2016

Im Gespräch mit Thomas Oden

41J+2pF9hSL SX331 BO1 204 203 200Wir hören und lesen heute immer wieder davon, dass Menschen sich vom christlichen Glauben abkehren. Aber was ist mit den Leuten, die den schriftgemäßen Glauben an Jesus Christus finden oder zu ihm zurückfinden? Sie werden oft ignoriert.

Thomas C. Oden war als einflussreicher methodistischer Theologe zunächst stark von der politischen Linken beeinflusst und stand später unter dem Eindruck der existentialistischen Theologie, insbesondere unter dem von Rudolf Bultmann. Durch seine intensive Beschäftigung mit den Kirchenvätern wurden seine liberalen Denkvoraussetzungen jedoch sehr hart auf die Probe gestellt. Die Kirchenväter rechneten mit der Macht der Sünde, glaubten an die leibliche Auferstehung von Jesus Christus und kannten die freisetzende und stärkende Kraft des Heiligen Geistes. Begegnungen mit regen Christen aus dem afrikanischen Christentum und ein lebensveränderndes Zusammentreffen mit einem jüdischen Intellektuellen fügten sich ein, bis er sich schließlich von den liberalen Häresien löste.

Er verpflichtete sich selbst zu Arbeitsmaximen, die den modernen Ansprüchen geradezu entgegenstehen. Er wollte mit seinen theologischen Arbeiten explizit (Oden, Life in the Spirit, S. 7, siehe ausführlicher Wikipedia):

  • keinen neuen Beitrag zur Theologie leisten;
  • der Versuchung widerstehen, moderne Autoren zu zitieren, die bezüglich des gesamten göttlichen Ratschlusses weniger geschult sind als die besten klassischen Exegeten;
  • danach streben, die einmütige Meinung der glaubenden Kirche auszudrücken, die immer auf die apostolische Lehre hörte.

Aus Thomas C. Oden wurde so ein – im positiven Sinn – nachmoderner Theologe, der auf die Schrift hört, den christlichen Kanon guter Lehre achtet und mit der Kraft des Heiligen Geistes rechnet.

Daniel V. wies mich erfreulicherweise darauf hin, dass Albert Mohler sich kürzlich mit Thomas C. Oden unterhalten hat. Das Gespräch kann hier nachgehört werden (ein Transkript gibt es auch). Empfohlen sei ebenfalls seine Autobiographie.

Hier aber der Mitschnitt:

 

Aufmerksamkeitskiller Smartphone

Smartphones lenken ab, führen sogar zu schlechteren Leistungen. Dennoch setzen Hochschulen vermehrt auf den Smartphone-Einsatz. Die taz berichtet von einem Professor, der zu drastischen Maßnahmen greift, falls in der Vorlesung so ein digitales Spielzeug zu viel Aufmerksamkeit bekommt:

„Die Generation Studierender, die heute an die Universitäten kommen, sind alle Digital Natives“, sagt Jaroch vom Deutschen Hochschulverband. Die meisten hätten Smartphones. Aber man müsse auch die im Blick haben, die keines besäßen. „Da muss man vorsichtig sein, dass man niemand abhängt.“ Experimentleiter Riedl hält für bedenklicher, dass sie ständig auf ihr Handy blicken müssen: „Sie können gar nicht mehr anders. Das ständige Onlinesein ist eine Sucht.“ Damit konfrontiert er seine Studentinnen und Studenten auch in der Vorlesung. Wer das Gerät nicht freiwillig wegpackt, müsse aufstehen und sagen: „Ich bin Klaus und ich bin süchtig.“ Die Nachricht verstehen die Studierenden sofort.

Ich sollte diesen Ansatz übernehmen!

Hier mehr: www.taz.de.

Alberta: Begriffe „Mutter“ und „Vater“ in den Schulen gestrichen

Die neue, progressive Regierung in Alberta (Kanada) hat Richtlinien erlassen, die die Zuschreibung und Entfaltung verschiedener geschlechtlicher Identitäten an den Schulen erleichtern sollen. Begriffe wie „Vater“ und „Mutter werden wegen ihrer potentiell diskriminierenden Wirkung aus dem regulären Wortschatz gelöscht und durch inkludierende Begriffe wie „Fürsorger“ oder „Partner“ ersetzt.

Für die Nutzung von Waschräumen oder die Zugehörigkeit zu Sportteams soll in Zukunft das gefühlte Geschlecht ausschlaggebend sein: „Die Studierenden sind in der Lage, auf diejenigen Waschräume zurückzugreifen, die mit ihrer jeweiligen [sozialen] geschlechtlichen Identität übereinstimmen“. Sollte eine Studentin beispielsweise nicht akzeptieren, dass ein Mann, der sich das soziale Geschlecht einer Frau zuschreibt (oder zuschreiben lässt), ihr beim Umkleiden in der Ankleidekabine zusieht, muss sie in Zukunft damit rechnen, in einen anderen Raum verwiesen zu werden:

A student who objects to sharing a washroom or change-room with a student who is trans or gender-diverse is offered an alternative facility (this scenario also applies when a parent or other caregiver objects to shared washroom or change-room facilities on behalf of their child).

Das Umerziehungsprogramm, wie sollte es sonst genannt werden, kann hier eingesehen werden: 91383-attachment-1-guidelines-final.pdf. Siehe ausserdem den Beitrag von CBCNEWS.

„Gemeinsam widerstehen und … Orientierung geben“

Bin gerade zurückgekehrt von den Beratungen in Kassel und sehe, dass idea bereits das Kommuniqué veröffentlicht hat. Die Atmosphäre war ernst und konstruktiv, wofür ich sehr dankbar bin. Also hier der Text:

Kommuniqué über die Beratungen zum Thema

„Gemeinsam widerstehen und Christen in den Auseinandersetzungen um Grundfragen des christlichen Glaubens Orientierung geben“

Wir, 65 Personen aus evangelischen Kirchen, Landeskirchlichen Gemeinschaften und Freikirchen,  sind am 23. Januar 2016  in Kassel zu Beratungen zusammengekommen.

Folgende Beobachtungen haben uns dazu veranlasst: 

In den evangelischen Kirchen werden die Grundlagen des Glaubens zunehmend demontiert. In Frage gestellt wird insbesondere

  • die Autorität der Bibel als Wort Gottes und höchste Norm für Glauben und Leben,
  • dass Jesus Christus der einzige Weg zum Heil ist,
  • dass Gott durch den stellvertretenden Tod Jesu am Kreuz und seine Auferstehung die Welt mit sich versöhnt hat,
  • dass zur Offenbarung Gottes die Gottebenbildlichkeit des Menschen mit der Polarität und Gemeinschaft von Mann und Frau gehört,
  • dass die Gebote Gottes auch heute die gültigen Maßstäbe für das Leben der Christen und der Gemeinden sind.

In vielen Gemeinden und Gemeinschaften herrscht Verwirrung und besteht Besorgnis darüber, welchen Kurs führende Repräsentanten der evangelikalen Bewegung  steuern.

Es fehlt an deutlichem Widerstand gegen Entscheidungen von Kirchenleitungen und Synoden, die eindeutig Bibel und Bekenntnis widersprechen. Das betrifft aktuell die Beschlüsse zur Segnung und kirchlichen Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren,  die kirchliche Förderung der Gender-Ideologie und Verlautbarungen zum interreligiösen Dialog.

Wir sind uns über die Bekenntnisgrundlagen einig, auf deren Basis wir weiter gemeinsam handeln wollen.

Wir sind den altkirchlichen Bekenntnissen (Apostolicum, Nicaenum, Athanasianum) und den Bekenntnisschriften unserer verschiedenen Kirchen verpflichtet.

Wir sind dankbar für die Klarheit der Glaubensbasis der Evangelischen Allianz. Deren Aussage „Wir bekennen uns… zur göttlichen Inspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“, gibt uns auch heute klare Orientierung.

In einigen neueren Bekenntnissen sehen wir ebenfalls notwendige und hilfreiche Orientierung. Zu nennen sind:

Wir unterstützen den Aufruf „Zeit zum Aufstehen, Ein Impuls für die Zukunft der Kirchen“, den viele von uns unterschrieben haben.

In den gegenwärtigen Auseinandersetzungen halten wir folgende Konkretion für nötig:

  • „Wir bekennen uns zur göttlichen Inspiration der Heiligen Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“. (Glaubensbasis der Evangelischen Allianz)
  • Wir stehen dafür ein, dass die rettende Botschaft von Jesus Christus allen Menschen gilt,  den Juden zuerst. (Römer 1,16)
  • Wir widersprechen der falschen Lehre, es gäbe auch andere Wege zum Heil.
  • Wir widersprechen der falschen Lehre, dass Menschen durch die Taufe ohne den Glauben an Jesus Christus gerettet werden. (Markus 16,16)
  • Wir stehen dazu, dass gemäß der Offenbarung Gottes der Mensch zum Ebenbild Gottes geschaffen wurde und dass die Polarität und Gemeinschaft von Mann und Frau zu dieser Ebenbildlichkeit gehört, wie Jesus Christus es ausdrücklich bestätigt hat. (1.Mose 1,26-28; Matthäus 19,4-6)
  • Wir widersprechen der falschen Lehre, gleichgeschlechtliche Beziehungen entsprächen dem Willen Gottes und dürften von den Kirchen gesegnet werden.

Wir sind uns einig, dass im Gegensatz zum postmodernen Denken das Bekenntnis zu Jesus Christus und der Lehre der Apostel mit logischer und theologischer Notwendigkeit die Verwerfung falscher Lehren einschließt. So widersprechen wir Ansichten wie zum Beispiel:

  • Man müsse für zentrale biblische Wahrheiten eintreten, doch gleichzeitig seien gegensätzliche Verständnisse und Lesarten der Bibel zu akzeptieren.
  • Es sei dem Anliegen einer geistlichen Erneuerung der Kirche nicht zuträglich, wenn Missstände offen kritisiert werden. Ein „Ruf zur Mitte“ dürfe nicht ergänzt werden durch die Verwerfung von Irrlehre.
  • Biblisch orientierte Gemeinden hätten ein Toleranzproblem und müssten sich für Pluralität in Lehrfragen öffnen. Sie müssten auch solche Mitchristen akzeptieren, die in Sünde leben und die diese Sünde gegen Gottes Willen rechtfertigen.
  • Weil Jesus ein „Liebhaber“ und kein „Rechthaber“ gewesen sei, dürfe es auch keinen offenen, energischen Streit um die Wahrheit geben, wie er aber bei Jesus, bei den Aposteln, bei den Reformatoren und den Vätern der Barmer Erklärung stattfand.

Wir fordern die zuständigen Gremien des Gnadauer Verbandes und  der Deutschen Evangelischen Allianz  auf, zu diesen Irritationen klärend Stellung zu beziehen und bitten um gemeinsame Gespräche.

Wir fordern die evangelikalen und pietistischen  Verbände und die Bekenntnisgemeinschaften auf, das Reformationsjubiläum 2017 für Veranstaltungen zu nutzen, bei denen die reformatorischen Prinzipien „Allein Christus, Allein die Schrift, Allein die Gnade, Allein der Glaube“ öffentlich bekannt werden und zugleich benannt wird, wo diese reformatorische Basis verloren zu gehen droht. Wir erklären uns bereit, bei diesen Veranstaltungen inhaltlich und organisatorisch mitzuwirken.

Wir laden alle Verantwortlichen in Kirchengemeinden, Gemeinschaften und Freikirchen ein, sich diesem Vorhaben anzuschließen. Wir wollen klären, stärken und einigen in der Wahrheit und nicht in der Unklarheit. Wir rufen auf zum Gebet für die Erneuerung unseres Lebens und unserer Gemeinden, Gemeinschaften und Kirchen.

Zur Weiterführung unserer Anliegen wurde eine Fortsetzungsgruppe  unter Leitung von Pfr. Ulrich Parzany gebildet,  der folgende Personen angehören:  Sr. Heidi Butzkamm, Pfr. Dr. Tobias Eißler, Gemeinschaftspastor Martin Grünholz, Prof. Dr. Rolf Hille, Pfr. Johannes Holmer, Pfr. Ulrich Rüß, Pfr. Dirk Scheuermann, Rektor Dr. Rolf Sons, Prof. Dr. Dr. Daniel von Wachter.

Die Veröffentlichung dieses Kommuniqués wurde einstimmig beschlossen.

Kassel, den 23. Januar 2016

Wie können wir wachsen?

Ich fasse die Antworten von Wilhelm Lütgert nachfolgend zusammen (vgl. hier; Quelle: Wilhelm Lütgert, Im Dienst Gottes: Zur Gestaltung des geistlichen Lebens, Brunnen Verlag, 1990, S. 20–24):

1. Wachstum kommt durch das Bleiben im Wort

„Das Wachsen ist ein Lebensprozeß, und Leben ist nicht menschliches Gemächte, sondern Gottes Werk. Unser Leib lebt durch Gottes Macht, und unser Geist lebt von Gottes Wort. Wenn wir Gottes Wort in uns aufnehmen, so wachsen wir in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesu Christi. Diesem Ziel soll unsere ganze theologische, wissenschaftliche Arbeit dienen. Wir haben nicht zwei Aufgaben: eine praktische und eine wissenschaftliche, die wir abwechselnd verfolgen, und von denen die eine vielleicht gar die andere stört.“

2. Das erwartungsvolle Schriftstudium

„Es gibt ein Studium der Schrift, durch das man nicht reicher wird. Man liest alte, längst bekannte Dinge und Gedanken und erfährt durch all sein Schriftstudium nichts Neues. Die Kunst des Schriftstudiums besteht darin, daß man liest, als läse man zum erstenmal. Man muß glauben, daß es hier etwas zu lernen gibt, was uns neu ist. Wir müssen unsere eigenen Gedanken beiseite setzen und auf den Gedanken des Textes eingehen. Wer Gottes Gedanken fassen will, muß seine eigenen Gedanken preisgeben. Wer lernen will, muß verlernen können.“

3. Fragen stellen

„Wir müssen ferner mit Fragen an die Schrift herantreten. Wer nicht fragt, erhält auch keine Antwort. Fragen aber regt unser Leben täglich und reichlich in uns an. Gegen diese Fragen, die uns das Leben stellt, darf man sich nicht ab-stumpfen. Man muß sie hören. Hört das Fragen auf, so hört das Wachsen auf. Wenn das Fragen in uns erlischt, so ist das nicht minder schlimm, als wenn wir das Bitten verlernen und nichts mehr zu bitten haben. Der Reichtum Gottes wäre dann für uns umsonst da. So ist auch der Reichtum Gottes an Wahrheit für uns vergeblich da, wenn wir nicht mehr fragen, sondern uns einbilden, daß es für uns nichts mehr zu fragen und zu lernen gäbe. Mit immer neuen Fragen an die Bibel heranzutreten, das ist der sicherste Schutz vor Verarmung. Daß es immer neue Fragen für uns gibt, dafür sorgt der Gang unseres Lebens reichlich. Doch gibt uns die Welt nur Fragen und nicht auch Antworten. Antworten, solche Antworten, die gewisse Erkenntnis geben, kann nur Gott geben. Mit dem Verlangen nach immer neuem Licht, immer reicherer Erkenntnis, immer mehr Wahrheit, müssen wir daher an die Schrift herantreten.“

4. Gnade und Wahrheit: Mit unseren Bitten zu Gott kommen

„Aber mit Bedacht stellt der Apostel vor das Wachstum in der Wahrheit das Wachstum in der Gnade. Gnade und Wahrheit und darum Glaube und Erkenntnis, diese beiden Dinge gehören unlöslich zusammen. Wir bekommen das eine nur mit dem anderen. Wer die Gnade sucht, der findet auch die Wahrheit, und wer Wahrheit findet, der findet auch Gnade. Nur Gnade wollen, aber nicht auch Wahrheit, oder nur Wahrheit suchen, aber nicht auch Gnade, beides ist gleich verkehrt. Wir können und dürfen nicht nur mit Fragen zu Gott kommen, sondern auch mit Bitten. Wie mancher hat nach Wahrheit gesucht und sie nicht gefunden. Warum nicht? Er hat nur Erkenntnis gesucht und nicht auch Gnade, er kam nur mit Fragen zu Gott und nicht auch mit Bitten. Nur sein Gedanke wendete sich zu Gott, aber nicht auch sein Wille. Er öffnete die Augen, aber er verschloß sein Herz. So kam er nicht zum Ziel. Unter den Gaben, die uns Gott anbietet, dürfen wir nicht auswählen, das eine annehmen und das andere verschmähen. Wir erhalten alles oder nichts. Wir dürfen nicht das nehmen, was wir uns wünschen, sondern das, was Gott gibt. So muß auch unser Fragen zum Bitten werden. Wenn das der Fall ist, dann wird unser Lernen zum Nehmen, und unser Wissen ist ein Haben. Wir suchen nicht nur Gedanken über Gott, sondern ihn selber, und darum erhalten wir auch nicht nur einen Gottesgedanken, sondern den Vater selbst, seinen Geist. Es ist keine Frage, daß es ein Wissen gibt, das innerlich aushöhlt und entleert. Es gibt ein Theologiestudium, durch das man immer ärmer und hohler wird. Woran liegt das? Weil wir Gedanken suchen und nicht Gott selbst.“

Evangelikale in Deutschland ringen um Kurs

In der evangelikalen Bewegung in Deutschland gibt es Streit über die zukünftige Ausrichtung – zwischen konservativer Linie und vorsichtiger Öffnung, unter anderem bei so sensiblen Feldern wie der gleichgeschlechtlichen Ehe. Wohin steuern die Evangelikalen in Deutschland?

Der DLF hat sich mit Gisa Bauer (Kirchenhistorikerin und Autorin des Buches (Habilitationsschrift): Evangelikale Bewegung und evangelische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, V & R, 2013) über die Diskussionen innerhalb der Evangelikalen Bewegung unterhalten. Dass die jüngeren Probleme eigentlich schon alt sind und seit mindestens zehn Jahren kursieren, sehe ich auch so. Des Pudels Kern, nämlich die Probleme einer postmodernen Hermeneutik, kamen freilich nicht zur Sprache.

Hier:

 

 

Wachset!

Der große Wilhelm Lütgert predigte vor ca. 110 Jahren zu: „Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesu Christi“ (2. Petrus 3,18).

Die Gefahr, daß das Wachsen aufhört, ist groß. Es gab vielleicht in unserem Leben einmal eine Zeit des Wachsens, und dann trat ein Stillstand ein. Ein gewisser Besitz an Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesu Christi ist gewonnen und wird nun nicht mehr vermehrt. Mancher sieht darin gar keinen Fehler. Es sind ja immer dieselben einfachen und großen Pflichten, die wir zu erfüllen haben. Wir suchen die Gnade unseres Herrn Jesu Christi nicht erst, wir haben sie ja. Was fehlt uns noch? Das Fragen, Suchen und Bitten ist zur Ruhe gekommen. Wir haben Frieden, und das unruhige und hastige Verlangen nach Gott ist still geworden.

Hier liegt allerdings eine große Gefahr. Jedermann kennt sie. Der Besitz kann träge machen. Wer am Ziel ist, hört auf zu laufen. Der Kreis des Lebens und der Gedankenkreis hat sich geschlossen. Was bleibt nun? Eine beständige Wiederholung. In der Predigt kehrt immer wieder der gleiche Gedankenkreis wieder und schließlich auch immer wieder mit denselben Worten. Man macht auch nicht neue Erfahrungen. Man erlebt nichts mehr. Man lebt von der Vergangenheit, von vergangener Arbeit und vergangenen Erfahrungen. Es war einmal! Wie leicht kann es so werden.

Es wohnt einer vielleicht von jeder geistigen Anregung abgeschnitten in äußerlicher und innerlicher Vereinsamung auf einem Dorf. Niemand gibt ihm etwas. Jahraus jahrein ist er der einzige Gebende. Ja, es macht vielleicht nicht einmal jemand Ansprüche an ihn. Aber auch und gerade im größten Lärm eines großstädtischen Pfarramtes ist die Gefahr der innerlichen Verarmung groß. Das Leben geht vollkommen nach außen. Die Ansprüche übersteigen die Leistungsfähigkeit weit. Man muß so oft reden, daß man sich notwendigerweise schließlich wiederholt. Auch hier hört das Wachsen auf. Ohne innerliches Wachsen wird das Reden zum Schwatzen und das Handeln zum Machen.

Dem steht das Wort des Apostels gegenüber: Wachset in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesu Christi.

 

Gott beim Wort nehmen

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Gottes Wort ist verlässlich und in allen wichtigen Aussagen hell, klar und genug, um ein Leben zu führen, dass Gott gefällt. Für die Wahrheit von Gottes Wort gilt es mutig einzutreten. Diese gilt es zu verkünden und wo nötig, auch zu verteidigen. Gerade wir im deutschsprachigen Europa haben das so dringend nötig, jetzt!

Um ein klares und biblisch sorgfältig begründetes Schriftverständnis soll es deshalb bei der diesjährigen Evangelium21 Konferenz gehen, die unter dem Motto steht: „Gott beim Wort nehmen“. Die Konferenz soll das in der Schrift verwurzelte Verständnis von Wahrheit, Ethik und Seelsorge stärken.

Wir freuen uns auf die Vorträge unseres Hauptredners Kevin deYoung, dessen Buch mit dem gleichen Titel zur Konferenz in deutscher Sprache erscheinen wird (Original: Taking God at His Word). Neben Kevin DeYoung freuen wir uns auf den Pastor der Londoner St. Helens/Bishopsgate Gemeinde, William Taylor und auf Dr. Stephen Nichols, der der Präsident des Reformation Bible Colleges ist und als akademischer Leiter des von R.C. Sproul gegründeten Werkes Ligonier Ministries arbeitet.

Einen Flyer mit dem Programm gibt es hier: E21-Konferenz-2016.pdf.

Here is an English version: Flyer_en2.pdf

Das Anmeldeformular ist freigeschaltet.

Das rätselhafte ἐπιβαλὼν

Dreimal verleugnete Petrus seinen Herrn, wie es Jesus selbst ihm angekündigt hatte. Im Markusevangelium wird uns diese Begebenheit im 14. Kapitel, in den Versen 66–72 berichtet. Am Ende des Berichtes, in Vers 72, bricht Petrus in Tränen aus. Doch was geschieht in diesem 72. Vers wirklich?

Die gängigsten deutschen Übersetzungen zeigen mit ihrer unterschiedlichen Wiedergabe des griechischen Textes, dass hier eine gewisse Schwierigkeit beim Erfassen des Wortlautes besteht.

So übersetzt Luther schlicht: „Und er fing an zu weinen.“ Ganz ähnlich übersetzen die Einheitsübersetzung und die Gute Nachricht Bibel. In der Schlachter-Übersetzung (1951) lautet der letzte Satz von Vers 72: „Und er verhüllte sich und weinte.“ In der Neuen Genfer Übersetzung heißt es dann wieder einfach: „Und er brach in Tränen aus.“ Hermann Menge übersetzt hingegen: „Als er daran dachte, brach er in Tränen aus.“

Die Schwierigkeit besteht hier in der Wiedergabe des griechischen Wortes ἐπιβαλὼν, dass in der Regel die Bedeutung auflegen, anlegen, werfen auf, überwerfen oder sich werfen auf, zufallen, zukommen hat. Doch so recht passen will in Mk 14,72 keine dieser Möglichkeiten. Daher gehen vier der sechs oben erwähnten Übersetzungen der Wiedergabe dieses Wortes ganz dezent aus dem Wege, indem sie es einfach beiseitelassen, während es die beiden anderen, nämlich Schlachter und Menge, ganz unterschiedlich wiedergeben.

Unter dem Titel „Das rätselhafte ἐπιβαλὼν“ hat der Marburger Altphilologe Dr. Erich Seitz sich dem Problem gewidmet und eine, wie ich finde, sehr beachtenswerte Antwort erarbeitet. Sein Beitrag ist in „Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt“ (Serie A, Band 27, 1999) erschienen und kann hier als PDF heruntergeladen werden: www.kidoks.bsz-bw.de

Dies ist ein Gastbeitrag von Johannes Otto.

Wohin entwickelt sich die Türkei

Diese Woche finden in Berlin die ersten Deutsch-Türkischen Regierungskonsultationen statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird den türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Die Türkei wird schließlich gebraucht, sowohl bei der Terrorbekämpfung als auch bei der Eindämmung des Flüchtlingsdrangs. Mit 3 Milliarden Euro will die EU der Türkei dafür unter die Arme greifen.

Gleichzeitig spitzt sich die Situation in der Türkei unter der Regierung von Erdoğan immer mehr zu. Längst geht es um mehr als um Beschränkungen der Pressefreiheit. Türkische Intellektuelle warnen vor den Entwicklungen und sehen das Land in den Faschismus abtriften. Nachfolgend ein Beitrag, der direkt aus der Türkei kommt. Der Autor möchte namentlich nicht genannt werden.

Wohin entwickelt sich die Türkei?

Flag of Turkey svgIn der Türkei mehren sich die Stimmen, die vor einem schnellen Abgleiten des Landes in den Faschismus warnen. So spricht Orhan Kemal Cengiz in seiner Kolumne in der englischsprachigen türkischen Zeitung „Today’s Zaman“ vom 15. Januar von „Unverkennbaren Anzeichen faschistischer Tendenzen“. Hier der Artikel (allerdings auf Englisch): www.todayszaman.com.

Orhan Kemal ist Anwalt und Menschenrechtsaktivist. In der Vergangenheit hat er oft die kleinen evangelisch-türkischen Gemeinden des Landes juristisch vertreten. Im noch andauernden Prozess gegen die Mörder von drei Christen im osttürkischen Malatya im April 2007 hat er sich mit mehreren Anwaltskollegen unentgeltlich für die Christen um Aufdeckung der Hintergründe dieser Morde bemüht.

Was den eher besonnenen Cengiz bewegt, nun von eindeutig „faschistischen Tendenzen“ der derzeitigen türkischen Machthaber zu warnen, ist eine beispiellose Hetzkampagne gegen über 1000 türkische Akademiker. Vor einigen Tagen hatten sie in einem öffentlichen Aufruf das Vorgehen der türkischen Sicherheitskräfte im Osten des Landes scharf kritisiert und zu Friendensverhandlungen mit den Kurden aufgerufen. Der türkische Präsident hat seitdem wiederholt diese Akademiker öffentlich beschimpft und bedroht und in Überschreitung seiner verfassungsmäßigen Aufgaben sowohl die Leitungen der Universitäten als auch die Justiz zum Einschreiten aufgefordert. So widmete er zum Beispiel in seiner ersten Rede nach dem Selbstmordanschlag von Istanbul rund 40 Sekunden der Mordtat, aber rund 10 Minuten seinem Entsetzen über die Wissenschaftler.

Unmittelbar danach eröffneten Staatsanwälte Strafverfahren gegen zahlreiche der Professoren und Dozenten. Einige wurden verhaftet und manche dabei direkt aus der Universität abgeführt. Sondereinheiten der Terrorbekämpfung führten Hausdurchsuchungen bei einigen der Unterzeichner des Aufrufes durch. Universitäten leiteten Verfahren zur Amtsenthebung von Professoren ein. Studentische Gruppen hefteten Drohbotschaften an die Bürotüren von Professoren. Der in der Vergangenheit als Mafiaführer rechtskräftig verurteilte, aber nun für seine Nähe zum türkischen Präsidenten bekannte Sedat Peker, bedrohte in einer öffentlichen Erklärung die Akademiker. Seine Erklärung gipfelte in der Ankündigung, man werde „sich mit dem Blut der Unterzeichner duschen“.

Auch einige der wenigen verbliebenen oppositionellen Zeitungen, die „Cumhuriyet“ („Republik“), titelt am 16. Januar „Tritte des Faschismus“. Der für sein demokratisches Engagement bekannte Chefredakteuer der „Cumhuriyet“, Can Dündar, sitzt seit fast zwei Monaten zusammen mit seinem Kollegen Erdem Gül in Untersuchungshaft, weil er über zweifelhafte Waffenlieferung des türkischen Geheimdienstes nach Syrien berichtet hat. Die „Cumhuriyet“ befürchtet, dass nach Entlassungen und Verhaftungen von unliebsamen Journalisten auch die jetztige Kampagne gegen Akademiker nicht der letzte Schritt sein wird. Direkt neben der Warnung vor dem Faschismus druckt sie das bekannte Zitat des deutschen Pastors Martin Niemöller ab, das er im Rückblick auf die Nazizeit geäußert hat:

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie die Juden holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Jude.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

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