Wissenschaft

Wissenschaftsfreiheit

Die Gießener Philosophieprofessorin Elif Özmen, die selbst gegenüber dem Interessensbegriff von Peter Singer offen ist, forscht zum Thema Wissenschaftsfreiheit. Im einem Interview mit der FAZ erklärt sie, warum sie in ihren Seminaren keine „Trigger Warnings“ ausspricht und welche Tendenzen an Unis ihr Sorgen bereiten:

Man kann auf empirische Untersuchungen verweisen wie den Academic Freedom Index. Dieser zeigt, dass die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland seit den achtziger Jahren auf einem sehr hohen Niveau stabil ist. Andererseits gibt es auch in Deutschland – wie in den USA und Großbritannien – eine Debatte über die Politisierung und Moralisierung der Wissenschaft. Da geht es nicht um harte Beschränkungen durch staatliche Akteure, etwa durch Zensur und Publikationsverbote, sondern um Versuche, Redner auszuladen oder Wissenschaftlerinnen und ihre Forschungsgebiete zu diskreditieren. Für mich ist noch nicht ausgemacht, ob das die Wissenschaftsfreiheit als solche gefährdet oder viel stärker die Funktion der Universität als einen Ort, an dem unterschiedliche Perspektiven entwickelt und kritisch diskutiert werden, an dem wir uns mit Gründen und Gegengründen streiten wollen und dürfen.

Mehr (hinter einer Bezahlschranke): www.faz.net.

Psycho-Revolution

Die Diagnose „Persönlichkeitsstörung“ hat es in sich. Nicht ein besonderer Bereich, sondern die ganze Person gilt dann nämlich als krank und letztlich mehr oder weniger unheilbar. Kritiker meinen: Das sind Schubladen, in die Patienten nicht hineingehören. Das überarbeitete Diagnosehandbuch der Weltgesundheitsorganisation will Persönlichkeitsstörungen in Zukunft deshalb differenziert erfassen. Das ICD-11 hat zum 1. Januar 2022 die bisherigen spezifischen Persönlichkeitsstörungen ganz aus dem Katalog gestrichen. Kein Narzissmus mehr, keine paranoide oder dissoziale Persönlichkeitsstörung. Es gibt nur noch die allgemeine Diagnose: „Persönlichkeitsstörung“.

Martin Hubert hat für den DLF das Thema geschickt aufbereitet. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kritiker dieses Einschnitts mehr Raum bekommen hätten, kann aber gut damit leben, dass zumindest Schwächen der „Dimensionale Diagnose“ (so heißt das jetzt) erwähnt werden.

Ich empfehle Seelsorgern, Pastoren und natürlich Psychologen und Therapeuten diesen Beitrag aber nicht, weil ich ein Gegner oder Befürworter der „Dimensionale Diagnose“ bin. Vielmehr macht der Beitrag sichtbar, wie kompliziert das mit psychiatrischen Diagnosen ist und das diese Diagnosen immer auch abhängig sind von der Kultur, in der die Kriterien entwickelt werden (vgl. dazu auch den Beitrag Zweifelhafte Therapeutisierung).

Also hier:

„Genderismus“ als Sündenbock

In dem Aufsatz „‚Genderismus‘ als Sündenbock“ beschwert sich Judith Butler über die zunehmende Kritik an den Gendertheorien (Philosophie Magazin, Sonderausgabe 20, Jan/Apr 2022, S. 18–23, zuerst am 23.10.2022 als „Why is the idea of ,gender‘ provoking backlash the world over?“ im Guardian erschienen).

Sie behauptet dort im Wesentlichen, dass der Treiber des „Antigenderismus“ die Sehnsucht nach autoritärer Herrschaft und Zensur sei. Unter dem Vorwand, dass die Kritiker der Gendertheorien keinen Bildungswillen mitbrächten und kaum dazu bereit seien, sich mit Ansichten auseinanderzusetzen, die ihren eigenen widersprechen, verzichtet sie darauf, inhaltliche Argumente für ihre Behauptung vorzutragen. Dafür macht sie genau das, was sie ihren Opponenten unterstellt. Sie vereinfacht, diffamiert und schablonisiert. Und sie rückt den „Antigenderismus“ in die Nähe des Faschismus. Ausgrenzungen dieser Art verfehlen ihr Ziel selten. Sie zeigen eben auch oft, dass es um sachliche Argumente nicht gut bestellt ist.

Nachfolgend einige Zitate von Judith Butler aus dem besagten Aufsatz:

Die Argumente der Anti-Gender-Bewegung sperren sich gegen eine schlüssige Rekonstruktion, weil es ihren Vertretern nicht unbedingt auf Konsistenz und Kohärenz ankommt. (S. 19)

Auch wenn die Bewegung allgemeiner nationalistisch, transphob, misogyn und homophob ist, besteht ihr Hauptziel in einer Umkehrung der rechtlichen Fortschritte, die die LGBTQI- und feministischen Bewegungen in den letzten Jahrzehnten erkämpft haben. (S. 19)

[Die Vertreter der Gendertheorien] bestreiten nicht, dass es ein biologisches Geschlecht gibt; sie fragen danach, wie Geschlecht durch medizinische und rechtliche Rahmenbedingungen hergestellt wird, wie sich dieser Rahmen historisch verändert hat und welchen Unterschied es für die soziale Organisation unserer Welt macht, wenn das Geschlecht, das wir bei der Geburt zugewiesen bekommen, für das weitere Leben unter anderem in den Arbeits- und Liebesverhältnissen keine vorbestimmende Rolle mehr spielt. (S. 19–20)

Im Allgemeinen stellen wir uns die Zuweisung des Geschlechts als etwas vor, das nur einmal geschieht. Aber was ist, wenn wir es uns als komplexen und revidierbaren Prozess denken? Das heißt über die Zeit revidierbar für diejenigen, die das falsche Geschlecht zugewiesen bekommen haben? Wer eine solche Perspektive einnimmt, stellt sich nicht gegen die Wissenschaft, sondern fragt nur, in welcher Weise Wissenschaft und Recht in die soziale Regulierung von Identitäten eingehen. (S. 20)

Angestachelt von Sorgen vor einem Zusammenbruch der Infrastruktur, Hass auf Migranten und – in Europa – der Furcht, der Unantastbarkeit von heteronormativer Familie, nationaler Identität und weißer Vorherrschaft verlustig zu gehen, suchen viele die Schuld bei der zersetzenden Kraft von Gender, Postkolonialismus und Critical Race Theory. Wenn sich diese Gruppen Gender als Invasion von außen imaginieren, zeigen sie nur zu deutlich, dass sie selbst nationalistisch motiviert sind. (S. 20)

Gleichzeitig nehmen Gegner der „Gender-Ideologie“ Zuflucht zur Bibel, um ihre Ansichten über die natürliche Hierarchie zwischen Mann und Frau und über die je eigenen Vorzüge des Männlichen und Weiblichen zu untermauern (auch wenn fortschrittliche Theologen klargestellt haben, dass diese auf strittigen Lesarten der Bibeltexte beruhen). In Angleichung der Bibel an die Naturrechtslehre erklären sie das zugewiesene Geschlecht zur göttlichen Setzung und tun seltsamerweise so, als stünden heutige Biologinnen und Medizinerinnen im Dienste einer Theologie aus dem 13. Jahrhundert. (S. 22)

Als faschistische Tendenz greift sie vielmehr auf eine ganze Reihe rhetorischer Strategien aus dem gesamten politischen Spektrum zurück, um damit die Angst vor Unterwanderung und Zerstörung, die ganz unterschiedlichen ökonomischen und sozialen Kräften entspringt, auf die Spitze zu treiben. Sie strebt überhaupt nicht nach Konsistenz, denn ihre Stärke speist sich gerade auch aus ihrer Inkohärenz. (S. 22)

[Die Anti-Gender-Ideologie] ist reaktionäre Hetze, ein Bündel aufwiegelnder Widersprüche und inkohärenter Behauptungen und Anwürfe. Sie lebt von genau der Instabilität, die sie einzudämmen verspricht, und ihr eigener Diskurs stiftet selbst nichts als Chaos. Durch eine Flut inkonsistenter und übertreibender Behauptungen rührt sie sich eine Welt diverser unmittelbarer Bedrohungen zusammen, um ihren Ruf nach autoritärer Herrschaft und Zensur zu unterfüttern.

Als faschistische Tendenz unterstützt die Anti-Gender-Bewegung immer stärker werdende Formen des Autoritarismus. Durch ihre Taktiken werden Staaten ermutigt, in Universitätsprogramme einzugreifen, Kunst und TV-Programme zu zensieren, Transpersonen ihre Rechte zu verwehren und LGBTQI aus öffentlichen Räumen zu verbannen, reproduktive Freiheiten einzuschränken und den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen, Kinder und LGBTQI- Personen zu untergraben. (S. 23)

Warum ist dieser Beitrag so unsachlich und im Ton herabwürdigend? Zum Teil kann das damit erklärt werden, dass viele Texte von Judith Butler in so einem Stil vorgetragen sind. Sie schreibt mehr als Aktivistin denn als Philosophin. Es könnte aber darüber hinaus der Fall sein, dass sich immer mehr Intellektuelle gegen die oft seltsamen Thesen des Genderaktivismus wehren und die Luft für die vielen Gender-Professorinnen enger wird. Aus Betroffenheit entwickelt sich manchmal Wut.

Alan Sokal (ja, genau der vom Sokal-Skandal, vgl. hier S. 11–16) kommentiert den Aufsatz von Butler sachlich: „Wir unterstützen voll und ganz das Recht aller Menschen, ihr Leben so zu leben, wie sie es wünschen, frei von Gewalt, Belästigung und Diskriminierung. Wir sind jedoch nicht mit der radikalen Idee einverstanden, dass die selbst deklarierte Geschlechtsidentität das biologische Geschlecht für alle rechtlichen und sozialen Zwecke ersetzen sollte.“

Folgt der Wissenschaft?

Professor Peter Dabrock mahnt in seinem Beitrag „Folgt der Wissenschaft?“ wissenschaftliche Institutionen, nicht leichtfertig für sich in Anspruch zu nehmen, „die Wissenschaft“ zu repräsentieren. Und er erwartet, dass sie sich nicht für politische Interessen verzwecken lassen (FAZ vom 13.12.2021, Nr. 290, S. 6):

Gerade die großen Wissen­schafts­or­ga­ni­sa­tio­nen müssen daran arbei­ten, die von ihren Mitglie­dern erwor­be­nen Repu­ta­tio­nen nicht zu verspie­len. Hier bedarf es eines selbst­kri­ti­schen, nach meiner Wahr­neh­mung noch ausste­hen­den Klärungs­pro­zes­ses. Dazu zählt, dass die Wissen­schafts­aka­de­mi­en, von denen es eben mehr als eine gibt, in der Außen­kom­mu­ni­ka­ti­on stär­ker erken­nen lassen, was ihr Selbst­ver­ständ­nis nach innen schon längst prägt: Sie sind nicht mehr hono­ri­ge Gelehr­ten­ver­samm­lun­gen, sondern Arbeits­aka­de­mi­en. Daher soll­ten sie sich weni­ger als Poli­tikak­teu­re insze­nie­ren als viel­mehr Diskurs­raum bereit­stel­len, in dem auf Grund­la­ge metho­di­scher und fach­li­cher Stan­dards Wissen­schaft betrie­ben werden kann – mit den jeweils gülti­gen Erkennt­nis­sen, mit diskur­si­ver Strit­tig­keit und der daraus dennoch ableit­ba­ren Orien­tie­rung.

Gendern darf benotet werden

Niemand wird gezwungen, in gendergerechter Sprache zu schreiben. Doch der Gebrauch von geschlechtergerechter Sprache darf laut einem Rechtsgutachten unter bestimmten Umständen in die Benotung einer Prüfung einfließen. Die Uni Kassel hat ein Rechtsgutachten dazu in Auftrag gegeben. Die Welt berichtet: 

Erstellt wurde das Gutachten von Rechtswissenschaftler Michael Sachs, ehemaliger Co-Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Wissenschaftsrecht der Universität Köln. Er kommt zu dem Schluss, dass Gendern zwar nicht als formales Kriterium für eine Prüfungsleistung (wie etwa Rechtschreibung und Grammatik) festgelegt werden soll.

Dozenten dürften geschlechtergerechte Sprache jedoch „zu einem gewissen Anteil“ berücksichtigen, solange es dafür einen fachlichen oder berufsqualifizierenden Bezug gebe, heißt es in der Zusammenfassung des Gutachtens, welche die Uni Kassel am Mittwoch veröffentlichte. Die Bewertung müsse jedoch verhältnismäßig sein und dürfe nicht willkürlich erfolgen, betont Gutachter Sachs darin. Im Zweifel müsse der „Antwortspielraum des Prüflings“ respektiert werden.

Die Universität sieht mit den Ausführungen des Rechtsexperten ihre früheren Einschätzungen zur Bewertung geschlechtergerechter Sprache bestätigt. 

Ich hoffe auf weitere Gutachten, die zu einem anderen Ergebnis führen. 

Mehr hier: www.welt.de.

Karl Marx in Paris

In dem sehr empfehlenswerten Buch Karl Marx in Paris: Die Entdeckung des Kommunismus fand ich einen Abschnitt, in dem Jan Gerber anschaulich beschreibt, wie leichtfertig Karl Marx das Geld anderer Leute ausgegeben hat (Jan Gerber, Karl Marx in Paris, S. 59):

Der sorglose, geradezu leichtsinnige Umgang mit eigenem und fremdem Vermögen sollte zu Marx’ Markenzeichen werden. Auch später lebte die Familie regelmäßig am Rand des bürgerlichen Existenzminimums. Kam Geld ins Haus, dann wurde es innerhalb kürzester Zeit verprasst: Die Familie zog in immer größere Häuser und hielt sich zeitweise zwei Dienstmädchen; Eleanor, Laura und Jenny Marx, die drei Töchter, bekamen Klavier-, Zeichen-, Französisch- und Italienischunterricht.

Anders als vielen Marxisten des 20. Jahrhunderts, denen weniger an der Befreiung des Proletariats als an der Proletarisierung der Befreier gelegen war, ging es Marx, das stellte er schon in den Pariser Manuskripten klar, nicht um die Forderung nach gleichem Elend für alle. In seinen besten Momenten hatte er stattdessen den Lebensstil des untergehenden Adels als Blaupause für eine zukünftige Gesellschaft vor Augen.

VD: RK

Die „Woke-Culture“ und die Evangelikalen

Markus Till hat auf seinem Blog den Artikel „The Failure of Evangelical Elites“ (erschienen bei First Things) von Carl Trueman zusammengefasst. Trueman fragt unter anderem, warum es trotz der Arbeiten von Mark Noll und George Marsden den Evangelikalen nicht gelungen ist, in der akademischen Welt Fuß zu fassen (siehe zu Noll und Marsden auch das Interview hier). Nach Trueman liegt es nicht an mangelhaften akademischen Fähigkeiten oder an den schlechten Argumenten. Vielmehr macht er die „Woke-Kultur“ an den Hochschulen für diese Entwicklung verantwortlich. „Woke“ bezeichnet eine Haltung, die „aufgeweckt“ nach fehlender sozialer Gerechtigkeit, Rassismus oder Ungleichbehandlung Ausschau hält und diese Dinge aktionistisch anprangert. Die „Woke-Kultur“ trägt mit dazu bei, dass nur noch bestimmte Meinungen als diskursfähig gelten. Theorien oder Überzeugungen, die dem „Mainstream“ nicht entsprechen, sollen am Besten gar nicht mehr zu Wort kommen (hier liegen die Schnittstellen zur Abbruchs-Kultur (engl. Cancel Culture). Die christlichen Wissenschaftlicher werden nach Trueman also gemieden, weil man ihren Glauben und ihre Ethik für ethisch verwerflich hält.

Markus Till schreibt:

Die Thesen von Noll und Marsden schienen anfangs gute Früchte zu tragen. Ihre Doktoranden erhielten Stellen an Hochschulen und Universitäten. Als Musterbeispiel diente viele Jahre der von Obama eingesetzte evangelikal geprägte Leiter des Nationalen Gesundheitsinstituts Francis Collins. Gerade an seinem Beispiel macht Trueman jedoch deutlich, wie schwer es offenkundig ist, als evangelikaler Christ in solche Positionen aufzusteigen, ohne seine christlichen Werte zu kompromittieren. Collins ist dies offenbar nicht gelungen. Und Trueman stellt fest, dass es heutzutage kaum noch möglich ist, konfliktfrei an wichtigen christlichen Überzeugungen innerhalb der intellektuellen Eliten festzuhalten:

„Obwohl Marsden und Noll ihre Argumente vor weniger als dreißig Jahren vorbrachten, fällt mir auf, dass ihre Argumente aus einer längst vergangenen Zeit stammen. Die Vorstellung, dass eine Person, die sich zu Ehrlichkeit und Integrität in der Wissenschaft bekennt, Mitglied der heutigen Universitäten und anderer führender Institutionen werden kann, ist rückblickend betrachtet naiv. … Letztes Jahr habe ich am Grove City College einen Kurs über historische Methoden gehalten. Einer unserer Texte war Marsdens ‘The Outrageous Idea of Christian Scholarship’. Die Reaktion der Studenten auf das Buch war beeindruckend. Obwohl sie Marsden für einen nachdenklichen und engagierten Autor hielten, waren sie der Meinung, dass sein Argument – dass Christen einen Platz am Tisch der akademischen Welt finden könnten, wenn sie gute Gelehrte seien und ihre Kollegen mit Respekt behandelten – im heutigen Kontext nicht überzeugend ist. Kein Student glaubt heute, dass ein Professor einer Forschungsuniversität, der höflich und respektvoll zu einem schwulen Kollegen ist, auch seine Einwände gegen die Homo-Ehe äußern darf. So funktioniert das System nicht mehr.“

Aber warum ist das so? Trueman legt dar, dass die führenden Evangelikalen in ihrem Versuch, das Christentum in den intellektuellen Eliten gesellschaftsfähig zu machen, einen entscheidenden Punkt übersehen haben, der in den letzten 30 Jahren immer deutlicher zutage getreten ist:

„Das Hochschulwesen ist heute weitgehend das Land der „Woken“. Man mag ein brillanter Biochemiker sein oder ein profundes Wissen über die minoische Zivilisation haben, aber jedes Abweichen von der kulturellen Orthodoxie in Bezug auf Rasse, Sexualität oder sogar bei anderen Begriffen wird sich bei Einstellungs- und Bleibeverhandlungen als wichtiger erweisen als Fragen nach der wissenschaftlichen Kompetenz und sorgfältiger Forschung. … Meine Studenten können die Realität sehr genau einschätzen. Die kultivierten Verächter des Christentums von heute halten dessen Lehren nicht für intellektuell unplausibel, sondern für moralisch verwerflich. Und das war schon immer zumindest teilweise der Fall. Das war der Punkt, den Noll und Marsden übersehen haben – auch wenn er in den neunziger Jahren am Wheaton College oder an der Universität von Notre Dame vielleicht nicht so offensichtlich war wie heute fast überall im Hochschulbereich.”

Der Casus Kathleen Stock

Die britische Philosophin Kathleen Stock hat nach Protesten gegen ihre Thesen zur Genderforschung ihre Professur niedergelegt. Sie ist ein weiteres Opfer der Transgender-Aktivisten. Für die Wissenschaft, die Gesellschaft und die Menschen ist das nicht gut. Die Welt schreibt: 

Stock sprach sich in den Anhörungen sowie bei weiteren Gelegenheiten auf Grundlage ihrer wissenschaftlichen Auffassungen gegen eine solche Regelung aus. Pointiert gesagt, vertrat sie die Auffassung, dass man sein biologisches Geschlecht nicht ändern könne. Damit teilt sie die Auffassung von Genetikern, die darauf hinweisen, dass biologische Frauen zwei X-Chromosomen haben und biologische Männer ein X- und ein Y-Chromosom – und sich daran auch durch Geschlechtsangleichungen nichts ändere.

Das aber steht quer zu der Behauptung von Genderwissenschaftlern und Aktivisten, die das Geschlecht vor allem für ein soziales Konstrukt halten, das man ändern könne.

Mehr (allerdings hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Universität Bonn distanziert sich von Leitfaden des Gleichstellungsbüros

Das Gleichstellungsbüro der Universität Bonn hat einen Leitfaden Informationen und Anregungen zum Umgang mit Inhaltshinweisen in der Lehre herausgegeben, in dem Dozierenden empfohlen wird, Studierende vor möglicherweise unangenehmen Lehrinhalten zu warnen. Studierende sollen vor verstörenden Inhalten geschützt werden oder, wo das nicht möglich ist, entsprechend vorbereitet werden. Das heißt dann Folgendermaßen:

Inhaltshinweise können auch für Dozent*innen hilfreich sein, um im Voraus zu überlegen, wie sie ihre Inhalte für die Studierenden aufbereiten und ob angemessene Anpassungen für Studierende mit einem eventuell erschwerten Zugang zu den Inhalten möglich sind. Inhaltshinweise geben Anstöße dazu, die Auswahl der eigenen Lehrinhalte zu reflektieren und auf kritische Diskussionen in den Lehrveranstaltungen gut vorbereitet eingehen zu können. Weiterhin schützen sie auch Dozent*innen, denn ohne fachliche psychologisch-therapeutische Kenntnisse kann eine Situation, in der ein*e Seminarteilnehmer*in einen Flashback erlebt, eine Überforderung darstellen. Im Anhang auf Seite 7 finden Sie eine Liste mit Themenbereichen, die häufig mit Inhaltshinweisen versehen werden. Bitte beachten Sie, dass diese Liste selbst Begriffe verwendet, die als beunruhigend empfunden werden können.

In der Liste stehen dann Begriffe wie Missbrauch, Essstörungen, Körperhass und Fettphobie, Tod oder Sterben, Fehlgeburten/Abtreibung, Rassismus und rassistische Beleidigungen, Klassenkampf oder auch Transphobie und Transfeindlichkeit. Anliegen der Verfasser ist es, die Universität zu einem sicheren Ort zu machen. Thomas Thiel hat dieses Vorhaben für die FAZ im September kritisch reflektiert: 

Nun ist die Universität schon per se das Gegenteil eines sicheren Orts. Sie konfrontiert mit Dimensionen, die ein selbstzentriertes Weltbild durchschütteln. Ganz im Gegensatz dazu um­schmeichelt der Leitfaden das studentische Ego. Dozenten werden zu Psycho-Coaches umfunktioniert, die Seminarteilnehmer vor seelisch belastenden In­halten warnen und ihnen die Möglichkeit geben sollen, in solchen Fällen den Raum zu verlassen. Der Or­well’sche Neusprech reicht bis in den Ti­tel des Leitfadens hinein: Man will nicht wie an amerikanischen Hochschulen von Trigger-Warnungen, sondern neu­tral von Inhaltshinweisen sprechen, als hätte der Hinweis eine an­­dere als eine warnende Funktion. Ideologie beginnt bekanntlich dort, wo man Dinge nicht mehr beim Namen nennen darf.

Thiel fragt weiter: 

Der Leitfaden entwirft Studenten als Affektbündel, die nicht über die Fähigkeit verfügen, Dinge intellektuell zu dis­­tanzieren. Schon persönliches Beleidigtsein reicht als Grund, sich in der Tat verstörenden Themen wie Klassenkampf, Kriminalität oder sexuelle Ge­walt zu entziehen. Was drückt sich da­rin anderes aus als die Aufkündigung der Solidarität mit jenen, die davon be­troffen sind? Und welchen Wert hat ein Bildungsabschluss, der auf selektiver Wahrnehmung beruht?

Die Universität hat sich Ende September offiziell von diesem Leitfaden distanziert. Das Portal Forschung & Lehre informiert

Die Hochschulleitung erklärte sich über den „Umgang mit Inhaltshinweisen“ generell diskussionsbereit. Lehrende dürften jedoch nicht in der Auswahl ihrer Lehrinhalte eingeschränkt werden. Auch dürften bestimmte Themen nicht von vorneherein aus dem wissenschaftlichen Diskurs ausgeschlossen werden.

Ich kann nur hoffen, dass sich auch andere Universitäten von der Woke-Kultur distanzieren. 

VD: DV

Warum Peter Boghossian seine Universität verlässt

Jahrelang hat der Philosoph Peter Boghossian gegen zunehmende Denkverbote an der Portland State University gekämpft. Nun hat er gekündigt und seinen Schritt in einem Offenen Brief beantwortet. DIE WELT hat die Brief in deutscher Sprache veröffentlicht.

Hier ein Auszug:

Den Studenten an der Portland State University wird nicht beigebracht, zu denken. Sie sollen vielmehr die moralische Gewissheit von Ideologen nachahmen. Fakultät und Verwaltung haben den Auftrag der Universität, nach Wahrheit zu suchen, aufgegeben und fördern stattdessen die Intoleranz gegenüber abweichenden Überzeugungen und Meinungen. Hier ist eine Kultur der Beleidigung entstanden, in der Studenten nun Angst haben, offen und ehrlich zu sprechen.

Ich habe während meiner Zeit an der Portland State University schon früh Anzeichen für einen Illiberalismus gesehen, der die Hochschule mittlerweile völlig vereinnahmt hat. Ich habe Studenten erlebt, die sich weigerten, sich mit anderen Standpunkten auseinanderzusetzen. Fragen von Dozenten bei Diversity-Trainings, die anerkannte Narrative in Frage stellten, wurden sofort abgelehnt. Diejenigen, die Beweise zur Rechtfertigung neuer institutioneller Maßnahmen forderten, wurden der Mikroaggression beschuldigt. Und Professoren wurden der Scheinheiligkeit beschuldigt, wenn sie mit kanonischen Texten arbeiteten, die zufällig von europäischen und männlichen Philosophen stammten.

Mehr hier (allerdings hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.

Nach oben scrollen
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner