Sexualethik

Der Queer-Plan der Bundesregierung

Vor wenigen Wochen beschloss die Bundesregierung den sogenannten Aktionsplan „Queer leben“ (vgl. hier). Doch nicht etwa der Abbau der Diskriminierung steht darin im Vordergrund, sondern die umfassende Durchdringung der Gender-Ideologie in allen gesellschaftlichen Bereichen. Ganze 70 Millionen Euro Steuergelder werden dafür zur Verfügung gestellt. Rieke Hümpel hat einen aufrüttelnden Artikel dazu bei CICERO verfasst. Darin schreibt sie:

Am bedrückendsten empfinde ich Punkt 4.3, der das „Gesetz zum Schutz von Konversionsbehandlungen“ als Maßnahme vorschlägt und tatsächlich ein grausames Unrecht gegen Eltern beinhaltet. Das Gesetz soll verhindern, dass der Wunsch von Erwachsenen und Jugendlichen nach Transition angezweifelt werden darf. Selbst die bisherige Strafausnahme für Eltern soll nach Möglichkeit aufgehoben werden.

Dahinter versteckt sich: Eltern dürfen künftig den Wunsch ihrer Kinder nach einer Transition noch nicht einmal mehr kritisch hinterfragen! Der Staat entzieht allen Eltern dieses Landes auf Wunsch von Queer-Aktivisten bei einer derart existenziellen Frage die Gesundheitssorge! Im schlimmsten Fall müssten Eltern also künftig wortlos dabei zusehen, wie ihr Kind chemisch und operativ kastriert wird – selbst, wenn sie von einer Fehlentscheidung überzeugt sind.

Staatlich verordnetes Nichtssagen, wenn die über alles geliebte Tochter sich die Gebärmutter rausnehmen und die Busen abschneiden lässt. Unterstützendes Nicken, wenn dem eigenen Sohn der Penis abgetrennt wird. Wissend, dass die Kinder fortan lebenslang schreckliche Nebenwirkungen und ein erhöhtes Krankheitsrisiko bevorstehen. Ich kann mir kaum eine brutalere Situation für Eltern vorstellen. Es ist ein Alptraum.

Dabei sind mittlerweile weltweit warnende Stimmen laut geworden. Schweden hat die Verwendung von Pubertätsblockern und gegengeschlechtlichen Hormonen für alle Kinder unter 18 Jahren in diesem Jahr im ganzen Land eingestellt. Finnland wählte bereits 2020 die Psychotherapie als erste zu wählende Behandlung vor der Gabe von Pubertätsblockern. In Frankreich warnt die Nationale Akademie für Medizin in ihren neuen Leitlinien aufgrund fehlender Evidenz vor vorschnellen hormonellen und operativen Transitionen.

Mehr hier: www.cicero.de.

VD: HL

The Nashville Statement in German

EikonIm Journal EIKON ist ein kurzer Artikel zum fünfjährigen Jubiläum der Nashville-Erklärung erschienen. Ich versuche dort, die Entstehung und Wirkung der deutschen Übersetzung zu schildern:

Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als ich das erste Mal die Nashville-Erklärung zu sehen bekam. Das war Ende August im Jahr 2017. Nach der Erstlektüre dachte ich: Diese Erklärung wendet sich ziemlich genau den Fragen zu, die wir derzeit in den deutschsprachigen Gemeinden diskutieren. Sie schafft jene Transparenz und Klarheit, die wir benötigen, um uns den Herausforderungen zu stellen, die uns anti-essentialistischen Denkschulen und die LGBTQ+-Bewegung auch im kirchlichen Raum gebracht haben. Die gewählte Form mit ihren Bekräftigungen und Verwerfungen hilft, Missverständnisse und Schlupflöcher zu vermeiden.

Hier die originale Ausgabe: NAHSGER.pdf.

Carl Trueman: Der Siegeszug des modernen Selbst

VM Trueman DerSiegeszugDesModernenSelbst Mockup 3D

Das Buch Der Siegeszug des modernen Selbst ist inzwischen in deutscher Sprache erschienen und kann bei dem Verlag Verbum Medien oder im Buchhandel bezogen werden.

Professor Stephan Holthaus, Rektor der Freien Theologischen Hochschule in Gießen, schreibt über das Buch:

»Carl Trueman, Professor für Bibel- und Religionswissenschaft am Grove City College, analysiert unsere westliche Kultur unter der Fragestellung: ›Was macht eigentlich den Menschen aus?‹ Die ›Identitätsfrage‹ durchzieht nach Trueman die neuere Geistesgeschichte vom Individualismus bis hin zur Genderdebatte und der LGBTQ+-Bewegung. Die ›sexuelle Revolution‹ begann schon mit der Infragestellung unseres ›Selbst‹ durch Rousseau, dann folgten Marx, Darwin, Shelley, Nietzsche, Freud und zuletzt die ›Neuen Linken‹. Weil wir Gott verloren haben, haben wir auch uns selbst verloren, so Trueman. Die Sexualisierung unserer Gesellschaft und die Suche nach Authentizität sind dabei Ausdruck einer kollektiven Verunsicherung des Menschen, der auf der Suche nach seinem echten Wesenskern ist. Diese geniale Gegenwartsanalyse bleibt nicht beim Lamentieren stehen, sondern zeigt auf, wie unglaublich wichtig der christliche Glaube und unsere Identität in Gott in der modernen Zeit sind. Summa: Eine sehr spannende, tiefgründige und hochaktuelle Lektüre. Absolut empfehlenswert!«

Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Professorin em. für Religionsphilosophie und vergleichende Religionswissenschaft am Institut für Philosophie der Technischen Universität Dresden, schreibt:

»Das Buch ist eine Augenöffnung – somit ein großer Dienst in verwirrten Zeiten. Es stellt sich der großen Aufgabe, vom Faktenwissen zum Orientierungswissen überzuleiten. Sofern heute Vernunft vielfach dehumanisiert wird, wird sie hier wieder in ihre Aufgabe eingesetzt: den Geist wahrheitsfähig zu machen.«

Harald Seubert, Professor und Fachbereichsleiter für Philosophie und Religionswissenschaft an der Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule Basel (Schweiz) sagt zum Buch:

»Carl Trueman hat ein augenöffnendes Buch über die Bewusstseinslage eines Maß und Mitte verlierenden Individualismus vorgelegt. Er klärt schonungslos auf und zeigt, wie dieser Individualismus sich selbst abschafft. Die globale sexuelle Revolution hat tiefe Hintergründe: Hier werden sie souverän ausgeleuchtet und entschlüsselt. Wer wissen will, was in unserer Zeit vorgeht und wie sich proklamierte Freiheiten in ihr Gegenteil verkehren, muss dieses Buch lesen. Gerade Orientierung suchenden evangelikalen Lesern und Leserinnen wird das Buch Argumente und neue Klarheit geben. Ein Must-have!«

Im Geleitwort zur deutschen Ausgabe heißt es:

Carl Trueman zeigt in seinem Buch Der Siegeszug des modernen Selbst, dass wir in einer »entschöpflichten« (engl. decreated) und »entsakralisierten« (engl. desacralized) Welt leben. Mit Rückgriff auf Untersuchungen von Charles Taylor, Philip Rieff und Alasdair McIntyre zeichnet er kenntnisreich die Entwicklung nach, die zum »modernen Selbst« geführt hat. Die Fragen, die er stellt, sind von Gewicht und aktuell: Warum haben wir jenen metaphysischen Rückbezug verloren, der der menschlichen Identität und Moral über Jahrhunderte hinweg den nötigen Rückhalt gegeben hat, um Festigkeit und Bedeutung zu entwickeln? Wie ist es dazu gekommen, dass die stabile menschliche Natur sich verflüssigt hat und nun mehr und mehr verdampft? Woher stammt das Konzept eines Selbst, dass sich vor allem als psychologische und modellierbare Größe begreift? Woran liegt es, dass Sexualität – ja eigentlich eine zutiefst persönliche Angelegenheit – heute ein bemerkenswert öffentliches und machtpolitisches Thema geworden ist? Warum erscheint der Transgenderismus so vielen Leuten plausibel und unterstützenswert?

Der Historiker Carl Trueman geht in seiner Untersuchung zum »modernen Selbst« diesen Fragen und den zugrundeliegenden geistesgeschichtlichen Entwicklungen in einer Weise nach, die erkennen lässt, dass er verstehen möchte, was geschehen ist. Der Versuchung, vorschnelle oder polemische Kommentare und Antworten zu geben, widersteht er erfolgreich und liefert somit insbesondere christlichen Lesern einen nüchternen und zugleich erhellenden Beitrag zur Standortbestimmung. Die Kirchen brauchen dringend »ein tieferes und ganzheitlicheres Verständnis der modernen und postmodernen Gesamtlage«. Die spätmoderne Denkweise ist nämlich das Wasser, »in dem wir schwimmen, die Luft, die wir atmen«, wie Rod Dreher in seinem Vorwort schreibt. Wir können uns dem Einfluss dieser Kultur nicht nur nicht entziehen – allzu oft sind wir geneigte Teilhaber und Produzenten ihrer Lebensart.

Von mir gibt es für das Werk eine starke Empfehlung. Wer sich für das Thema interessiert, kommt an dieser Studie nicht vorbei. Wer sich für das Thema nicht interessiert, aber geistliche Leitungsverantwortung wahrnimmt, wird das Buch nicht ignorieren können, da uns Fragen um »Selbstverständnis«, »expressiven Individualismus«, »sexuelle Revolution« oder »Identität« in den nächsten fünfzehn Jahren intensiv beschäftigen werden.

Simulierte Liebe

Erich Fromm, der sich übrigens mit seinem ehemaligen Kollegen bei der Frankfurter Schule, Herbert Marcuse, zutiefst zerstritten hatte, schrieb einmal über den „Beziehungsbetrieb“ der Moderne/Spätmoderne (Jeffries, Grand Hotel Abrund, 2019, S. 354):

Wir leben in einem Zeitalter von Wegwerf-Lovern, in dem ausgeklügelte sexuelle Lust die Unvorhersehbarkeit der Liebe verdrängt hat, in dem die Suche nach Liebe etwas Ähnliches geworden ist wie Shoppen, und in dem wir von der Liebe verlangen, was wir auch von unseren anderen Einkäufen erwarten – Neuheit, Abwechslung, Verfügbarkeit.

Die Evangelische Kirche in Deutschland ist voll auf diesen Zug der redundanten Beziehungsethik aufgesprungen. Die Lust, das Vergnügen, der Konsum, das sexuelle Abenteuer gehen aus ihrer Sicht völlig in Ordnung. Zwei Beispiele: Das Portal der Kirche feiert einen Pfarrer, der nebenberuflich im Gemeindesaal als Drag-Queen auftritt und die Kundschaft dabei von der Jugendgruppe bewirten lässt. Einfach super! Und Pastor Max besucht den Dominus André, der seit neun Jahren in der Rotlichtszene „Sexarbeit“ leistet und ist – wie vorhersehbar – von seinem engagierten Einsatz begeistert. Es sei sehr wichtig, immer noch vorhandene Vorurteile abzubauen. Alle sexuellen Spielarten, egal ob SM oder Blümchensex, sind für Max völlig legitim. Es sei wichtig, dass wir darüber reden. 

Wie billig, durchschaubar und oberflächlich das alles ist, können uns sogar die linken Soziologen und Philosophen der Frankfurter Schule vor Augen malen. Es ist im Grunde der Versuch, auf dem Markt zu bleiben. Die Kirche will den Anschluss nicht verlieren und dockt an die Wünsche und Begehren der Menschen an.

Aber die Kirche schafft sich dabei ab. Gott hat seinem Volk die Möglichkeit eröffnet, tiefer zu schauen. Der Heilige Geist wurde nicht gesandt, um Sünde zu feiern oder zu propagieren. Der Heilige Geist ist gekommen, damit er die Welt von Sünde, Gerechtigkeit und Gericht überführt (vgl. Joh 16,8). In einer Kirche, die Gesetz und Evangelium verwirft, zieht sich Gottes Geist zurück und überlässt die Menschen „den Begierden ihrer Herzen“ (vgl. Röm 1,24). 

Kevin DeYoung: Was dem Schweigen folgt

Kevin DeYoung skizziert im kürzlich erschienenen Artikel „From silence to complexification to capitulation“ einen Stimmungswechsel unter den Evangelikalen in den USA im Blick auf brennende sexualethische Fragen. Er schreibt:

Ich stimme nicht oft mit David Gushee überein, dem liberalen christlichen Ethiker, dessen „kämpferische Auseinandersetzungen“ nach seiner eigenen Beschreibung „Themen wie Klimawandel, Folter, LGBTQ-Integration und weiße Vorherrschaft“ umfassen. Allerdings sprach er vor Jahren eine unbequeme Wahrheit aus, als er feststellte, dass es bei LGBTQ-Themen keinen Mittelweg gibt. Er sagte: „Neutralität ist keine Option. Ebenso wenig wie eine höfliche Halbakzeptanz. Und auch nicht, das Thema zu vermeiden. Wie sehr du dich auch verstecken magst, das Thema wird dich finden.

Nach DeYoung wird das Schweigen in sexualethischen Fragen langsam durch eine Haltung verdrängt, in der vor allem jene zur Rechenschaft gezogen werden, die an der biblischen Position festhalten.

In der nächsten Phase ist die Verdrossenheit gegenüber denjenigen, die auf die Sünde hinweisen, größer als gegenüber denjenigen, die die Sünde begehen. Dies ist oft ein verräterisches Zeichen dafür, dass ein Gesinnungswandel bereits stattgefunden hat. Die evangelikale Leiterpersönlichkeit mag immer noch damit prahlen, dass sie ein „Konservativer“ ist, aber es sind zugleich nur noch die Konservativen, die stören. Die ganze Sympathie wendet sich nun der revisionistischen Seite zu. Es gibt viel Geduld für den „sexuellen Kämpfer“ und nichts als Verachtung für diejenigen, die von Sünde, Gericht und der Notwendigkeit zur Umkehr sprechen. Auf dem Weg dorthin entwickelt sich ein Kanon innerhalb eines Kanons. Hier rühmen sich die Führer damit, dass sie „Rote-Buchstaben-Christen“ sind. Jesus wird gegen Paulus ausgespielt. Das Alte Testament wird als (zumindest) irrelevant und wahrscheinlich als unheilvoll abgetan beiseite geschoben.

Mehr hier: wng.org.

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