DEA

Neuformulierte Glaubensbasis der Deutschen Evangelischen Allianz

Die Evangelische Allianz in Deutschland hat die Glaubensbasis überarbeitet. Der neue Text lautet wie folgt:

Wir glauben an den dreieinen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Er hat die Welt erschaffen, er liebt sie und erhält sie. Darin zeigt er seine Souveränität und Gnade.

Der Mensch besitzt als Ebenbild Gottes eine unverwechselbare Würde. Er ist als Mann und Frau geschaffen. Er ist durch Sünde und Schuld von Gott getrennt.

Jesus Christus, der Mensch gewordene Sohn Gottes, ist stellvertretend für alle Menschen gestorben. Sein Opfertod allein ist die Grundlage für die Vergebung von Schuld, für die Befreiung von der Macht der Sünde und für den Freispruch in Gottes Gericht. Jesus Christus, durch Gott von den Toten auferweckt, ist der einzige Weg zu Gott. Der Mensch wird allein durch den Glauben an ihn durch Gottes Gnade gerecht gesprochen.

Durch den Heiligen Geist erkennen Menschen Gott. Der Heilige Geist schafft durch die Wiedergeburt neues Leben und befähigt die Gläubigen, nach Gottes Willen zu leben. Er schenkt ihnen Gaben zum Dienen.

Jesus Christus baut seine weltweite Gemeinde. Er beruft und befähigt die Gläubigen, das Evangelium zu verkündigen und liebevoll und gerecht zu handeln.

Jesus Christus wird für alle sichtbar in Macht und Herrlichkeit wiederkommen, die Lebenden und die Toten richten und das Reich Gottes vollenden. Er wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen.

Die Bibel, bestehend aus den Schriften des Alten und Neuen Testaments, ist Offenbarung des dreieinen Gottes. Sie ist von Gottes Geist eingegeben, zuverlässig und höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung.

Hier zum Vergleich die 1972 überarbeitete Glaubensbasis:

Wir bekennen uns:

• zur Allmacht und Gnade Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes in Schöpfung, Offenbarung, Erlösung, Endgericht und Vollendung;

• zur göttlichen Inspiration der Hl. Schrift, ihrer völligen Zuverlässigkeit und höchsten Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung;

• zur völligen Sündhaftigkeit und Schuld des gefallenen Menschen, die ihn Gottes Zorn und Verdammnis aussetzen;

• zum stellvertretenden Opfer des menschgewordenen Gottessohnes als einziger und allgenugsamer Grundlage der Erlösung von der Schuld und Macht der Sünde und ihren Folgen;

• zur Rechtfertigung des Sünders allein durch die Gnade Gottes aufgrund des Glaubens an Jesus Christus, der gekreuzigt wurde und von den Toten auferstanden ist;

• zum Werk des Heiligen Geistes, welcher Bekehrung und Wiedergeburt des Menschen bewirkt, im Gläubigen wohnt und ihn zur Heiligung befähigt;

• zum Priestertum aller Gläubigen, welche die weltweite Gemeinde bilden, den   Leib, dessen Haupt Christus ist, und die durch seinen Befehl zur Verkündigung des Evangeliums in aller Welt verpflichtet ist;

• zur Erwartung der persönlichen, sichtbaren Wiederkunft des Herrn Jesus Christus in Macht und Herrlichkeit; zum Fortleben der von Gott gegebenen Personalität des Menschen; zur Auferstehung des Leibes zum Gericht und zum ewigen Leben der Erlösten in Herrlichkeit.

Prof. Christoph Raedel hat den neuen Text kommentiert. Kritische Anfragen lauten:

Einige Anfragen an den neuen Text bleiben jedoch. So ist es zwar theologisch ganz richtig, den Menschen als Geschöpf und Ebenbild Gottes wahrzunehmen, doch muss diese Aussage (wie die britische Fassung belegt) nicht durch Streichung von Aussagen zur Sündhaftigkeit des Menschen erkauft werden. Ist der Mensch, wie es auch weiterhin heißt, „durch Sünde und Schuld von Gott getrennt“, dann steht er unter „Gottes Zorn und Verdammnis“ – was nun nicht mehr gesagt wird. Problematisch ist dies vor allem in Verbindung mit der Beobachtung, dass von einem doppelten Ausgang der Weltgeschichte (also der Gemeinschaft mit oder Trennung von Gott) nicht die Rede ist. Doch wenn der Glaube an Christus rettet, dann hat es doch wohl auch Konsequenzen, nicht an ihn zu glauben.

Das Bekenntnis zur Bibel ist in der Neufassung ganz ans Ende gerückt. Damit durchbricht der Artikel zur Bibel nicht mehr die trinitarische Struktur am Anfang, wo er bisher zwischen dem Bekenntnis zum Vater und zum Sohn stand. Doch wäre das Bekenntnis zur Bibel an den Beginn und nicht, wie jetzt geschehen, ans Ende gerückt worden, würde vermutlich weniger Aufmerksamkeit finden, dass aus der „völligen Zuverlässigkeit“ ein „zuverlässig“ wurde. Auch hier wird ein Signalwort, das deutsch- und englischsprachige Fassungen bisher verband, aufgegeben.

Am heutigen Sprachempfinden gemessen, ist der neue Text sicherlich gelungen. Doch muss die Frage gestellt werden, ob der Maßstab einer Glaubensbasis sein kann, dass sie allgemein, also „auch von säkularen Menschen besser verstanden werden kann“. Wenn das tatsächlich so sein sollte, bleibt unklar, warum „Rechtfertigung“, „Heiligung“ und „Inspiration“ durch andere Formulierungen ersetzt werden, „Wiedergeburt“ oder „Opfertod“ dagegen nicht. Sprachlich verdichtete Grundüberzeugungen bedürfen doch grundsätzlich der näheren Erklärung, und zwar nach innen wie nach außen.

Fazit: Der Text verdeutlicht einige Anliegen der evangelikalen Bewegung stärker als vorherige Fassungen, während Punkte wie Gotteszorn und Verdammnis noch stärker zurücktreten. Zu bedenken bleibt: Sich am Sprachempfinden von Jugendlichen und säkularen Zeitgenossen zu orientieren, nötigt dazu, den Text der Glaubensbasis in immer kürzeren Abständen anzupassen. Das aber scheint mir als Form der Beschäftigung mit sich selbst wenig verheißungsvoll.

Der vollständige Kommentar kann bei IDEA abgerufen werden: www.idea.de.

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Nachtrag: Moritz Vollmayr hat freundlicherweise die Dokumente von 1972, 2005 (England) und 2018 gegenübergestellt. Ich stelle das Dokument mit freundlicher Genehmigung hier zur Verfügung:Basis EA Vergleich.pdf.

„Ehe als gute Schöpfung Gottes“: vier Glossen

Als ich vergangene Woche gelesen habe, dass die Evangelische Allianz in Deutschland Leitgedanken zu Ehe und Homosexualität verabschiedet hat, war ich zunächst erfreut und dachte, damit würde die Debatte um die Positionen der DEA zur Sexualethik endlich ein Ende finden. Als ich später die Leitgedanken durchsah, kamen mir Zweifel. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach ist, in so einem heterogenen Hauptvorstand einen gemeinsamen Text zu verabschieden. Aber wenn ein Text herauskommt, der sehr unterschiedliche Deutungen zulässt, dann wird er nicht zur Klarheit beitragen, sondern ist nur Zeuge für die Meinungsvielfalt innerhalb der DEA.

Vier Dinge, die mir auf die Schnelle aufgefallen sind, möchte ich erläutern:

In der Einleitung wird davon gesprochen, dass die DEA ihre ethischen Bewertungen an Christus und seiner Verkündigung ausrichtet. Das klingt gut und ist auch gut. Dennoch: Könnte es sein, dass diese Formulierung aufgenommen wurde, weil dahinter etwas steckt, was den „Rote-Buchstaben-Christen“ wichtig ist? Der Name „Rote-Buchstaben-Christen“ bezieht sich auf Bibeln, die die von Jesus gesprochenen Worte in roter Farbe darstellen. Das, was Jesus sagt, gilt als Maßstab für die Bewertung dessen, was sonst noch in der Bibel zu finden ist. Auf diese Weise wird etwa Jesus gegen Paulus ausgespielt. Wichtiger sei das, was Jesus gesagt habe und im Zweifel müssten Paulus, Johannes, Jakobus oder AT-Texte den Worten Jesu weichen. Wie Wikipedia zutreffend schreibt,  betätigen sich „Rote-Buchstaben-Christen“ bei „der Förderung des Friedens, Unterstützung von Familien, die Abschaffung von Armut und die Gleichberechtigung von Randgruppen, da dies die gesellschaftlichen Probleme seien, die für Jesus wichtig waren.“ Andere Dinge werden hingegen zurückgestellt, da sie angeblich Jesus nicht viel bedeutet hätten. So wird dann auch behauptet: Jesus sei die Sexualethik nicht sonderlich wichtig gewesen, er habe beispielsweise selbst gar nichts zur Homosexualität gesagt. Das stimmt natürlich nicht, denn Jesus hat das, was das Alte Testament über die Ehe sagt, vorausgesetzt und bestätigt. Das, was Paulus im Römerbrief über Homosexualität schreibt, ist zudem nicht weniger bedeutsam als das, was Jesus im Matthäusevangelium sagt. Die ganze Schrift ist uns von Gott gegeben – nicht nur jene Abschnitte, in denen Jesus persönlich spricht, kommen von ihm.

Dann ist unter Absatz 2 davon die Rede, dass die in der Bibel beschriebene homosexuelle Praxis „mit dem Willen Gottes und damit dem biblischen Ethos unvereinbar (3.Mose 18,22; 20,13; Römer 1,24–27; 1.Korinther 6,9; 1.Timotheus 1,10)“ ist. Ich befürchte, dass einige es so lesen und lesen wollen: Nur die in der Bibel beschriebene Praxis der Homosexualität ist mit dem Willen Gottes nicht vereinbar. Damals sei – so eine progressive Lesart – die homosexuelle Praxis ausbeuterisch und von Gewalt gezeichnet gewesen. Heute sei die homosexuelle Praxis von Liebe und Treue geprägt; sie beruhe auf Freiwilligkeit und habe mit dem, was in der Bibel beschrieben wird, nicht mehr viel zu tun.

Schließlich wird im Absatz 3 ausgesagt, dass Jesus Christus die vorbehaltlose Annahme aller Menschen fordert. Begründet wird das mit Titus 2,11: „Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen …“ Mir erschließt sich nicht, inwieweit dieser Vers begründen soll, dass Jesus die vorbehaltlose Annahme aller Menschen fordert. Mir ist noch nicht einmal klar, was die „vorbehaltlose Annahme aller Menschen“ bedeuten soll. Interessant ist ja auch, wie der Text ab Vers 12 weitergeht: „… und nimmt uns in Zucht, dass wir absagen dem ungöttlichen Wesen und den weltlichen Begierden und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt leben.“ Kurz: Ich vermute, Absatz 3 wird die Grundlage dafür schaffen, dass praktizierende Homosexuelle vorbehaltlos in der Gemeinde mitarbeiten und leiten.

Schlussendlich heißt es dann: „Daraus ziehen wir die Schlussfolgerung, dass homosexuelle Partnerschaften der Ehe nicht gleichgestellt werden können.“ Da die rechtliche Gleichstellung ja bereits erfolgt ist, kann hier nur gemeint sein, dass innerhalb der Kirchen und Gemeinden die homosexuellen Partnerschaften der Ehe nicht gleichgestellt werden können. Das aber hält die Tür für Segnungen homosexueller Partnerschaften im Raum der Kirche offen.

Es wird, davon gehe ich aus, ein schwer erkämpftes Kompromisspapier sein. Die Leitgedanken sind das Ergebnis eines Prozesses, der über mehrere Jahre intensiv geführt wurde, heißt es in der Einleitung zu „Ehe als gute Stiftung Gottes“. Herausgekommen ist ein Papier, dass so viele Löcher hat wie ein Schweizer Käse. Eindeutigkeit ist nicht gewollt. Mit Unklarheit kann man nicht gut leiten. Ich kann nur hoffen, dass sich echte Klärungen anschließen. Meine Zuversicht schwindet an diesem Punkt allerdings mehr und mehr.

Bedrohte Gewissensfreiheit: Deutsche Evangelische Allianz protestiert

Vor einigen Tagen habe ich auf eine geplante Abstimmung im Europarat hingewiesen, die unerwünschte Folgen für die Gewissensfreiheit haben könnten (siehe hier).

Mit einem persönlichen Brief an Mevlut Cavusoglu, den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und an Mateo Sorinas, Generalsekretär des Europarates, protestierte nun Jürgen Werth gegen den zur Abstimmung vorliegenden Bericht. Dieser würde die Gewissensfreiheit von Christen im medizinischen Dienst bzw. christliche geführten Hospitälern einschränken, indem sie verpflichtet würden, der vom Patienten gewünschten Behandlung ohne ethische Einwände nachzukommen. Damit würden Christen gezwungen werden, zum Beispiel auch an Abtreibungen mitzuwirken.

Der Brief des 1. Vorsitzenden der Evangelischen Allianz kann hier eingesehen werden: www.ead.de.

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