Homo Deus

Der Historiker Yuval Noah Harari glaubt, dass wir Menschen bald eine nächste Evolutionsstufe erreichen. Dank neuer Technologien werde der gottgleiche Homo Deus den Homo sapiens verdrängen.

Das Buch Homo Deus wird vom Verlag mit den Worten vorgestellt:

In „Homo Deus“ stößt er vor in eine noch verborgene Welt: die Zukunft. Was wird mit uns und unserem Planeten passieren, wenn die neuen Technologien dem Menschen gottgleiche Fähigkeiten verleihen – schöpferische wie zerstörerische – und das Leben selbst auf eine völlig neue Stufe der Evolution heben? Wie wird es dem Homo Sapiens ergehen, wenn er einen technikverstärkten Homo Deus erschafft, der sich vom heutigen Menschen deutlicher unterscheidet als dieser vom Neandertaler? Was bleibt von uns und der modernen Religion des Humanismus, wenn wir Maschinen konstruieren, die alles besser können als wir? In unserer Gier nach Gesundheit, Glück und Macht könnten wir uns ganz allmählich so weit verändern, bis wir schließlich keine Menschen mehr sind.

Was meint der israelitische Historiker mit dem Begriff Homo Deus? Dem SPIEGEL sagte er:

Ganz wörtlich: einen Menschen, der Fähigkeiten erlangt, die in traditionellen Vorstellungen Göttern vorbehalten sind. Manches davon haben wir längst erreicht, insofern müsste schon der heutige Mensch seinen Vorfahren wie ein Gott vorkommen. Für den größten Teil der Geschichte erwarteten die Menschen von ihren Göttern Lösungen für praktische Probleme. Man war krank, man betete zu Gott. Es fiel kein Regen, und die Ernte war bedroht, man betete zu Gott. Heute haben die Wissenschaft und der technische Fortschritt für die meisten dieser Probleme Lösungen gefunden, die viel besser sind als die unzuverlässigen Götter. Die Konzepte, die wir im 21. Jahrhundert noch mit Religionen verbinden – das Jenseits etwa oder die moralischen „Werte“ – sind nur Überreste des Göttlichen. Durch die ganze Geschichte hindurch haben die Religionen ihr Angebot angepasst, in einer steten Fluchtbewegung vor dem Fortschritt. Sobald sie merkten, dass ihre Hilfe am Krankenbett oder in der Landwirtschaft nicht mehr gefragt war, nahmen die Religionen neue Fantasieleistungen in ihr Angebot auf, die von der Wissenschaft noch nicht abgedeckt wurden, eben das „Leben nach dem Tod“.

Der SPIEGEL fragt zurück: Die zentrale Fähigkeit des biblischen Schöpfergottes ist aber die Erschaffung von Leben. Worauf Harari antwortet:

Daran arbeitet der Mensch gerade. Ich glaube, dass die wichtigsten Produkte der Ökonomie des 21. Jahrhunderts nicht mehr Autos, Textilien und Esswaren sein werden, sondern Körper und Gehirn und Bewusstsein, also künstliches Leben. Und es gibt drei Wege, wie sich der Mensch zum Homo Deus „upgraden“ kann: erstens Bioengineering, zweitens Cyborgs, drittens anorganisches Leben. Wenn das gelingt, werden wir Götter sein.

Na, wenn sich Yuval Noah Harari da nicht gewaltig irrt. Schnell kann aus dem Homo sapiens ein Homo satanas werden.

Siehe auch meine in die Jahre gekommene Kritik des Transhumanismus: entwertung.pdf.

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5 Kommentare
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Schandor
6 Jahre zuvor

Schnell kann aus dem Homo sapiens ein Homo satanas werden.

Prädikat: Gut gebrüllt, Löwe!

Prophetischer kann man es nicht sagen.

6 Jahre zuvor

Die Menschen, denen ich im Alltag begegne, sind oft menschlich allzumenschlich. Ein Übermensch ist mir noch nicht begegnet.

Davids
6 Jahre zuvor

Vielen Dank für den Hinweis, habe daraufhin das vollständige Interview im aktuellen Spiegel gelesen. Die Prognosen und antizipierten Entwicklungen sind faszinierend, packend und bedrohlich. Mit „Geschichte“ im fachlich engeren Sinn hat das freilich nichts zu tun. Die Vielschichtigkeit, Widersprüchlichkeit, Verschlungenheit und Mehrdeutigkeit historischer Prozesse scheint dem Historiker Harari nicht bewusst zu sein, zumindest schreibt er sie nicht in die Zukunft fort. Seine Argumentationsweise beruht auf Analogien zu historischen Prozessen, die äußerst grob verarbeitet werden. Reduktionismus. „Big history“, wie sich diese Denkrichtung nennt, hat es halt nicht so mit dem differenzierten, detaillierten Blick auf die Vergangenheit. Vom Christentum versteht Harari (leider) offensichtlich nicht viel, denn seine Beschreibung christlicher Vorstellungen passt nicht zum neutestamentlichen Glauben, allenfalls zu einem verallgemeinernden Religionsverständnis. Das Ganze hat eine naiv-utopistische (oder: dystopische) Note und eine klare politische Mission, in etwa so: alles Menschliche ist evolutionäre Konstruktion und vergeht, vergesst Moral, werdet Vegetarier. Trotzdem haben sich mir einige Fragen gestellt: – Inwieweit passen diese Entwicklungen bspw. auf das,… Weiterlesen »

Jutta
6 Jahre zuvor
6 Jahre zuvor

Yuval Noah Harari entwirft in seinem Buch Homo Deus ein mich persönlich erschreckendes Bild von der Zukunft, dem ich nicht folgen will, gegen das sich – wie Harari wahrscheinlich sagen würde – „meine Algorithmen“ sträuben, denn für Harari sind alle lebenden Wesen nur unterschiedliche Algorithmen. Freilich: Auch ich habe im März vergangenen Jahr mit Verwunderung und vielleicht auch Erschrecken gelesen und im Internet verfolgt, wie sehr immer mehr die EDV und das Internet Bereiche unseres Lebens beeinflussen oder sogar wesentlich bestimmen, wie z. B. der Computer Alpha Go den Go-Weltmeister besiegte. Das von der englischen Firma „Deep Mind“ entwickelte Programm ist lernfähig und imitiert die neuronalen Netzwerke im menschlichen Gehirn. Ich selber spiele seit Jahrzehnten Go und ich hielt es für unmöglich, dass ein Computer dieses Brettspiel besser als jeder Mensch spielen kann. Denn dieses Spiel kann mit logischen Wenn-Dann-Überlegungen allein – wie beim Schach – nicht gespielt werden. Ohne einen Blick für das Ganze – es geht immerhin um… Weiterlesen »

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