Religionsfreiheit

Jahrbuch zur Christenverfolgung »Märtyrer 2007« erschienen

Von den weltweit rund 2,1 Milliarden Christen leiden ca. 200 Millionen wegen ihres Glaubens unter Diskriminierungen, schwerwiegenden Benachteiligungen und zum Teil heftigen Anfeindungen bis hin zu Verfolgung. Informationen dazu liefert das neue Jahrbuch zur Christenverfolgung, das von den Herausgebern, der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), bei einer Presskonferenz am 10. Oktober in Bonn vorgestellt worden ist.

Im vergangenen Jahr ist die Lage der meisten betroffenen Christen gleichbleibend angespannt geblieben oder hat sich sogar noch weiter verschlechtert. Vor allem im Irak hat sich die Situation dramatisch zugespitzt. Drei Viertel der christlichen Iraker haben wegen gezielter Einschüchterungen, Übergriffen und Entführungen ihre Heimat verlassen. Auch in Indien und Pakistan ist die Zahl der Drohungen und Gewalttaten durch nichtstaatliche Extremisten weiter gestiegen. Völlig neu sind in Pakistan Drohungen gegen Christen, entweder zum Islam überzutreten oder vertrieben zu werden.

Informationslage hat sich verbessert

Bei der Vorstellung des Jahrbuches in Bonn erläuterte Prof. Dr. mult. Thomas Schirrmacher, Vorstandsmitglied der IGFM und Geschäftsführer des Arbeitskreises Menschenrechte der Deutschen Evangelischen Allianz:

Es ist erfreulich, dass es wie bei anderen Menschenrechtsverletzungen immer selbstverständlicher wird, Verletzungen der Religionsfreiheit und Verfolgung aus religiösen Gründen zu dokumentieren und anzuprangern und Medien und Politik das Thema nicht mehr verschämt verschweigen.

Dass der Weg von der Dokumentation von Verbrechen bis zu ihrer Überwindung noch lang ist, betonte IGFM Mitarbeiter Max Klingberg:

Es ist erschreckend, wie sehr sich unsere Gesellschaft an die alltägliche Entrechtung christlicher Minderheiten gewöhnt hat. Nimmt man internationale Rechtsstandards als Maßstab, so ist die Lage von Millionen von Christen haarsträubend und zum Teil auch eine einzige Katastrophe. Im beschaulichen Mitteleuropa braucht es ein gehöriges Maß an Vorstellungskraft, um sich auch nur annähernd in die tägliche Lebenswirklichkeit von Millionen anderer Christen hinein zu denken.

Religiös und politisch motivierte Verfolgung von Christen

Dabei ist die Liste der Staaten, in denen Christen diskriminiert, ja zum Teil heftig diskriminiert oder verfolgt werden, bedrückend lang. Dazu zählen neben Indien, in dem extremistische Hinduisten für eine Vielzahl von Gewaltverbrechen an Christen verantwortlich sind, vor allem die verbliebenen Einparteiendiktaturen sozialistischer Prägung und auch das neomarxistische Regime in Eritrea. Bei der Mehrheit der Länder, in denen Christen um ihres Glaubens willen leiden, handelt es sich allerdings um islamisch geprägte Staaten. Darunter sind mitnichten nur die ärmsten Entwicklungsländer, sondern auch wohlhabende Golfstaaten und Urlaubs-»Paradiese« wie Ägypten.

Zum Inhalt des Jahrbuches

Das Jahrbuch dokumentiert unter anderem den Beschluss des Bundestages, der die Bundesregierung auffordert, sich weltweit gegen Christenverfolgung und Verfolgung anderer Religionen einzusetzen, so wie die Rede der menschenrechtspolitischen Sprecherin der Unionsfraktion Erika Steinbach in der dazugehörenden Bundestagsdebatte. Fachleute, wie Dr. Tessa Hofmann vom Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin, liefern geschichtliche und aktuelle Länderberichte zu Indonesien und der Türkei. Thomas Schirrmacher legt seinen Vortrag zugunsten eines Ethik-Codes der Weltweiten Evangelischen Allianz gemeinsam mit Vatikan und Weltkirchenrat vor. Die Gesellschaft für bedrohte Völker warnt vor dem Ende der christlichen Minderheit im Irak. Open Doors dokumentiert die Lage weltweit sowie Übergriffe gegen Christen in Indien. Dazu gibt es weitere Dokumente und Informationen, so eine Darstellung des wegweisenden Asyl-Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart zugunsten einer zum Christentum konvertierten Iranerin und Hintergrundinformationen zur Ermordung von drei Christen in Malatya (Türkei).

Literaturangaben

Studien zur Religionsfreiheit / Studies in Religious Freedom – ISSN 1618-7865, Bd. 12
Max Klingberg, Thomas Schirrmacher, Ron Kubsch (Hg.): Märtyrer 2007 – Das Jahrbuch zur Christenverfolgung heute, zugleich idea-Dokumentation 10/2007, 234 S. Pb. 9,90 €, ISBN 978-3-938116-35-7.

Steht uns eine neue Inquisition bevor?

feuerWährend die Klischeevorstellungen über die Inquisition und den Index verbotener Bücher durch die Öffnung der Vatikanarchive im Jahr 1998 allmählich korrigiert werden, erscheinen am Horizont neue zensierende Geister. Drei Beispiele:

(1) Kürzlich wurde in den U.S.A damit begonnen, die Gefängnisbibliotheken von christlicher Literatur zu befreien, um einer möglichen Fanatisierung der Insassen zuvor zu kommen. Die Liste der weiterhin erlaubten christlichen Literatur umfasst lediglich 150 Bücher. Auch einige Bücher von C. S. Lewis sind in Zukunft nicht erwünscht. (Mark Earley von der Organisation Prison Fellowship hat darüber berichtet und die New York Times informierte in einem Artikel über scharfe Proteste.)

(2) Ebenfalls in den U.S.A. wurde dem renommierten Astronom Guillermo Gonzalez im April 2007 eine Professur verweigert, weil er sich zum »Intelligent Design« bekennt. Wozu haben wir eigentlich all die Antidiskriminierungsgesetze?

(3) Anfang Oktober wird der Europarat darüber tagen, ob der Kreationismus einschließlich »Intelligent Design« eine Gefahr für die Wissenschaft und die Menschenrechte darstellt. Der französische Europapolitiker Guy Lengagne, der das umstrittene (105 Punkte umfassende) Dokument 11375 über die »Gefahren des Kreationismus« wesentlich initiierte, würde gern all jene vom Wissenschaftsbetrieb auszuschließen, die intellektuelle Zweifel an der Evolutionstheorie hegen. Die Argumentationsfigur sieht ungefähr so aus: Da es absolut keinen Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Evolutionstheorie gibt, können Kreationisten und ID’ler nur fundamentalistisch verführte Ignoranten sein. Also:

Wenn wir nicht wachsam sind, sind Werte, die den Kern des Europarates bilden, in Gefahr, von kreationistischen Fundamentalisten bedroht zu werden.

Der Wissenschaftstheoretiker Hans Albert dürfte an diesem Argument seine Freude haben. Es ist ein klassischer Fall für die »Immunisierung« eines (in diesem Fall ›evolutionistischen‹) Dogmas.

Andreas Dippel hat für das Medienmagazin pro die wichtigsten Hintergrundinformationen über die Debatte im Europarat kompakt zusammengestellt.

Die Europäische Evangelische Allianz ermutigt dazu, auf die Abgeordneten zuzugehen und gegen drohende Denkverbote zu protestieren. Es sei skandalös, dass der suggestive Entwurf des Europarates behaupte, die Demokratie und die Menschenrechte seien durch den Kreationismus gefährdet, heißt es in ihrer Stellungnahme. Eine ähnliche Auffassung vertritt Paul C. Murdoch vom Arbeitskreis der für Religionsfreiheit der Deutschen Evangelischen Allianz in einem Brief an den Leiter der Deutschen Delegation in der Versammlung des Europarats.

Mein Kollege, Freund und Philosoph Thomas K. Johnson hat einen offenen (und zugleich sehr persönlichen) Brief an Senator Guy Lengagne geschrieben. Matthew Cserhati hat für die Hungarian Protestant Creation Research Group in einem Schreiben berechtigten Unmut formuliert. Thomas Torrance, vom Departmen of Economics der School of Management & Languages in Edinburgh hat ebenfalls einen bedenkenswerten Kommentar verfasst. (Alle drei Dokumente biete ich mit freundlicher Genehmigung der Verfasser an.) Die Zensurgeister scheinen sehr nervös zu sein. Hoffen wir, dass sie bald wieder verschwinden.

Ist der Glaube an einen Schöpfer eine Gefahr für die Demokratie?

Das Komitee für Kultur, Wissenschaft und Bildung des Europarats stuft in seinem Dokument 11297 vom 8. Juni 2007 unter dem Titel »Die Gefahren des Kreationismus im Bildungswesen« (»The dangers of creationism in education«, voller Text in englischer und französischer Sprache auf der Homepage des Europarats abrufbar, Adresse siehe unten) den Kreationismus als Bedrohung für Demokratie und Menschenrechte ein. Die Erklärung äußert ihre Bedenken gegenüber dem Schöpfungsglauben in 105 Punkten.

In der Zusammenfassung am Beginn des Dokuments heißt es:

Die Evolutionstheorie wird von religiösen Fundamentalisten angegriffen, die dazu aufrufen, in den europäischen Schulen kreationistische Theorien neben oder sogar statt der Evolutionstheorie zu lehren. Vom wissenschaftlichen Standpunkt kann es absolut keinen Zweifel daran geben, dass die Evolutionstheorie eine zentrale Theorie für unser Verständnis des Universums und des Lebens auf der Erde ist.

Der Kreationismus in allen Formen, wie etwa »Intelligent Design« beruht nicht auf Fakten, verwendet keine wissenschaftliche Beweisführung und die Inhalte sind für den Unterricht in naturwissenschaftlichen Fächern in geradezu bemitleidenswerter Weise ungenügend.

Die Versammlung ruft die Bildungsbehörden der Mitgliedsstaaten auf, wissenschaftliche Kenntnisse und die Vermittlung der Evolutionstheorie zu fördern und allen Versuchen, den Kreationismus als wissenschaftliche Disziplin zu lehren, entschieden entgegenzutreten.

In dem mehr als 10 Seiten umfassenden Resolutionsentwurf heißt es unter anderem weiter:

Die parlamentarische Versammlung ist besorgt über die möglichen negativen Auswirkungen der Verbreitung kreationistischer Theorien innerhalb unserer Bildungssysteme und über die Konsequenzen für unsere Demokratien. Wenn wir unachtsam sind, könnte der Kreationismus zur Bedrohung für die Menschenrechte werden, die ein zentrales Anliegen des Europarats sind.

Es wird beklagt, dass der angeblich aus der Leugnung der Evolution der Arten durch natürliche Selektion geborene Kreationismus – bisher ein fast ausschließlich auf Nordamerika beschränktes Phänomen – seinen Weg vermehrt nach Europa findet. Dem Kreationismus wird jede Legitimität als wissenschaftliche Disziplin abgesprochen. Ein Vorwurf lautet:

Kreationisten stellen den wissenschaftlichen Charakter bestimmter Erkenntnisse in Frage und behaupten, dass die Evolutionstheorie nur eine Interpretation unter anderen ist. Sie beschuldigen die Wissenschaftler, nicht genug Beweise für die wissenschaftliche Gültigkeit der Evolutionstheorie zu erbringen. Hingegen verteidigen sie ihre eigenen Behauptungen als wissenschaftlich. All das hält einer objektiven Analyse nicht stand.

Die Intelligent Design Theorie wird wörtlich als »gefährlich« bezeichnet. Weitere Vorwürfe lauten:

Die Evolution ist nicht nur eine Angelegenheit der Entwicklung des Menschen und von Populationen. Ihre Leugnung könnte ernsthafte Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Gesellschaften haben. Fortschritte in der medizinischen Forschung mit dem Ziel der effektiven Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie AIDS sind unmöglich, wenn jedes Prinzip der Evolution geleugnet wird …

Der Krieg gegen die Evolutionstheorie und ihre Vertreter hat seinen Ursprung oft in Formen des religiösen Extremismus in enger Verbindung mit politischen Bewegungen der extremen Rechten. Die kreationistischen Bewegungen haben reale politische Macht. Tatsache ist, und das wurde bereits mehrmals aufgedeckt, dass die Vertreter des strikten Kreationismus darauf aus sind, die Demokratie durch die Theokratie zu ersetzen …

Die Vermittlung aller die Evolution betreffenden Phänomene als fundamentale wissenschaftliche Theorie ist daher entscheidend für die Zukunft unserer Gesellschaften und Demokratien. Aus diesem Grund muss die Evolution eine zentrale Position im Lehrplan und insbesondere bei den naturwissenschaftlichen Fächern einnehmen. Evolution ist allgegenwärtig, von der medizinischen Verordnung exzessiver Mengen von Antibiotika, was zu einem Auftreten resistenter Bakterien führt, bis zur Verwendung exzessiver Mengen an Pestiziden in der Landwirtschaft, was zu Mutationen von Insekten führt, gegen die Pestizide nicht mehr wirken.

Der Schöpfungslehre wird ein Platz ausschließlich im Religionsunterricht zugebilligt. Die Panikmache vor der Überzeugung von einem intelligenten Schöpfer gipfelt in der Aussage in Punkt 17 des Dokuments:

Wenn wir nicht Acht geben, werden die zentralen Werte des Europarats von kreationistischen Fundamentalisten einer direkten Bedrohung ausgesetzt. Es ist Teil der Rolle der Parlamentarier des Rates, zu reagieren, bevor es zu spät ist.

In vollkommen dogmatischer Weise heißt es in Punkt 51:

Es kann daher nicht akzeptabel sein, alternative Theorien als Wissenschaft zu lehren.

– – –

Quelle: Website des Europarates
(Die Übersetzung des Auszugs stammt von Josef Jäger)

Christen in UK befürchten Diktatur einer „neuen Moral“

Am 21. März 2007 wurden die Regelungen zum Thema sexuelle Orientierung (Regelungen betreffend sexuelle Orientierung – Equality Act, Sexual Orientation Regulations) vom Oberhaus des britischen Parlaments gebilligt. Das haben Bonner Nachrichten in einer Meldung vom 25. Mai mitgeteilt. Die meisten Religionsgemeinschaften bedauern diese Entscheidung und sehen sie als den Anfang einer Reihe repressiver, ideologisch motivierter Gesetze, die letztlich die Gewissens- und Glaubensfreiheit einschränken und den Menschen praktisch eine »neue Moral« aufdrängen.

Die britische Regierung widersetzte sich allen Versuchen, relevante Ausnahmebestimmungen im Sinne der persönlichen Gewissensfreiheit in das Gesetz aufzunehmen.

Download der Pressemeldung: BQ0035.pdf

Wenn Christen als Bedrohung gesehen werden

Die Ermordung von drei evangelischen Christen in der 400.000 Einwohner zählenden Stadt Malatya in der Türkei am Dienstag sorgte weltweit für Entsetzen. Doch die Tat macht erneut deutlich, unter welchen Spannungen die Türkei leidet und mit welchen Kräften und Ideologien sie sich auseinander setzen muss. Von Religionsfreiheit ist das Land noch weit entfernt.

Am 19, April hat die Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Christine Schirrmacher, wissenschaftliche Leiterin des Islaminstituts in Bonn, eine Erklärung zur Religionsfreiheit in der Türkei abgegeben.

Download der Pressemeldung: pmweb2007-27.pdf

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