Türkei

Religionsfreiheit

Prozess in Malatya steht vor dem Abschluss

Die ARD-Tagesthemen haben gestern über das absehbare Ende des Malatya-Prozesses in der Türkei berichtet. Wie mehrfach erörtert (z.B. hier), wurden 2007 drei christliche Missionare auf brutalste Art und Weise ermordet. Unter den Opfern war auch ein Student des Seminars, an dem ich tätig bin.

Hier der Link zum Bericht der Tagesthemen, in dem auch Susanne Geske, die Witwe von Tilman Geske, zu Wort kommt: www.tagesschau.de.

Religionsfreiheit

Seit 50 Jahren erster Christ im Türkischen Parlament

Vor knapp 100 Jahren lag der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung in der Türkei bei 30 Prozent. Heute sind nur noch ca. 0,2 Prozent der in der Türkei lebenden Menschen Christen (siehe dazu hier). Nun wurde mit Erol Dora seit 50 Jahren erstmals wieder ein Türke ins Parlament gewählt, der zu einer christlichen Konfession gehört.

Der DLF hat ihn kurz vorgestellt:

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/10/05/dlf_20111005_0948_60c3a658.mp3[/podcast]

Religionsfreiheit

Islamophob, christophob?

Irrationale Ängste gibt es gegenüber allen Religionen. Aber nur die Muslime haben es geschafft, einen Begriff dafür zu besetzen. Dabei leben Christen in vielen Ländern weitaus gefährlicher. DIE WELT schreibt:

Die Publikation des Amts für religiöse Angelegenheiten der türkischen Erdogan-Regierung ist an Deutlichkeit nicht zu übertreffen. »Die Missionare wollen unseren jungen Leuten den Glauben stehlen«, heißt es dort. Dass dies mehr ist als verbale Kraftmeierei, um die radikalen Anhänger der Regierungspartei AKP zu befriedigen, haben Übergriffe und sogar Morde an Christen in letzter Zeit eindrücklich dokumentiert. »Christen werden als potenzielle Kriminelle, Separatisten und Landesverräter dargestellt«, sagt der Präsident des Bundes der protestantischen Kirchen in der Türkei, Bedri Peker.

Mehr: www.welt.de.

VD: BH

Religionsfreiheit

Festnahmewelle wegen Christenmorden in der Türkei

Bei landesweiten Durchsuchungen hat die türkische Staatsanwaltschaft mindestens 20 Personen festnehmen lassen, darunter mehrere Angehörige des Militärs. DIE WELT berichtet:

Die türkische Staatsanwaltschaft hat vier Armee-Angehörige festnehmen lassen, die im Verdacht stehen, in den Mord an drei Christen im Jahr 2007 verwickelt gewesen zu sein. Unter den Festgenommenen sei ein ehemaliger Regimentskommandeur der Gendarmerie aus dem ostanatolischen Malatya, berichtete der türkische Nachrichtensender NTV.

Nach dem Anschlag auf einen türkischen Bibelverlag im April 2007 tragen Polizisten ein Opfer aus dem Gebäude. Fast vier Jahre später sind 20 Verdächtige festgenommen worden

Den Berichten zufolge untersucht die Staatsanwaltschaft, ob es einen Zusammenhang zwischen den Christenmorden und der mutmaßlichen Putschisten-Gruppe Ergenekon gibt.

Der DER STANDARD hat berichtet. Hier der Beitrag von WELT online: www.welt.de.

Religionsfreiheit

Der Tod in Anatolien

Noch immer läuft in der Türkei das Verfahren gegen die Männer, die im April 2007 drei Christen in Malatya brutal ermordeten. Anfänglich hieß es, die Täter seien »irrgeleitete Fanatiker«. Doch der Prozess offenbart, dass sie wohl gut vernetzt waren mit einer unheilvollen Parallelwelt: Dem »tiefen Staat«. Michael Martens schreibt für die FAZ:

Das Massaker von Malatya erregte nicht nur in der Türkei Aufsehen. Ausländische Medien berichteten, türkische Politiker verurteilten die Tat. Die Festgenommenen waren junge Männer im Alter zwischen 19 und 20 Jahren. Irregeleitete Fanatiker, hieß es. Zunächst war das Medieninteresse groß, auch noch im November 2007, als der Prozess um die Christenmorde begann. Doch die Welt dreht sich weiter, Interessantes geschieht jeden Tag, und der Fall geriet aus dem Blick. Wer hat schon die Zeit, akribisch einen Prozess in einer türkischen Provinzstadt zu verfolgen, Akten zu lesen, Zeugenaussagen zu vergleichen, mit Anwälten zu sprechen? Die »European Stability Initiative« (ESI), eine in Berlin beheimatete Denkfabrik, hat sich die Zeit genommen. In ihrem an diesem Mittwoch erschienenen Bericht »Mord in Anatolien – Christliche Missionare und türkischer Ultranationalismus« hat sie den bisherigen Verlauf des Prozesses auf mehr als 45 Seiten skrupulös analysiert. Das Ergebnis ist eine Beschreibung türkischer Zustände, die lesen sollte, wer sich für die Türkei interessiert, zumal der Bericht nicht nur Ansichten, sondern vor allem empirische Belege oder zumindest überzeugende Indizien für diese Ansichten enthält. Im Kern steht die Frage, wer hinter den Messerwetzern von Malatya steht, da sich der Verdacht, die fanatische Jungmännerbande habe nicht allein gehandelt, im Prozess schnell bestätigte. Der Anführer des Quintetts repräsentiert den Typ des früh Gescheiterten, der sich mit einer »großen Tat« aus seiner raskolnikowschen Grüblerexistenz befreien will. Zweimal war er durch die Aufnahmeprüfung für die Universität gefallen, ein dritter Versuch scheiterte auf halbem Wege. Wo in Petersburg eine alte Pfandleiherin als Opfer herhalten musste, richtete sich der Hass des Untüchtigen in Malatya gegen ausländische Missionare und türkische Konvertiten – allerdings nach sorgfältiger Anleitung.

Hier mehr: www.faz.net.

Menschenrechte

Doğan Akhanlı dankt

Im 10. August 2010 wurde der Kölner Schriftsteller und Menschenrechtler Doğan Akhanlı bei der Einreise in die Türkei auf einem Istanbuler Flughafen festgenommen; die Reise galt dem kranken Vater D. Akhanlıs, der während der Haftzeit verstarb (vgl. hier).

Inzwischen ist Doğan wieder frei und in Deutschland und bedankt sich für die Unterstützung während der zurückliegenden Monate:

Liebe Freundinnen und Freunde,

an dieser Stelle möchte ich Euch endlich persönlich meinen Dank aussprechen. Obwohl ich Schriftsteller bin, ist das für mich schwierig – einige von Euch wissen ja. Vielleicht liegt daran, dass für Euer unglaubliches Engagement Dankesworte zu einfach, zu wenig erscheinen.
Dass Solidarität für Menschen, die in so ernsthaften Schwierigkeiten wie ich steckten überlebensnotwendig sein kann, wusste ich ja theoretisch. Während meiner Haftzeit durfte ich praktisch erfahren, wie wichtig sie für das Leben dort, für das seelische Überleben tatsächlich ist. Eure Solidarität hat mich gelehrt, dass das Gefängnis, in welches ich gesteckt wurde, als „Ort“ verschwinden kann – in meinen Gedanken und in meinem Herzen konnte ich ja immer bei Euch sein. Manche von Euch habe ich sogar öfter gesehen als früher.
Meine für türkische Verhältnisse „frühzeitige“ Freilassung habe ich Eurem großartigen Einsatz zu verdanken. Ohne Euch hätte ich sicher anderthalb Jahre warten müssen. Wie ich überlebt hätte, weis ich nicht.
Habt Dank, liebe Freundinnen und Freunde! Ich weis das, was Ihr für mich getan habt, sehr zu schätzen. All die kleinen und großen Taten, ob Grußbotschaften oder Solidaritätsaktionen, jede einzelne war für mich wichtig.
Ich bin froh und erleichtert, dass ich mich nach meiner Freilassung doch dazu entschlossen habe mit meiner Tochter und meiner jüngeren Schwester zum Dorf meiner Kindheit zu fahren. Der Besuch des Friedhofs auf dem meine Mutter, mein „Lieblingsbruder Erdal abi“ und nun, während meiner Haft auch mein Vater begraben wurde, das Einatmen der Luft in dem Haus meiner Geburt und die Begegnung mit den liebenswürdigen Dorfbewohnern, die mich stolz wie einen verlorenen Sohn empfangen haben waren für mich heilsam und haben dazu beigetragen, dass es der türkischen Justiz nicht gelungen ist, mich in ein erneutes seelisches Exil zu schicken. Dass ich nun gesünder zurückkehre als ich fortgefahren bin, habe ich Euch zu verdanken.

Doğan Akhanlı

Gesellschaft

Wehr dich nicht, gleich macht es dir Spaß

In der Türkei läuft eine Fernsehserie, die aus einer Vergewaltigung Unterhaltung macht. Nicht die Täter, das Opfer erscheint als schuldig. Das bekommt die Schauspielerin am eigenen Leib zu spüren.

Zappt man in der Türkei durch das abendliche Fernsehprogramm, dann begegnen einem unweigerlich Frauen, die von einem Mann geschlagen werden; die von einem Mann ans Bett gefesselt worden sind; die weinen, während sich ein Mann mit lustverzerrtem Gesicht über sie beugt. Meistens sagt er unsinnige Sätze wie: »Wehr Dich nicht, ich liebe Dich« oder »Wehr Dich nicht, gleich gefällt es auch Dir«. Das türkische Fernsehen zeigt oft und gerne Gewalt, vor allem zeigt es Gewalt gegen Frauen. Die Einschaltquoten verraten, dass die Zuschauer nichts dagegen haben. Im Gegenteil: Was sie da sehen, gefällt.

Jeden Donnerstag ist bei dem Privatsender Kanal D eine Serie zu sehen, die sich zur erfolgreichsten des Jahres entwickelt hat, wohl auch, weil die Drastik der dargestellten sexuellen Gewalt schon in der ersten Folge alles Dagewesene toppte: Ein Drittel aller türkischen Zuschauer versammelte sich am Abend des 16. Septembers vor dem Fernseher und schaute zu, wie drei Männer eine junge Frau namens Fatmagül vergewaltigen. Die Szene dauerte ganze vier Minuten. Sie ist seitdem tausendfach im Internet abgespielt worden. Die türkischen Kommentare lesen sich, als sei die vergewaltigte Fatmagül die Königin von Porncity.

Hier der verstörende Artikel von Karen Krüger: www.faz.net.

VD: JS

Historische Theologie

1500 Jahre altes Taufbecken in Hagia Sophia präsentiert

Zum Abschluss ihres Jahres als Europäische Kulturhauptstadt präsentierte die türkische Metropole Istanbul vergangene Woche ein gewaltiges Marmorbecken, das nach mehr als einem halben Jahrtausend wieder ans Tageslicht geholt und restauriert wurde. Erstmals seit der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen ist damit das Taufbecken der Basilika Hagia Sophiaim heutigen Istanbul, wieder zu sehen. Bevor die Basilika als Moschee eingerichtet wurde, war sie Hauptkirche des Byzantinischen Reiches.

Hier eine kurzer DLF-Bericht dazu:

[podcast]http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2010/12/20/dlf_20101220_0942_689ea460.mp3[/podcast]

Ausserdem eine Meldung vom Tagesspiegel: www.tagesspiegel.de.

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