv bewertet werden. Die Auffassung, sexuelle Intimität sei der Ehe zwischen einem Mann und einer Frau vorbehalten, wird als Zumutung abgelehnt. Nach Auffassung der Autoren ist die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare christlich geboten, ihre Ablehnung nicht akzeptabel.

Mehr: www.bibelundbekenntnis.de.

Menschen mit Mission

Von mehreren Seiten wurde mir in den letzten Monaten das Buch Menschen mit Mission von Thorsten Dietz empfohlen. Nachdem in Glauben und Denken heute noch eine Besprechung zur Landkarte der evangelikalen Welt veröffentlicht wurde (hier: GuDh030_Mission.pdf), habe ich mir das Buch tatsächlich gekauft und bereits erste Kapitel gelesen.

Und? Ich bin überrascht über die Fehler und Ungenauigkeiten, die mir bisher bei der Lektüre begegnet sind. Wie viele davon stecken wohl allein in diesem Absatz (Menschen mit Mission, 2022, S. 200)?

Die digitale Revolution der letzten Jahrzehnte hat zu einer Homogenisierung evangelikaler Theologie beigetragen. Denn niemand nutzte die neuen Vernetzungsmöglichkeiten so intensiv wie die Neo-Calvinisten. Das bedeutendste Format war die Internet-Plattform The Gospel Coalition. Die drei Gründer John Carson, John Piper und Timothy Keller repräsentieren bis heute die maßgeblichen Stränge dieser Bewegung: konservative Bibeltheologie, kämpferisch-reformierte Theologie und apologetisch-gemeindeorientierte Verantwortung der christlichen Lehre mit rationalem wie biblischem Anspruch.

Ein kleiner Tipp: Es sind mindestens drei.

Transformative Ethik – eine selbstgestrickte Anleitung zum „gelingenden Leben“

Christoph Raedel und Bernd Wannenwetsch haben eine sachliche und notwendige Kritik der Transformativen Ethik von Thorsten Dietz und Tobias Faix verfasst. Ich kann nur hoffen, dass dieses auf drei Bände angelegte Werk es nicht in die evangelikalen Ausbildungsstätten schafft. Es gab ja schon allerlei Versuche, den Entwurf hochzuloben. Steffen Kern, neuer Präses des Gnadauer Verbandes, schrieb etwa:

Diese Ethik ist in vielfacher Hinsicht ein besonderes Buch: Die Autoren machen ihre Glaubens- und Denkgeschichte selbst zum Thema, reflektieren ihre theologische Existenz und wissenschaftliche Perspektive innerhalb der großen Geschichte Gottes mit seiner Welt, um in der weiten Landschaft der Multioptionalität Wege zum Leben zu eröffnen.

Ist Selbstreflexion das, was man von einer Ethik erwartet? Trifft hier nicht genau die Kritik am postmodernen Ethos, die Nils Heisterhagen formuliert hat: Das postmoderne Subjekt schaut immer mehr auf sich, die Kategorie des Allgemeinen ist aufgegeben? Landen wir so bei einer expressionistischen Ethik?

Der FeG-Pastor Sebastian Rink, selbst Unterstützer der Initiative Coming-in, hat sogar geschrieben:

Thorsten Dietz und Tobias Faix ist nicht weniger gelungen als eine Ethik für die Gemeinde! Mit ihrem Anspruch, die Ethik bei den biblischen Narrativen beginnen zu lassen, zielen sie – sicher aus Überzeugung – besonders auf Gemeinden und Christ:innen, die sich in irgendeiner Weise als „evangelikal“ verstehen und von der Bibel her denken. Ihrer „Transformativen Ethik“ gelingt es vorzüglich, die Brücke zwischen engagierter Bibelfrömmigkeit und reflektierter theologischer Ethik zu schlagen. Damit leisten sie (hoffentlich) nicht nur Beiträge für die Ethik, sondern ihre „Einführung in eine Ethik zum Selberdenken“ ist zugleich ein Grundkurs in Fragen des Bibelverständnisses und eines reflektierten Bibelgebrauchs.

Faix und Dietz vermitteln nachvollziehbar zwischen ihrer großen Wertschätzung und einer bleibenden ethischen Bedeutung der biblischen Erzählung(en) und der Tatsache, dass die Welt sich in den letzten 2000 Jahren immer rasanter weitergedreht hat. Immer wieder machen sie mit ihrer Metapher von „Karte und Gebiet“ aufmerksam auf den Kontext, in dem Bibel und Gegenwart sich bewegen.

Aha. Irgendwie logisch. Wenn sich der Glaube weiterentwickelt, dann entwickelt sich auch die Ethik weiter. Die Heilige Schrift ist nicht mehr Norm der Ethik, sondern nur noch das Sprungbrett für eine „höhere Ethik“.

Das Fazit von Christoph Raedel und Bernd Wannenwetsch in ihrer Rezension zur Transformativen Ethik lautet:

Angesichts der in der Summe doch befremdlichen Vergessenheit im Hinblick auf elementare Grundfesten der christlichen Ethik (Schrift, Tradition, Sünden‑/Gnadenlehre, Gemeinde) vermag es dann auch kaum zu verwundern, wenn der Begriff, der den Titel des Buches bildet: „Transformation“ hier in einer Verengung gebraucht wird, der der Tradition theologischer Ethik in keiner Weise gerecht wird. Was die Vf. unter „Transformation“ verstehen, ist im Kern nichts anderes als das Konglomerat von verschiedenen Transformationsprozessen von Individuum und Gesellschaft, wie diese von verschiedenen empirischen Disziplinen beschrieben werden. In der Rhetorik des „Ernstnehmen-müssens“ solcher Prozesse wird undeutlich, dass die christliche Ethik von einer sehr spezifischen Vorstellung von Transformation geleitet ist: der „Hineingestaltung in das Bild Christi“, oder traditionell gesprochen: der Heiligung. Eine Ethik ist dann als christliche greifbar, wenn sie den geistgewirkten Vorgang der Transformation des alten Adam in die neue Schöpfung in seiner Tiefenschärfe konturiert, gerade auch im erhellenden Kontrast zu den vielfältigen säkularen Transformationsprozessen, in die auch Christenmenschen eingespannt sind – „Schematisierungen“ (Röm 12,2), die es aus dem Geist des Evangeliums her zu erkennen, zu beurteilen und denen es gegebenenfalls zu widerstehen gilt. So bietet sich hier ein Buch, von dem zu fragen bleibt, inwiefern es tatsächlich als Lehrbuch christlicher Ethik verstanden werden will und fungieren kann. Wie die drei aneinander gereihten Titel des Werkes „Transformative Ethik – Wege zum Leben – Einführung in eine Ethik zum Selberdenken“ andeuten, in denen „christlich“ gar nicht vorkommt, haben wir es hier eher mit einem weiteren von zahlreichen Büchern auf dem gegenwärtigen Markt zu tun, in dem eine selbstgestrickte Anleitung zum „gelingenden Leben“ geboten wird, zu dem hier auch die ethische Reflexion als dazugehörig verstanden wird. Hierfür bedienen sich die Vf. gewiss auch einer langen Reihe ausgewählter Gedanken und Motive aus der christlichen Tradition. Dies mag das Buch für ein christliche Leserschaft interessant machen, es sollte aber nicht mit einem Lehrbuch christlicher Ethik verwechselt werden.

Hier die vollständige Rezension: rezensionen.afet.de.

Offenbarung: Klar oder unklar?

Mit „Weiterglauben“ hat Thorsten Dietz von der Hochschule Tabor ein Buch zu zentralen Fragen des christlichen Glaubens veröffentlicht. Er will mit dem Projekt den Horizont seiner Leser aus evangelikaler Engstirnigkeit herausführen.

Gelungen ist ihm das nicht. Ich habe bereits auf eine Rezension zum Buch von Thomas Jeising aufmerksam gemacht, die Schwächen von „Weiterglauben“ aufdeckt (siehe hier). Thomas Lauterbach hat in der empfehlenswerten Zeitschrift PERSPEKTIVE ebenfalls eine Besprechung veröffentlicht (erschienen in der Ausgabe 05/2018, www.cv-perspektive.de) und geht dort besonders auf das Offenbarungsverständnis des Autors ein.

Er schreibt:

Auch wenn wir einen angemessenen Umgang mit Zweifeln in unseren Gemeinden anstreben sollen – „Seid barmherzig mit denen, die ins Zweifeln gekommen sind!“ (Jud 22) – wird Zweifel in Gottes Wort nie als Wert in sich gesehen oder als Tugend beschrieben. Vielmehr soll Zweifel überwunden werden und zu neuem Vertrauen zu Gott führen. Und zwar zu einem Gott, wie er sich selbst offenbart, nicht, wie wir ihn gerne hätten. Weil sich Gott offenbart, können wir ihn kennen und mit diesem unvergleichlichen Gott leben. Wir sind nicht im Unklaren über sein Erbarmen, seine unermessliche Gnade und die Vergebung, die er hoffnungslosen Rebellen und Sündern in Jesus zukommen lässt (1Tim 1,12-13). Weil wir all dies wissen, können wir dankbar in das Lob von Paulus einstimmen: „Ihm, der mit seiner ´unerschöpflichen` Kraft in uns am Werk ist und unendlich viel mehr zu tun vermag, als wir erbitten oder begreifen können, ihm gebührt durch Jesus Christus die Ehre in der Gemeinde von Generation zu Generation und für immer und ewig. Amen“ (Eph 3,20-21).

Hier die vollständige Rezension (mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion): Perspektive 05 _ Lautberbach Rez Dietz.pdf.

Thorsten Dietz: Sünde

518+tnCY6DL SX324 BO1 204 203 200Tanja Bittner ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Glauben und Denken heute Thorsten Dietz’ Buch über Sünde besprochen. Ich darf die Rezension hier wiedergeben:

  • Thorsten Dietz. Sünde: Was Menschen heute von Gott trennt. Witten: SCM R. Brockhaus, 20172 (Erstauflage 2016). 220 Seiten. 16,95 Euro.

„Das Wort Sünde funktioniert nicht mehr. Statt irgendetwas zu erklären, bedarf dieser Ausdruck selbst der ständigen Erläuterung. Er produziert nur noch Missverständnisse“ (S. 5). Diese Feststellung bildet den Ausgangspunkt für eine „Entdeckungsreise“ (S. 22), zu der der Autor Christen und Nichtchristen einlädt, um der Sünde von neuem auf die Spur zu kommen. Die Stationen dieser Reise werden im Folgenden zunächst nachgezeichnet:

Der Begriff ist für den christlichen Glauben zentral. Aber er ist auch in problematischer Weise moralisierend geprägt worden, so dass er für viele Menschen heute unverständlich, sinnlos, ärgerlich ist. Menschen wurden damit abgewertet, entmündigt; anmaßende Verkündiger haben ihn gebraucht, um mit dem Finger auf andere zu zeigen und einige ausgewählte Sünden anzuprangern. „Ein neuer Anfang ist nötig. […] Will man am Christentum festhalten, dann kann es um nicht weniger als darum gehen, den christlichen Glauben neu zu entdecken, zu befreien aus so mancher problematischen Verstrickung oder Verengung“ (S. 21f).

Traditionelle Perspektiven auf die Sünde (Schuld, Misstrauen, Maßlosigkeit, Verführung, Zielverfehlung) haben ihre Berechtigung, greifen aber für den heutigen Menschen nur noch begrenzt. Schuld hat in unserer multireligiösen Gesellschaft ihre Verknüpfung mit den Zehn Geboten verloren, diese Funktion übernehmen mehr und mehr die Menschenrechte. Zumal es in unserer kompliziert gewordenen Zeit ohnehin nicht mehr so einfach ist, zwischen Richtig und Falsch zu unterscheiden. Misstrauen bedeutet Verkehrung des Vertrauens. In seiner Verletzlichkeit benötigt der Mensch einen sicheren Halt, das Vertrauen auf Gott, statt sich auf andere Dinge zu verlassen, die ihn nicht tragen. Doch begünstigt dies eben auch ein Schwarz-Weiß-Denken und diskreditiert Nichtchristen als moralisch unterlegen. Betrachtet man Sünde als Maßlosigkeit, so geht es um das Begehren, das sich auf die falschen Dinge ausrichtet, statt die Erfüllung in Gott zu suchen – um das Habenwollen, statt liebend zu geben. Leider wurde bei diesem Blickwinkel oft vor allem das Verbotene betont. Dagegen wurde Sünde als Verführung häufig nicht genügend beachtet. Der Mensch ist auch Opfer der Sünde (wenn wir auch die Sündenfallserzählung nicht „mit Erklärungsansprüchen“ „überfrachten“ sollten [S. 43]). Sünde als Zielverfehlung fand ebenfalls eher zu wenig Beachtung. Viele Handlungen können in der einen Situation richtig, in der anderen falsch sein. Nimmt man ein Menschenleben als Ganzes in den Blick, bedeutet diese Zielverfehlung, dass jemand hinter dem, was eigentlich seine Bestimmung gewesen wäre, zurückgeblieben ist.

So wendet sich Dietz nun der Aufgabe zu, den ursprünglichen Gedanken der Bibel zum Thema wieder auf die Spur zu kommen. Er will aber auch entdecken, was die Narrative unserer Zeit (wie sie auf den Kinoleinwänden erzählt werden) dazu beitragen können, in denen sich das Leben, Fürchten und Träumen der heutigen Menschen widerspiegelt und verdichtet. Beide Perspektiven seien wichtig, um die jeweils andere zu verdeutlichen. Unter den Stichworten Blind, Hart, Süchtig, Selbstlos, Reich, Sicher und Träge werden nun sieben „neue“ bzw. „neu verstandene“ (S. 7) Sünden entfaltet.

Blind meint die Blindheit für sich selbst, die eigene Situation. Biblische Bezugspunkte findet der Autor im von Jesus kritisierten Pharisäertum. Man lebt in einer Selbsttäuschung, die die eigene Wahrnehmung für die Wirklichkeit hält (siehe auch die Matrix-Trilogie), was sich beispielsweise in Vorurteilen und Selbstgerechtigkeit manifestiert. Der Augenöffner für den Blinden ist die Erfahrung der Liebe, die Erfahrung von Schönheit, kumuliert in der Begegnung mit Gott. Da wir in einer von der Verblendung durchdrungenen Welt leben, sollten wir uns des Wahrheitsgehalts unserer persönlichen Sicht nicht allzu sicher zu sein.

Hart weist auf das harte Herz, das nach biblischem Zeugnis durch ein fleischernes Herz ersetzt werden muss (vgl. Hes 36,26). Weder verhärtet sich der Mensch nur aktiv selbst, noch wird er nur passiv verhärtet (vgl. der Pharao in Ex 7–14). Wir sind verstrickt in das Zusammenwirken von Schuld und Schicksal (siehe die Person des Darth Vader in Star Wars). Von der Bibel sollten wir keine einfachen Antworten auf die Frage nach dem Ursprung des Bösen erwarten, da sie hier „geheimnisvoller, offener, andeutender“ (S. 83) redet als wir das vielleicht gern hätten. „Echter Glaube will nicht alles begreifen und in ein System pressen können“ (S. 83). Mit Dorothee Sölle verbindet er das Phänomen der Härte mit dem Begriff der Entfremdung, nämlich von sich selbst und von anderen. Der Gegenpol ist wieder die Liebe (vgl. 1Kor 13), die der Verhärtung widersteht und sich verletzlich macht.

Süchtig verdeutlicht ebenfalls, wie Täter- und Opfersein des Menschen ineinander fließen. Im Sog der Sucht verliert der Mensch die Kontrolle an eine Macht, die ihn beherrscht (vgl. auch Röm 7,14–20), indem sie ihm ein Stückchen Glück verheißt und schließlich das Leben völlig vereinnahmt (siehe Gollum in Herr der Ringe). Die Lösung heißt Freiheit, doch der Mensch findet diese nach Bonhoeffer gerade nicht in der Niederwerfung aller Grenzen, sondern in der Bindung an den Schöpfer. Der praktische Weg in die Freiheit beginnt mit dem Eingeständnis der eigenen Ohnmacht, benötigt eine sich gegenseitig stützende Gemeinschaft, und beendet schließlich die Opferrolle, indem die Verantwortung für das eigene Leben übernommen wird (vgl. das Konzept der Anonymen Alkoholiker).

Selbstlos zu sein ist nach Dietz nur scheinbar das positive Gegenteil von einer negativ zu bewertenden Selbstbezogenheit. Die Dinge sind nicht so einfach, wie sie zunächst aussehen. Wenn Jesus in Mk 8,34–37 dazu aufruft, sich selbst zu verleugnen und ihm nachzufolgen, geht es zentral um die Frage: „Wie gewinne ich mein wahres Selbst?“ (S. 116). Anhand verschiedener Figuren aus Harry Potter wird deutlich: Wer wir wirklich sind, zeigt sich daran, wie wir mit den herausfordernden Situationen des Lebens umgehen. Nach Kierkegaard ist die Aufgabe jedes Menschen, er selbst zu werden, während er die Gegebenheiten, in die Gott ihn stellt, vertrauensvoll akzeptiert (statt sich daran abzumühen, nicht er selbst bzw. jemand anderes sein zu wollen).

Dietz’ Zwischenbilanz nach diesen ersten vier, eher persönlich zugespitzten Sünden lautet: „Wir verfehlen unsere Bestimmung in der Verdrängung der Wahrheit, unserer Abkehr von der Liebe, in der Flucht vor der Freiheit und in der Verweigerung des Vertrauens. So verfehlen wir Gott, indem wir uns selbst verfehlen. Und so werden wir unserer Berufung nicht gerecht, indem wir an Gott vorbei leben“ (S. 131). Es folgen drei strukturelle Sünden:

Reich: Dietz warnt davor, vorschnell nur den Missbrauch des Reichtums (wie Geiz, Habgier) zu problematisieren und sich dann entspannt zurückzulehnen. Die Bibel kann sehr pauschal sein, wenn sie auf Reichtum zu sprechen kommt (z. B. Jak 5,1; Lk 6,24–25). „Reichtum ist nicht neutral. Nein, Reichtum allein verdirbt nicht den Charakter, aber er steigert die Chancen, dass dies geschieht“ (S. 138; siehe die Serie Breaking Bad). Dagegen ruft Papst Franziskus im Hinblick auf das Flüchtlingselend dazu auf, unsere Gleichgültigkeit abzulegen, hinzusehen und hinzuhören, mitzuleiden und mitzuweinen.

Sicher: Unser Sicherheitsbedürfnis verleitet uns dazu, die Welt zu vereinfachen und Freund-Feind-Schemata aufzubauen. Doch Jesus überwindet in der Bergpredigt diese sicheren Bahnen (Mt 5,43–48), ruft zu Gewaltverzicht auf und macht selbst den Feind zu meinem Nächsten, den ich lieben soll (siehe auch die Hobbits Frodo und Sam in Herr der Ringe). Natürlich ist Fundamentalismus mit seiner „schlichten Logik des Entweder-Oder, Schwarz oder Weiß“, mit seiner „Wut, seine[r] Ausgrenzungsbereitschaft und Unversöhnlichkeit“ (S. 167) abzulehnen. Das Vorhandensein klarer Überzeugungen ist aber nicht prinzipiell als fundamentalistisch anzusehen. Entscheidend ist das Moment der „aggressiven Abwertung“ (S. 168), die Verweigerung der echten Auseinandersetzung mit anderen Sichtweisen und die Unfähigkeit, diese stehen zu lassen. Entsprechend muss sich der Nichtfundamentalist für die Diskussion mit dem Fundamentalismus eine Offenheit bewahren, die eben diese Fallstricke vermeidet.

Träge: Pontius Pilatus ließ sich wider besseres Wissen letztendlich darauf ein, den Unschuldigen zu opfern, ging den Weg des geringeren Widerstands – wohl aus Angst vor den Folgen. Ähnliches wird auch in Tribute von Panem thematisiert, wo sich der Kampf gegen Mitläufertum und Anpassung als zunehmend unübersichtlich erweist. Dabei spielt auch Verantwortungsbewusstsein (z. B. für die Familie) eine Rolle. Karl Barth weist darauf hin, dass Sünde nach zwei Richtungen hin möglich ist, nämlich einerseits die Überhöhung des Menschen (Hochmut) und andererseits die Weigerung, sich auf die eigene Berufung einzulassen (Mutlosigkeit, Rückzug). „Das Leben wird auch da verfehlt, wo Menschen ihre eigenen Möglichkeiten nicht entdecken, ihre Gaben nicht entfalten und einsetzen“ (S. 190).

Im Schlusskapitel setzt Dietz nun diese Sünden in Beziehung zu Jesus. Im Hinblick auf die Blindheit war Jesus der, unter dessen Blick Menschen „wagten, das Wunder zu glauben, dass Gott sie mit liebenden Augen ansah“ (S. 195) und er öffnete auch ihren Blick füreinander. Er lebte berührbar und verletzlich. In seiner völligen Abhängigkeit von Gott war Jesus unabhängig von jeder irdischen Vereinnahmung. Gerade in seiner gelebten, selbstlosen Liebe war er ganz er selbst. Jesus lebte in Armut, doch ohne Berührungsängste gegenüber Reichen, und tatsächlich „hieß es von ihm, dass er durch seine Armut viele reich machte“ (siehe 2Kor 8,9; S. 196). Jesus lebte mit der Bedrohung seiner persönlichen Sicherheit, doch er ließ sich nicht von der Angst beherrschen. Und er ließ sich nicht auf die Spiele der Menschen ein, sondern folgte stets seiner eigenen, nicht berechenbaren Agenda.

Die Bibel nennt Jesus sündlos. In den Helden der Kinoleinwand finden wir dieses Muster wieder: es gibt Widerstände aller Art, aber der Eine geht geradlinig seinen Weg und kann am Ende die Welt retten. Auch wenn im Hinblick auf die Evangelien viel Unsicherheit bestehen mag, was und wieviel davon tatsächlich so passiert ist, kann uns Jesu Leben Hoffnung geben. Zwar endet sein „Gottesexperiment“ (S. 204) in einer Katastrophe, mit seinem Tod scheint alles aus zu sein. Und doch war das der Anfang einer Bewegung von Jesusnachfolgern. Gott kam auf seine Weise zum Ziel. Das gibt uns die Perspektive, uns auf ein solch radikal anderes Leben einzulassen, das geprägt ist von Vergebung, Versöhnung und der Hoffnung, dass irgendwo da draußen ein Happy End warten könnte, für das es sich zu kämpfen lohnt.

Thorsten Dietz hat sich mit diesem Buch aufgemacht, heutigen Menschen einen neuen Zugang zu einem Kernthema des christlichen Glaubens zu eröffnen. Er analysiert richtig, dass dieser Zugang heute weitgehend verschüttet und deshalb das Christentum davon bedroht ist, in der Irrelevanz zu versinken. Menschen ohne Bewusstsein für Sünde sind an Erlösung wohl wenig interessiert. Er hat sich also eine wichtige Aufgabe gestellt. Das Buch ist allgemeinverständlich geschrieben und es gelingt ihm, dem Leser unaufdringlich den Spiegel vorzuhalten. Was er schreibt, hat mit meinem Leben zu tun und fordert heraus, sich in den diskutierten Bereichen selbst zu reflektieren. Doch insgesamt greift das Buch zu kurz, vermittelt nur eine flache Sicht auf das Thema.

Das liegt wohl bereits am Vorgehen an sich – nämlich dem Versuch, im Dialog von Bibel und aktuellen Narrativen zu einer zeitgemäßen Sicht auf die Sünde zu kommen. Die Bibel wird als eine Art uralter, christlicher Basis-Narrativ neben die neuen Narrative gelegt und das Ganze auf Gleichklänge untersucht. Das Ergebnis ist vorprogrammiert: man findet das in der Bibel wieder, was unsere Kultur als Sünde definiert. Aber auch nichts anderes. Die großen Werte im Untergrund heißen Toleranz, Relativismus, Selbstwerdung – Sünde ist, wenn diese Werte verletzt werden. Was keinen Widerhall findet in unserer Zeit, fällt unter den Tisch. Das gilt nicht nur für Sünden, die heute nicht mehr als Sünde gelten (z. B. Ehebruch), sondern es fehlt beispielsweise auch der Gott, der uns zur Verantwortung ziehen wird, und das nicht nur, weil wir unsere eigentliche Bestimmung verfehlen, sondern weil Sünde auch Rebellion gegen ihn bedeutet (vgl. Kol 3,5–7; Paulus nennt Sünder „Feinde“ Gottes, „Gotteshasser“: Röm 5,10; 1,30).

Entsprechend erscheint auch die (Er-)Lösung blass. Jesus ist das Vorbild, das irgendwie alles richtig gemacht hat. Uns bleibt der Versuch, Werte wie Liebe, Mut, Verantwortung und Hoffnung im Vertrauen auf Gottes Hilfe umzusetzen, während wir unsere Sündenverstrickung gleichzeitig als unausweichliches Schicksal annehmen müssen.

Es fehlt Wesentliches. Ohne den biblischen Sinnzusammenhang, in den Sünde und Erlösung eingebunden sind, bleibt nur ein kraftloser (moralisierender?) Schatten der biblischen Botschaft übrig. Nicht im Blick ist der Gott, mit dessen Heiligkeit Sünde unvereinbar ist und der uns gerecht richten wird, also verurteilen muss (Apg 17,31; Röm 3,10). Nur äußerst diffus ist zu ahnen, was die Bibel deutlich sagt, nämlich, dass Jesus am Kreuz die Vergebung der Sünden erworben hat, dass für den, der an ihn glaubt, der Schuldschein tatsächlich abgetan ist (Kol 1,21f; 2,14; 1Joh 2,2). Erst auf den vorletzten Seiten (S. 207f) taucht dazu wie ein Fremdkörper ein einsames Zitat aus 2Kor 5,17–21 auf, ohne weiteren Kommentar. So hat Dietz denn auch ganz am Ende nur ein irrationales Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben! anzubieten, präsentiert von Sam aus Herr der Ringe.

Es ist fraglich, ob nicht gerade diese Strategie das Christentum in die Irrelevanz führt – eine Kirche, die der Welt nur das sagt, was diese bereits glaubt, ist überflüssig. Aber was soll auch anderes zu sagen übrig bleiben, wenn die Bibel zu einem alten Narrativ mit nicht näher bestimmbarem Wahrheitsgehalt geworden ist? „Es ist weder nötig noch plausibel zu behaupten, alles hat sich buchstäblich so zugetragen oder ist wortwörtlich von den Beteiligten so gesagt worden“ (S. 201, hier bezogen auf die Evangelien). „Wer diese Texte nicht symbolisch liest, der verfehlt ihren Sinn“ (S. 105, über den Sündenfall). Wenn die Bibel nicht die Wahrheit ist, dann hat sie uns tatsächlich nicht mehr zu sagen als Star Wars oder Harry Potter. Man kann Impulse mitnehmen – mehr aber auch nicht.

Weiterglauben – doch nicht so

Kaum war das neue Buch von Thorsten Dietz Weiterglauben: Warum man einen großen Gott nicht klein denken kann auf dem Markt, da wird schon kontrovers darüber diskutiert. Jürgen Mette hat es für das MEDIENMAGAZIN PRO überschwänglich empfohlen. Markus Till hat es in seinem Blog kritisch besprochen. Ulrich Parzany empfiehlt diese kritische Besprechung bei Bibel und Bekenntnis, woraufhin Dietz auf dem Blog von Tobias Faix geantwortet hat.

Was hat es mit dem Buch auf sich und warum ist es eine so aufregende Lektüre? Thomas Jeising gibt in einer gründlichen Besprechung wichtige Antworten:

Thorsten Dietz will mit seinem Buch drei Probleme lösen. Zuerst einmal will er Polarisierungen im Christentum überwinden. Die gehen für Dietz offenbar vor allem von „fundamentalistisch“ denkenden Christen aus, die dann auch noch andere Christen kritisierten, die sich in ihrem Glauben „weiterentwickelt“ haben. Wenn nun die fundamentalistischen Christen, die Dietz vereinzelt auch auf Seiten liberaler Bibelkritik sieht, vor allem aber bei den Bibeltreuen, aufhörten, eng zu glauben und anfingen, weit zu glauben, würde eine positive Streitkultur gefördert. Zweitens könnte ein weiter Glaube dazu führen, dass sich weniger junge Christen, die einmal zu evan­gelikalen Ge­mein­den gehörten, später von diesen abwendeten. Sie müssten nur den engen Glauben hinter sich lassen und könnten dann trotzdem weiterglauben. Drittens erscheint Dietz dieser von Weite geprägte Glaube am besten zu den Herausforderungen einer unübersichtlichen Welt zu passen, denen sich dann eine geeinte Christenheit jenseits aller Lagerbildungen widmen könnte. Den fundamentalistischen Christen will Dietz zur Überwindung ihres Denkens mit Verständnis begegnen, ihnen die Gründe für ihre Enge erklären und den Weg hinaus zeigen. Sie sollen erkennen, dass ihr Fundamentalismus nur eine Reaktion auf Verunsicherung ist, aber der wahre christliche Glauben ein Glaube ohne Sicherheiten sein kann (Kap 1-3). Dass Dietz bei aller Äquidistanz doch vor allem die konservativen evan­gelikalen Christen im Blick hat, zeigt sich daran, dass er die engen Gläubigen überzeugen will, ihre Bibelhaltung zu ändern und anzuerkennen, dass die Bibel vorallem insofern „Gotteswort im Menschenwort“ ist, dass wir uns von ihr angesprochen fühlen (Kap 4). Deswegen sollen sie damit aufhören, sich auf eine Historizität des in der Bibel Erzählten zu stützen, die es vielfach nicht gebe, sondern die symbolisch erzählte Botschaft erkennen. Die biblischen Texte sollen eher als kunstvolle Bilder gedeutet werden, die eine Wahrheit unhistorisch abbilden, dabei aber eine „Begegnung mit Jesus Christus“ ermöglichen (Kap 5). Der neue, weite Glaube ist für Dietz deswegen auch ein mystischer Glaube. Natürlich seien auch theologische Fragen wichtig, aber es gehe vor allem um eine „Frömmigkeit als innerer Erfahrung“, die im Gefühl der Ergriffenheit von einem unbegreiflichen Gott besteht (Kap 8). Auf dieser Grundlage sieht er in einer unübersichtlichen Zeit eine Zukunft für den christlichen Glauben und eine Wirkung der Gemeinschaft der Christen auf die Welt (Kap 9).

Das Ganze ist an keiner Stelle eine neue Botschaft. Wer die Theologiegeschichte der vergangenen 100 Jahre überschaut, weiß dass die Art von Glauben, für die Thorsten Dietz wirbt, der Glaube ist, der nach dem Siegeszug der historisch-kritischen Theologie aufgerichtet wurde und dessen Spitze darin liegt, dass man an die Auf­erstehung glauben will, auch wenn der Körper von Jesus Christus im Grab geblieben ist. Nur kommt die Werbung jetzt von einem Professor der Evangelischen Hoch­schule Tabor, die über Jahr­zehnte für ein kon­servatives bibel­orientiertes Christ­sein stand und Missionare und Prediger für die Gemeinschafts­bewegung ausgebildet hat. Thorsten Dietz trägt sein Anliegen mit erfrischender Offenheit vor. Er steht zum Projekt „Universitäts­theologie für Evangelikale“ . Seine Einbindung in dieses Unter­nehmen von „Worthaus“ hebt er an vielen Stellen im Buch hervor, die Vorträge dort sieht er als eine „wesentliche Hilfe“ für den „Glaubensweg“ vieler (9). Die Ehrlichkeit und der um Verständnis bemühte Ton machen das Buch sympathisch. Nur sollte das niemanden darüber täuschen, dass hier nicht „die Brücken, die Übergänge und Verbindungstunnel zwischen den Lagern“ „gepflegt“ und „gestärkt“ werden (11). Das Ziel ist letztlich die Überwindung eines „prämodernen“, bibelgebundenen Kinderglaubens, der auf das historische Heilshandeln Gottes aufbaut, wie es in der Bibel bezeugt ist, hin zu einer aufgeklärt mystischen Frömmigkeit als einem postmodernen „Glaubensstil“. Der kann dann glauben, selbst wenn die Bindung an historische Tatsachen, wie sie etwa im Glaubensbekenntnis zum Ausdruck kommen, entfällt, weil die Ereignisse gar nicht stattgefunden haben, sondern reine „Glaubenssätze“ sind. Das ohne „Polarisierung“ zu bewirken, kann ein frommer Wunsch sein, wäre aber nur durch stille Anpassung einer Seite erreichbar. Dass eine solche Anpassung im Gang ist, sollte umso mehr zu einer kritischen Auseinandersetzung ermutigen.

Mehr hier: bibelbund.de.

GLAUBEN UND DENKEN HEUTE 1/2018 erschienen

Die Ausgabe 21 (1/2018) der Zeitschrift Glauben und Denken heute ist erschienen und enthält folgende Beiträge:

Artikel

  • Ron Kubsch: Editorial: Carpe diem – Von Heinrich Bullinger Studieren lernen
  • Thomas Schirrmacher: Benedikts Jesus-Trilogie und die historisch-kritische Theologie
  • Jonathan R. Pratt: Die Beziehung zwischen Rechtfertigung und geistlicher Frucht in Römer 5–8
  • Ron Kubsch: Die deutsche Ausgabe von Logos 7
  • J.V. Fesko: John Owen über die Einheit mit Christus und die Rechtfertigung
  • Heinrich Bullinger (1553): Väterliche Anweisungen

Rezensionen

  • Thorsten Dietz: Sünde: Was Menschen heute von Gott trennt (Tanja Bittner)
  • Os Guinness: Als Jesusnachfolger auf dem Marktplatz der Meinungen (Hanniel Strebel)
  • Diewald, Gabriele u. Steinhauer, Anja (Hg.): Richtig gendern (Daniel Vullriede)
  • Reinhold Rieger: Martin Luthers Theologische Grundbegriffe: Von „Abendmahl“ bis „Zweifel“ (Ron Kubsch)

Buchhinweise

  • Harald Seubert: Platon – Anfang, Mitte und Ziel der Philosophie (Ron Kubsch)
  • Amy Nelson Burnett u. Emidio Campi (Hg.): Die schweizerische Reformation: Ein Handbuch (Ron Kubsch)

Die Ausgabe kann hier heruntergeladen werden: gudh_1_2018_d.pdf.

 

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