Islam

Die Saat der Worte

Heute ist in der FAZ der Artikel »Schrift steht gegen Gewalt« von Christine Schirrmacher erschienen (5. Januar 2010, Nr. 3, S. 29). Darin heißt es:

Der politische Islam, der Islamismus und Extremismus, hat sich die koranischen Grundlagen für die Nachrangigkeit von Christen und Juden und deren gesellschaftlich-rechtliche Benachteiligungen in den vergangenen vierzig Jahren massiv zunutze gemacht. Der Dschihadismus knüpft an die Koranverse an, die vor dem Unglauben der »Schriftbesitzer« warnen, verknüpft sie mit politischen Ereignissen wie dem Irak-Krieg oder den Folterskandalen von Abu Ghraib und stellt alles Westlich- Christliche als verdorben, verfälscht und zerstörerisch dar, dessen man sich erwehren müsse. Hassprediger in Moscheen und im Internet, in Veröffentlichungen und im Unterricht von Jugendlichen halten Hetzreden gegen die »Ungläubigen«, den Westen, die zionistische Verschwörung und das Christentum, das gekommen sei, den Islam zu zerstören. Das erzeugt in Kombination mit der eigenen desolaten wirtschaftlichen Lage Zorn gegen den Feind da draußen. Natürlich gibt es im Islam oder auch im Koran keine Anweisung, Juden und Christen zu töten und ihre Gotteshäuser in die Luft zu sprengen. Viele Prediger rufen zur Mäßigung und zum Frieden auf. Aber neben den Theologen, die die Anschläge verurteilt haben, gibt es Hassprediger, die in staatlich gelenkten theologischen Ausbildungsstätten und Moscheen etabliert sind und im Internet und Fernsehen etwa Selbstmordattentate in Palästina rundheraus rechtfertigen (wie etwa der wohl derzeit einflussreichste islamische Theologe Yusuf al-Qaradawi) und zum Dschihad aufrufen.

Nachtrag: Der Artikel ist inzwischen online: www.faz.net.

Befürwortung des Holocaust in den arabischen Medien

Das Middle East Media Research Institute (MEMRI) erforscht den Nahen Osten anhand von allerlei Medien, Webseiten, religiösen Predigten und Schulbüchern aus der Region. Auf diese Weise ermöglicht MEMRI Leuten, die kein Arabisch sprechen (und nicht ständig vor dem Fernsehen sitzen können oder wollen), einen Zugang zu den nahöstlichen Berichterstattungen. Wer sich ab und an die Mühe macht, MEMRI-Beiträge zu lesen oder anzuschauen, kann die Existenzängste von Israel besser nachvollziehen.

Der MEMRI-Präsident Yigal Carmon hat am 28. September vor den Vereinten Nationen über neue Trends im arabischen Antisemitismus gesprochen (hier eine Mitschrift seiner Ansprache). Für mich besonders bedrückend ist die Tatsache, dass nach Beobachtungen von MEMRI in vielen arabischen Medien der Völkermord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten (Schoah) inzwischen nicht mehr geleugnet, sondern vielmehr begrüßt wird. Unverhohlen und hasserfüllt wird sogar davon gesprochen, dass ein neuer Holocaust ansteht und diesmal hoffentlich von den Muslimen am Volk Israel vollzogen werden wird.

Eine englischsprachige Videoaufzeichnung der Rede von Yigal Carmon gibt es hier. Ein stark bearbeiteter und in die deutsche Sprache übersetzter Auszug des MEMRI-Beitrages ist unten zu finden. Diese offensichtlich authentische Sehnsucht, Menschen zu erniedrigen und zu demütigen, finde ich einfach nur widerlich.

(Beide Videos sind wegen der gezeigten Gewalt nicht jugendfrei. Der deutsche Soldat, von dem die Rede ist, ist tatsächlich ein britischer Soldat (also ein Befreier), wie an der Mütze unschwer zu erkennen.)

Wohin treibt der Islam?

In Europa sind spätestens seit dem Beginn der Globalisierung die islamische, christlichen und säkularisierte Welten mit miteinander verwoben. Die zweiteilige ZDF-Dokumentation »Wohin treibt der Islam?« von Friedrich Klütsch und Daniel Gerlach geht der Frage nach, ob der Islam und die Demokratie zusammen passen oder welche Chancen und Schwierigkeiten sich bei dem Aufeinandertreffen der verschiedenen Kulturen ergeben. Unter den während der Dokumentation begleiteten Personen befindet sich Nassem Ben Iman, der zum Christentum konvertiert ist oder der bekannte Koran-Gelehrte Nar Abu Zaid, der im Juli verstorben ist.

Die zwei Teile können derzeit in der Mediathek aufgerufen werden:

VD: SW

Wer hat Angst vorm Zündelmann?

Die Erregung über die geplante Koran-Verbrennung zeigt, wie schnell die global vernetzte Medienöffentlichkeit aus Angst vor islamistischem Terror zum Spielball von Extremisten wird (siehe dazu auch hier). Islamisten nutzen diese Vernetzung der Welt dafür aus, um Gesellschaften zu spalten. Dabei muss niemand vor dem obskuren Pastor Terry Jones Angst haben, denn es gibt unter den Fundamentalisten eine Asymmetrie der Gewalt.

Reinhard Mohr hat für den SPIEGEL die Frage gestellt, was wohl passieren würde, wenn ein obskurer Mullah irgendwo eine öffentliche Bibelverbrennung ankündigte:

Wie sähen die weltweiten Reaktionen wohl aus, wenn ein fanatischer Mullah irgendwo in der arabischen Welt ankündigen würde, er wolle einen Haufen Bibeln verbrennen?

Sicher, die Kirchen würden protestieren, der Papst, ein paar zweit- und drittrangige Politiker. Aber gewiss nicht der US-Präsident oder die Bundeskanzlerin. Eher riefe Margot Käßmann zur »interkulturellen Verständigung« und zum »religiösen Dialog« auf, Feuilletonisten würden an den österreichischen Provokationskünstler Hermann Nitsch erinnern, dessen Blutorgien- und Mysterientheater schon viel schlimmere Blasphemien im Angesicht des christlichen Kreuzes hervorgebracht hat, oder Historiker würden das Ganze als späte Reaktion auf die Kreuzzüge des elften und zwölften Jahrhunderts deuten. Motto: So was kommt von so was.

Man könnte sich jedenfalls darauf verlassen, dass keine christlichen Selbstmordkommandos losziehen würden. Es gäbe keine Massendemonstrationen wütender Gläubiger, keine Botschaften würden gestürmt und keine Flaggen verbrannt. Es gäbe auch keine Boykottaufrufe und keine Fatwa. Niemand müsste sich fürchten vor den Gewalttaten radikaler Christen.

Hier der vollständige Artikel: www.spiegel.de.

20 Jahre Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam

Am 5. August 1990 bekräftigten 45 Außenminister im Namen der Mitglieder der Konferenz Islamischer Staaten mit der Kairoer Erklärung ihre eingeschränkte Sicht der Menschenrechte unter der Vorbedingung der Gültigkeit der Scharia. Obwohl fast alle islamische Staaten die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 unterschrieben haben, vertritt die Konferenz Islamischer Staaten die Auffassung, dass Muslime alleine göttlichem Gebot, also der Scharia Folge zu leisten hätten, die Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen hingegen menschliches Werk und damit für Muslime nicht bindend seien. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) kritisiert, dass damit Nicht-Muslime in islamischen Ländern vor dem Gesetz zu Bürgern zweiter Klasse würden, die Gleichberechtigung von Mann und Frau abgeschafft sei und die freiwillige Entscheidung, seinen Glauben zu wechseln, mit Hinweis auf die Menschenrechte im Islam verhindert werde, ja sogar mit langjährigen Haft und sogar mit der Todesstrafe geahndet werden könnte. Laut IGFM leiden in nahezu allen Mitgliedsländern der Konferenz Islamischer Staaten, zu den heute 57 Staaten gehören, Nichtmuslime unter Benachteiligung, Diskriminierung bis hin zur offenen Verfolgung. Gemessen an der Zahl der Opfer stellen die Christen die größte Opfergruppe. Die IGFM kritisiert, dass die Weltöffentlichkeit zu wenig Notiz von der fortschreitenden Festigung des Willens der Kairoer Erklärung nimmt: So sei der Menschenrechtsrat selbst als Steigbügelhalter für die Einschränkung der Menschenrechte aufgetreten, indem er eine Abstimmung zugelassen habe, in dessen Folge jegliche Kritik an menschenrechtswidrigem Handeln aus religiösen Gründen unzulässig sei. Gerade im Hinblick auf den Schutz vor den Folgen aus ungerechtfertigter Beschuldigung wegen Blasphemie oder für Konvertiten und den Vollzug barbarischer Strafen wie Steinigung, Amputation und Prügelstrafen habe der Menschenrechtsrat unselige Fakten geschaffen. Versagt hätten aber auch die westlichen und abendländisch orientierten Staaten, die es nicht vermocht hatten, sich auf eine gemeinsame Linie zum Schutz der Menschenrechte zu einigen, so die IGFM.

Nach der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Islam« vom 19.9.1981 durch den »Islamrat für Europa« ist die Kairoer Erklärung das zweite große multinationale Menschenrechtsdokument der islamischen Welt. Trotz weitreichender Garantien für die persönliche Freiheit des Menschen und die Unterstreichung, dass die grundlegenden Rechte und Freiheiten «verbindliche Gebote Gottes« seien und deshalb jeder Mensch individuell für ihre Einhaltung verantwortlich und deren Missachtung und Verletzung eine schreckliche Sünde sei, ist laut Abschlussartikel 25 die Scharia «die einzig zuständige Quelle für die Auslegung und Erklärung jedes einzelnen Artikels dieser Erklärung.« So bietet die Kairoer Erklärung Schlupflöcher für Steinigung und Amputation, indem sie gewährten Schutz des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit durch Hinweis auf die Gebote nach Schariarecht wieder aufhebt.

Weil der Islam – wie es dort heißt – die Religion der reinen Wesensart ist, ist es verboten, irgendeine Art von Druck auf einen Menschen auszuüben oder seine Armut oder Unwissenheit auszunutzen, um ihn zu einer anderen Religion oder zum Atheismus zu bekehren. Es ist daher eine logische Folge, dass jeder Mensch das Recht hat, im Einklang mit den Normen der Scharia für das Recht einzutreten, das Gute zu verfechten und vor dem Unrecht und dem Bösen zu warnen. Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, soweit er damit nicht die Grundsätze der Scharia verletzt. Die freie Entscheidung, seinen Glauben zu wechseln, wie sie von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und dem Pakt für Bürgerliche und politische Rechte garantiert wird, ist durch diese Erklärung für Muslime aufgehoben: Konversion zum Islam ja, Islam verlassen unter Androhung schwerster Strafen, nein.

Zur Heirat verurteilt

51MWZE6A2EL._SL160_.jpgSabatina, Jasmin und Sarah teilen ein Schicksal: Sie sind von einer Zwangsheirat betroffen – und sie sprechen offen über das Thema. Sie möchten mit ihrem Schicksal wachrütteln, in einem Land, in dem Gleichberechtigung zwar in der Verfassung steht, aber noch längst nicht für alle Frauen gilt, selbst dann nicht, wenn sie deutsche Staatsbürgerinnen sind.

Es lohnt sich, dass 30-minütige Video anzuschauen: 37grad.zdf.de. Das Buch von Sabatina gibt es hier: www.amazon.de.

Ägyptens bekanntester Konvertit vor Gericht

Ägyptens mit Abstand bekanntester Konvertit zum Christentum, der Journalist Mohamed Hegazy, stand am heutigen Dienstag vor Gericht. Hegazy hatte am 2. August 2007 als erster Ägypter die Änderung der Religionszugehörigkeit in seinem Personalausweis von »Muslim« in »Christ« beantragt. Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, war die heutige Verhandlung einzig zu dem Zweck angesetzt worden, das Urteil in diesem Fall zu verkünden. Das große internationale Medieninteresse bewog den vorsitzenden Richter aber, das Verfahren »zu stoppen«. Die Verhandlung verfolgten mehr Journalisten, als übrige Teilnehmer anwesend waren, so die IGFM.

Hegazy hatte sich bereits mit 16 Jahren dem Christentum zugewandt. Wegen seines »Abfalls vom Islam« wurde er von der ägyptischen Staatssicherheit verhaftet und gefoltert. Mitglieder seiner eigenen Familie wollten ihn umbringen. Der Journalist Hegazy ahnte daher, was ihm bevorstehen würde, als er versuchte, sein Recht auf freie Wahl der Religion legal wahrzunehmen. Obwohl es in Ägypten Schätzungen zufolge mehrere Tausend Konvertiten gibt, hatte zuvor noch niemand diesen Schritt in die Öffentlichkeit gewagt. Nach Angaben der IGFM sind zahlreiche ägyptische Konvertiten von der Staatssicherheit verhaftet, misshandelt und gefoltert worden – darunter auch Frauen.

Für IGFM Vorstandssprecher Martin Lessenthin hat der Prozess um den Konvertiten Hegazy eine herausragende Bedeutung: »Hegazys Versuch, einen Präzedenzfall zu schaffen, kann nicht hoch genug bewertet werden. Entweder führt er dazu, dass die Anwendung vom Islam in Ägypten endlich legal wird, oder er zeigt, dass die Regierung Mubarak das Recht auf religiöse Selbstbestimmung missachtet.«

Der Religionseintrag in den Personalpapieren hat für ägyptische Staatsbürger sehr weitreichende zivilrechtliche Konsequenzen. Z.B. führt der Religionseintrag »Muslim« dazu, dass ein Mann seine Frau ohne Angabe von Gründen und ohne Unterhaltspflicht verstoßen kann. Nur drei Religionen sind vom ägyptischen Staat anerkannt, alle andere Religionen und Religionslosigkeit sind – zumindest bisher – de facto verboten. Während der Übertritt zum Islam problemlos möglich ist, verweigern die Behörden den Wechsel von Muslimen zu einer anderen Religion.

Ihr habt mit Hass gekocht

Necla Kelek wehrt sich engagiert gegen den jüngst erhobenen Vorwurf, sie sei eine Hasspredigerin:

Aber ich bestehe darauf, dass wir, reflektiert und auf den Inhalt konzentriert, über den Islam streiten, jenseits persönlicher Angriffe. Wir brauchen eine Debatte über das, was unsere Gesellschaft im Innersten zusammenhält: einen Diskurs über die Freiheit des Wortes und seine Grenzen und darüber, ob in diesem Land die Menschenrechte tatsächlich für alle gelten, auch für alle Muslime; welche Rolle die Religion in unserem Leben spielen sollte und warum unter Verdacht gerät, wer unsere Freiheitswerte verteidigt. Vielleicht spiegeln meine Kritiker ja nur ihre eigene Verunsicherung in Sachen „westliche Werte“ – die Steinfeld immer in Anführungszeichen setzt – und kompensieren dies mit verbalen Hieben.

Dabei wird deutlich, wie fremd ihnen die Kultur des Islam ist. Und irgendwie versuchen sie den Eindruck zu erwecken, es handele sich ums Feuilleton und nicht um eine politische Auseinandersetzung.

Hier der Text: www.faz.net.

Islamischer Gelehrter will Weihnachten verbieten

Ein erzkonservativer populärer Prediger will Christen in islamischen Ländern das Feiern untersagen. Die islamischen Regierungen sind entsetzt bis pikiert, protestieren aber nicht – denn niemand wagt die direkte Konfrontation mit dem Idol der Massen.

»Araber und Muslime dürfen keine Weihnachtsfeste mehr erlauben«, wetterte Scheich Jussuf al-Karadawi in einer Fatwa, einem islamischen Rechtsgutachten, das über das Internet verbreitet wird. Man müsse es den Christen in den islamischen Ländern verbieten, Weihnachten zu feiern. Denn solche Feste seien »haram«, verstießen also gegen den islamischen Glauben.

Hier mehr: www.spiegel.de.

Verbindet das Weihnachtsfest Christen und Muslime?

In Diskussionen um gesellschaftliche Integration und interreligiöses Zusammenleben wird nicht selten die Harmonisierung christlicher und islamischer Glaubensvorstellungen gefordert. Sie scheitert aus Sicht von Pfarrer Eberhard Troegers vom Institut für Islamfragen vor allem an den unterschiedlichen Aussagen der Bibel und des Korans über die Identität und Botschaft Jesu. Ein konstruktives gesellschaftliches Miteinander von Menschen christlichen und muslimischen Glaubens brauche daher neben dem aufmerksamen Blick für das Gemeinsame auch die Bereitschaft und den Mut, wesentliche Unterschiede im Menschen- und Gottesbild offen anzusprechen und auszuhalten. Denn Toleranz bedeute nicht, alles für richtig zu halten, sondern den anderen zu respektieren, ohne seine Überzeugung zu teilen. Während viele Muslime ihre Hochachtung vor dem Propheten Isa, wie Jesus im Koran genannt wird, betonten, und Jesus in verschiedenen Strömungen des Sufismus als großes geistliches und moralisches Vorbild der Demut und Askese verehrt werde, lehne der Koran den christlichen Glauben an die Menschwerdung Gottes in Christus, also die Weihnachtsbotschaft, als gotteslästerlich ab, erklärte Troeger anlässlich des bevorstehenden Weihnachtsfestes.

Befürworter einer Harmonisierung beziehen sich laut Troeger vor allem auf die positiven Beschreibungen Jesu, die aus der frühen Zeit Muhammads stammen. Muhammad war damals verfolgter Prediger einer neuen religiösen Gemeinschaft in Mekka. Diese Beschreibungen knüpfen offensichtlich an Schilderungen des Neuen Testaments und verschiedener apokrypher Schriften an. Sure 19,20 bezeugt die Jungfrauengeburt Jesu. In Sure 3,45-49 heißt es, dass Jesus durch die Kraft des Wortes Gottes geschaffen und im Diesseits und Jenseits angesehen werde und zu denen gehöre, die Gott nahe stehen. Engel verkünden Maria, dass Gott Jesus die Schrift, die Weisheit, die Thora und das Evangelium lehren wird. Seine Botschaft des Evangeliums (injil) wird in Sure 5,46 als Licht und »Rechtleitung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen« bezeichnet. Nach Sure 3,49 heilt Jesus Blinde und Aussätzige und erweckt Tote zu neuem Leben. In Sure 5,112-115 wird beschrieben, wie Jesus seine Jünger mit einem wundersamen Essen aus dem Himmel versorgt.

Als sowohl Juden als auch Christen mit Berufung auf diese Wunder Jesu von Muhammad ähnliche Beglaubigungszeichen für seine göttliche Sendung forderten, verwies Muhammad auf die Einzigartigkeit des Korans als größtes Wunder. Erst in späteren Überlieferungen finden sich zahlreiche Berichte über Wunder Muhammads, deren Glaubwürdigkeit jedoch unter muslimischen Gelehrten umstritten ist. Im Vergleich mit Muhammad erscheint es aus Sicht von Troeger auch erstaunlich, dass Jesus weder im Koran noch in der Überlieferung einer einzigen Sünde bezichtigt wird, während gleich mehrere Koranstellen (Suren 40,55; 47,19; 48,2) beschreiben, dass Muhammad um Vergebung seiner Sünden beten musste. Unter muslimischen Theologen setzte sich später in offensichtlicher Reaktion auf die interreligiösen Auseinandersetzungen die Vorstellung von der Sündlosigkeit Muhammads und aller anderen Propheten durch, so Troeger.

Während Jesus in verschiedenen Koranstellen als »Wort von Gott«, Geist von Gott und Messias (z.B. Sure 4,171) beschrieben wird, wandte sich Muhammad insbesondere in seiner späteren Zeit als mächtiger religiöser und politischer Führer der wachsenden muslimischen Gemeinschaft in Medina immer entschiedener gegen den christlichen Glauben an Jesus als Gottessohn. Den Christen wird in Sure 5,72 vorgeworfen, mit der Verehrung Jesu Gott andere Götter beizugesellen und damit die schlimmste Sünde, nämlich die der Vielgötterei (schirk), zu begehen. Der Jesus des Korans und der islamischen Theologie erscheint damit lediglich als ein wichtiger prophetischer Vorläufer und Wegbereiter Muhammads. Wo die Bibel über diese Rolle Jesu hinausgeht, galt sie Muhammad als christliche Verfälschung der ursprünglichen göttlichen Botschaft.

»Jesus, wahrer (wirklicher) Gott vom wahren Gott ist Mensch geworden« (Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel, im Jahr 381 nach dem 1.Weihnachten) – dieser Anspruch galt schon den jüdischen Theologen und Führern zur Zeit Jesu als Gotteslästerung. Deswegen ließen sie Jesus zum Tod verurteilen und hinrichten. Der gekreuzigte Gottessohn – »für die Juden ein Ärgernis (skandalon), für die anderen eine Dummheit«. Das schrieb Paulus, der als jüdischer Theologe wegen dieser »Irrlehre« die jüdischen Christen verfolgt hatte, nach seiner Kehrtwendung zum christlichen Glauben an die Christen in Korinth (1. Korinther 1,23). Demnach trenne gerade die Weihnachtsbotschaft, dass Gott nicht unnahbar bleibt, sondern in Jesus Mensch wird, Christen und Muslime, erklärte Troeger.

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