Frankreich

Ethik, Recht

Frankreich: Recht auf selbstbestimmtes Sterben

Frankreichs Präsident Macron begrüßt die gestrige Abstimmung in der Nationalversammlung für die aktive Sterbehilfe als „wichtigen Schritt“. Die FAZ berichtet:

Die französische Nationalversammlung hat am Dienstag in erster Lesung ein Gesetz zum „Recht auf selbstbestimmtes Sterben“ gebilligt. 504 Abgeordnete gaben ihre Stimme ab, 305 sprachen sich für, 199 gegen die Reform aus. Kurz zuvor hatten die Abgeordneten bereits einstimmig ein Gesetz angenommen, mit dem die Palliativpflege gestärkt werden soll – wegen der Bedenken mancher Abgeordneter war das ursprünglich als Einheit geplante Gesetz in zwei unterteilt worden.

Beide Gesetze werden nun dem Senat zur Prüfung übergeben. Präsident Emmanuel Macron begrüßte die Beschlüsse der Nationalversammlung als „wichtigen Schritt“. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Haltungen zu dem Thema und der damit verbundenen Zweifel und Hoffnungen öffne sich „nach und nach der Weg der Brüderlichkeit, den ich mir gewünscht habe“, schrieb er auf der Plattform X.

Gegner der Sterbehilfe können sich in Zukunft strafbar machen, ähnlich wie bereits Abtreibungsgegner:

Die Abgeordneten haben sich zudem darauf verständigt, medizinische Einrichtungen zu schützen, an denen Sterbehilfe angeboten wird. So enthält das Gesetz einen neuen Straftatbestand, sollte es zu Drohungen oder Einschüchterungen gegenüber Patienten oder medizinischem Fachpersonal kommen. Derartige Behinderungen der Sterbehilfe sollen mit bis zu zwei Jahren Haft und Geldstrafen bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Als Vorbild gilt das Recht auf Abtreibung. Abtreibungsgegner machen sich strafbar, wenn sie Ärzte und medizinische Einrichtungen daran hindern, Abtreibungen vorzunehmen.

Mehr: www.faz.net.

Ethik, Politik

Kultur des Todes (17): Recht auf Abtreibung in der Verfassung?

Mit einer Mehrheit von 337 Ja- und 32 Nein-Stimmen hat das Unterhaus des französischen Parlaments ein Gesetz verabschiedet, mit dem ein „Recht auf Abtreibung“ in der Verfassung verankert werden soll. Die FAZ meldet:

Frankreich will dem Recht auf Abtreibung Verfassungsrang geben. Die neue Vorsitzende der Präsidentenfraktion in der Nationalversammlung, Aurore Bergé, hat einen entsprechenden Gesetzentwurf angekündigt. Artikel 66 der französischen Verfassung soll durch einen zweiten Absatz ergänzt werden, wonach „niemandem das Recht auf Schwangerschaftsabbruch entzogen werden kann“. Artikel 66 Absatz 1 ist bereits ein Gegenentwurf zur amerikanischen Rechtsprechung und besagt: „Niemand kann mit der Todesstrafe verurteilt werden.“ Die Formulierung des geplanten zweiten Absatzes entspricht einem 2019 von den Sozialisten in die Nationalversammlung eingebrachten Gesetzentwurf, der damals von der Präsidentenfraktion abgelehnt wurde.

Die Agentur Livenet.ch meldet, dass der Vorsitzende des protestantischen CPDH, Franck Meyer, die angestrebte Änderung scharf kritisiert hat. In einem Interview mit Evangelical Focus nannte er „die vorgeschlagene Formulierung des Gesetzentwurfs eine „sehr totalitäre Position, die keine vernünftige Bewertung zulässt“. Sie sei „das beste Beispiel für eine ideologische Abschottung, die jede intellektuelle und sachliche Hinterfragung verbietet“.

Weiter heißt es:

Nach Ansicht Meyers ist die „Verbohrtheit so gross, dass Abtreibung für die parlamentarische Mehrheit zu einem Dogma geworden ist“. Das erkläre die Weigerung, „sich das Leid der Frauen anzuhören, die abgetrieben haben, und den Wunsch, diesen Eingriff zu bagatellisieren und zu verstaatlichen“. Nach seiner Überzeugung ist „eine Verfassung nicht dazu da, ein bestimmtes Interesse durchzusetzen, sondern dem allgemeinen Interesse zu dienen“.

Katholische Kirche

Feuer des Zweifels in Frankreich

Immer mehr französische Kirchen zerfallen. Mit der Einführung des Gesetzes zur Trennung von Kirche und Staat im Jahr 1905 wurde die Katholische Kirche enteignet und 83 Kathedralen des Landes gingen in den Besitz des Staates über. Die etwa 45.000 katholischen Kirchen gehören nun den Kommunen. Viele von ihnen sind in Gefahr, da die Kassen leer sind und nur noch wenig Menschen die Gottesdienste besuchen.

Die Welt am Sonntag hat in dem Artikel „Feuer des Zweifels“ den Verfall der Katholischen Kirche in Frankreich beschrieben (06.09.2020, Nr. 36, S. 8). Deutlich wird, dass nicht nur das fehlende Geld für den Zerfall verantwortlich ist. Es gibt einen aktiven Vandalismus und zunehmende Glaubenslosigkeit. Martin Meister schreibt:

Jeden Tag werden in Frankreich durchschnittlich zwei katholische Kirchen
beschmiert, mutwillig zerstört oder entweiht. Messkelche werden gestohlen,
aber auch Gemälde, sogar Stühle. Das Innenministerium zählte 2018 mehr als 1000 „antichristliche Taten“ gegenüber 541 antisemitischen und 100 islamophoben. Die Motive sind unterschiedlich, in der Regel sind es Jugendliche, die sich langweilen, sagen Experten. In den seltensten Fällen seien die Taten politisch oder satanistisch motiviert.

Edouard de Lamaze, Vorsitzender der Organisation Observatorium für das
Religiöse Kulturerbe, sagt: „Jede zweite Woche eröffnet in Frankreich eine neue Moschee, während wir jedes Jahr 40 bis 50 katholische Kirchen verlieren, weil sie abgerissen, verkauft oder radikal umgebaut werden.“

Weiter fragt sie:

Wie steht es um den Glauben eines Landes, das sich lange Zeit stolz als „älteste
Tochter der katholischen Kirche“ bezeichnet hat? Frankreich ist vom Zweifel befallen. „Der Prozess der Ent-Christianisierung, der in den 60er-Jahren begonnen hat, steht kurz vor dem Abschluss“, konstatiert der Politloge und Meinungsforscher Jérôme Fourquet. Den Anteil praktizierender Katholiken schätzt Fourquet auf gerade noch sechs Prozent der Bevölkerung. „Die Matrix, die Frankreichs Gesellschaft über Generationen geprägt hat, löst sich endgültig auf.“

Ethik

Frankreich: Lebensschutz strafbar

Die Nachrichtenagentur kath.net meldet mit Berufung auf eine Mitteilung der kanadischen Prolife-Seite lifeseitenews.com, dass das französische Parlament am 16. Februar 2017 einem Gesetzentwurf zugestimmt hat, das die sogenannten „Fehlinformationen“ über Abtreibung unter Strafe stellt.

Künftig kann man mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und mit Geldstrafe bis zu 30.000 Euro bestraft werden, wenn man im Internet „abschreckende“ Informationen über die Abtreibung verbreitet. Zwar hatte der Senat mit seiner konservativen Mehrheit noch versucht, das umstrittene Gesetz zu verhindern, doch das Parlament mit seiner sozialistisch ausgerichteten Mehrheit konnte das Gesetz durchbringen … Bei den sogenannten „Fehlinformationen“ handelt es sich um Informationen mit dem Ziel, Schwangere von Abtreibungen abzuhalten.

Hier: kath.net.

Ethik, Gesellschaft

Frankreich: Ein verstörendes Verbot

Das oberste französische Verwaltungsgericht hat die Ausstrahlung eines TV-Werbespots verboten, der glückliche Jugendliche mit Downsyndrom zeigt. Begründung: Der Clip könne auf Frauen, die abgetrieben haben, verstörend wirken.

PRO schreibt:

Das Video „Dear Future Mom“ (Liebe zukünftige Mutter) darf im französischen Fernsehen nicht gezeigt werden. Das hat das oberste Verwaltungsgericht im Land entschieden. Der zweieinhalbminütige Clip, den ursprünglich die italienische Organisation „CoorDown“ 2014 veröffentlicht hat, zeigt glückliche Kinder und Jugendliche mit Downsyndrom. Sie wollen Mütter, die ein Kind mit Trisomie 21 erwarten, ermutigen und sprechen in die Kamera: „Habe keine Angst.“

Dann erklären sie der potentiellen Mutter, dass ihr ungeborenes Kind später viele Dinge werde tun können, wie etwa sprechen und ihr sagen, dass es sie lieb hat. Auch glücklich sein, in die Schule gehen und schreiben lernen, sei mit Downsyndrom möglich, ebenso wie reisen, arbeiten und Geld verdienen. Gleichzeitig werde der Alltag aber auch manchmal „schwer, sehr schwer, fast unmöglich“ sein. Dann ist die Frage eines Jugendlichen ergänzt: „Aber ist das nicht so für alle Mütter?“ Schließlich zeigt das Video, wie sich die betroffenen Kinder und die Mütter umarmen und vor Freude strahlen.

Dass dieses Video im französischen Fernsehen nicht gezeigt werden darf, hat das oberste Verwaltungsgericht in zweiter Instanz bestätigt und damit ein schon früher ausgesprochenes Urteil in der Revision bekräftigt. Unter anderem hieß es in der Urteilsbegründung, dass die Bilder auf Frauen, die abgetrieben haben, möglicherweise „verstörend“ wirken könnten, berichten französische Medien.

Mehr: www.pro-medienmagazin.de.

VD: RO

Gesellschaft

Liebe auf Distanz

Die professionalisierte Betreuung von Kindern wird von Politik und Unternehmerverbänden phrasenhaft als Lösung für die Arbeitsmarkt- und Nachwuchsprobleme angepriesen. Können Kinder an die Frühförderung delegiert werden, stehen dem Markt ausreichend Arbeitskräfte zur Verfügung und die Kinder dem Erwerbsleben oder der Selbstverwirklichung junger Eltern nicht mehr im Weg. So jedenfalls wird es uns – mit Nachdruck – erklärt.

Ausgerechnet im fortschrittlichen Frankreich zeigt sich nun, dass die frühe staatliche Betreuung ihren Preis hat: Frauen entfremden sich zunehmend von ihren Kindern. Margarete Moulin schildet in der ZEIT ungeschminkt die Folgen die Verstaatlichung von Kindererziehung:

Die französische Frau als Heldin, die Beziehung, Kinder und Beruf problemlos unter einen Hut bekommt. Die Frau als „Superwoman“. Dieser Mythos entstand im Windschatten der Frauenbewegung in den 1980er Jahren. Fast alle der heute 20- bis 40-jährigen Französinnen sind früher selbst in einer Fremdbetreuung untergebracht gewesen und folgen jetzt demselben Prinzip. Über 60 Prozent der Mütter, die Kinder unter sechs Jahren haben, arbeiten Vollzeit. In Deutschland sind es nur gute zwölf Prozent. „Ich und alle meine Freundinnen sind Töchter solcher Supermütter“, sagt Maryline Jury. „Um die Fassade zu wahren, haben wir es so gemacht wie sie. Denn sonst sähe es so aus, als wären wir weniger befreit!“

Ein Vollzeitjob für beide Eltern bedeutet jedoch zwangsläufig, dass die Kinder oft neun Stunden oder mehr weggegeben werden müssen. Vor allem in den französischen Städten ist es üblich, dass abends eine assistante maternelle die Kinder von der Betreuung abholt, weil papa et maman noch keine Zeit haben.

Das hat Folgen: In einer aktuellen Unicef-Studie zum Wohlergehen von Kindern in 30 verschiedenen Ländern wurden Kinder und Jugendliche gefragt, wie sie selbst ihre Beziehung zu Eltern und Gleichaltrigen einschätzten. In dieser Untersuchung landete Frankreich auf dem letzten Platz.

Mehr: www.zeit.de.

VD: JH

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