Und wieder eine neue Perspektive:
Ein schmales Büchlein mit einer These, die unser Bild des antiken Judentums grundlegend verändert. Denn innerhalb der jüdischen Geschichtsschreibung hatte man bisher weithin angenommen, dass sich in der Antike das religiöse und kulturelle Leben im östlichen wie im westlichen Judentum unter dem Einfluss der Rabbinen des Landes Israel, der Tannaim (1. und 2. Jahrhundert nach Christus) und der Amoraim (etwa 220 bis 360/70), entwickelt habe.
Demgegenüber behaupten der Althistoriker Doron Mendels von der Hebräischen Universität in Jerusalem und der in Tel Aviv lehrende Rechtshistoriker Arye Edrei jetzt, die jüdische Diaspora, also die Welt der Juden, die außerhalb Palästinas lebten, sei in dieser Zeit zweigeteilt gewesen: Es habe zwei Sprachen, Griechisch (und in geringerem Maße auch Lateinisch) im Westen und Hebräisch/Aramäisch im Osten, gegeben und, damit eng verknüpft, auch zwei »Wissenskulturen«, ja »zweierlei Judentum«.
Ich gestehe, ich habe das Buch bisher nicht gelesen (und bin zurückhaltend). Allerdings vermute ich, dass sich die These, das europäische Judentum sei in der ausgehenden Antike eine bunte Ansammlung von Gruppen mit unterschiedlicher Homogenitäts- und Organisationsdichte gewesen, recht gut belegen lässt.
Hier die Rezension von Wolfram Kinzig: www.faz.net. Das Buch:
- Doron Mendels und Arye Edrei: »Zweierlei Diaspora«: Zur Spaltung der antiken jüdischen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010. 159 S., 24,90 Euro
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