Die Arbeitsgemeinschaft für biblisch erneuerte Theologie, das Theologisches Seminar St. Chrischona und die Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel veranstalten in der Zeit vom 25.–27. Januar 2014 Studientage mit N.T. Wright in der Schweiz.
Auf einer dafür eingerichteten Internetseite schreibt Rainer Behrend zu N.T. Wright:
N.T. Wright ist gleichzeitig ein konservativer, innovativer und auch provokativer Theologe, dessen Gesamtwerk sich durch eine nicht oft zu findende, gut durchdachte erkenntnistheoretische Grundlage und eine fruchtbare Hermeneutik auszeichnet. Faszinierend ist dabei, wie sich seine Erkenntnistheorie und Hermeneutik in seiner exegetischen und theologischen Arbeit praktisch auswirken. So basiert z. B. der Grundaufbau seines großen Jesusbuches Jesus und der Sieg Gottes auf den weltanschaulichen Grundkategorien seiner Erkenntnistheorie. Es geht also um die Storys, die Praxis, die Symbole und die Fragen im Judentum z. Zt. Jesu und um Jesu Umgang mit diesen.
Wright liest die Bibel als dramatische Story in fünf Akten (Schöpfung, Fall, Israel, Jesus, Gemeinde). Er sieht den Anfang des 5. Aktes im NT beginnen. Die Rolle der Christenheit in der Zeit nach dem NT (also auch unsere heutige Rolle) sieht er darin, dass wir das begonnene Drama „weiterspielen“ (um in der Metapher zu bleiben), und dass uns dazu die Darstellung der fünf Akte in der Bibel als Autorität dienen. Diese Autorität definiert Wright in Analogie zur Autorität eines unvollständigen Shakespeare-Stückes, das erfahrenen Schauspielern gegeben wird, die es zu Ende spielen sollen: Sie müssen den Plot der ersten Akte verstehen und verinnerlichen, dürfen im letzten Akt nicht irgendetwas aufführen, was vor dem Hintergrund des Plots und der Charakterentwicklung der ersten Akte völlig unsinnig erscheint, aber sie dürfen im letzten Akt auch nicht immer nur einfach Wort für Wort Abschnitte aus den ersten Akten wiederholen. Es geht also um ein dynamisches Reagieren auf die Autorität Gottes, die er auf ganz verschiedene Weise durch die verschiedene Textgattungen der Bibel ausübt; es geht um die Autorität Gottes, die uns letztlich zu Akteuren in der Story Gottes mit der Welt macht.
Erfreulicherweise sollen auf dieser Veranstaltung auch Kritiker von N.T. Wrights Ansatz und der „Neuen Paulusperspektive“ zu Wort kommen. So ist geplant, dass Prof. Jacob Thiessen, der gerade die Publikation Gottes Gerechtigkeit und Evangelium im Römerbrief. Die Rechtfertigungslehre des Paulus im Vergleich zu antiken jüdischen Auffassungen und zur „Neuen Paulusperspektive“ für eine Veröffentlichung beim Peter Lang Verlag vorbereitet, an einer Podiumsdiskussion teilnimmt.
VD: WB
Hier gibt es gerade ein Interview Wrights mit dem Relevant Magazine: http://www.relevantmagazine.com/podcast/nt-wright
Thiessen hatte auch ein Vorprogramm dazu gemacht. Ein Vortrag in dem er auf eine sehr gute Weise die NPP behandelte (Skript liegt mir vor).
Ich freue mich schon auf die Studientage – es werden bestimmt spannende Diskussionen 🙂
Ich muss leider sagen, dass ich manchmal Schwierigkeiten habe N.T. Wright zu folgen. Hinterfragt man seine Position, hört man häufig, man habe ihn falsch verstanden und so habe er es gar nicht gemeint. Entweder drückt er sich zumindest undeutlich aus oder aber viele seiner Kritiker können ihm theologisch nicht das Wasser reichen. Ich bin mal gespannt, ob sein Magnum Opus „Paul an the Faithfulness of God“, das ja mehr als ein paar Seiten aufweist, auch ins Deutsche übersetzt wird. Gerade ist übrigens der Kommentar von Douglas J. Moo zum Galaterbrief (in der BECNT Reihe) erschienen. Allein die Einleitung ist schon das Geld wert. Wer einen sehr guten Überblick über verschiedene Postitionen zu Rechtfertigung sucht oder auch der Frage, ob es „Glaube an Jesus“ oder „die Treue Jesu“ heißen muss, wird hier auf alle Fälle fündig. Moo hinterfragt deutlich und meiner Meinung nach auch sehr überzeugend, ob Rechtfertigung tatsächlich vorwiegend auf den Eintritt bzw. die Zugehörigkeit zu Gottes Volk zu beziehen… Read more »
@Schlotti: Da bist Du nicht der Einzige. 😉 Wir haben hier ja schon mehrmals darüber diskutiert. Warum werden wohl die Bücher von NTW immer dicker?
Ich kenne den neuen Kommentar von Moo noch nicht, habe aber sein Interview dazu gehört. Ich schätze ihn als Exeget ungemein. Was er aber zu Justification im Gal sagte, hat mich etwas überrascht (auch im Vergleich mit seinem Römerbief). Er liebt eben auch das Neue.
Liebe Grüße, Ron
@Ron Es wird dem Kommentar nicht gerecht, ihn anhand dessen zu beurteilen, was Moo in diesem kurzen Interview zu Justification gesagt hat. Es mag sein, dass auch Moo das Neue liebt. Dazu zählt aber sicherlich nicht die NPP an sich bzw. als Ganzes. Ich habe den Kommentar nicht von vorne bis hinten gelesen. Doch was ich gelesen habe zeigt, dass Moo Rechtfertigung im Sinne der Reformation versteht und seine Exegese überaus gut begründet. So geht er z.B. ausführlich auf den Einwand ein, im Gal ginge es gar nicht um Werke an sich, sondern „nur“ um Werke des Gesetzes“. Moo begründet hingegen, warum „Werke vs. Glauben“ für die Argumentation des Paulus im Gal wichtig ist und warum die Reformatoren daher nicht falsch lagen. Auch wenn er zugesteht, dass sie etwas zu schnell vom Text auf ihre Zeit übertrugen. Was den Zeitpunkt der Rechtfertigung angeht, mag Moo einen anderen Akzent setzen, ohne sich jedoch von seiner vorherigen Position zu verabschieden. Möchte man… Read more »
@Schlotti: Ich habe den Kommentar bisher überhaupt nicht beurteilt. Ich habe nur kundgetan, dass ich von seinen Äußerungen über die (futurische) Rechtfertigung im Interview überrascht war. Danke nochmals für den Hinweis auf das Buch. Ich habe es mir inzwischen bestellt.
Liebe Grüße, Ron
@Ron
Ja, was das Beurteilen angeht, habe ich mich wohl etwas unglücklich ausgedrückt. Vor allem, da ich dich direkt angesprochen habe. Ich wollte gar nicht sagen, dass du den Kommentar beurteilst, sondern eine allgemeine Aussage machen.
Als ich das Interview gesehen habe, ging es mir wie dir. Ich war auch etwas über die Aussage Moos überrascht. Als ich dann aber einige relevanten Passagen gelesen habe, wurde mir klar, was er meint. Ein eher „schon jetzt“ und „noch nicht“ Verständnis. Ich glaube wir können sehr gespannt auf die paulinische Theologie sein, an der er gerade arbeitet.
Liebe Grüße, Schlotti
„Warum werden wohl die Bücher von NTW immer dicker?“
Weil er immer komplexere Themen behandelt? 😉
Mal ernsthaft: Schau mal wie dick ein durchschnittlicher Kommentar ist. Oder eine paulinische Spezialmonographie wie „The Deliverance of God“. Ist doch klar, dass das so ein Format erreicht, wenn einer versucht, das zu einer Gesamtdarstellung zu kombinieren …
Das beste an den Studientagen wurde übrigens noch nicht erwähnt: Jörg Frey wird auch dort sein.
Hallo,
ganz kurz zu Douglas Moo und Rechtfertigung (v.a. im Galaterbrief). Hier (http://www.denverseminary.edu/sermon/fresh-thoughts-on-justification-in-paul-and-james/) erläutert er in einem Vortrag, gehalten am Denver Seminary, den Wandel seiner Haltung in der Frage eines zukünftigen Aspekts der Rechtfertigung.
Wichtig scheint mir, dass er darauf besteht, dass der zukünftige Aspekt der Rechtfertigung genau wie der gegenwärtige sola fide geschieht.
Beste Grüße,
AndreasA
P.S.: Seinen Galaterkommentar habe seit ein paar Tagen in der Hand und ich bin schwer begeistert.
@AndreasA: Danke für den Link! Habe mir den Vortrag angehört. Seine forschende Art und Wahrheitsliebe beeindruckt wie immer. Ich befürchte nur, dass wir auf die 3. Auflage des Gal warten müssen, bevor wir wissen, was Moo definitiv denkt.
Liebe Grüße, Ron
[…] habe kürzlich auf die Tagung „Der gekreuzigte Messias“ mit N.T. Wright in der Schweiz hingewiesen. Die Podiumsdiskussion, in der es insbesondere um die Sühnetheologie, […]