Rassismus

Cambridge: Vor allem Gleichheit und Vielfalt

An der Eliteuniversität in Cambridge sollen Professoren und Dozenten eine Umschulung in Sachen Rassismus erhalten. Aufgrund eines vorausgesetzten strukturellen Rassismus – es gibt nämlich mehr weiße Lehrkräfte als farbige, wird den Mitarbeitern ein Diversitätstraining als Weiterbildung verpasst. Auch mit Sanktionen muss gerechnet werden: 

Vom Rassismus heißt es zwar, er sei „strukturell“, aber wie er sich unter dieser Voraussetzung durch Kurse an Einzelnen wegerziehen ließe, ist nicht leicht zu sehen. Es soll auch Noten für die Kurse geben, die aber, heißt es, nur zu statistischen Zwecken ausgewertet werden. Wer flächendeckende Problemlösungen durchgesetzt hat, ohne zuvor flächendeckende Probleme mehr als definitorisch – „Es gibt eine Mehrheit weißer Lehrkräfte, also muss etwas getan werden“ – nachgewiesen zu haben, mag auch hier noch Spielraum für Sanktionen finden. Oder die Ausweitung der Gerechtigkeitskurse betreiben.

Mehr: www.faz.net.

Was darf man noch sagen und was besser nicht?

Wer sich – wie ich – für die Themen Meinungsfreiheit, gendergerechte Sprache und Cancle Culture interessiert, sollte 75 Minuten investieren und sich die TV-Sendung Hart aber fair vom 5. Oktober 2020 anschauen. Dort wird – vor allem durch die Redebeiträge von Jürgen von der Lippe, Jan Weiler und Svenja Flaßpöhler – sehr schön belegt, wie durch den „Neusprech“ Scheren in unserem Kopf entstehen. Zugleich wird offenbar, wie blass die Argumente der Lobby für eine gendergerechte Sprache letztlich sind. In dieser Hinsicht haben Stefanie Lohaus und Stephan Anpalagan einen guten Job gemacht.

Hier geht es zur ARD-Sendung „Streit um die Sprache: Was darf man noch sagen und was besser nicht?“ mit Frank Plasberg: www1.wdr.de.

„Woher stammst du eigentlich?“

Das Magazin Zeit Wissen sucht in der Ausgabe Nr. 5 (09/10, 2020) den Rassisten in uns. Zu den Fragen, die wir uns stellen müssen, um den inneren Rassismus zu entlarven, gehört etwa: „Würde ich U auf einer Party kennenlernen, würde ich sie fragen, woher sie stammt“? Dazu heißt es dann (S. 97):

Auch eine Form von „die“ und „wir“, im englischen Fachjargon Othering genannt. U sieht nicht so aus, als würde sie „von hier“ kommen, bedeutet ja, dass Menschen „von hier“ ein bestimmtes Aussehen haben. Obwohl hier sympathisierend gemeint, ist das eine Form von Abgrenzung — und das Werkzeug dazu ist oft die Sprache.

Wirklich? Könnte es nicht sein, dass ich mit dieser Frage mein Interesse am anderen ausdrücke? Ich jedenfalls freue mich, wenn ich im Ausland gefragt werde, woher ich stamme. Eine ideale Einstiegsfrage für ein gutes Gespräch.

Rassismus liegt auch dann vor, wenn ich davon überrascht bin, „dass P so gut Deutsch spricht“. Zeit Wissen klärt mich auf:

Hier taucht erneut das eigentümlich Fremde auf. Das berührt sowohl „Wer anders aussieht, kann gar nicht von hier kommen“ als auch „Wer so aussieht, kann und wird niemals deutsch sein“. Dass in ihnen etwas so denkt, entdecken Menschen, die bereit sind, in die Teile ihres Selbst hineinzuleuchten, die sie lieber im Dunkeln lassen. Rassisten nennen Menschen wie P dann offensiv „kulturfremd“, als sei Kultur etwas Festgefügtes und Unverrückbares. Das „wir“ und „die“ wird hier wieder sichtbar, manchmal auch in einer exotisierenden Form („P spricht Bayerisch, wie süß!“) oder wenn P auf der Straße auf Englisch angesprochen wird, denn „von hier“ kann die ja nicht sein.

Kann es nicht auch hier genauso gut umgekehrt sein? Ich bringe meine Freude darüber zum Ausdruck, dass jemand so schnell eine neue Sprache lernt und werde ihm dadurch zu einem Ermutiger?

Ich glaube ja, dass Rassismus ein ernstes menschliches Übel ist. Aber diese Hermeneutik der Unterstellung fördert Formen des Misstrauens, die uns gerade nicht dabei helfen, respektvoll miteinander umzugehen. Könnte es sein, dass auch die von der Zeit berufenen Gedankenleser unbewusste Vorurteile pflegen?

Wer theologisch über das Problem des Rassismus arbeiten möchte, kann zum Beispiel mit der Lektüre von „Thinking Theologically About Racial Tensions“ beginnen.

Soziale Gerechtigkeit

Diejenigen, die mit der reformierten Szene in den USA vertraut sind, haben wahrscheinlich die Diskussion um die Erklärung zur „Sozialen Gerechtigkeit“ verfolgt. Leute wie John MacArthur oder James White haben ein Statement zur „Sozialen Frage“ veröffentlicht. Andere haben sich von dem Statement distanziert, da es über das Ziel hinausschieße. Die Tatsache, dass der Begriff „Soziale Gerechtigkeit“ kulturmarxistisch aufgeladen sei, bedeute nicht – so ihre Auffassung –, dass es keine sozialen Probleme gebe. Andere, wie etwa Kevin DeYoung, nehmen eine vermittelnde Position ein.

Zu jenen, die sich von der Erklärung distanziert haben, gehört Al Mohler. In einer „Q&A“-Sitzung hat er ausführlich zur Diskussion Stellung genommen. Im Geiste der Augustinischen Theologie äußert er sich zu McArthurs oder Tim Kellers Sichtweisen. Ich stimme übrigens Mohler in wesentlichen Punkten zu.

Hier der Mitschnitt (ich empfehle besonders die Ausführungen ab Minute 24:00):

Denkerische Unfreiheit

An den Universitäten Nordamerikas protestieren Studenten lautstark gegen den Rassismus und andere Diskriminierungen. Selbst einigen Linken geht manches inzwischen zu weit, weil Reporter ausgeschlossen und Debatten erstickt werden (vgl. dazu Die Infantilisierung der amerikanischen Universitäten). DIE ZEIT schreibt:

Aber auch aus dem linken Lager tönt Unbehagen über die Aggressivität der Proteste. Jonathan Chait, Journalist beim New York Magazine und ausgesprochener Kritiker der Konservativen, meint etwa, dass politische Korrektheit einer „neuen Ideologie“ gleichkomme, die abweichende Meinungen bei Rassen- und Geschlechterfragen völlig intolerant gegenüber sei. „Und mit abweichend meine ich nicht Hassrede, Drohungen, Hakenkreuze. Ich meine die Aufführung eines unliebsamen Theaterstückes, die Veröffentlichung eines Meinungsartikels, der leicht von der eigenen Meinung abweicht – dies sind Dinge, die als Bedrohung der safe places erklärt worden sind“, sagte Chait dem öffentlich-rechtlichen Radiosender NPR. „Und das ist eine ziemlich beunruhigende Vorstellung für einen Linken.“

Für die akademische Welt kann es sogar äußerst kontraproduktiv sein, warnen Hochschullehrer. „Die Menschen nehme fälschlicherweise an, sie hätten ein Recht darauf, nicht angegangen zu werden. Aber es ist unsere Aufgabe als Pädagogen etwas anstößig zu sein im Sinne, um unsere Studenten zu zwingen, ihre Grundannahmen zu überdenken“, meint Nadine Strossen, Professorin an der New York Law School. „Hier soll es doch um Vielfalt gehen, da können wir doch verschiedene Ansichten nicht einfach auslöschen.

Mehr: studentenproteste-usa-extremismus-rassendiskriminierung-mizzou.pdf.

„Southern Baptist Convention“ hat Afroamerikaner als Präsident

Fred Luter

Die Rassentrennung gehörte für den Südlichen Baptistenbund zum Gründungsfundament. Mit der Wahl eines Afroamerikaners zu ihrem Präsidenten setzen sie ein Zeichen für die Versöhnung. Matthias Rüb berichtet für die FAZ über die Wahl:

Gegen vier Uhr nachmittags wird in der Halle B des Ernest-N.-Morial-Kongresszentrums zu New Orleans Geschichte geschrieben. Man könnte auch sagen, dass um diese Zeit der Allmächtige direkt in den Geschichtsprozess eingreift. So sehen es jedenfalls Fred Luter und die knapp 8.000 Delegierten der Jahrestagung der „Southern Baptist Convention“ (SBC). Die Delegierten heißen hier offiziell „Boten“ – auf ihren Namensschildchen steht das Wort „Messenger“ -, und nach der Wahl von Pastor Luter zum Kirchenpräsidenten durch Akklamation springen sie von ihren Klappstühlen auf, werfen die Arme in die Höhe und rufen: „Halleluja!“

Es fließen viele Tränen. Oben auf dem Podium kommt der frisch gewählte Kirchenpräsident Fred Luter, der von seinem Vorgänger Bryan Wright umarmt wird, mit seinem Taschentuch kaum nach. Und auch unten auf dem Betonboden von Halle B geht manches Auge über. Wer sagt, dass Gott an einem schwülen Frühsommertag nicht in einer schmucklosen Messehalle im Süden von Louisiana gegenwärtig sein kann?

Mehr: www.faz.net.

P.S. Mich würde interessieren, ob Luter wirklich genau das gesagt hat, was Matthias Rüb ihm im letzten Absatz seines Artikels zuschreibt.

Befürwortung des Holocaust in den arabischen Medien

Das Middle East Media Research Institute (MEMRI) erforscht den Nahen Osten anhand von allerlei Medien, Webseiten, religiösen Predigten und Schulbüchern aus der Region. Auf diese Weise ermöglicht MEMRI Leuten, die kein Arabisch sprechen (und nicht ständig vor dem Fernsehen sitzen können oder wollen), einen Zugang zu den nahöstlichen Berichterstattungen. Wer sich ab und an die Mühe macht, MEMRI-Beiträge zu lesen oder anzuschauen, kann die Existenzängste von Israel besser nachvollziehen.

Der MEMRI-Präsident Yigal Carmon hat am 28. September vor den Vereinten Nationen über neue Trends im arabischen Antisemitismus gesprochen (hier eine Mitschrift seiner Ansprache). Für mich besonders bedrückend ist die Tatsache, dass nach Beobachtungen von MEMRI in vielen arabischen Medien der Völkermord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten (Schoah) inzwischen nicht mehr geleugnet, sondern vielmehr begrüßt wird. Unverhohlen und hasserfüllt wird sogar davon gesprochen, dass ein neuer Holocaust ansteht und diesmal hoffentlich von den Muslimen am Volk Israel vollzogen werden wird.

Eine englischsprachige Videoaufzeichnung der Rede von Yigal Carmon gibt es hier. Ein stark bearbeiteter und in die deutsche Sprache übersetzter Auszug des MEMRI-Beitrages ist unten zu finden. Diese offensichtlich authentische Sehnsucht, Menschen zu erniedrigen und zu demütigen, finde ich einfach nur widerlich.

(Beide Videos sind wegen der gezeigten Gewalt nicht jugendfrei. Der deutsche Soldat, von dem die Rede ist, ist tatsächlich ein britischer Soldat (also ein Befreier), wie an der Mütze unschwer zu erkennen.)

Nobelpreisträger James Watson erneut in der Kritik

JamesDWatson.jpgJames D. Watson wurde von einer leitenden Funktion des Cold Spring Harbor Laboratoriums in New York vorerst entbunden, da seine Äußerungen über die angeblich mangelhafte Intelligenz von Schwarzafrikanern eine Welle des Protestes ausgelöst hatten (vgl. Die Welt).

Das Laboratorium entschied richtig. Schade nur, dass Watson’s Forderung, erblich belastete Föten zu töten, trotz einiger internationaler Empörung für ihn folgenlos blieb. Es wird »während der nächsten Jahrzehnte einen immer stärkeren Konsens darüber geben, daß Menschen das Recht haben, dem Leben erbgeschädigter Föten ein Ende zu setzen«, schrieb er in seinem Aufsatz »Die Ethik des Genoms« (FAZ, Nr. 227, 26.09.2000).

Einen Artikel über die bizzare Ethik des umstrittenen Mitentdeckers der Doppelhelixstruktur können sie hier herunterladen: Die Alpträume des James D. Watson.

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Bild: National Library of Medicine

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