Bücher

Psalmen: Kommentar und Arbeitsheft

Psalmen Kommentar Arbeitsheft.

Jakob Haddick stellt das Buch Psalmen von Christopher Ash und das dazughörige Arbeitsheft vor. Fazit:

Wie geschrieben ist der Kommentar kein umfassendes exegetisches Werk, das will er gar nicht sein. Zum einen wird nur eine Auswahl der Psalmen betrachtet. Zum anderen ist es eben kein technischer Kommentar, der sich mit der Grundsprache beschäftigt und verschiedene Auslegungsmöglichkeiten darstellt und abwägt. Die Stärke des Kommentars ist vielmehr seine Christuszentriertheit und sein Bezug zur Praxis. Weiterhin ist er in einfacher Sprache geschrieben und so für jeden leicht zugänglich.

Die Verknüpfung zwischen Kommentar und Arbeitsheft ist meines Wissens nach einzigartig und absolut wertvoll. Die Fragen im Arbeitsheft sind so gestellt, dass sie zum eigenen Nachdenken anregen. Auch wenn Kommentar und Arbeitsheft miteinander verknüpft sind, ist es keinesfalls so, dass man die Antworten zu den Fragen aus dem Arbeitsheft aus dem Kommentar abschreiben kann. Vielmehr wird die persönliche Begegnung mit dem Bibeltext gefördert. Das Arbeitsheft kann auf diese Weise nicht nur in einem Bibelkreis Anwendung finden, sondern auch ein guter Begleiter für die persönliche stille Zeit sein.

Das Bundle kann unter der Bibel-Software Logos oder im Buchhandeln erworben werden. 

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Die geleugnete Natur

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Abigail Favale hat mit Die geleugnete Natur einen bedeutsamen christlichen Beitrag zur Genderdebatte veröffentlicht. Mein Fazit:

Die Autorin stellt die These auf, dass der biblische Schöpfungsbericht und die gängigen Gendertheorien zwei unvereinbare Weisen sind, das menschliche Personsein zu verstehen. Sie ist davon überzeugt, dass uns Menschen eine „Natur“ mitgegeben ist und dass Mann und Frau einander ergänzen. Der heute verbreiteten Vorstellung einer rein sozial konstruierten Identität oder Geschlechtlichkeit erteilt sie eine klare Absage. Die sich daraus ergebenden Fragen diskutiert Favale kenntnisreich und verständlich, wobei sie die sachlichen Ausführungen gewinnbringend und manchmal humorvoll mit ihrer eigenen Geschichte verknüpft. Praktischen und seelsorgerlichen Fragen, die mit Wucht auf uns hereinbrechen, stellt sie sich ehrlich.

Insgesamt hat Abigail Favale ein überaus lesenswertes und wichtiges Buch geschrieben. Sie räumt – um Hanna-Barbara Gerl-Fallkovitz aus ihrem Vorwort zu zitieren – „die postmodernen Altäre ab“ (S. 11). Und sie macht Mut, Themen, die heute die Welt bewegen, eigenständig christlich in den Blick zu nehmen. Möge Die geleugnete Natur viele Christen dazu anregen, konsequenter von Gottes Offenbarung her zu denken und zu leben.

Die vollständige Buchbesprechung gibt es bei Evangelium21: www.evangelium21.net.

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Hinter dem Regenbogen

Gemäß dem affirmativen Modell gilt Transsexualität als ein subjektives Gefühl, das nicht hinterfragt werden darf. Frau Prof. Dr. med. Sibylle M. Winter von der Charité in Berlin sagte dazu einmal: „Für uns bedeutet das: Wir prüfen nicht, wir stellen es nicht infrage. Wir schauen nicht, ob es wirklich so ist“ (siehe hier). 

Dieser affirmative Behandlungsansatz gerät nun immer stärker in die Kritik. Nachfolgernd dazu der Auszug eines WELT-Interviews mit dem Jugendpsychiater Alexander Korte: 

WELT: Die Transgender-Diskussion ist zum Politikum geworden, wird auf Kosten körperlich gesunder Kinder und Jugendlicher ausgetragen, wie Sie es in Ihrem Buch darstellen. Wie kann man wieder – ohne allzu großen Gesichtsverlust der extremen Pole – zu einer sachlichen Auseinandersetzung kommen?

Korte: Der Gesichtsverlust, wenn man so will, findet seit Anfang dieses Jahres statt, seit nämlich der Cass-Review (britische Studie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie, Anm. d. Red.) den affirmativen Behandlungsansatz und Pubertätsblocker als das entlarvt hat, was sie sind: kindergefährdende Freistil-Medizin ohne jede Evidenz. Das Pendel des Zeitgeistes schlägt gerade zurück – auch wenn manche den Big Bang noch immer nicht gehört haben. Die Grünen haben es erkannt, ihre Chefs sind zurückgetreten und haben sich Asche aufs Haupt gestreut. Respekt! Auch so wahrt man sein Gesicht!

WELT: Könnten neben identitätspolitischen Motiven nicht auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle spielen? Immerhin profitieren Ärzte und Pharmafirmen durch Eingriffe und Gender-Beratungszentren. Die Ampel-Regierung hat eine Kostenübernahme für „geschlechtsangleichende“ Maßnahmen im Koalitionsvertrag vereinbart.

Korte: In den USA machen Pharmakonzerne und körpermodifizierende Medizin schon jetzt ein dreistelliges Millionengeschäft mit der Transgender-Hausse. Mit exponentiellen Zuwachsraten, die wir auch bald bei uns sehen werden. Früher hieß der zynische Spruch amerikanischer Ärzte: „One pacemaker a day keeps your boat in the bay!“ Bald könnte es heißen: „I am a doctor in the gendertainment business!“

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Das mit Spannung erwartete Buch Hinter dem Regenbogen: Entwicklungspsychiatrische, sexual- und kulturwissenschaftliche Überlegungen zur Genderdebatte und zum Phänomen der Geschlechtsdysphorie bei Minderjährigen von Alexander Korte erscheint Ende Oktober und kann bereits vorbestellt werden.

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Viele Geschichten über die eine Geschichte

Die Kinderbibel Die größte Geschichte ist inzwischen in einer deutschen Ausgabe zu haben. Die Bibel erzählt eine große Geschichte, die sich um Jesus und das Evangelium dreht. Matt Smethurst hat mit dem Autor Kevin DeYoung über das Buch gesprochen:

Es gibt 104 Geschichten, je 52 im Neuen und Alten Testament. Ich habe mich bemüht, die geläufigen Geschichten einzubauen (Noah, Abraham, David, Weihnachten, Ostern), während ich auch unbekanntere Geschichten wie die von Gehasi oder der Töchter Zelophads gewählt habe. Jede Geschichte war schwerer zu schreiben als erwartet. In einem normalen Buch kommst du in den Schreibfluss und kannst 2.000 Wörter durchschreiben, wenn es gut läuft. Aber in diesem Buch brauchte jede Geschichte (mit etwa 500 Wörtern) ihre eigene Einleitung und Zusammenfassung, ihr eigenes Thema, ihren eigenen Spannungsbogen. Ich habe Kommentare gelesen und mich durch alte Predigten gearbeitet, bevor ich das Kapitel schrieb. Ich wollte die Geschichte nicht nur erzählen, sondern sie auch beibringen – und auf eine Art ist das mit Leichtigkeit verbunden, aber es umschließt auch theologische Themen und biblische Erzählstränge, die viele übersehen können. Ich hoffe, dass Erwachsene das Buch ebenso lehrreich finden wie Kinder.

Mehr: www.evangelium21.net.

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Das Studium des Neuen Testaments neu aufgelegt

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Das hilfreiche Werk Das Studium des Neuen Testaments ist beim Verlag VGTG neu erschienen. Das ist eine gute Nachricht, vor allem für Theologiestudenten und Pastoren. Tanja Bitter hat den Klassiker für Evangelium21 vorgestellt: 

Wie der Titel schon erwarten lässt, handelt es sich um ein Lehrbuch, das Theologiestudenten mit den einzelnen Schritten bzw. mit wichtigen Aspekten der neutestamentlichen Exegese bekannt macht. Die Herausgeber, Heinz-Werner Neudorfer und Eckhard Schnabel, haben dafür elf weitere Theologen mit ins Boot genommen, die jeweils einzelne Kapitel beisteuern. Das Buch ist also nicht „aus einem Guss“, sondern ein Sammelband mit Beiträgen unterschiedlicher Autoren.

Im Eröffnungskapitel vermitteln die beiden Herausgeber einen Überblick über Die Interpretation des Neuen Testaments in Geschichte und Gegenwart. Dabei verweisen sie unter anderem auf die problematischen Denkvoraussetzungen der historisch-kritischen Exegese sowie deren Ergebnisse: „Die historische Kritik hat in vielen Haupt- und Nebenfragen eine Vielfalt einander widersprechender Ergebnisse hervorgebracht“ (S. 23). Diese Erkenntnis ist durchaus in der Fachwelt angekommen (vgl. bereits Albert Schweitzers Untersuchung der Leben-Jesu-Forschung), obwohl das historisch-kritische Vorgehen nach wie vor als unverzichtbar gilt. Vor diesem Hintergrund schwankt die Auslegung mittlerweile zwischen Ratlosigkeit und Experimentiergeist. Wo sich kaum mehr etwas mit Sicherheit sagen lässt, ist der Ausleger in seiner Subjektivität gefangen und die Bibel wird zu einem Buch ohne ermittelbare Botschaft.

Demgegenüber verfolgen die Herausgeber eine Hermeneutik, „die dem Charakter der Bibel gerecht wird, … die sich der (An-)Erkenntnis Gottes des Schöpfers, Richters und Erlösers beugt und den Offenbarungsanspruch der Bibel als Wort dieses Gottes anerkennt“ (S. 25). Das schließt gründliche grammatisch-historische Forschungsarbeit nicht aus, sondern ein, denn Gott hat uns sein Wort im Kontext einer realen historischen Situation und in konkreter literarischer Form gegeben.

Mehr: www.evangelium21.net.

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Pascal ist schlauer

Blaise Pascal, der berühmte französische Philosoph und Wissenschaftler des 17. Jahrhunderts, ist vielleicht am besten für seine „Wette“ bekannt. Pascal argumentiert, dass es immer die bessere „Wette“ ist, an Gott zu glauben, weil der Erwartungswert des Gewinns, der durch den Glauben an Gott erzielt werden kann, in jedem Fall größer ist als der Erwartungswert des Unglaubens. Doch Pascal und seine Brillanz haben  viel mehr zu bieten als diese Wette. Douglas Groothuis, ein ausgewiesener Pascal-Experte, der ein wichtiges Buch (#ad) über den Janseiten geschrieben hat, nimmt uns in diesem Gespräch mit hinein in das Denken Pascals.

Interviewt wird er unter anderem von Carl Trueman: 

 

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Reaktivität

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Digitale Medien und Technologie verändern die Art und Weise, wie Menschen miteinander umgehen und aufeinander reagieren. Kritik, Empörung und Kontroversen dominieren den gesellschaftlichen Diskurs, und leider sind auch viele Christen Teil dieses Chaos.

Paul Tripp hat das Buch Reaktivität geschrieben, um uns bei der Entgiftung unserer Kommunikation zu helfen. Auf Seite 139 heißt es:

Deshalb müssen wir in aller Bescheidenheit ehrlich über die Wurzeln der destruktiven Kultur der Reaktivität sprechen, die in unseren Ortsgemeinden, in der weltweiten Kirche und im Internet herrscht. Die Gespräche, die wir über wichtige kulturelle, politische, theologische, biblische und kirchliche Themen führen müssen, werden finster, verletzend und spaltend, wenn wir uns selbst in den Mittelpunkt stellen. Es erfordert Selbstlosigkeit, geduldig zuzuhören und die Perspektive des anderen zu erwägen. Es erfordert Selbstlosigkeit, liebevoll und respektvoll zu reagieren. Es erfordert Selbstlosigkeit, über den Charakter und die Motive anderer nicht zu urteilen. Es erfordert Selbstlosigkeit, sich mehr um die Reputation deines Erlösers zu sorgen als darum, wie man auf dich reagiert. Man muss selbstlos sein, um mehr Freude am Ermutigen als am Verurteilen zu haben. Man muss selbstlos sein, um zu vergeben, wiederherzustellen und zu versöhnen. Es gehört Selbstlosigkeit dazu, so zu diskutieren, dass die Einheit bewahrt bleibt. Es erfordert Selbstlosigkeit, jemanden, mit dem man nicht einer Meinung ist, als Bruder oder Schwester zu behandeln. Es erfordert Selbstlosigkeit, sich mehr um die Mission des Meisters zu kümmern als um die Zahl meiner Klicks oder Follower. Es gehört Selbstlosigkeit dazu, zuzugeben, dass man sich geirrt, eine Person falsch eingeschätzt oder einen Post missverstanden hat.

Und es braucht Gnade, um sich immer selbstlos zu verhalten. Es ist für uns alle an der Zeit, um diese Gnade zu bitten. Und dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Gott versprochen hat, uns zu erhören, wenn wir um Gnade bitten.

Das Buch erscheint Anfang Juli und kann hier vorbestellt werden: verbum-medien.de.

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Die Identitätssynthese

Yascha Mounk (Johns Hopkins Universität, Baltimore, USA) gehört zu den profunden Kritikern der Identitätspolitik. Genau genommen spricht er inzwischen von der „Identitätssynthese“, weil die Bezeichnungen „Identitätspolitik“ oder „Wokeismus“ mit der Zeit immer umstrittener wurden. Wer über Identitätspolitik spricht oder einen Aktivisten als woke bezeichnet, wird schnell als Wutbürger wahrgenommen.

Nach Mounk war die Linke einst eine Bewegung mit universalistischen Zielen (Im Zeitalter der Identität, 2024, S. 25):

Einst war die Linke von ihren universalistischen Zielen geprägt. Links zu sein bedeutete, auf eine Zukunft zu hoffen, in der Menschen nicht auf ihre Religion oder ihre Hautfarbe, ihre soziale Klasse oder ihre sexuelle Orientierung reduziert werden. Linke hofften darauf, eine Welt zu erschaffen, in der unsere Gemeinsamkeiten wichtiger als die Unterschiede werden, die in der grausamen Geschichte der Menschheit oft eine solch wichtige Rolle spielten.

In den letzten Jahrzehnten habe sich ein neuer strategischer Imperativ durchgesetzt. Unter dem Einfluss von Postmodernismus, Postkolonialismus und der Critical Race Theory (CRT) betont die Linke inzwischen das Thema „Zugehörigkeit“ (S. 26):

Doch in den letzten Jahrzehnten habe sich ein neuer Große Teile der progressiven Bewegungen wiesen die Hoffnung auf eine harmonischere Zukunft, in der – wie Martin Luther King Jr. es einst formulierte – „kleine schwarze Jungen und Mädchen kleinen weißen Jungen und Mädchen die Hände reichen können“, als naiven Kitsch von sich. Stattdessen übernahm die Linke allmählich eine Vision der Zukunft, in der die Gesellschaft dauerhaft durch ihre Aufteilung in voneinander abgegrenzte Identitätsgruppen geprägt sein würde. Wenn wir sicherstellen wollten, dass jede ethnische, religiöse oder sexuelle Gemeinschaft den ihr zustehenden Anteil an Einkommen und Wohlstand bekommt, dann müssten sowohl private Akteure als auch öffentliche Ämter die Art und Weise, in der sie Personen behandeln, von den Identitätsgruppen, zu denen sie gehören, abhängig machen. Es war die Geburt einer neuen Ideologie.

Nach Yascha Mounk wird diese Ideologie die Welt letztlich zu einem schlechteren Ort machen, da zukünftige Eliten an den Universitäten entsprechend geschult werden und diese Idee in die gesamte Gesellschaft hineintragen (siehe dazu hier).

Er schreibt in seinem empfehlenswerten Buch Im Zeitalter der Identität (S. 34–35):

Die Identitätssynthese hat innerhalb einer erstaunlich kurzen Zeitspanne erstaunlich stark an Einfluss gewonnen. Deshalb stehen ihre Exzesse – allen voran, die sogenannte „Cancel Culture“ – oft im Mittelpunkt der Kritik. Ich teile diese Befürchtungen. Aber meine Hauptsorge dreht sich nicht darum, wann und wie die Identitätssynthese »zu weit« gegangen ist. Mich beunruhigt vielmehr, dass die Identitätssynthese sogar im besten Fall zur Schaffung einer Gesellschaft tendiert, die meinen grundlegenden Werten und meinen sehnlichsten Hoffnungen für die Zukunft zuwiderläuft. Der Köder, der dieser Ideologie so viele Anhänger beschert, besteht in dem Wunsch, fortbestehende Ungerechtigkeiten zu beseitigen und eine wirklich gleiche Gesellschaft zu schaffen. Aber eine Umsetzung dieser Ideologie würde zu einer Gesellschaft führen, in der das unablässige Scheinwerferlicht auf unsere Unterschiede starre Identitätsgruppen zu einem stetigen Wettkampf um Ressourcen und Anerkennung animiert – eine Gesellschaft in der wir alle, ob wir es wollen oder auch nicht, dazu gezwungen wären, uns über jene Gruppen zu definieren, in die wir hineingeboren sind. Das ist es, was die Identitätssynthese zu einer solch perfiden Falle macht. Eine Falle hat drei charakteristische Merkmale: Sie enthält in der Regel einen Köder. Selbst gute und kluge Menschen können in sie hineinfallen. Und sie untergräbt die Ziele derjenigen, die sich in ihr verfangen. Die neuen Ideen von Identität teilen alle drei Merkmale. Sie sind so verlockend, weil sie sich den Kampf gegen echte Ungerechtigkeiten auf die Fahne schreiben. Sie verführen reihenweise Menschen, die wirklich das Beste für sich und ihre Mitbürger wollen. Und doch werden sie die Welt letztlich zu einem schlechteren Ort machen – sowohl für diejenigen, die zu historisch dominanten als auch für diejenigen, die zu historisch marginalisierten Gruppen gehören.

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Fremde neue Welt im Podcast

Jörg Lackmann und Thomas Powilleit von der EfA Stuttgart haben zwei liebevoll gestaltete und hilfreiche Podcasts zu dem Buch Fremde neue Welt von Carl Trueman produziert. Hier kann man reinhören:

Teil 1: Fremde neue Welt:


Teil 2: Fremde neue Welt:

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Abtreibungsdebatte: „Sexualität und Kinderwunsch stimmen nicht überein“

Die Befürworter eines Abtreibungsrechts melden sich vermehrt zu Wort, nachdem eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission empfohlen hat, in den ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft Abbrüche zu legalisieren (den Hinweis auf beide nachfolgend besprochene Stellungnahmen verdanke ich einem Beitrag der TAGESPOST).

Der Jurist und Journalist Heribert Prantl empfiehlt in einem Beitrag für die SZ die vollständige Abschaffung des § 218. Er beruft sich auf ein Votum der beiden Höchstrichter Ernst Gottfried Mahrenholz und Berthold Sommer zum letzten Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1993. Dort haben diese erklärt: „Zu den spezifischen Grundbestimmungen menschlichen Seins“ gehöre, dass „Sexualität und Kinderwunsch nicht übereinstimmen“. Prantl versteigt sich zu der Aussage: „Der 218 ist daher dem Buchstaben und dem Geiste nach immer noch ein Recht zur Ächtung der Frau … Paragraf 218 ist bis heute Ausdruck der Missachtung der Frau.“

In der WELT hat sich Professor Kai Möller gegen das Verbot der Abtreibung ausgesprochen. Er schreibt:

Klar erscheint mir jedoch, dass die in Deutschland geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfehlt ist, da sie das Demokratieprinzip verletzt. Zur Erinnerung: das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Legalisierung der Abtreibung nicht mit der Pflicht des Staates, menschliches Leben zu schützen, vereinbar ist. Nochmals: es ist aus moralischer Sicht natürlich gut vertretbar, gegen Abtreibung zu sein. Aber als verfassungsrechtliche Vorgabe ist diese Haltung verfehlt, denn sie erklärt die politischen Überzeugungen aller derjenigen, die aus guten, rechtfertigbaren Gründen für die Legalisierung der Abtreibung eintreten, für illegitim. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts haben in ihren Urteilen zum Schwangerschaftsabbruch ihre eigenen moralischen Präferenzen dem ganzen Land aufgezwungen.

Möller bringt ein von der Philosophin Judith Jarvis Thomson entwickeltes Argument in die Debatte ein:

Für den Lebensschützer liegt das Hauptargument auf der Hand: Eine Abtreibung bedeutet die Zerstörung menschlichen Lebens. Niemanden, auch nicht Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, lässt dieser Punkt völlig kalt. Insofern kann ich nachvollziehen, wenn Menschen aus echter Überzeugung die Meinung vertreten, dass Abtreibung als Zerstörung menschlichen Lebens und insofern im Grundsatz als rechtswidrig anzusehen sein sollte, wie es dem geltenden Recht entspricht.

Für die Gegenposition gibt es auch gute Gründe. Das stärkste Argument wurde von der amerikanischen Philosophin Judith Jarvis Thomson entwickelt. Ihr Beispiel ist folgendes: Stellen Sie sich vor, dass während Ihres Schlafs ein berühmter Violinist, der eine schlimme Nierenkrankheit hat, an Sie angeschlossen wird, sodass er Ihre Nieren benutzt und so am Leben bleiben kann. Hätten Sie das Recht, die Verbindung zu kappen, wenn das den sicheren Tod des Musikers bedeuten würde?

Ganz klar lautet die Antwort: ja, das Recht hätten Sie, denn niemand darf Ihren Körper gegen Ihren Willen benutzen. Thomson argumentiert nun, dass es sich bei der Schwangerschaft ähnlich verhält. Selbst wenn man davon ausginge (was sie für zweifelhaft hält), dass der Fötus ein Recht auf Leben hat, bedeutet dies nicht, dass die Frau verpflichtet ist, ihm ihren Körper zur Verfügung zu stellen. Man könnte sagen: wenn sie dies tut, dann ist es ein Akt der Liebe, aber es liegt im Wesen der Liebe, das diese nicht erzwungen werden kann und darf.

Dieses Analogieargument wird von den Abtreibungsbefürwortern sehr gern herangezogen. Deshalb an dieser Stelle der Hinweis, dass sich Johannes Gonser in seinem Buch Abtreibung – ein Menschenrecht? (#ad) sehr gründlich damit befasst hat. Seiner Einschätzung nach ist nicht nur die Übertragbarkeit der Analogie problematisch. Er argumentiert auf Grundlage diverser ethischer Prinzipien für die These, dass dieses Argument selbst durch das Zugeständnis der Analogie fehlschlägt und zeigt auf, welche in moralischer Hinsicht weiteren problematischen Implikationen sich aus den darin propagierten Annahmen ergeben.

Lebensrechtler, die den Stellungnahmen von Prantl und Möller sachlich gut begründet widersprechen möchten, sind gut beraten, wenn sie die Abhandlung von Gonser gründlich studieren.

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