Atheismus

Robert Spaemann entzaubert den Biologen Richard Dawkins

Nietzsches Übermensch ist wieder da – in den Werken eines Peter Sloterdijk und Richard Dawkins. Robert Spaemann hält den beiden Gottesleugnern sein christliches Menschen- und Gottesbild entgegen. Der Rheinische Merkur hat mit dem Mann gesprochen, der zu den den profiliertesten Philosophen der Gegenwart gehört. Wie zu erwarten, ist das Ergebnis eine spannende Lektüre:

Nietzsche musste eingestehen, dass »auch wir Aufklärer, wir freien Geister des 19. Jahrhunderts, noch an dem festhalten, was der Glaube Platons war und was der Glaube des Christentums ist, dass Gott die Wahrheit und dass die Wahrheit göttlich ist«. Wenn wir aber nicht mehr an Gott glauben können, wie er meint, dann können wir auch nicht mehr an Wahrheit glauben. Dann gibt es nur die subjektive Perspektiven: Jeder hat seine eigene Perspektive auf die Welt. Der vollkommene Relativismus. Niemand kann sagen, wie es wirklich ist. Das gibt es nur, wenn es Gott gibt. Nietzsche geht noch einen Schritt weiter, wenn er sagt: Mit dieser Erkenntnis zerstört die Aufklärung sich selbst; denn sie lebte von dem Pathos der Wahrheit; sie wollte die Menschheit über die Wahrheit belehren und aufklären, weg von Illusionen, weg vom Aberglauben. Aber nun führe die Aufklärung dazu, die Idee Gottes zu beseitigen, womit sie ihre eigenen Voraussetzungen beseitigt.

Deshalb sah Nietzsche in seinem Nihilismus, mit dem man nicht auf die Dauer leben könne, ein Durchgangsstadium. Jenseits des Nihilismus erwartete er eine Welt mit neuen selbst geschaffenen Mythen, die mit Wahrheit nichts zu tun haben. Der von ihm propagierte heroische Nihilismus, der dem Schicksal ins Auge sieht und so lebt, dass er in unendlichen Wiedergeburten immer wieder so leben möchte. Er muss am Ende scheitern und in der Spaßgesellschaft enden. Das hatte Nietzsche vorausgesehen, wenn er das Volk sagen lässt: »Ach Zarathustra, gib uns den letzten Menschen, und wir schenken dir den Übermenschen.«

Hier das Gespräch: www.merkur.de.

Free Enquiry: Mission andersherum

Der Begriff »Mission« wird umgangssprachlich mit der Verbreitung religiöser Anschauungen unter Andersgläubigen in Verbindung gebracht. Dass auch Humanisten und Naturalisten missionieren, zeigt ein zweiter Blick auf das Journal Free Enquiry:

Free Inquiry publishes articles explaining the principles of secular humanism and supporting those living out its ideals. It explores the contributions

• Our best guide to truth is free and rational inquiry; we should therefore not be bound by the dictates of arbitrary authority, comfortable superstition, stifling tradition, or suffocating orthodoxy. We should defer to no dogma – neither religious nor secular – and never be afraid to ask »How do you know?«
• We should be concerned with the here and now, with solving human problems with the best resources of human minds and hearts. If there is to be meaning in our lives, we must supply it ourselves, relying on our own powers, observation, and compassion. It is irrational and ultimately harmful to hang our hopes on gods, the supernatural, and the hidden, which arise out of imagination and wishful thinking. It is pointless – and often dangerous – to push aside human intelligence to reach for some flimsy veil of alleged truths.

Das: »Es ist irrational und letztendlich schädlich, unsere Hoffnung auf Götter zu setzen«, klingt wie ein Glaubensbekenntnis. Zu den Autoren gehören übrigens Leute wie Arthur Caplan, Richard Dawkins, Christopher Hitchens und Peter Singer.

Christenverfolgung andersherum

Schon wieder eine neue Perspektive: Christliche Missionare verfolgen Ungläubige quer durch Deutschland, schreibt Jens Lubbadeh für SPIEGEL online. Die Sache ist harmlos: Atheisten verheißen ein erfülltes Leben ohne Religion und werden von Christen sportlich hinterfragt. So etwas sollte es ruhig öfters geben.

Der Leser achte auf die sprachlichen Feinheiten, z.B.:

Es ist ein Wortspiel. Denn nicht wie damals im Alten Rom werden die Gläubigen verfolgt. 2000 Jahre später sind es die Ungläubigen, auf die Jagd gemacht wird.

Hier der vollständige Beitrag: www.spiegel.de.

Forschungsprojekt: Der »Neue Atheismus« in der Gegenwartskultur

»Die ›Rückkehr der Religionen‹ und die Rückkehr der Religionskritik – Der ›Neue Atheismus‹ in der deutschen und US-amerikanischen Gegenwartskultur« lautet das Thema eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes unter der Leitung von Hartmut Zinser, Professor für Religionswissenschaft an der FU Berlin.

Laut der Universität untersucht das Projekt die gegenwärtigen Tendenzen atheistischer Religionskritik. Zu deren prominentesten Vertreter, welche die Wissenschaftler ins Blickfeld rücken, gehören Richard Dawkins, Biologe und Autor des Buches Der Gotteswahn , Sam Harris, Autor des Buches Das Ende des Glaubens, Christopher Hitchens, Verfasser von Der Herr ist kein Hirte, Daniel Dennett, Dan Barker, Richard Carrier sowie der Vorstandssprecher der religionskritischen »Giordano-Bruno-Stiftung«, Michael Schmidt-Salomon.

In der Projektbeschreibung heißt es:

Das Projekt untersucht aus der Perspektive der Religionswissenschaft die gegenwärtigen Tendenzen atheistischer Religionskritik. Die prominentesten Vertreter dieses »Neuen Atheismus« oder »Brights movement« – Richard Dawkins, Sam Harris, Christopher Hitchens und Daniel Dennett – berufen sich auf ein naturalistisches und wissenschafliches [sic] Weltbild, lehnen alle Religionen ab und betreiben eine aktive politische Umsetzung ihrer Ideen. Im Rahmen einer qualitativen Untersuchung sollen die theoretischen sowie politischen Grundlagen, Ursachen und Ziele des »Brights movement« ebenso untersucht werden wie die Reaktion auf seiten seiner Kritiker, wie auch die mediale Berichterstattung über den »Neuen Atheismus«. Hierbei soll der Gegenstand in historisch vergleichender Perspektive analysiert und die Situationen in Deutschland und den USA gegenübergestellt werden. Dadurch soll eine Aufklärung über den möglichen Zusammenhang zwischen der postulierten »Rückkehr der Religionen« und der Rückkehr der Religionskritik erreicht und somit die Forschungsthese des Projekts überprüft werden. Diese geht von einem Abhängigkeitsverhältnis zwischen beiden Phänomenen aus, durch welches die Intensität der Debatte um den »Neuen Atheismus« und das offensive Auftreteten der »Neuen Atheisten« erklärt werden könnten.

Hier ein Bericht des Magazins Pro sowie die Internetseite des Forschungsprojektes an der Freien Universität Berlin.

Atheistische Kampagnen weiten sich aus

Wahrscheinlich gibt es keinen Gott – hört auf, euch Sorgen zu machen und genießt das Leben:

Dieser Spruch prangt inzwischen nicht nur auf zahlreichen Bussen in Großbritannien, sondern auch in Barcelona, mitten im katholischen Spanien. Und nicht nur dort trauen sich Atheisten inzwischen, ihre Überzeugung offen zur Schau zu stellen: In Italien und Kanada sind ähnliche Kampagnen in Planung. In Australien hat sich inzwischen eine »NoToPope Coalition« formiert, die nicht nur nein zum Papst sagt, sondern auch zum christlichen Glauben überhaupt.

Hier gibt es mehr: www.spiegel.de.

Atheismus: Der neue Streit um Gott?

bfe85cd3fb.jpgNicht erst heute polarisiert die Frage nach Gott. Die Gottesfrage beschäftigt seit jeher die Menschen und beim gegenwärtigen ›Atheismuswahn‹ (A.E. McGrath) werden selten neue Argumente aktiviert, sondern schlicht längst überholte Positionen wiederholt.

Michael Kotsch setzt sich in seinem Buch Der Atheismus kurz und bündig mit der Diskussion um Gott und den Atheismus auseinander. Die wichtigsten Argumente für und gegen Gott werde genannt und diskutiert.

Hier gibt es noch eine Leseprobe.

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Brief des Athanasius über die Psalmen (Teil 7: Die Flucht zu Gott in starker Bedrängnis)

19. … Und hast du von den Verfolgern Bedrängnis zu dulden, und willst du den Nutzen der Geduld kennen lernen, so singe den Psalm 39.

Siehst du viele Arme und Bettler, und willst du diesen Barmherzigkeit erweisen, so kannst du die, welche bereits Barmherzigkeit erwiesen haben, loben, die Übrigen aber dazu ermuntern, in dem du Psalm 40 vorträgst.

Hast du dann dein ganzes Verlangen auf Gott gerichtet, und hörst du die Feinde schmähen, so lass dich nicht verwirren, sondern indem du die unsterbliche Frucht einer solchen Sehnsucht dir zu Gemüte führst, tröste deine Seele mit der Hoffnung auf Gott, und indem du durch diese ihre Schmerzen in dieser Welt erleichterst und besänftigst, trage den Psalm 41 vor.

Willst du dich unaufhörlich an die Wohltaten Gottes erinnern, die er den Vätern erwiesen hat, sowohl beim Auszug aus Ägypten als auch beim Aufenthalt in der Wüste, wo Gott gut und die Menschen undankbar waren, so hast du Psalm 43, 77, 88, 104, 105, 106 und 113.

Hast du dich aber zu Gott geflüchtet, und bist du den Drangsalen entronnen, die über dich gekommen sind, und willst du Gott Dank sagen und die dir erwiesene Menschenfreundlichkeit schildern, so hast du Psalm 45.

Brief des Athanasius über die Psalmen (Teil 5: Das vollkommene Opfer und Vorbild unseres Erlösers)

13. Das ist aber wieder die Gnade des Heilandes. Denn da er um unsertwillen Mensch geworden ist, hat er seinen eigenen Leib für uns im Tode geopfert, um alle vom Tode zu befreien. Und indem er seine himmlische und ganz tadellose Lebensweise uns zeigen wollte, drückte er dieselbe an sich aus, damit nicht irgend jemand vom Feinde leicht hintergangen werde, indem ihm als Pfand der Sicherheit sein für uns errungener Sieg über den Teufel dient, damit jeder seine Rede vernehme und, in dem er ihn wie im Bilde schaut, von ihm Beispiele für sein Handeln entlehne, indem er vernimmt: »Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen.«

Eine vollkommenere Anleitung zu Tugend kann man aber nicht finden, als die der Herr an sich selbst ausgeprägt hat. Denn sei es Geduld, oder Menschenliebe, oder Güte, oder Mut, oder Barmherzigkeit, oder Gerechtigkeit, alles wird man an ihm vorfinden, so dass, wer das menschliche Leben des Herrn betrachtet, seine [eigene] Tugend vermisst.

Weil das dem Paulus bekannt war, sagte er: »Seid meine Nachahmer, wie ich Christi.« Denn wie Gesetzgeber bei den Heiden machen sich nur durch Worte verdient; der Herr aber, da er in Wahrheit Herr über alle ist und für das Sorge trägt, was er gemacht hat, gibt nicht bloß Gesetze, sondern hat sich selbst als Vorbild hingestellt, damit die, welche wollen, die Kraft erkennen, sie zu vollziehen. Denn deshalb ließ er sich auch vor seiner Ankunft unter uns in denen vernehmen, die diese Psalmen sangen, damit, wie er in sich den vollkommenen und himmlischen Menschen zeigte, so auch, wer will, aus den Psalmen die Bewegungen und Stimmungen der Seelen abnehmen können und in ihnen auch die Heilung und Besserung jeder Bewegung finde.

Die Gottesfrage macht aggressiv

Die Nachrichtenagentur idea berichtete am 2. Juli 2008 über einen Vortrag zum Atheismus, den der Theologe und Philosoph Daniel von Wachter am 1. Juli in München gehalten hat.

Die Gruppe der Brights (engl. »The Brights« für: »die hellen Köpfe») ist gar nicht glücklich darüber, im Rahmen des Vortrags als Vertreter des »Neuen Atheismus« vorgestellt worden zu sein. Sie werten in einem eigenen Beitrag mit dem Titel Subtile Stimmungsmache gegen die Brights durch Hardlinerchristen diese Klassifizierung als »gezielte Schmähung« und forderten eine Widerrufung der Falschdarstellung binnen einer Woche.

Daniel von Wachter erbringt nun seinerseits in einer Stellungnahme zur Widerrufsaufforderung der Brights den Nachweis, dass das Selbstverständnis der »hellen Köpfe« selbstwidersprüchlich ist.

Ich kann die Lektüre der Quellen sehr empfehlen.

Antony Flew kritisiert das Buch: Der Gotteswahn

Den britischen Philosophen Antony Flew kannten die Gelehrten lange Zeit als Vertreter eines aggressiven Atheismus. Im Jahre 2004 erregte er einiges Aufsehen, als er sich öffentlich dazu bekannte, aus intellektuellen Gründen von der Position des Atheismus abgerückt zu sein, um eine Variante des Deismus zu vertreten (vgl. hier).

In einem seiner letzten schriftlichen Beiträge (»last article«) hat Flew sich zu Richard Dawkins‘ Buch Der Gotteswahn (The God Delusion) geäußert. Auszüge seiner Stellungnahme gebe ich hier wieder:

Der Fehler, den Dawkins als Akademiker gemacht hat, war seine skandalöse und offensichtlich absichtliche Weigerung die Lehre darzulegen, die er glaubt unwiderruflich widerlegt zu haben. Wir finden zum Beispiel in seinem Stichwortverzeichnis vier Verweise auf Einstein. Sie kommen im Gewande Einsteins daher und befassen sich damit, was er über Moral, einen persönlichen Gott und die Situation der Menschheit denkt und über seine Ansicht, dass der Mensch für andere Menschen und vor allem für die da ist, von deren Wohlergehen unsere Lebensfreude abhängt. Aber (und es fällt mir schwer, moderat über diese verdunkelnde Weigerung Dawkins´zu schreiben) er erwähnt Einsteins wichtigste Folgerung überhaupt nicht: nämlich dass die integrale Komplexität der Welt der Physik ihn davon überzeugt hat, dass hinter den Dingen eine göttliche Intelligenz stehen muss. wenn dieses Argument auf die Welt der Physik angewendet werden kann, finde ich persönlich es offensichtlich, dass es noch viel bedeutsamer sein muss, wenn man es auf die unermesslich kompliziertere Welt der Biologie anwendet.

Die ganze Angelegenheit lässt nur zu deutlich werden, dass Dawkins nicht an Wahrheitsfindung interessiert ist, sondern dass es ihm hauptsächlich darum geht, einen ideologischen Gegner mit allen Mitteln in Verruf zu bringen. Das alleine wäre schon Grund genug anzunehmen, dass die ganze Unternehmung The God Delusion nicht, wie sie zumindest vorgab, ein Versuch war, Wissen über die Existenz oder Nicht-Existenz Gottes aufzudecken und zu verbreiten, sondern eher ein – extrem erfolgreicher – Versuch, die Überzeugungen des Autors in diesem Gebiet zu verbreiten. Ein weniger wichtiger Punkt, der an dieser Stelle gemacht werden sollte, ist, dass obwohl das Verzeichnis von The God Delusion sechs Verweise auf den Deismus beinhaltet, es keine Definition des Wortes »deism« liefert. Dies ermöglicht es Dawkins, in seinen Verweisen auf den Deismus die Deisten als eine Ansammlung von Leuten darzustellen, die an alles Mögliche glauben. Tatsache ist, und das hätte Dawkins wissen müssen, bevor dieses Buch in den Druck ging, dass Deisten an die Existenz eines Gottes glauben, aber nicht an einen Gott, der sich in irgendeiner Form offenbart hätte.

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