Am vergangenen Samstag haben die Ägypter mit großer Mehrheit für eine Verfassungsänderung in ihrem Land gestimmt. Daniel Ottenberg, Referent für Menschenrechte der Hilfsorganisation »Open Doors Deutschland«, hat die Zeit vor der Wahl in Ägypten verbracht. Im Gespräch mit pro erklärte er, warum eine Überarbeitung der Verfassung zum jetzigen Zeitpunkt den Christen in Ägypten schadet.
Das Militär sendet sehr gemischte Signale aus. Einerseits sehen wir Gesten guten Willens: Vor drei Wochen wurde in einem Vorort von Kairo eine Kirche niedergebrannt. Die Christen haben öffentlich demonstriert, das wurde sogar vom TV-Sender »Al Dschasira« aufgenommen und gesendet. Es gab eine Aufnahme, in der eine junge Demonstrantin ein Plakat in die Kamera hielt, auf dem stand: »Jesus ist Liebe«. Eine solche Freiheit für Christen hat es in Ägypten noch nie gegeben. Das Militär hat sofort bekannt gegeben, es wolle die Täter ermitteln, bestrafen und die Kirche wieder aufbauen. Wir haben in der vergangenen Woche erfahren, dass die Staatssicherheit aufgelöst worden ist. Das war die Behörde, unter der die Christen ganz besonders gelitten haben. Die Staatssicherheit hat Christen festgenommen, verhört, gefoltert und auch getötet. Die Frage ist: Was kommt jetzt? Christen sind in Ägypten noch immer in der Minderheit, sie werden nach wie vor diskriminiert und missachtet. Es ist kein Zufall, dass die Armee ausgerechnet kurz vor den Wahlen am vergangenen Samstag die Abschaffung der Staatssicherheit bekannt gegeben hat. Damit wollte man die Christen in Sicherheit wiegen. Auf der anderen Seite hat das Militär den Drahtzieher des Mordanschlags auf Anwar al-Sadat im Jahr 1981 in der vergangenen Woche aus der Haft entlassen. Sadat hatte sich zu seiner Zeit als Staatspräsident verstärkt für den Frieden mit Israel eingesetzt. In den Medien wurde sein Widersacher gefeiert und er verkündete seine Überlegung, sich zur kommenden Wahl zu stellen. Das ist beängstigend.
Hier das vollständige Gespräch: www.pro-medienmagazin.de.