Islamismus

Ehrliche Auseinandersetzung mit dem politischen Islam fehlt

In manchen linken Kreisen herrscht Solidarität mit islamistischen Strukturen. Die Aktivistin Schilan Kurdpoor warnt in ihrem aufschlussreichen Interview vor gefährlichen Diskursverschiebungen in Deutschland. Unter anderem sagt sie:

Präsident Erdogan macht keinen Hehl daraus, dass er vom Osmanischen Reich träumt. Er versucht, die arabische und kurdische Welt gezielt für sich zu gewinnen – und setzt dabei ganz bewusst auf den politischen Islam. Islamismus ist für ihn ein Werkzeug zur Machterweiterung. Die Besetzung kurdischer Gebiete wie Afrin im Nordwesten Syriens seit 2018 ist längst Realität.

Doch gerade in Europa – insbesondere in linken Diskursen – fehlt oft jedes Bewusstsein für diesen spezifischen Imperialismus. Es gibt kaum eine Auseinandersetzung mit der imperialen Ideologie. Stattdessen wird jede Kritik daran schnell als „rassistisch“ oder „islamophob“ abgetan. Diese analytische Leerstelle ist gefährlich. Denn sie verhindert eine ehrliche Auseinandersetzung mit der realen Bedrohung, die von autoritären, islamistisch geprägten Regimen ausgeht – und damit auch eine klare Positionierung im Sinne echter Solidarität gegenüber denjenigen, die unter deren Herrschaft leiden.

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Der Westen und die Religion

Es ist höchste Zeit, dass sich ein religionslos gewordener Westen wieder der Religion zuwendet, intellektuell und lebenspraktisch. Sonst versteht er bald die Welt nicht mehr, meint Martin Grichting in einem ziemlich schonungsfreien Beitrag für die NZZ. Seiner Meinung nach unterschätzen die Politiker die Wirkmächtigkeit religiöser Lehren, da sie nicht mehr davon verstehen. 

Grichting schreibt: 

Wenn es heute um die Frage nach der Ursache von islamisch motivierter Gewalt und Parallelgesellschaften geht, begegnet man immer wieder Deutungen, die den religiösen Hintergrund ausblenden. Die Weigerung muslimischer Migranten, sich in die westlichen Gesellschaften zu integrieren, sei das Erbe des Kolonialismus sowie die Folge rassistischer, wirtschaftlicher und sozialer Diskriminierung. Das führe zu Abschottung und in der Folge zu Gewalt.

Akte der Entmenschlichung, wie die Welt sie beim Überfall der Hamas auf Israel gesehen hat, werden mit der Psychologie frustrierter und perspektivloser Männer oder mit dem Einsatz von Drogen «erklärt». Sosehr das alles auch eine Rolle spielt: Der Elefant im Raum ist die Religion. Man ist offenbar nicht in der Lage, ihn zu sehen.

Nicht nur Gewaltaufrufe gehören zum Bestand islamischer Lehre. Vielmehr segregiert diese Religion die Menschen: «Nehmt euch die Juden und Christen nicht zu Freunden! Sie sind einander Freunde. Wer von euch sich ihnen anschliesst, der gehört zu ihnen.» So lautet die Ansage des Koran [Sure 5,51]. Sie bedeutet im heutigen Kontext: Wer sich im Westen integriert, ist ein Verräter. Nur wer sich in einer Parallelgesellschaft auf Distanz hält, ist ein guter Gläubiger.

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Jihadismus in Frankreich

Der Schriftsteller und Philosoph Pascal Bruckner lebt in Paris und beobachtet mir großer Sorge, wie sich der Islamismus in Frankreich ausbreitet und die linken Eliten nicht nur zuschauen, sondern sich sogar unheilige Allianzen bilden. Er baut seinen Kommentar, der in der NZZ in deutscher Sprache veröffentlicht wurde, um die Roubaix-Affäre auf. Im Januar hatte der Fernsehsender M6 eine Reportage ausgestrahlt, die sich dem radikalen Islam befasst und zu Teilen in Roubaix gedreht wurde. Der Beitrag sorgte für Furore. Die Moderatorin und ein Jurist, der sich zu den Zuständen in Roubaix äußerte, stehen inzwischen unter Polizeischutz. 

Pascal Bruckner schreibt: 

Schockierend an der Roubaix-Affäre sind nicht zuletzt auch die lauen Reaktionen. Es ging zehn Tage, bis sich 160 Persönlichkeiten entschlossen, eine Petition in der Zeitung «Le Figaro» zu publizieren und ihre Empörung zum Ausdruck zu bringen. Ein Teil der Linken wiederum hat es vorgezogen, den «unseriösen» Charakter (Jean-Luc Mélenchon) der M6-Reportage anzuprangern. Diese Haltung ist inzwischen bekannt: Nachdem die Linke alles verloren hat – die Arbeiterklasse, die UdSSR, China, die Dritte Welt –, meinen heute manche ihrer Vertreter, dass der Islam, und sei es der extremste, das neue Proletariat verkörpere. Aus dieser Warte tragen nunmehr die Muslime, und sie alleine, das revolutionäre Versprechen, von dem die Arbeiter nichts mehr wissen wollen.

Die unheilige Allianz zwischen Trotzkisten, Ökologisten oder Neo-Feministen auf der einen und Islamisten auf der anderen Seite ist verblüffend, denn die Linke muss ihre eigenen Werte mit Füssen treten, um diese Verbindung aufrechtzuerhalten. Der Islam gilt als «Religion der Unterdrückten», und folglich hütet man sich vor jeder Kritik an ihm, um nicht als «islamophob» oder «rassistisch» zu gelten. Gewisse linke Strömungen verfallen gar in eine veritable Vergötterung des Kopftuchs oder des Hijabs – auch dann, wenn ihn Mädchen ab sieben Jahren tragen müssen.

Seit 200 Jahren ist die Kritik an religiöser Eiferei und Intoleranz ein Kernanliegen der laizistischen Linken. Aber mit dem Islam macht sie heute eine Ausnahme. Auf dem Katholizismus und dem Protestantismus darf man nach Belieben herumtrampeln, doch wenn es um die Religion des Propheten geht, werden die Münder geschlossen, die Blicke wenden sich ab.

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Wachsender Islamismus an Schulen

Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung will Jugendarbeit mit Muslimen fördern und gegen Muslimfeindlichkeit vorgehen – versteht also Integration als Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft. Nicht thematisiert wird hingegen der islamistische Einfluss in den Schulen. Die NZZ schreibt: 

Zahlreiche muslimische NGO und ihre Unterstützer haben es verstanden, die Selbstanklage bürgerlicher Kreise, die sich schon deshalb für rassistisch halten, weil sie weiss und nichtmuslimisch sind, optimal für sich zu nutzen.

Eine von ihnen ist die vom Berliner Senat geförderte «Anlaufstelle Diskriminierung an Schulen» (Adas). Sie hat jüngst eine – von den Autoren selbst als nicht repräsentativ bezeichnete – Umfrage über Diskriminierungserfahrungen junger Muslime veröffentlicht und eine Reihe von Forderungen erhoben, die man umstandslos im Bereich der Cancel-Culture verorten kann. So sollen die Begriffe «konfrontative Religionsausübung», «aggressive Religionsbekundung» und «religiöses Mobbing» aus dem öffentlichen Diskurs verbannt werden, weil sie angeblich Muslime diskriminieren. Befragt wurden tatsächlich Personen im Kontext von Moscheegemeinden, von denen viele ein fundamentalistisch-reaktionäres Islamverständnis vertreten, was die Neuköllner Integrationsbeauftragte Güner Balci veranlasste, von einem «Who’s who des politischen Islam» zu sprechen.

Zudem zielen laut dem ebenfalls in Berlin ansässigen «Verein für Demokratie und Vielfalt» (DeVi) die beanstandeten Begriffe auf islamistisches Engagement an staatlichen Schulen: So würden beispielsweise muslimische Mädchen regelmässig von islamistisch gesinnten Mitschülern unter Druck gesetzt, sich islamisch zu kleiden, also den Körper blickdicht zu verhüllen und mit einem Kopftuch Haar, Hals, Nacken und Ausschnitt zu bedecken. Wer nicht spurt, wird als ehrlos beschimpft, gemobbt oder drangsaliert.

Mehr: www.nzz.ch.

Hamed Abdel-Samad: „Irgendetwas läuft schief“

Hamed Abdel-Samad hat am 3. November 2020 in der Kulturzeit Klartext gesprochen. Ich empfehle das Gespräch gern:

Nährboden des Terrors

Ich wurde schon mehrfach – auch innerhalb evangelikaler Kreise – dafür kritisiert, wenn ich vor eine schleichenden Islamisierung Europas gewarnt habe. Bis hin zu Aussagen: „Das mit der Islamisierung ist ein Mythos!“ Wenn ich mich zu dem Thema geäußert habe, dann immer mit Rückgriff auf die wichtige Unterscheidung zwischen Muslimen, die ihren Glauben friedlich leben möchten, und dem politischen Islam, der einen Machtanspruch stellt.

Inzwischen ist das Thema – zumindest in Frankreich – so präsent, dass man sich nicht mehr verstecken kann. Wegschauen hilft nicht. Susanne Schröter schrieb kürzlich in der FAZ:

Die unheilvolle Allianz zwischen ihnen und den Islamisten hat kürzlich der angesehene Islamwissenschaftler Bernard Rougier in seiner Monographie „Les territoires conquis de l’islamisme“ beschrieben. 150 Kommunen, so Rougier, seien bereits vollkommen in der Hand radikaler Islamisten. Dort gebe es keine Bildung mehr für Kinder, sondern nur noch islamistische Indoktrination, die Frauen seien aus der Öffentlichkeit verbannt, Repräsentanten des Staates gelten als Feinde. Diese Zustände sind nicht neu. Bereits in den neunziger Jahren gab es Aufstände in den Banlieues, die sich gleichermaßen gegen den französischen Staat und seine Symbole, aber auch gegen Muslime richteten, die säkular gesinnt waren. Schon damals schlossen sich junge Männer unter islamistischen Parolen zu Gruppen zusammen, um vermeintlich islamische Normen in ihren Wohnvierteln durchzusetzen, und terrorisierten dabei vor allem muslimische Mädchen. Sie wurden genötigt, sich zu verschleiern und nicht mehr ohne „Grund“ und ohne die Begleitung eines männlichen Verwandten aus dem Haus zu gehen. Wer sich dem widersetzte, wurde mit Gruppenvergewaltigungen bestraft.

Ich empfehle gern die Schrift Islam oder Islamismus? – Argumente zu seiner Beurteilung des Experten Eberhard Troeger: sonderdruck05.pdf.

Der Islamismus ist tief verankert

Der französische Intellektuelle Pascal Bruckner hat sich in der FAZ (27.10.2020, Nr. 250, S. 11) zum im Land tief verankerten Islamismus geäußert und stellt dabei fest, dass der Islam gegenüber dem Judentum und Christentum in der Kritik geschont wird. Hintergrund des Interviews ist das islamistische Attentat auf einen Lehrer in Paris.

Pascal Bruckner sagt:

Ich will damit sagen, dass die Aufklärung über Dschihadismus im Namen des Antirassismus, des Kampfes gegen „Islamophobie“, behindert wird. Sogar das Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo wurde von manchen heruntergespielt. Wer sich über den Propheten lustig mache, diskriminiere den Islam, während man Jesus oder Moses ruhig lächerlich machen dürfe. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Der Islam soll die einzige unberührbare Religion sein. Ich verwende das Wort „Islamophobie“ nicht, weil ich nicht weiß, was es bedeuten soll: Wir haben alle das Recht, Religionen nicht zu mögen oder sie zu kritisieren. Das ist ein fundamentaler Bestandteil der Meinungsfreiheit. Verboten ist nur, Gläubige zu verfolgen oder ihre Kultstätten anzugreifen. Es ist auch völlig berechtigt, den westlichen Kolonialismus zu kritisieren, aber soll man darüber den osmanischen Imperialismus vergessen, der so viele Jahrhunderte das östliche Europa und den Mittelmeerraum besetzt hat und heute in Berg-Karabach den Genozid an Christen und Armeniern vollenden will, der Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts begangen wurde? Es handelt sich hier um ein expansives Imperium, das Europa für vergangene Verbrechen schuldig spricht und sich gleichzeitig weigert, seine eigenen anzuerkennen, das überall Dschihadisten bewaffnet und antreibt. Ich bedaure, dass Deutschland der Türkei so furchtsam gegenübertritt.

Wie leicht es fällt, die Verantwortung islamistischer Attentäter herunterzuspielen, demonstriert der Leserbrief eines deutschen Professors, der am 28. Oktober ebenfalls in der FAZ erschienen ist (28.10.2020, Nr. 251, S. 6). Er fragt dort nach Ursachen für den islamischen Terrorismus und meint:

Es gibt mittlerweile genügend soziologische Studien, die zeigen, wie die verweigerte Integration dazu beiträgt, dass die Identitätsangebote eines zunehmend militanten Islams bei einem Teil dieser Bevölkerung Widerhall finden – als Gegenidentifikation gegen eine Gesellschaft und eine Politik, die sie ausgrenzen. Und die Schule, der Auslöser der Mordtat, ist der Ort, an dem schon die Jugendlichen aus diesem sozialen Milieu ihre Ausgrenzung erfahren und gegen die sich einige blindwütig und keineswegs nur in diesem Fall zur Wehr setzen. Entgegen den hehren Werten der Republik, die dort gelehrt werden, der Gleichheit und Brüderlichkeit, ist sie eine hoch selektive Institution der Elitebildung und der Ausgrenzung der Benachteiligten. Trotz aller Absichtserklärungen und Programme hat sich an dieser Situation der Benachteiligung in den letzten Jahrzehnten nichts geändert (die spektakulären Aufstände in den Banlieues sind mittlerweile fünfzehn Jahre her!). Ein Kollektiv von Soziologen hat damals die Schule als eine Fortsetzung der kolonialen Situation analysiert, „in der Lehrer aus der weißen Mittelklasse die Ausgrenzung der Armen festschreiben, die aus den Ländern des Südens stammen“ (Autin „Banlieues, lendemains de révolte“, Paris 2006), und diese Analyse ist bis heute gültig. Die radikale Ablehnung der Schule und der von ihr propagierten Werte hat darin ihre Ursache. Dass der terroristische Akt seine gesellschaftlichen Wurzeln hat, rechtfertigt ihn natürlich nicht, macht ihn aber doch besser verständlich als die rituelle Verurteilung im Namen von Werten, die in den Banlieues für viele gerade unter den Jugendlichen ihre Glaubwürdigkeit längst eingebüßt haben. Solange hier keine grundlegenden Reformen in Angriff genommen werden, wird die französische Gesellschaft mit der Attraktionskraft des militanten Islamismus leben müssen.

Ich will gar nicht bestreiten, das misslungene Integration eine Radikalisierung junger Muslime beschleunigt. Insgesamt ist diese Analyse allerdings dann doch eher eindimensional. Denn nicht alle Gruppen mit Ausgrenzungserfahrungen radikalisieren sich. Die Weltanschauung, die Menschen mitbringen, spielt eben doch eine substantielle Rolle bei der Verarbeitung ungünstiger Begleitumstände.

„In Cafés sitzen keine Frauen mehr“

Michaela Wiegel hat für die FAS mit der französischen Philosophin Elisabeth Badinter und der deutschen Journalistin Alice Schwarzer über Antisemitismus und Islamismus in Frankreich gesprochen (FAZ vom 10.12.2017, Nr. 49, S. 5). Beide Frauen zählen zur linken feministischen Szene. Einige Antworten sind bemerkenswert und sollten die Politiker in der EU alarmieren. Auszüge:

Elisabeth Badinter: Es gibt heute in Frankreich keine andere Bevölkerungsgruppe, die wie die Juden ausschließlich aufgrund ihrer Religion schikaniert, gefoltert und sogar getötet wird. Diese Straftaten wer- den immer von Personen mit muslimischem Einwanderungshintergrund begangen, die sich dem Islamismus verschrieben haben.

Badinter: Seit viele sozial benachteiligte Familien unter dem Einfluss der Salafisten oder der Muslimbruderschaft stehen, wiegt das Wort der Imame schwerer als das der Lehrer. In zahlreichen Klassenzimmern in den Vorstädten kann die Geschichte des Holocausts nicht mehr unterrichtet werden, so stark ist die Ablehnung der Schüler. Das Wort des Lehrers gilt als Ausdruck der dominanten Mehrheitsgesellschaft, von der sich manche Schüler ausgegrenzt fühlen.

Schwarzer: Die Herausforderung liegt darin, die Probleme nicht zu leugnen. Deutschland hat eine massive Zuwande- rung von jungen Männern erlebt, die aus Ländern kommen, in denen Frauen völlig rechtlos sind, die tief patriarchale Traditionen haben und außerdem seit Jahren einer radikalislamischen Propa- ganda ausgesetzt sind. In ihrem Gepäck bringen sie, wie es der algerische Schrift- steller Kamel Daoud so treffend gesagt hat, all dies mit zu uns.

Badinter: Ich kann das aus eigener Erfahrung bestätigen. Noch vor fünf Jahren konnte ich mich in Aubervilliers oder La Courneuve als Frau unbesorgt in ein Straßencafé setzen. Das ist vorbei. In den Cafés sitzen einfach keine Frauen mehr.

Hier online: www.faz.net.

Gespräch mit Dominic „Musa“ Schmitz

Mit 17 schloss sich Dominic Schmitz einer salafistischen Gruppe an, drehte Propagandavideos und pilgerte nach Mekka. Pierre Vogel und Sven Lau waren seiner Mentoren. In dem Buch Ich war ein Salafist: Meine Zeit in der islamistischen Parallelwelt beschreibt der ehemalige Salafist diese Zeit  und gibt so Einblicke in die Szene.

Im DLF sprach er kürzlich über seine Konversion zum Islam:

„Der Islam ist nicht gewalttätig“

Dass Papst Franziskus der innerchristliche und interreligiöse Dialog ein Herzensanliegen ist, wird ihm kaum jemand absprechen wollen. Anfang des Jahres ging er in einer Videobotschaft sogar so weit, dass er die beachtlichen Unterschiede zwischen den Religionen auf eine mystische Liebesethik reduzierte. Die Menschen, so sagte er, erfahren Gott auf unterschiedliche Weise, die in der Vielfalt der Religionen zum Ausdruck kommt. Ich zitiere: „Wir alle sind Kinder Gottes!“

Obwohl ich diese Gleichmacherei vehement ablehne, bin ich freilich dankbar, dass Franziskus in diesen Zeiten religiös mitbegründeter Spannungen und Kriege verbal abrüstend daran erinnert, dass die Konflikte mit Gewalt nicht zu lösen sind.

Wie sind sie aber dann zu lösen? Ich glaube nicht daran, dass es den Frieden fördert, wenn wir die Ideen, die hinter der Gewalt stecken, gegen Kritik immunisieren. Ganz im Gegenteil meine ich, dass das Ringen um die Wahrheit auch in den religiösen Dingen wiederbelebt werden muss.

Deshalb ärgert es mich, wenn Papst Franziskus, der selbst gern vor pauschalen Verurteilungen warnt, in seiner Friedensethik Gleichmacherei betreibt. Während seines Rückflugs vom Weltjugendtag in Krakau hat er sich erneut den Fragen der Journalisten gestellt. Er warnte – völlig berechtigt – davor, den Islam schlechthin als terroristisch zu bezeichnen. ZEIT ONLINE berichtet weiter:

Jede Glaubensrichtung habe radikale Anhänger, sagte Franziskus. „Wenn ich über islamische Gewalt spreche, dann muss ich auch über christliche Gewalt sprechen“, sagte der Papst. „In fast jeder Religion gibt es immer eine kleine Gruppe von Fundamentalisten – bei uns auch.“ Wenn er die Zeitungen lese, sehe er „jeden Tag Gewalt in Italien“, sagte Franziskus. „Der eine tötet seine Freundin, der andere tötet seine Schwiegermutter, und das sind alles getaufte Christen.“

Nun gab und gibt es leider auch christlich begründete Gewalt. Doch dieser Vergleich hinkt beträchtlich. Die islamistische Gewalt müssen wir ertragen, weil die Täter sich auf ihre Religion berufen (können). Die christliche Gewalt, die Franziskus in Italien findet, erleben wir, obwohl die Täter getauft sind. Das ist ein großer Unterschied.

Dass Franziskus zur Erklärung des islamistischen Terrorismus auf die Perspektiv- und Arbeitslosigkeit verweist, überzeugt ebenfalls kaum. Es wird stimmen, dass solche Faktoren Radikalisierungsprozesse beschleunigen. Erklären können sie diese aber nicht. Soweit ich weiß, gibt es jedenfalls keine Szene arbeitsloser Christen, die mit dem Dschihadismus vergleichbar ist. Ein Neonazi wird nicht Neonazi, weil er arbeitslos ist, sondern weil er einer finsteren Ideologie oder Menschen, die diese Ideologie verinnerlicht haben, vertraut.

Letztlich sind es eben doch Ideen, die Konsequenzen haben. Diese Ideen können wir weder mit Waffen noch mit Gleich-Gültigkeit bekämpfen. Wir müssen sie genau unter die Lupe nehmen. Wir brauchen Respekt und Wahrheit!

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