Was vor einigen Jahrzehnten als Nischenprojekt der „feministischen Linguistik“ begann, wird heutzutage vom Staat und von Großkonzernen wie Apple, Google oder Microsoft vorangetrieben: die Gendersprache.
Fabian Payr durfte für DIE WELT zusammentragen, wer von diesem Experiment profitiert und was für Schäden diese neue Sprachpraxis anrichtet. Ich fasse zusammen:
Die Vorteile
- Gendern als Gesinnungsmarker: Wer gendert, bringt zum Ausdruck, dass er auf der Höhe der Zeit ist und sich im Lager der Fortschrittlichen und Guten ansiedelt. Gendern ist Distinktionsmerkmal und praktisches Instrument, um Informationen und die eigene politische Haltung zu einem zeitgeistkonformen Paket zu verschnüren.
- Gendern ist ein Geschäft: Gendersprache ist anspruchsvoll. Ein neuer Markt für Verlage und Ausbilder ist entstanden.
- Gendern schafft Arbeitsplätze: Leitfäden müssen erstellt, Formulare und Software geschlechtergerecht umgearbeitet und Stellenanzeigen genderfair ausgeschrieben werden. Somit ist Gendern auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
- Woker Kapitalismus – Fragmentierung der Gesellschaft: Philosophen wie Alexander Grau und Robert Pfaller haben darauf hingewiesen, dass linke Identitätspolitik und neoliberaler Kapitalismus eine perfekte Ehe eingegangen sind. Wenn Unternehmen wie Apple, Google oder Spotify sich mit „Diversität“ schmücken und ihre Texte mit Gendersternchen oder Doppelpunkten garnieren, so ist das mehr als bloße Anbiederung an den Zeitgeist. Diese Art von virtue signalling passt perfekt in ein politisches Umfeld, dass mit Engagement im Kleinen von den großen Problemen ablenken will.
Die Schäden
- Die Sprache nimmt Schaden: Sie verliert an Eleganz, Prägnanz, Praktikabilität, Natürlichkeit und Stimmigkeit.
- Ein exklusives Projekt: Wer das höchst anspruchsvolle Deutsche durch Gendern noch komplizierter macht, erschwert vielen Menschen den Zugang zu dieser Sprache: Kindern, Migranten, Menschen mit kognitiven oder sensorischen Beeinträchtigungen (etwa Blinde).
- Die Gendersprache steht auf dem Kriegsfuß mit der Logik: Wer gegenderte Texte liest/hört, wird mit einer Vielzahl von Ungereimtheiten konfrontiert. Das fängt schon mit der Paradoxie an, dass Gendern einerseits alle Geschlechter sichtbar machen soll (wie bei „Student*innen“), dann aber wieder alle Geschlechter unsichtbar (wie bei „Studierende“).
- Einschränkung der Redefreiheit: Immer mehr Behörden, Institutionen, Medien und Wirtschaftsunternehmen erklären Gendersprache zum zeitgemäßen und verbindlichen Sprachstandard. Jeder, der am etablierten Sprachgebrauch festhält, muss sich rechtfertigen. Sprach-Leitfäden üben Druck aus.
- Der rechte Rand profitiert: Der von Sprachgouvernanten gegängelte Wähler sucht immer öfter Zuflucht am äußersten rechten Rand des politischen Spektrums. Linke Identitätspolitik generiert rechte Wähler.
- Gesellschaftliche Spaltung: Die unablässigen Debatten um moralisch korrektes Deutsch führen zu gesellschaftlicher Spaltung und sozialem Unfrieden. Wer es wagt, das Gesinnungsdeutsch zu kritisieren, wird in die rechte Ecke gestellt oder als rückschrittlich bezeichnet.
- Gendern ist sexistisch: Kein Vorwurf wiegt schwerer als der Hinweis auf den sexistischen Kern des Genderns. Wer gendert, markiert unablässig das Geschlecht von Personen.
Das Fazit: „Die überwältigende Mehrheit der Sprachgemeinschaft hat ihr Urteil über den genderfairen Sprachumbau gefällt: In ihren Augen überwiegt der Schaden bei Weitem den Nutzen. Es fragt sich, wann unsere Politiker diese Stimmen endlich wahrnehmen. Wer den lieben langen Tag ‚Sichtbarkeit‘ für die Marginalisierten dieser Erde einklagt, sollte die Mehrheit seiner Bevölkerung und ihre ebenfalls berechtigten Interessen nicht aus den Augen verlieren. Auch sie hat ‚Sichtbarkeit‘ verdient.“
Hier der vollständige Artikel (hinter einer Bezahlschranke): www.welt.de.
Ich persönlich finde den Genderstern ja auch cringe, weil er ja paradoxerweise Gender darin durch die Endung »*in« explizit betont und semantisch sowieso das selbe bedeutet wie das sogenannte generische Maskulinum. Ich glaube auch nicht, dass das Ziel der Sichtbarmachung wirklich erreicht wurde. Alle reden nur über den Genderstern selbst, aber keine Sau redet wirklich darüber, was Nichtbinäre, Genderqueere, agender, bigender und sonstige Personen außerhalb des 2-Gender-Systems wirklich umtreibt. Also exakt die Leute, wofür das Sternchensymbol sinnbildlich ja steht. Ich mach aber kein Fass auf, wenn jemand anderes den Genderstern benutzt. Früher habe ich mich auch immer riesig über ihn aufgeregt, aber mittlerweile denke ich, dass es ja eh keinen Sinn hat und ich nur Streit um des Streites Willen suche. Ich benutze halt selber einfach das generische Maskulinum und bestehe darauf, dafür will ich den anderen den Genderstern nicht wegnehmen. Ich denke, das ist ein fairer Deal. Ich muss den Genderstern nicht wie einen Feind bekämpfen, zumal er ja… Weiterlesen »
Zum Artikel: Ehrlichgesagt klingt mir das ein bissl verschwörungstheoretisch. Die Wahrheit ist eher, dass viele mit Argumenten für oder gegen Gender Kasse machen wollen. Es gibt ja auch viele Anti-Bücher auf dem Markt. Das ist überhaupt nicht einseitig. Zum woken Kapitalismus: Es gibt eine einfache Erklärung: Der Kapitalismus ist deshalb scheinbar woke geworden (also zumindest in Teilen), weil mehr und mehr Menschen (also potentielle Kunden) woke geworden sind. Es ist daher aus Marketingsicht sinnvoll, sich dieser Kundschaft eben anzupassen, denn damit erhöht sich die Chance auf Profit. Es ist reines Marketingkalkül und wirtschaftlich rational, das hat nichts damit zu tun, dass die Kapitalisten selber zwangsläufig woke geworden sind. Für woke Leute so wie mich ist das natürlich trotzdem gut, weil damit solche Werte normalisiert werden, wenn auch aus anderen Gründen. Es ist gut, wenn ein Unternehmen sagt, dass Homophobie und Transphobie scheiße ist (nur als Beispiel). Die Sache hat jedoch einen Haken. Ich bin mir 100% bewusst, dass der woke… Weiterlesen »