November 2016

Zentralrat der Muslime mit Beschluss der EKD-Synode zur Judenmission unzufrieden

Der nachfolgende Beitrag von Johannes Strehle ist – es ist wichtig, in Tagen wie diesen darauf hinzuweisen – eine Satire:

Zentralrat der Muslime mit Beschluss der EKD-Synode zur Judenmission unzufrieden

Das Denkbare ist geschehen und hat außerhalb der EKD niemand überrascht: Der Zentralrat der Muslime hat Beschwerde beim Internationalen Antidiskriminierungsgerichtshof gegen den Beschluss der EKD-Synode zur Judenmission eingelegt, der auf Wunsch des Zentralrats der Juden zu Stande gekommen war. Der Beschluss stelle eine Diskriminierung der Muslime dar und bestärke die Juden in ihrer Anmaßung, das auserwählte Volk Allahs zu sein. Die EKD gehe willkürlich und selektiv mit der Bibel um. Schließlich sollen in Abraham alle Völker gesegnet werden.

Der Sonderstatus, den die Juden für sich beanspruchen und der für den schrecklichen Konflikt im Nahen Osten und alle Konflikte, die darin ihre Wurzel haben, verantwortlich ist, sei in der Kirchengeschichte, nicht zuletzt durch die Reformation, bereits erledigt gewesen, in jüngster Zeit aber durch die rückwärtsgewandte EKD-Theologie wieder auferweckt worden.

Die Verantwortlichen der EKD reagierten tief betroffen. Soweit habe man in der der „Sternstunde“ der Synode nicht gedacht.  Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der EKD, bat im Namen der Synode alle Muslime um Vergebung. Er könne garantieren, dass die nächste Synode eine Missionierung von Muslimen durch Christen untersagen werde. Alles andere werde dem Wesen des Christentums als Religion der grenzenlosen Akzeptanz und Drei- bis Vielfalt nicht gerecht. Er könne auch versichern, dass dies keine Sternstunde der Synode werde. Die Christen hätten historisch einiges gutzumachen. Die Vertreibung der Muslime aus Spanien, die Kriege gegen die Muslime in Frankreich (Tours und Poitiers) und Österreich (Wien) seien Schandflecke in der Geschichte Europas. Er wolle dem Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz eine gemeinsame Pilgerfahrt nach Mekka vorschlagen, selbstverständlich mit abgenommenem Kreuz.

Michael Diener forderte als Vorsitzender der Evangelischen Allianz die vom Gnadauer Verband proklamierte Kultur der Barmherzigkeit. Schließlich sei Allah der Barmherzige und selbstverständlich sei auch der Islam ein Weg zu Gott.

John Stott: Die Toleranz des Bösen

John Stott:

„Die Toleranz [des Bösen] ist keine geistliche Gabe; es ist das entscheidende Kennzeichen des Postmodernismus, und es ist traurig, dass sie die Substanz des Christentums durchdrungen hat.“

Alistair Beggs Predigtvorbereitung

Alistair Begg ist ein Prediger, dem ich gern zuhöre. Das liegt nich nur an seiner rauen Stimme, sondern an der Art und Weise, wie er seine Bibeltexte auslegt. Er spricht mit Klarheit und verliert selten den Kontakt zum Bibeltext.

In diesem kleinen Video erklärt Begg, wie er seine Predigten vorbereitet:

„Die Juden zuerst“

Ulrich Parzany und Matthias Lohmann haben die EKD-„Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ kommentiert. Parzany schreibt:

An dem Beschluss der jetzigen EKD-Synode in Magdeburg wird deutlich: Die evangelischen Kirchen haben ein großes Problem, das auch die aufwendigen Feiern zum Reformationsjubiläum nicht verdecken können. Ihre Synoden fassen Beschlüsse gegen klare Aussagen der Bibel. Luther hat geschrieben: „Ich will, dass die Schrift allein Königin sei.“ In den evangelischen Kirchen wird diese Königin entmachtet. Das führt zur geistlichen Selbstzerstörung dieser Kirchen.

Aus erneut gegebenem Anlass erinnere ich evangelische Christen an die wichtigste Bekenntnisschrift der Reformation, das „Augsburgische Bekenntnis“ (1530), auf das fast alle Pfarrer vereidigt werden. Darin heißt es in Artikel 28 ausdrücklich: „Wo das geistliche Regiment etwas gegen das Evangelium lehrt oder tut, haben wir den Befehl, dass wir ihm nicht gehorchen“.

Matthias Lohmann kommentiert:

Wenn die EKD in ihrer Erklärung zur Judenmission unter Punkt 3 vermerkt: „Die Tatsache, dass Juden dieses Bekenntnis nicht teilen, stellen wir Gott anheim. Auf dem Weg der Umkehr und Erneuerung haben wir von Paulus gelernt: Gott selbst wird sein Volk Israel die Vollendung seines Heils schauen lassen (vgl. Röm 11,25 ff)“ offenbart dies, mit welcher Leichtfertigkeit biblische Wahrheiten heute verdreht werden. Eben dieser Apostel Paulus, Autor des Römerbriefes, war es doch, der bei seinen Missionsreisen zuerst in die Synagogen ging, um dort die Juden zum Glauben an den verheißenen Messias aufzurufen.

Liebe Christen! In Demut, mit Mut, Phantasie und Dringlichkeit, wollen wir die Menschen – egal ob Juden, Heiden oder Namenschristen – mit den Worten aus 2. Korinther 5, Vers 20 aufrufen: „Lasst Euch versöhnen mit Gott.“ Lasst uns Menschen fröhlich zu Christus rufen und dabei das Kreuz hochhalten. Nur das Kreuz hat die Kraft, Sünder zu retten. „Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist’s eine Gotteskraft“ (1. Kor 1,18).

Wahre Anbetung

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Zusammen mit dem Martin Bucer Seminar München wird Evangelium21 am 09. und 10. Dezember in der FEG München-Mitte eine Konferenz zum Thema „Wahre Anbetung“ veranstalten. Referenten sind Vaughan Roberts, Philip Percival, der zusammen mit Vaughan Roberts der St. Ebbe’s Gemeinde in Oxford (England) dient, und Pastor Rudi Tissen aus dem Leitungskreis des Josia-Netzwerks.

Der Flyer kann hier abgerufen werden: Flyer_V3.pdf. Eine Anmeldemöglichkeit gibt es hier: www.evangelium21.net.

EKD beschließt Absage an die Judenmission

Dürfen Christen unter Juden missionieren?  Das Das Zentralkomitee der Katholiken hat sich dagegen ausgesprochen. Auch der Vatikan hat ein Dokument herausgebracht, in dem die katholische Kirche ausdrücklich auf jeden Versuch, Juden zum Christentum zu bekehren, verzichtet. Es heißt dort z.B.: „Aus dem christlichen Bekenntnis, dass es nur einen Heilsweg geben kann, folgt aber in keiner Weise, dass die Juden von Gottes Heil ausgeschlossen wären, weil sie nicht an Jesus Christus als den Messias Israels und den Sohn Gottes glauben.“ Pater Norbert Hofmann erläuterte das Dokument mit den Worten: „Dieses Dokument bringt insofern auch neue Perspektiven, als es sagt: Die Juden sind gerettet, ohne an Jesus Christus als den Sohn Gottes und den Messias Israels zu glauben. Und das liegt im Heilsratschluss Gottes, das zu bewerkstelligen“ (vgl. hier).

Am 9. November hat die EKD-Synode nachgezogen und auf dem Weg zum Reformationsjubiläum beschlossen, Juden nicht mehr zu missionieren. In einer Pressemitteilung heißt es:

Am heutigen 9. November hat sich die EKD-Synode einstimmig gegen die Missionierung von Juden ausgesprochen. Damit knüpft sie an die Erklärung zu Luthers Antijudaismus aus dem vergangenen Jahr an, in der sie sich von Luthers Schmähungen gegenüber den Juden distanziert hatte.

„Wir bekräftigen: Die Erwählung der Kirche ist nicht an die Stelle der Erwählung des Volkes Israel getreten. Gott steht in Treue zu seinem Volk“, heißt es in der heute verabschiedeten Erklärung. „Christen sind – ungeachtet ihrer Sendung in die Welt – nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen. Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels.“

„Mit der heutigen Kundgebung gehen wir einen weiteren Schritt auf dem Weg der Einkehr und Umkehr in unserem Verhältnis zu den Juden“, erläuterte die Präses der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer. „Sie ist ein wichtiger Beitrag dafür, dass die Geste der Schuldanerkennung und Verantwortungsübernahme gegenüber unseren jüdischen Geschwistern Substanz hat, die für die Eröffnungsveranstaltung der Woche der Brüderlichkeit 2017 in Frankfurt geplant ist.“

Die heutige „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ zeichnet einen Weg nach, der mit der Synode 1950 in Berlin-Weißensee begann. Diese hatte die theologische Einsicht in die bleibende Erwählung Israels festgehalten.

EKD-Vizepräses Klaus Eberl stellte auf der Synode den Entwurf der „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ vor und geht auf ihren Entstehungsprozess ein.

Die „Erklärung zu Christen und Juden als Zeugen der Treue Gottes“ gibt es hier. Einblicke in die theologische Begründung und in die geführte Diskussion sind auf der Internetseite  www.evangelisch.de zu finden. Waldemar hat einige Bibelstellen aufgeführt, die zeigen, dass der Apostel Paulus in die Synagogen gegangen ist, um seinen jüdischen Geschwistern das Evangelium zu verkündigen: www.jesus24.de. Eine überwiegend positive Deutung der Erklärung durch den Pietisten Steffen Kern wurde bei PRO veröffentlicht: www.pro-medienmagazin.de.

Die christliche Freiheit

Sinclair Ferguson hat vier hilfreiche Prinzipien zur christlichen Freiheit beschrieben. Das erste Prinzip lautet:

Prinzip 1: Die Freiheit des Christen darf nicht zur Schau gestellt werden. „Behandle deine Überzeugung in diesen Dingen als eine Angelegenheit zwischen dir und Gott“ (Röm 14,22, NGÜ). In Christus sind wir frei von den mosaischen Speisegeboten; Christus hat alle Speisen für rein erklärt (Mk 7,18-19). Wir dürfen sehr wohl Black Pudding essen! Doch man muss seine Freiheit nicht ausüben, um sie zu genießen. Ja, an anderer Stelle befragt Paulus diejenigen, die darauf bestehen, unter allen Umständen ihre Freiheit auszuüben, sehr penetrant: Erbaut das die anderen denn? Befreit euch das wirklich – oder hat es angefangen, euch zu versklaven (Röm 14,19; 1Kor 6,12)? Die ernüchternde Wahrheit ist, dass der Christ, der seine Freiheit ausüben muss, gerade von dem gefangen genommen wird, auf dessen Ausübung er besteht! So sagt Paulus auch: Wenn das Reich für euch aus Essen, Trinken usw. besteht, dann habt ihr den Sinn des Evangeliums und die Freiheit des Geistes verpasst (Röm 14,17).

Mehr bei Evangelium21: www.evangelium21.net.

Die Schwärmintelligenz der Protestanten

Das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD hat durch eine Umfrage ermittelt, wofür das Herz der Evangelischen Kirche auf EU-Ebende schlagen soll: sozialer Ausgleich, Gespräch zwischen den Religionen und eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen sind die gewünschten Hauptanliegen.

Reinhard Bingener beobachtet für die FAZ die EKD-Synode in Magdeburg, die sich dort dem Kampf für mehr Solidarität in Europa verschreibt. Gestern hat er für die Zeitschrift einen ersten klugen Artikel unter der Überschrift „Schwärmintelligenz der Protestanten“ veröffentlicht. Er berichtet nicht nur darüber, dass ein Antrag zur Abstimmung kommt, in dem über die Kürzung der bisherigen Zuschüsse für IDEA entschieden werden soll (FAZ vom 07.11.2016, Nr. 260 S. 6):

Bisher erhält das evangelikale Medium, das die Verlautbarungen der EKD schon lange kritisch bis äußerst kritisch begleitet, jährlich etwa 130 000 Euro von dieser. Manchen Synodalen sehen mit der Positionierung des Magazins in der Islam-Debatte inzwischen jedoch Grenzen überschritten. Das Medium nehme inzwischen eine Scharnierfunktion zwischen Rechtspopulisten und Evangelikalen ein, kritisieren sie.

Er berichtet auch, wie intensiv auf der Synode darüber diskutiert wird, wie sich die Kirche in Zukunft gegenüber Menschen verhalten soll, die AfD-Positionen vertreten oder gar der Partei angehören. Ausschließen möchte man sie vorerst nicht.

Eine Studie über Ressentiments in drei unterschiedlichen Kirchengemeinden habe überdies ans Licht gebracht, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen von Toleranz in den Gemeinden gebe und es sein könne, dass die Intoleranten mehr zu tragen bereit sind als diejenigen, die sich Toleranz groß auf die Fahnen schreiben:

Dass der Kirche der Blick allein auf Parteibücher nicht reichen dürfte, verdeutlicht auch eine kleine, qualitative Studie über Ressentiments in drei unterschiedlichen Kirchengemeinden. Über die Ergebnisse soll auf der Synode debattiert werden. Denn in der untersuchten Dorfgemeinde sind den Forschern Ressentiments gegenüber Homosexuellen oder dem Islam begegnet. Allerdings attestieren die Untersucher der Dorfgemeinde gleichzeitig ein „überraschend großes Verständnis für abweichende Positionen“. Die Studie bringt dies auf die Formel „tolerante Kultur der Intoleranz“. In der Großstadtgemeinde hingegen waren die Ansichten über Islam und Homosexualität im Kirchenvorstand pro- nonciert weltoffen. Jedoch würden dort abweichende Meinungen ausgegrenzt, stellt die Studie fest. Nach außen stehe diese Gemeinde für Pluralismus, nach innen sei sie jedoch homogen und konfliktlos. Die Autoren sprechen hier von einer „intoleranten Kultur der Toleranz“.

Professx trifft Student*innen

Die FAZ berichtet über die immer rigorosere Durchsetzung des sogenannten Gender-Deutsches an den deutschen Hochschulen. Personen und Gruppen, die sich diesem Trend entgegenstellen, haben es immer schwerer. Dennoch gibt es Widerstand:

Jenovan Krishnan zum Beispiel ist Bundesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS), und der 25 Jahre alte Student der Politikwissenschaft aus Frankfurt sagt: „Die Mehrheit der Studenten wünscht sich die gegenderte Sprache nicht.“ Er beklagt, dass Hochschulen überall in Deutschland „den Weg des geringsten Widerstands gehen, indem sie der Forderung einer kleinen Gruppe nachgeben und die gegenderte Sprache für Haus- und Abschlussarbeiten verpflichtend einführen“. Krishnan und seine Mitstreiter empfinden das Gender-Deutsch als kompliziert und weltfremd. Mit mehr Stipendienprogrammen und familienfreundlicheren Hochschulen ließe sich für die Gleichberechtigung von Frauen mehr erreichen.

Professor Ulrich Kutschera aus Kassel formuliert seine Kritik am Gender-Deutsch drastischer. Die „Geschlechter-Ideologie“, wie er sie nennt, sei nicht akzeptabel. In seiner fast vierzigjährigen Laufbahn als Biologe an Hochschulen in Deutschland und den Vereinigten Staaten habe er „noch nie, weder beruflich noch privat, eine Frau kennengelernt, die sich sprachlich diskriminiert gefühlt hätte“.

Mehr: www.faz.net.

Das Evangelium bei N.T. Wright

Bei N.T. Wright wird das Evangelium anders beschrieben, als wir es in protestantischen Kreisen zu hören gewohnt sind. Wenn er fordert, dass das paulinische Evangelium „wieder ins Zentrum der kirchlichen Verkündigung gestellt“ wird, klingt das zunächst wie ein Ansporn für die mutige Verkündigung der Botschaft, dass Jesus Christus gekommen ist, Sünder zu retten. Berücksichtigen wir jedoch, wie Wright das Evangelium erklärt, regen sich erhebliche Sinnverschiebungen.

Er beklagt zunächst, dass das Wort „Evangelium“ in einigen kirchlichen Kreisen (gemeint sind vor allem die evangelikalen) mittlerweile so verwendet werde, als handele es sich um eine Heilsordnung.

„Man hält ‚das Evangelium‘ für eine Beschreibung der Art und Weise, wie Menschen gerettet werden; man meint, bei dem Begriff ginge es um den theologischen Mechanismus, durch den (in der Sprache einiger Leute) Christus unsere Sünde wegnimmt und wir seine Gerechtigkeit annehmen. Andere sagen dazu: ‚Jesus wurde zu meinem persönlichen Retter‘. Wieder andere sagen: ‚Ich bekenne meine Sünde, glaube, dass Jesus für mich starb und vertraue ihm mein Leben an.‘ In vielen kirchlichen Kreisen heißt es, wenn man so etwas oder Ähnliches gehört hat, es wurde ‚das Evangelium‘ gepredigt. Umgekehrt gilt: Wenn man eine Predigt hört, in der der Anspruch Jesu mit den heutigen politischen oder ökologischen Fragen in Verbindung gebracht wird, werden einige sagen, das wäre sicherlich interessant gewesen, aber ‚das Evangelium‘ sei nicht gepredigt worden.“ (N.T. Wright, Worum es Paulus wirklich ging, 2010, S. 48).

Wright findet es nicht schlimm, wenn die Vergebung der Sünden durch Jesus Christus gepredigt wird. Allerdings würde er diesen Dienst nicht mit dem Evangelium in Verbindung bringen. Wenn Paulus vom Evangelium sprach, dann habe er damit etwas anderes gemeint (vgl. S. 48). Wenn wir uns die Mühe machen und die paulinische Situation erfassen, entdecken wir: „Je jüdischer wir uns das paulinische ‚Evangelium‘ denken, umso stärker konfrontiert es die Anmaßungen des imperialen Kultes, ja aller anderen heidnischen Kulte, seien sie ‚religiös‘ oder säkular‘“ (S. 52). Paulus verkündigt so wie das Alte Testament den Gott, der König wird. „Das paulinische Evangelium war ebenfalls eine Botschaft über den einen wahren Gott, den Gott Israels, und über seinen Sieg über die ganze Welt“ (S. 53). Das Evangelium „selbst ist streng genommen die erzählende Verkündigung, dass Jesus König ist“ (S. 53).

Die Botschaft der Kirche ist folglich die Verkündigung der Königsherrschaft Jesu Christi. Die Kirche sagt der Welt, dass die Zeit der Pseudokönige vorüber ist, weil Jesus als gekreuzigter und auferstandener Messias der wahre König ist. Wright fragt: „Was müssten Prediger des Evangeliums heute tun, damit Menschen über sie dasselbe sagen würden, was sie über Paulus sagten, nämlich dass er angesichts der Ansprüche des Kaisers verkündige, es gäbe ‚einen anderen König, nämlich Jesus‘?“ (S. 194). Seine Antwort:

„Sie müssten – und das ist nur der Anfang – das tun, was Paulus tat, nämlich die Mächte der Welt mit der Nachricht konfrontieren, dass ihre Zeit abgelaufen ist und dass sie Jesus selbst ihre Loyalität schulden. Hier geht es nicht so sehr darum, einzelnen Politikern und einflussreichen Menschen zu sagen, dass sie Jesus als den Herrn ihres eigenen Lebens anerkennen müssen, auch wenn das natürlich ebenfalls wichtig ist. Es geht mehr darum, ihnen im Namen Jesu zu sagen, dass es eine andere Art gibt, Mensch zu sein, einen Weg, der von hingebender Liebe, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und dem Niederreißen traditioneller Grenzziehungen gekennzeichnet ist – den Grenzziehungen, die die Spaltungen verstärken, die Menschen voneinander trennen und oft auch im Streit belassen […] Es geht darum, die ganze Welt unter die Herrschaft Christi zu bringen. Die Botschaft des Evangeliums lässt uns keine Wahl.“ (S. 194–195)

An anderer Stelle sagte er:

„Das Evangelium ist, wie ich betont habe, kein Set von Methoden [!], um Menschen zu Christen zu machen. Es ist auch kein Set von systematischen theologischen Reflexionen, wie wichtig die auch sein mögen. Das Evangelium ist die Verkündigung, dass Jesus der Herr ist – Herr der Welt, Herr des Kosmos, Herr der Erde, der Ozonschicht, Herr der Wale und Wasserfälle, Bäume und Braunbären.“ (S. 193–194).

Mal davon abgesehen, dass wir hier wieder eine Übertreibung haben (Wer hat denn gesagt, dass das Evangelium ein Set von Methoden ist, durch das Menschen andere Menschen zu Christen machen? Sind hier Taufen gemeint?), wird deutlich, dass es um die Verkündigung eines neuen Königs und einer damit im Zusammenhang stehenden neuen Ethik geht. Das Evangelium bietet eine neue Lebensweise an, die sich letztendlich „als Weg der wahren Selbstverwirklichung entpuppen wird“ (S. 198).

Was bedeutet etwa die Verkündigung des Evangeliums im Angesicht der Macht, die unsere Geldinstitute haben? „Wenn Jesus der Herr der Welt ist, dann ist es der große Gott Mammon nicht. Das paulinische Evangelium zu predigen bedeutet, Wege zu finden, die Macht des Mammons in unserer Gesellschaft herauszufordern und diejenigen, die als seine Hohen Priester fungieren, sowie diejenigen, die uns alle drängen, an seinem Schrein anzubeten, daran zu erinnern, dass es einen anderen König gibt, nämlich Jesus“ (S. 195). Auf der globalen Ebene – so Wright – stürzt das Schuldenproblem Millionen Menschen ins Elend, während es eine kleine Minderheit millionenschwer macht. Verkündigung des Evangeliums geschieht dort, wo Kirchen sich zusammenschließen, „um den Götzen Mammon als denjenigen zu kennzeichnen, der er ist, und um an seiner Stelle die Liebe Gottes in Christus anzubeten“ (S. 196).

Ähnliches kann Wright über andere Bereiche sagen. Im Zentrum soll die Verkündigung der Botschaft stehen, dass Jesus Herr ist. Die maßgebliche Aufgabe der Christen sei es, Jesus als Herrn und König zu proklamieren.

Ich gebe zu, dass das Herrsein Jesu oft bei der Verkündigung es Evangeliums unterschlagen wird und manche das Evangelium als so etwas wie eine Eintrittskarte in das Reich Gottes verstehen. Die Herrschaft von Jesus Christus ist ein eindeutiger Bestandteil der Christusbotschaft, so heißt es etwa in Röm 10,9: „Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet.“ Die Jünger verkündigten beispielsweise in Antiochia den „Herrn Jesus“ (Apg 11,20). Ich glaube jedoch, dass Wright dem Gesamtzeugnis der Schrift nicht gerecht wird, wenn er Jesus als Erlöser nicht in die Mitte der Evangeliumsverkündigung stellt. Ich will zwei Probleme ansprechen:

Zunächst einmal erscheint das Evangelium als etwas, was wir zu tun haben, also als ein Auftrag oder sogar als eine Art Gesetz. Zwar ist das noch nicht so deutlich, wenn Wright das Evangelium definiert: Jesus als König hat durch seinen Tod das Böse in seinem Kern besiegt. Die Welt muss mit dieser Königsherrschaft konfrontiert werden. Aber es wird sehr deutlich, wenn Wright beschreibt, was es heißt, dieses Evangelium real zu verkündigen: „Es geht mehr darum, ihnen im Namen Jesu zu sagen, dass es eine andere Art gibt, Mensch zu sein, einen Weg, der von hingebender Liebe, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und dem Niederreißen traditioneller Grenzziehungen gekennzeichnet ist …“ (S. 195). Wir setzen uns für die soziale Gerechtigkeit, den Umweltschutz, die Völkerverständigung ein; erinnern Politiker daran, dass Jesus König ist.

Aber ist das Evangelium die Aufforderung, gemäß einer neuen Ethik zu leben? Sicher in dem Sinn, dass jemand, der dem Evangelium glaubt, anderes Leben will, weil nun Jesus sein Herr ist. Doch das Evangelium erscheint im Neuen Testament meist als eine frohe Botschaft (das Gericht klingt gelegentlich an, z. B. in Röm 2,16; Apg 14,6-19), als etwas, was Gott bereits getan hat. Es geht um die Verkündung von Christus als dem Gekreuzigten und Auferstandenen, der gekommen ist, Sünder zu suchen (vgl. Lk 5,31–32; 1Kor 1,23; 15,3).

Zweitens kann das Herrsein Jesu eine sehr harte Botschaft sein, wenn wir unterschlagen, dass Jesus der Retter ist, der uns aus unserer Sündenverstrickung freigekauft hat. Verkündigen wir Jesus nur als Herrscher, der das Recht hat, zu richten, ist das ohne Angebot der Vergebung eine geradezu schreckliche Nachricht, da alle Menschen vor ihm schuldig sind.

Das Evangelium hat sehr viel mit Jesu stellvertretendem Sterben, seiner Auferstehung und der Vergebung der Sünden zu tun. In Jesus Christus „haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade“ (Eph 1,7). Gott hat uns „errettet von der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines lieben Sohnes, in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden“ (Eph 1,13). Was sagte denn Jesus, als er seinen Jüngern den Auftrag gab, dass Evangelium zu verkündigen? Der Evangelist Markus schreibt: „Und er sprach zu ihnen: Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur. Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“ (Mk 16,15–16). Paulus schreibt den Christen in Ephesus, dass sie mit dem Heiligen Geist versiegelt worden sind, „nachdem sie das Wort der Wahrheit, nämlich das Evangelium ihrer Rettung (griech. τὸ εὐαγγέλιον τῆς σωτηρίας)“, gehört hatten und ihm glaubten (Eph 1,13). Als Paulus sich von den Ältesten in Ephesus verabschiedete und in einer ausführlichen Rede Rechenschaft über sein Leben gab, sieht er sich verpflichtet, den Dienst zu tun, den er von seinem Herrn Jesus empfangen hat, nämlich „das Evangelium der Gnade Gottes zu bezeugen“ (Apg 20,24). Im ersten Kapitel des 1. Korintherbriefes, in dem es nach N. T. Wright um das Sich-Rühmen aus sozialem Stolz und jüdischer Selbstgefälligkeit geht, spricht Paulus von der Kraft des Evangeliums, die sowohl Juden als auch Griechen, die glauben, zu retten vermag (vgl. 1Kor 1,18–24). Woraus rettet denn das Evangelium? Es erlöst nicht nur vom Stolz und von der Eitelkeit, es rettet aus der Verlorenheit und vor dem drohenden Gericht, denn es wird ein „schlimmes Ende nehmen mit denen, die dem Evangelium Gottes nicht glauben“ (1Petr 4,17, vgl. a. Offb 14).

Es geht also beim Evangelium nicht nur um die Königsherrschaft, sondern es geht um den Erlöser Jesus Christus, der für uns gestorben und auferstanden ist. Wenn wir so wollen, gehören Kreuz und Auferstehung zur Mitte des Evangeliums, wobei meiner Meinung nach der Horizont für die Deutung der Auferstehung das Kreuz ist und nicht umgekehrt. „So sehr für Paulus die Zusammengehörigkeit von Kreuz und Auferstehung zu betonen ist“, schreibt Ulrich Körtner, „muss doch das Gefälle beachtet werden, das zwischen beiden besteht.“ (U. Körtner, „Das Wort vom Kreuz“, in: Klumies u. Du Toit, Paulus – Werk und Wirkung, S. 633.) Verstehenshorizont der Auferstehung ist – wie auch Wolfgang Schrage in seinem Korintherbriefkommentar zeigt –, das Kreuz (W. Schrage, Der erste Brief an die Korinther, Teilbd. 1, 1991, S. 200).

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