Nach einer Razzia bei einem Gottesdienst der Baptisten in Neftechala in Aserbaidschan wurden Pastor Telman Aliev, seine Frau (die bei der Razzia nicht anwesend war) und alle Mitglieder der Baptistengemeinde zu einer Befragung durch die Polizei am 23. Dezember vorgeladen. Wie die Nachrichtenagentur von Forum 18 meldete, wurde dem Pastor zuvor ein Strafverfahren angedroht. Die Behörden haben die Gemeinde für „geschlossen“ erklärt, ihr Gebäude versiegelt und alle Bücher konfisziert, die sie finden konnten. Die Beamten erkundigten sich auch nach der Adresse aller Gemeindeglieder und welcher Volksgruppe diese angehören. Außerdem fragten sie, wie sie der Gemeinde beigetreten sind und ob das freiwillig geschah. Der für das Gebiet verantwortliche Beamte des Staatskomitees für die Arbeit mit religiösen Organisationen, der auch an der Razzia teilgenommen hatte, erklärte gegenüber Forum 18: „Ohne Registrierung kann man nicht beten. Wir schließen jede nicht registrierte Gebetsstätte, auch Moscheen.“ Dann betonte er: „Wir verbieten nichts, wir verlangen nur Dokumente.“
Die seit 1953 bestehende Gemeinde, die bereits registriert war, als Aserbaidschan noch Teil der Sowjetunion war, hat um Neuregistrierung angesucht, aber wie viele Gemeinschaften aller Glaubensrichtungen hat sie keine Antwort auf ihren Antrag bekommen. Seit 1992 wurden die Religionsgemeinschaften in Aserbaidschan insgesamt fünf Mal aufgefordert, sich neu registrieren zu lassen, offensichtlich mit dem Ziel, vielen Gemeinschaften die bereits existierende Registrierung zu entziehen. Der Bund der Baptisten z.B. hatte 1992 zehn registrierte Gemeinden. Nach der verpflichtenden Neuregistrierung von 1994 waren es sechs, nach der weiteren verpflichtenden Neuregistrierung von 1999 nur noch zwei. Bis 2009, vor der bisher letzten verpflichtenden Neuregistrierung, gab es drei registrierte Baptistengemeinden im Land, in der Hauptstadt Baku, in der Hafenstadt Sumgait und in Gyanja, der zweitgrößten Stadt Aserbaidschans.
Derzeit gibt es keine einzige registrierte Baptistengemeinde in Aserbaidschan. Sechs Gemeinden warten seit 2009 vergeblich auf die Registrierung durch das Staatskomitee. Fast alle protestantischen Gemeinschaften aber auch viele andere Gemeinschaften einschließlich vieler Moscheen warten seit 2009 vergeblich auf die beantragte Neuregistrierung. Entgegen internationalen Menschenrechtsstandards ist die Ausübung des Rechts auf Religionsfreiheit ohne staatliche Erlaubnis in Aserbaidschan illegal.
Traurig ist das. Und regt zum Nachdenken an: Angesichts dieser Herausforderungen scheinen viele innerchristliche Debatten recht trivial…