Wie sehr die LGBTQ+Bewegung zerstritten ist, dokumentiert der Streit um korrekte Regenbogenflagge. Thomas Thiel schreibt in seiner Besprechung des Jahrbuch Sexualitäten 2025 (FAZ, 19.08.2025, Nr. 191, S. 10):
Auch bei der Wahl der Regenbogenflagge ist die Selbstverständlichkeit verloren gegangen. Denn welche soll man nehmen? Neben die sechsstreifige Fahne, die der amerikanische Designer Gilbert Braker 1978 als Banner der Schwulenbewegung entwarf, ist eine bunte Vielfalt von Alternativen getreten. Die Progress Pride Flag, 2018 von Daniel Quasar entworfen, fügt dem Regenbogen einen Keil mit den Farben der Transgender Pride Flag hinzu. Das Auswärtige Amt hisste die Flagge vergangenes Jahr, damals noch unter Annalena Baerbock. Daneben gibt es Flaggen für Bisexuelle, Aromantiker, Sexarbeiter, Genderfluide und andere Minderheiten, die das Original jeweils mit eigenen Motiven und Farbgebungen variieren.
Till Randolf Amelung interpretiert die wundersame Flaggenvermehrung im neuen „Jahrbuch Sexualitäten“ als Symptom der Spaltung innerhalb der LGBTQ-Bewegung, die sich von den ursprünglichen Anliegen der Lesben- und Schwulenbewegung immer weiter entferne. Der Herausgeber des Jahrbuchs, Jan Feddersen, hat schon vor Jahren auf Schwulenfeindlichkeit in der LGBTQ-Szene aufmerksam gemacht. Von Trans- und Queer-Seite wird Homosexuellen verübelt, das binäre Geschlechtsschema zu bestätigen, das man dringend loswerden will, und die körperlichen Aspekte von Geschlecht in Erinnerung zu rufen, die im neuen Konzept der Geschlechtsidentität nicht mehr interessieren. Amelung weist demgegenüber darauf hin, dass man den Geschlechtspartner nicht abstrakt nach der Identität wählt, sondern durchaus auch nach der körperlichen Anziehung. Queeraktivistische Forderungen, das biologische Geschlecht zu verabschieden, nennt er homosexuellenfeindlich.
Damit sich eine „LGBTQ+Bewegung“ zerstreiten kann, hätte sie zuvor eine Einheit sein müssen. War sie nicht, und ist sie wohl auch nie gewesen. Ein paar Leute haben für sich herausgenommen für die gesamte Szene aller nicht-heterosexuellen Leute das Sprachrohr zu spielen und haben erwartet, dass sich alle Gruppierungen brav einspannen lassen. Was tatsächlich dann passiert ist: in den großen Städten, in denen es vor 40 Jahren noch eine große Schwulenszene gab, existiert diese nicht mehr, denn Treffpunkte wurden von den Regenbogenleuten vereinnahmt, und das „Schwule Museum“ in Berlin heißt so nur noch dem Namen nach. In meinem Arbeitsumfeld gibt es einige Homosexuelle, die sich mit ihrer Neigung und Lebensführung gar nicht in den Vordergrund drängen wollen, sondern einfach wie jeder andere Mensch auch normal der Arbeit nachgehen wollen – das Privatleben und irgendwelche Vorlieben spielen dabei ünberhaupt keine Rolle. Das klappt auch (noch) gut. Die wollen sich aber auch nicht von den Gutmenschen in Betriebsgruppen drängen lassen, um „sichtbar“ zu… Weiterlesen »
Der Regenbogen „gehört“ sowieso uns Gottgläubigen, den sollte diese Leute auch uns überlassen, zumal dieses Zeichen nach der großen Sintflut gegeben wurde, die ein Strafgericht für Sünde im Übermaß war. Klar, man könnte es so interpretieren, jetzt dürfen/können wir sündigen, Gott hat doch versprochen ein solches Gericht nicht mehr zu vollziehen. Dazu diesen Vers als Warnung, „irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten“ !