Kultur des Todes (5):„Ich habe abgetrieben. Ich schäme mich nicht“

Eine Studentin wird schwanger, möchte das Kind nicht bekommen. Sie entscheidet sich für eine Abtreibung und erzählt nun dem SPIEGEL, wie es ihr damit ergangen ist. Der SPIEGEL gewährt dieses Forum natürlich liebend gern.

Auch spürte ich den Druck politischer Diskussionen direkt in meinem Privatleben. Der Geburtenrückgang, der demografische Wandel – wie passte das mit meinem Schwangerschaftsabbruch zusammen? Doch auch hier war meine Antwort klar: Nein, die Zukunft der Republik und Europas würde nicht an diesem ungeborenen Kind scheitern. An seiner Nicht-Existenz. An meiner Verweigerung.

Diese Entscheidung gehörte mir allein, genau wie mein Bauch, mein Unterleib und mein Gewissen. Ich allein werde damit bis zum Schluss leben. Ich will mich nicht rechtfertigen, denn ich brauche keine Ausreden. Ich habe mein Urteil gefällt. Schlecht geht es meinem Gewissen nicht.

Zuerst dachte ich: Ein klassischer Fall von Verleugnung und Rationalisierung. Aber ein zweiter Blick auf den Text lässt mich vermuten, dass durch die scheinbar phänomenologische Besinnung nicht nur moralische Entlastung, sondern eine Änderung der Rechtslage beschleunigt werden soll. Alles ist aus der „Ich“-Perspektive heraus beschrieben. An das Kind denkt die Autoren nicht, überhaupt nicht. Sie ist ganz bei sich und bei denen, für die sie eine günstigere Gesetzeslage herbei ersehnt.

Ein positives Rechtsverständnis wird dabei selbstredend vorausgesetzt. Recht ist das „vom Menschen gesetzte Recht“. Etwas anderes gibt es nicht. Nur wer gegen dieses menschliche Recht verstößt, macht sich schuldig. Daher auch die Aussage:

Wer mühselig die Informationsfetzen zusammensucht, um zu verstehen, in welcher Lage man sich befindet, wird mit solchen Begriffen ständig konfrontiert. Sie vermitteln unmissverständlich, dass etwas Nicht-Richtiges passiert. Dass man irgendwo im grauen, schattigen Bereich agiert.

Erwünscht wird die Freiheit zum Töten jenseits eines schattigen Bereiches. Dabei hängt doch Recht und Unrecht in so vielen Dingen gar nicht davon ab, was Menschen darüber denken.

Wie traurig!

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9 Kommentare
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Theophil Isegrim
6 years ago

Nachdem Gott erfolgreich abgeschafft wurde, ist nun der Mensch das Maß aller Dinge. Was Recht ist und was nicht wird ausgehandelt. Von unserem ursprünglichem Grundgesetz bleibt auch immer weniger übrig. Die christlichen Anlehnungen werden bis zur Unkenntlichkeit uminterpretiert. So sieht sie aus die Gesellschaft ohne Gott. So richtig etwas vorwerfen kann man der jungen Frau nicht. Woher soll sie das alles wissen? Der Zeitgeist gibt ihr recht. Der Zellklumpen stört, dann halt entsorgen und sein Leben leben. Jeder ist selbst ein kleiner Gott geworden. Was viele nicht wissen: Die Sehnsucht nach der Geborgenheit Gottes haben sie immer noch. Doch sie können sie nicht benennen. So machen sie, was sie für richtig halten und lassen sich nur schwer davon abbringen, doch Frieden finden sie nicht. Ich frage mich, wie sehr ich von diesem Zeitgeist beeinflußt bin. Immerhin habe ich die Bibel, da bekomme ich einen anderen Input. Das Wort Gottes kämpft in mir wider den Zeitgeist. Das zeigt mir wieder einmal,… Read more »

Manfried
6 years ago

@Theophil Isegrim: Ich stimme deiner Aussage zu: „Nachdem Gott erfolgreich abgeschafft wurde, ist nun der Mensch das Maß aller Dinge.“
Ist damit nicht erfüllt, was Paulus schrieb in 2. Thess. 2,V. 3+4: „.. und der Mensch der Gesetzlosigkeit offenbart worden ist,…. der sich widersetzt und sich überhebt über alles, was Gott heißt,……so dass er sich in den Tempel Gottes setzt und sich ausweist, dass er Gott sei.“
Unser Herr sagte seinen Jüngern in Joh. 16, V33b: „In der Welt habt ihr Bedrängnis, aber seid guten Mutes, ich habe die Welt überwunden.“
Der Herr Jesus, in dieser Welt mehrheitlich verspottet und als Autorität beiseite gesetzt, behält das letzte Wort und den Sieg.

Reineke Fux
6 years ago

@Gottfreund Wolf

Prädikat: Gut gebrüllt, Löwe!

Theophil Isegrim
6 years ago

@ Manfried: Das sehe ich ähnlich wie Du. Ich kann mir auch gut vorstellen, wenn sich der Mensch der Gesetzlosigkeit, der Antichrist, offenbart, dann wird er das noch auf die Spitze treiben. Und er wird viel Gehör finden. Weil ja jetzt schon viele ihm zustimmen würden. Seine Saat ist jedenfalls erfolgreich ausgebracht worden. Allerdings schwanke ich noch, ob wir das noch erleben werden. Wenn wir in die Kirchengeschichte zurückblicken, dann hatte fast jede Generation ihren mutmaßlichen Antichristen. Und das ehemals christliche Gesellschaften/Kulturen Gott verwerfen, und in der Floge in die Bedeutungslosigkeit versinken geschieht auch nicht zum ersten Mal. Es könnte also durchaus sein, daß Westeuropa und eventuelle auch Nordamerika ihre Vormachtstellung verlieren, weil sie Gott verwerfen und die Gesellschaft degeneriert. Eine Gesellschaft, die den Egoismus so in den Vordergrund stellt, wird nicht bestehen. Wie soll Gott sie denn segnen? Gerade der Punkt Abtreibungen. Das muß für Gott unerträglich sein, wenn bei uns pro Jahr rund 100 000 Abtreibungen gibt. Da… Read more »

Theophil Isegrim
6 years ago

@ Reineke Fux: Gottliebender Wolf übersetze ich es für mich. 😉 Aber Gottfreund ist auch ok.

Stephan
6 years ago

Der Mensch als Maß aller Dinge war schon das Problem bei Adam und Eva: die Motivation zum Sündenfall kam von der Verlockung, selber sein zu wollen wie Gott, selber zu definieren, was gut und böse ist. Und in der heutigen zeitgeistbestimmten Gesellschaft leben die meisten Menschen genau das aus: ein Kind wird als Zellklumpen definiert, oder als lebensunwert aufgrund einer tatsächlichen und vermeintlichen Behinderung umgebracht, weil das ja angeblich die beste Lösung für alle Beteiligten ist.
Auch in anderen Fragen der Gesellschaft sehen wir das Gutmenschentum: gut gemeint, aber schlecht gemacht, weil nicht einmal hinterfragt wird, ob meine ach so edle (angeblich „christliche“) Gesinnung und daraus erfolgende Taten dem Willen Gottes entsprechen und was wohl die Konsequenzen sein werden.
Insofern stimme ich dem „gottliebenden Wolf“ zu: der Segen Gottes wird in anderen Gesellschaften zu finden sein, insbesondere da, wo Christen trotz Verfolgung und Druck standhaft bleiben.

FrankS
6 years ago

Die zitierte Studentin benimmt sich schon eigenartig. Mit sich im Reinen möchte sie jede Debatte über das Thema am liebsten verbitten. Weshalb? Sie sieht doch gar keinen Grund sich rechtfertigen zu müssen, weshalb man dann doch ganz sachlich darüber reden kann?

In meinem Umfeld habe ich ähnliche Worte vernommen. Nach erfolgter Abtreibung war die Frau nicht mehr wie zuvor und sie ist es bis heute nicht. Egal ob man einem Kind erst ab einer bestimmte Woche die Bezeichnung „Kind“ zugesteht, bleibt doch die Tötung von Leben. Davon bleibt niemand unberührt, wenn es im eigenen Leib durchgeführt wird.

Theophil Isegrim
6 years ago

@ Stephan: So ist es, der alte Traum des Menschen. Und dann läßt Gott uns Menschen experimentieren und dann sehen wir, was dabei heraus kommt. Aber dann wird Gott auf die Anklagebank gesetzt und er für das Übel verantwortlich gemacht. „Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, daß wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.“ (1. Johannes 3,2) Ich finde das so stark. Gott will uns ja gar nicht vorenthalten wie Gott zu sein (Gott wird natürlich immer Gott bleiben). Aber es geht nur mit ihm und nicht gegen ihn. Die menschliche Eifersucht, der Argwohn ist gar nicht nötig. Stattdessen wäre Vertrauen angesagt. Seinen Sohn hat er geopfert, damit wir wieder zu ihm kommen können. Daran wird seine Liebe zu uns sichtbar. Was für eine Vorleistung, was für ein Vertrauensbeweis. Aber viele Menschen wollen nicht. Wobei vielen… Read more »

Theophil Isegrim
6 years ago

@ FrankS: Mir kommt es auch so vor, als ob viele sich einen in die Tasche lügen. Aber der Zeitgeist kloppft ihnen unentwegt auf die Schultern: Alles ok, alles in Ordnung, hast alles richtig gemacht. es gibt immer mehr Staaten, wo es legalisiert wird. Von höchster Ebene wird dir Recht gegeben. Also, muß es doch richtig sein. Geht ja gar nicht anders.

Ich bin in der DDR geboren. Da gab es auch Gesetze. Dann sind wir 1977 in den Westen. Da gab es andere Gesetze. Von 1933 bis 45 gab es auch Gesetze. Menschengemachte Gesetzte haben mich noch nie sonderlich beeindruckt. Der große Unterschied unseres GG ist, daß es eine sehr starken christlichen Einfluß hat, der aber immer mehr aufgegeben wird. Und aus welchem Grund? War es kein Erfolgsmodell? Und was es für eins war.

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