Wie das Betreten einer alten und zugleich völlig neuen Welt: Drei Jahre lang moderierte Bob Dylan seine »Theme Time Radio Hour«, im Netz kann man sie noch heute hören. Sie ist Kunstwerk und Musikenzyklopädie zugleich.
Der literarische Charakter von »Theme Time« erweist sich, wenn der Moderator rezitiert. Wie Bob Dylan aus der Bibel liest, ist ein Ereignis, Gedichte von Shakespeare oder Dylan Thomas, selbst das Vorlesen eines weihnachtlichen Rezepts für »Figgy Pudding« ist eindrucksvoll. In einer Folge der Sendung, die das Medium Radio selbst zum Thema hat, zitiert Dylan einen Ausspruch T. S. Eliots, nach dem dieses Medium es Millionen von Menschen ermögliche, zur gleichen Zeit über den gleichen Witz zu lachen und dabei dennoch einsam zu sein. Eine Übertragung auf die heutigen »social media«, die echte, persönliche soziale Kontakte eben nicht ersetzen können, klingt dabei mit, so wie denn auch die gesamte Anlage von »Theme Time« als Retro-Sendung nicht als pure Nostalgie zu verstehen ist, sondern als Möglichkeit der Verfremdung oder Kenntlichmachung aktueller Phänomene dient – in etwa so, wie es die Fernsehserie »Mad Men« leistet.
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