Es gibt derzeit einen Hype um die US-Sängerin Taylor Swift – auch unter Frommen. Izaac Cowling, der für die Gospel Coalition in Australien schreibt, meint, mit Songtexten von Swift das Evangelium zusammenfassen zu können/müssen. Blake Glosson schrieb für TGC in den USA den Artikel „7 Dinge, die Christen von Taylor Swifts Eras-Tour lernen können“. Der wurde allerdings wegen vieler Proteste schnell wieder zurückgezogen. Die Heiliggeistkirche Heidelberg setzt dem Hype nun eine Krone auf, in dem sie im Mai zwei „Taylor Swift-Gottesdienste“ anbieten wird. Das Nachrichtenportal der katholischen Kirche in Deutschland meldet:
Zwei Gottesdienste am 12. Mai in Heidelberg um die Lieder der US-Sängerin Taylor Swift haben großes Interesse geweckt. Nachdem der erste Gottesdienst um 11 Uhr bereits ausgebucht ist, seien auch alle 420 Karten für die zweite Veranstaltung um 13 Uhr kurz nach der Freischaltung am Donnerstagmorgen vergriffen, sagte Citykirchenpfarrer Vincenzo Petracca dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag. „Ganz Deutschland scheint im Swift-Fieber zu sein“, sagte der evangelische Theologe. Am Freitag wolle der SWR-Rundfunksender „Das Ding“ vier Tickets für den Gottesdienst in der ersten Reihe verlosen. In den Gottesdiensten mit dem Titel „Anti Hero“ – nach dem gleichnamigen Swift-Song – interpretiert die Sängerin Tine Wiechmann, die bis vor kurzem Professorin für Pop-Kirchenmusik an der Hochschule für Kirchenmusik Heidelberg war, Stücke der Pop-Ikone. Thematisiert werde aber auch, welche Rolle der christliche Glaube im Leben der 34-jährigen Swift spiele. Mit 280 Millionen Followern auf Instagram, vier Grammys und musikalischen Milliardenumsätzen gilt Swift derzeit als eine der einflussreichsten Popstars.
Hauptsache, die Kirche ist mal wieder gefüllt. So einfach ist das.
Taylor Swift soll tatsächlich in einer christlichen Familie im US-Bundesstaat Tennessee aufgewachsen sein. In den letzten Jahren ist sie mehrfach als Missionarin der LGBTQ+Bewegung aufgetreten (siehe das eindrückliche Video zu ihrem Song „You need to calm down“).
Giles Gough hat versucht, die Dekonstruktion ihres Glaubens in „The changing faith of Taylor Swift“ nachzuvollziehen. Er schreibt dort :
Es scheint so, dass wir zwei Taylors haben. Die erste hat eine unkomplizierte, aber aufrichtige Beziehung zu Gott. Eine, die zu ihrer Bible Belt-Erziehung passt. Die zweite, die sich nur in Krisenzeiten an ihn wendet ist typisch für die säkulare Mainstream-Welt, in der sie lebt.
Natürlich ist dies eine Entwicklung, die über zwei Jahrzehnte hinweg stattgefunden hat, aber es ist verlockend, sich zu fragen, ob wir einen Wendepunkt finden können, einen Beweis für einen Moment, in dem Taylor ihren Glauben verloren haben könnte?
Vielleicht haben wir einen solchen Beweis in dem Song „Would’ve Should’ve Could’ve“ gefunden. Es wird allgemein angenommen, dass dieser Song von John Mayer handelt, einem amerikanischen Sänger, mit dem Swift angeblich eine Beziehung hatte, als er 32 und sie gerade 19 war. Die Beziehung endete unglücklich, und obwohl sie nur ein paar Monate dauerte, scheint diese Erfahrung Swift für ihr ganzes Erwachsenenleben gezeichnet zu haben. Nicht nur das, sondern sie deutet auch stark an, dass diese Beziehung ihre Beziehung zu Gott unwiderruflich beschädigt hat.
In einem Song voller biblischer Anspielungen sagt Swift uns das: „If you’d never touched me, I would’ve / Gone along with the righteous“ und „you’re a crisis of my faith“. Der Refrain „I regret you all the time“ hat zu intensiven Spekulationen geführt. Wie schlecht muss man eigentlich als Freund sein, um den Glauben an Gott zu erschüttern?
Für mich klingt Taylor Swift wie jemand, der seinen Glauben dekonstruiert hat und nun nicht mehr weiß, woran er glaubt. Das ist kein Urteil über ihren Charakter. Swift scheint sich immer noch nach Gott zu sehnen, und wenn sie ihn nicht finden kann, hat sie vielleicht versucht, ihr Heil in der romantischen Liebe zu suchen. Aber das ist nur eine fundierte Vermutung. Schließlich sprechen wir über den Glaubensweg einer Person, die sich noch auf diesem Weg befindet. Es ist durchaus möglich, dass Gott mit Taylor Swift noch nicht fertig ist.