Die katholische TAGESPOST schreibt:
Noch im 19. Jahrhundert schienen in Deutschland Nationalromantik, Modernismus, Zukunftsvertrauen, Patriotismus, Hohenzollern und Protestantismus mehr oder weniger Hand in Hand zu gehen; „Rom“ galt mit allem, wofür es historisch und theologisch stand, als anachronistisch und „undeutsch“. Nun aber müssen die Protestanten nicht nur in Deutschland, sondern weiten Teilen Europas sich der Aussicht stellen, dass sie in absehbarer Zeit als Volks- und Traditionskirchen aussterben und den Menschen nur noch in Geschichtsbüchern oder hoch volatilen Freikirchen entgegentreten. In der Geschichte wäre das freilich nichts Neues: Auch der Buddhismus, einst zentrale reformatorische Kraft gegen den „Formalismus“ und Ritualismus des Hinduismus, ist letztlich auf dem Subkontinent ausgestorben und kann dort nur noch museal bestaunt werden. Lediglich in Ostasien hat er durch die Symbiose mit Animismus, Daoismus und Konfuzianismus überlebt. Ist es angesichts der analogen Implosion der Church of England und des skandinavischen Protestantismus unmöglich, sich ein Europa vorzustellen, in dem der Protestantismus nur noch eine historische Reminiszenz ist?
Wie groß die Verzweiflung und Orientierungslosigkeit in der Evangelischen Kirche ist, zeigt auch ein Pläydoyer der Pfarrerin Hanna Jacobs. Sie schlägt vor, die Sonntagsgottesdienste ganz abzuschaffen. Das sei würdevoller, als so lange zu warten, bis keiner mehr kommt. Die Vorstellung – so Jacobs, dass sich eine Gemeinschaft darüber konstituiere, dass alle, die dazugehören, zur selben Zeit am selben Ort sein müssen, entstamme dem vormodernen Denken.
Zitat:
Am Sonntagmorgen wird für die kleine Schar der Anwesenden eine Volkskirche inszeniert, die es nicht mehr gibt. Für Protestanten mag das überwältigende Desinteresse an diesem flächendeckenden Erbauungsangebot bitter sein, für katholische Geistliche muss es ärgerlich bis absurd sein. Unter enormem Kraftaufwand ermöglichen die immer weniger (und älter!) werdenden Priester es den Gläubigen, ihrer Sonntagspflicht nachzukommen. Denn jeder Mensch katholischen Glaubens ist eigentlich dazu verpflichtet, am Sonntag an einer Messe teilzunehmen, wobei der Samstagabend großzügigerweise ebenfalls gilt. Doch mehr als 94 Prozent der Katholiken setzen sich über diese Pflicht hinweg, Tendenz steigend.
Dass die beiden Großkirchen stoisch am Gottesdienst als ihrem Aushängeschild schlechthin festhalten, ist Realitätsverweigerung. In den Generalvikariaten und Landeskirchenämtern weiß man um die Randständigkeit des Sonntagsgottesdienstes, mitunter wird er auch öffentlich als Auslaufmodell bezeichnet. Ironischerweise ist das auch ein Symptom des andauernden Schrumpfungsprozesses, denn anhand der Ratio ein „Gottesdienst pro Kirche“ können personelle Ressourcen relativ vergleichbar verteilt werden. Fusionieren zwei Gemeinden, wird penibel darauf geachtet, dass die sogenannte „gottesdienstliche Versorgung“ in allen bestehenden Kirchengebäuden aufrechterhalten wird, und zwar gerecht verteilt. Für Gottesdienste im wöchentlichen Wechsel oder nacheinander fällt dann halt etwas anderes weg, der Kindernachmittag oder das Seniorenfrühstück. Der Ritus hat Vorrang.
Ich sehe das anders. Eine Kirchengemeinde, die sich als Trägerin des göttlichen Wortes erweist und das Evangelium auf den Leuchter stellt, hat etwas zu sagen, was sich die Welt selbst nicht geben kann. Dort, wo die Gute Nachricht laut zu hören ist, werden auch in Zukunft Menschen zusammenkommen, um „den Namen unsres Herrn Jesus Christus“ an zurufen (1Kor 1,2).
Im Grunde wurden die sonntäglichen Gottesdienste nicht selten schon abgeschafft, weil das, was dort zelebriert wird, kein Gottesdienst ist. Ansonsten kann man Rons Fazit nur ausdrücklich zustimmen. Es wird auch vielfach bewiesen in den oft materiell armen aber geistlich reichen Gemeinden außerhalb der westlichen Welt und in besonderer Weise in der verfolgten Kirche.
Hallo Ron, Zu Deinem letzten Abschnitt: das sehe ich ganz anders. Eine Gemeinde der Grosskirchen und auch der Freikirchen, die eine KdöR sind, kann nicht machen und verkündigen was sie will. So darf zum Beispiel auf jeden Fall in Württemberg einem liberalen evang. Pfarrer, der vertretungweise in einer frommen Gemeinde im Gottesdienst predigt nach der Predigt nicht widersprochen werden. ABER: ein liberaler Dekan darf einen bibeltreuen Pfarrer öffentlich massregeln. Beides reale Fälle hier aus meinem Umfeld. Zudem: der immer liberaler Geist in den Kirchen und Freikirchen wird über die Dachorganisationen auch zu den ganz frommen Gemeinden durchdringen. Das kann man doch deutschlandweit beobachten. Da noch ein kleiner Kompromiss und dort auch noch.. Die einen können sich länger, die anderen weniger lang wehren. Damit sind die Trennungen innerhalb der EmK und durch die EFG hindurch nur folgerichtig und das werden keine Einzelfälle bleiben. Letzten Endes werden sich die bibeltreuen Christen absondern müssen, auch organisatorisch.Den rechtlichen Rahmen der Verträge mit den beiden… Weiterlesen »
Mal von ein paar Mega-Churches abgesehen, die meisten von ihnen sind ohnehin mit Vorsicht zu genießen, sind die Ortsgemeinden eben eine „kleine Herde“.
Unnötig zu erwähnen, dass ein „fürchte dich nicht“ vorausgeht !
Die große Erweckung wird wohl ausbleiben, obwohl gewünscht und dringend nötig, sieht es eher nach einem Gesundschrumpfen aus und Abspaltungen wie wir sie derzeit bei den Methodisten und Baptisten erleben, werden vermutlich keine Einzelfälle bleiben.
Die evangelikale Welt durchläuft eine Art Metamorphose, ist es angemessen von einem Kulturkampf zu sprechen, der an die Reformation erinnert?
Hoffen wir, dass wie wie damals etwas Schönes dabei herauskommt !