Heinrich Bullinger schreibt über den Wert der fortlaufenden Bibelauslegung (Schriften V, 2006, S. 186):
Aus den Schriften der alten Bischöfe geht hervor, dass es in jener alten, glückseligen und gottgefälligen Kirche Brauch war, den Gemeinden nicht nur einzelne Teile oder ausgewählte Stellen der biblischen Bücher, sondern ganze Bücher des Neuen und des Alten Testaments auszulegen. Und daraus ist für die Kirchen kein geringer Nutzen erwachsen. So machen wir auch heute noch die Erfahrung, dass die Gemeinden nicht besser unterrichtet und nicht stärker bewegt werden können als durch die Worte Gottes selbst und durch eine zuverlässige Auslegung der Bücher des Evangeliums, des Gesetzes, der Propheten und der Apostel.
An dieser Stelle will ich nebenbei daran erinnern, dass eine Auslegung der Heiligen Schrift nicht dem Verlangen entspringt, sich irgendetwas auszudenken und die Schriften hin und her zu biegen, sondern dass sie ein erfurchtsvolles Vergleichen der Heiligen Schriften und eine besondere Gabe des Heiligen Geistes ist. Denn der heilige Petrus hat gesagt (2 Petr 1,20): »Keine Weissagung der Schrift kommt durch der Propheten eigene Deutung zustande.« Deshalb hat niemand die Vollmacht, die Heiligen Schriften nach seinem eigenen Gutdünken auszulegen. Die bessere Auslegung ist auch nicht von einer Mehrheit abhängig, als ob eine bessere Auslegung die sei, der eine Mehrheit zustimmt.