Philosophie

Martin Heidegger: Ein moralisches Desaster deutscher Geistesgeschichte

„Schönzureden ist nämlich nichts mehr: Der Fall Heidegger ist ein intellektuelles wie moralisches Desaster deutscher Geistesgeschichte“, meint DIE ZEIT, nachdem sie den Briefwechsel zwischen dem Philosophen Martin Heidegger und seinem Bruder Fritz ausgewertet hat. Die Wochenzeitung schreibt:

Sensationell neu ist daran die ungeschminkte Selbstauskunft über die politische Gesinnung. Liest sich Heideggers Antisemitismus in den Schwarzen Heften, einer Art Denktagebuch, noch seinsphilosophisch überhöht, zeigt er sich hier ganz direkt und unverhohlen antisemitisch. Zudem kann man in den persönlichen Briefen detailliert sehen, dass der – anders als bislang gedacht – politisch bestens informierte Freiburger Professor ein früher und leidenschaftlicher Anhänger des Nationalsozialismus ist.

Bereits Ende 1931 schenkt der 43-jährige Heidegger seinem Bruder Mein Kampf zu Weihnachten und rühmt den „ungewöhnlichen und sicheren, politischen Instinkt“ Hitlers. Das rechte Minderheitskabinett unter Reichskanzler Franz von Papen, das mithilfe von Reichspräsident Hindenburg zwischen Juni und Dezember 1932 regierte, wird von Heidegger als jüdische Verschwörung kommentiert. Er beklagt, wie sich die Juden „allmählich aus der Panikstimmung befreiten, in die sie geraten waren. Dass den Juden ein solches Manöver wie die Papenepisode gelungen ist, zeigt eben, wie schwer es auf jeden Fall sein wird, gegen alles, was Großkapital und dergleichen Groß- ist, anzukommen.“ Am 13. April 1933 schreibt Heidegger schließlich begeistert: „Es zeigt sich ja von Tag zu Tag, in welche Größe jetzt Hitler als Staatsmann hinaufwächst. Die Welt unseres Volkes und des Reiches ist in der Umbildung begriffen, und jeder, der noch Augen hat zu sehen und Ohren zu hören und ein Herz zum Handeln wird mitgerissen und in eine echte und tiefe Erregung versetzt.“

Das Engagement Heideggers für Hitlers Staat inklusive NSDAP-Beitritt erweist sich als logische Konsequenz eines weltanschaulichen Gesinnungstäters. Keineswegs ist es die Entscheidung eines opportunistischen Karrieristen oder die ahnungslose Verirrung eines Unpolitischen, wie man es jahrzehntelang zur Entlastung des Philosophen hören konnte. Auch dürfte die Annahme eines sehr eigenwilligen Nationalsozialismus Heideggers, der angeblich frei von jedem Rassismus sei, nun endgültig revidiert sein.

Mal sehen, was die Fachwelt in zehn Jahren zu Heideggers Verstrickungen schreiben wird.

Mehr: www.zeit.de.

Die Postmoderne ist tot

Obwohl ich nicht viel davon halte, immer gleich von Epochen zu sprechen, äußerte Max Heine bereits 2013 zutreffende Kritik an dem Anspruch der Postmoderne:

Auch für das gesellschaftliche Zusammenleben stellt die „radikale Pluralität“ der Postmoderne eine nicht zu unterschätzende Bedrohung dar, denn wenn alles wahr und nichts falsch ist, wenn die Idee einer ordnenden moralischen Instanz (die Existenz eines Gottes oder des eigenen Gewissens oder gesellschaftlicher Normen) verworfen wird, erlaubt die Theorie der Postmoderne Gewalt, Terror und Mord und befindet sich damit in einem „ethischen Dilemma“, aus dem es keinen Ausweg gibt.

Es ist bemerkenswert, dass die Postmoderne, die sich als Antwort auf die Schrecken der Moderne, auf die Verbrechen des politischen Totalitarismus versteht, durch die von ihr propagierte „radikale Pluralität“ und den Verzicht auf moralische Werte selbst so totalitär und kraftlos wird, dass die Wiederholung des größten Verbrechens der vorangegangenen Epochen, Auschwitz, möglich und denkbar würde.

Unangreifbar scheint die Postmoderne des Weiteren durch den Namen zu werden, den sie sich selbst gegeben hat, erklingt aus ihm doch der Anspruch, etwas Neueres und Besseres darzustellen als die vorangegangenen Epochen, der Anspruch, stets aktuell zu sein, den Forderungen einer jeden Gegenwart zu entsprechen. Wie überheblich dieser Anspruch doch ist, sind schließlich alle Epochen, die auf die Moderne folgen, postmodern. Sie alle jedoch in einer einzigen, letzten Epoche zusammenfassen zu wollen, der auch noch die konservierend-ideologischen Zügel der „radikalen Pluralität“ angelegt sind, ist falsch, unklar und mutlos.

Hier mehr: le-bohemien.net.

Siehe dazu auch: „Die Rückkehr des Absoluten“ und „Postmoderne: ‚Jeder hat recht‘ ist unlogisch“.

VD: MK

Gianfranco Schultz: Alvin Plantinga

In einem Vortrag, den Prof. Dr. Gianfranco Schultz 2010 an der STH in Basel gehalten hat, stellte der Philosoph die Grundzüge Reformierte Erkenntnistheorie von Alvin Plantinga vor. Der Vortrag wurde beim ERF veröffentlicht:

 

Überredungskunst à la Zimmer

Im Sommer letzten Jahres hielt Siegfried Zimmer beim „Freakstock“-Festival einen Vortrag zum Thema „Das Verständnis der Moderne als ein Schlüssel zum angemessenen Verständnis von biblischen Texten“. Holger hat sich den Vortrag angehört und analysiert. Danke!

Zimmers Ausführungen zum historischen Denken enttäuschen daher auf ganzer Linie. Der Boden ist bei ihm nun bereitet für ein aktuelles Beispiel. Er wendet sich natürlich wieder den konservativen Christen zu, denjenigen unter ihnen, die sagen, Frauen dürfen in der Gemeinde nicht leiten. „Jetzt gibt es tatsächlich fromme Leute, die meinen, man könne die Genderrolle der Frauen im Neuen Testament auch heute anwenden.“ Das sei ja wohl „granatendoof“. „Berücksichtigt den historischen Wandel! Der Fundamentalismus kann des net.“

Überredungskunst à la Zimmer. Die konservativen Christen, so die Unterstellung, können nicht historisch denken, weil sie die historische Bedingtheit des Lebens ignorieren, Beispiel Geschlechterrollen. Hier kann man dem Professor das Kompliment nur zurückgeben: granatendoof, dass es einem die Socken auszieht.

Zimmer tut so, als wollten diese Frommen das erste Jahrhundert kopieren bzw. 1:1 abbilden. Was Christen schon immer taten und bis heute tun, ist die Anwendung der biblischen Normen, Prinzipien, Vorgaben usw. in unserer Zeit. Zimmer reißt hier Gräben auf, die so gar nicht existieren. Auch evangelikale Theologie berücksichtigt natürlich den historischen Wandel! So ist das Verhältnis von Mann und Frau heute zweifellos ein anderes als in der Antike. Der Knackpunkt ist dabei einfach dieser: Gibt es in der Bibel Normen, die mit Autorität an uns herantreten? Hier einfach den historischen Wandel aus dem Zylinder zu ziehen, hilft nicht weiter. Das Eheleben hat sich so gewandelt, dass in vielen modernen Gesellschaften jede zweite Ehe geschieden wird. Dies ist in Theologie und Ethik, Predigt und Seelsorge natürlich zu berücksichtigen. Aber noch immer lehren und verkündigen die Christen, dass Gott – laut Bibel – will, dass Mann und Frau ein Leben lang zusammenbleiben. Würde Zimmer so jemand nun „das ist wohl granatendoof!“ entgegenschleudern?

Gibt es Ordnungen und Normen, die zeitlos gültig sind, die aber natürlich in unterschiedlichen Kulturen und Epochen unterschiedlich anzuwenden sind? Zimmer fängt dies an einer Stelle auf: „Natürlich gibt es Wahrheiten über den Menschen, die werden immer gelten.“ Jeder Mensch will geliebt sein; er hat Ängste Sorgen, Sehnsüchte – „das stimmt immer“, dies sind „tiefe Existenzwahrheiten“. Schön und gut, aber ist dies alles? Gibt es so etwas wie Offenbarungswahrheiten? Mehr als reine Existenzwahrheiten? Wie z.B., dass ein Herrscher einen Untertanen nicht nach Belieben töten darf, weil auch der König unter dem Recht steht? Hier ist natürlich an 2 Sam 11 zu denken (Davids Auftragsmord). Ist das etwa keine Wahrheit, die immer gilt?

In der nachaufklärerischen Theologie haben diese Offenbarungswahrheiten natürlich einen schweren Stand. Zimmer sollte hier mit offenen Karten spielen und seine Position klarstellen. Ich kann nicht erkennen, dass es unvernünftig sein sollte, dass ein personaler Gott sich personalen Wesen in Worten und Handlungen mitgeteilt hat, autoritativ mitgeteilt hat. Dies geht gewiss über Existenzwahrheiten, die der Mensch in sich selbst finden kann, hinaus. Jeder Mensch will nicht nur geliebt sein; die viel wichtigere Frage ist: Ist da ‘oben’ jemand, der mich liebt? Und was hat dies Wesen für einen Charakter? Hier gibt die Bibel eine definitive, ‘zeitlose’ Antwort.

Was soll man dazu sagen?

Die KBA, die „Konferenz Bibeltreuer Ausbildungsstätten“ mit über drei Dutzend Mitgliedern im deutschsprachigen Raum und Hort der zimmerschen Konservativen, formuliert im ersten Punkt der gemeinsamen Glaubensgrundlage, dass man an „die göttliche Inspiration und die Unfehlbarkeit der ganzen Heiligen Schrift“ glaubt. Nun gibt es hohe Verantwortliche in Werken der KBA, die „Worthaus“ ganz toll finden, empfehlen und verlinken.

Mehr: lahayne.lt.

Postmoderne: „Jeder hat recht“ ist unlogisch

Der Religionsphilosoph Professor Daniel von Wachter hat in einem Interview dem Medienmagazin pro über das Denken der Postmoderne den Wahrheitsrelativismus scharf kritisiert:

Daniel von Wachter: Postmodernismus ist nicht eine Analyse des Denkens der Mehrheit der heutigen Menschen, sondern besteht aus bestimmten Behauptungen bestimmter Autoren. Zum Beispiel: Es gibt keine objektive Wahrheit; es gibt keine Wirklichkeit, die von uns unabhängig ist; Vernunft und Wissenschaft sind nur Herrschaftsinstrumente; Texte haben keine zu entdeckende Bedeutung. Interessant ist, dass die vier Hauptautoren dieser Art von Rhetorik – Lyotard, Derrida, Rorty, Foucault – alle einen sozialistischen Hintergrund haben.

Wie denken Postmodernisten über den christlichen Glauben?

Die Postmodernisten greifen die bloße Tatsache an, dass das Christentum eine Lehre hat; eine Botschaft, die wahr sein soll. Sie greifen die christliche Lehre nicht so an, wie es redlich und sinnvoll wäre, indem sie ihr Argumente entgegenhalten und sagen: Das ist falsch aus den und den Gründen. Stattdessen behaupten sie, Wahrheit und Wirklichkeit gebe es gar nicht. Zweitens greifen die Postmodernisten die Lehre der Christen an, dass die Bibel Gottes Wort und verbindliche Quelle der Lehre sei. Wieder geben sie keine Argumente, sondern sie sagen: Ein Text hat gar keine zu entdeckende Bedeutung. Jeder schafft sich seine eigene Bedeutung.

Wenn es keine Wahrheit gäbe, wäre jede Meinung gleichermaßen richtig?

Es hat keinen Sinn, zu sagen: „Wenn jemand das anders sieht als ich, dann hat er ebenfalls recht.“ Das ist ein Widerspruch, es ist unvernünftig, so etwas zu sagen. Die Idee, dass man so einen Widerspruch „aushalten soll“, wird oft als menschlich und liebevoll dargestellt. Es ist aber unlogisch, wenn ich etwas glaube und das Gegenteil auch für richtig halte. Das bringt niemanden weiter. Wir wollen doch wissen, was richtig ist, und uns entsprechend entscheiden. Man darf die Wahrheit nicht gegen die Liebe ausspielen. Daher sollte man nicht sagen: Damit ich mehr Liebe übe, darf ich niemandem mehr widersprechen. Es ist sogar liebevoller, wenn ich versuche, ihn zu überzeugen, weil ich ja will, dass der andere auch die Wahrheit, also die richtige Auffassung erlangt. Manchmal ist es zum Beispiel in einer Gemeinde richtig zu sagen: „Wegen dieser Meinungsverschiedenheit trennen wir uns nicht“. Aber es ist töricht zu sagen: „Ich meine X, aber ich will nicht sagen, dass Nicht-X falsch wäre.

Mehr: www.pro-medienmagazin.de.

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Siehe dazu auch: Ron Kubsch: „Warum das Christentum für François Lyotard eine Emanzipationserzählung ist“, mbstexte085.pdf sowie „Vom Ende der großen Erzählungen Jean François Lyotard und das Das postmoderne Wissen“, mbstexte003.pdf.

Gottes Verlassenheit und seine Gnade

Pascal BlaiseBlaise Pascal schrieb im Februar 1657 einen bewegenden Brief an Mademoiselle de Roannez, die wohl eine Zeit lang in den Philosophen verliebt war, sich aber dann für den Weg ins Kloster entschied (vielleicht, weil er ihre Liebe nicht erwiderte).

Nachfolgend zwei wunderschöne Zitate aus dem Schreiben. Das erste Zitat stammt aus einem Lobpreis auf die Gnade Gottes (Blaise Pascal, Briefe I, 2015, S. 100–101):

Doch es gibt diesen Unterschied zwischen den Königen der Erde und dem König der Könige, dass die Fürsten nicht die Treue ihrer Untertanen bewirken, sondern sie als treue Untertanen vorfinden: Gott hingegen findet immer nur untreue Menschen vor, und wenn sie treu sind, so hat er sie dazu gemacht. Während die Könige also eine besonders große Dankesschuld jenen gegenüber haben, die ihnen treu bleiben, verhält es sich im Gegenteil so, dass jene, die im Dienst Gottes ausharren, ihm selber zu unendlich großem Dank verpflichtet sind. Preisen wir ihn also unablässig für diese Gnade, wenn er sie uns erwiesen hat …

Das zweite Zitat dient der Ermutigung, hatte doch Mademoiselle de Roannez auf ihrem geistlichen Weg mit allerlei Widerständen zu kämpfen (ebd., S. 100).

Aufrichtig gesagt, Gott ist sehr verlassen. Wie mir scheint, leben wir jetzt in einer Zeit, da ihm der Dienst, den man ihm leistet, höchst wohlgefällig ist.

Nun wird der kritische Leser anmerken: „Ach, so denn alles an Gott liegt, warum schafft er sich dann nicht einfach mehr Gefährten? Schließlich kann doch keiner Gott dienen, so Gott selbst es nicht schafft!“

Pascal beschreibt an andere Stelle die geheimnisvolle Doppelstruktur der Gnade so (Blaise Pascal, Kleine Schriften zur Religion und Philosophie, S. 247):

Diese beiden Tatsachen, dass Gott manchmal als erster den Menschen verlässt und dass der Mensch als erster Gott verlässt, haben gemeinsam Bestand. Denn es ist wahr, dass Gott seine Gnadenmittel unablässig jenen gibt, die unablässig um sie bitten; aber es trifft auch zu, dass der Mensch es niemals unterlassen würde, um sie zu bitten, wenn Gott es nicht unterließe, dem Menschen die Gnade zu geben, ihn darum zu bitten.

Existiert Gott?

Am 26. April 2016 wird es an der Leibnitz Universität Hannover eine philosophische Podiumsdiskussion zur Frage: „Existiert Gott?“ geben. Professor Daniel von Wachter diskutiert mit Professor Ansgar Beckermann (mehr hier).

Beckermann hat erst im Dezember 2015 in München mit William Lane Craig disputiert. Die Debatte aus München kann beim cvmd nachgehört werden: cvmd.eu.

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Alvin Plantingas Hauptwerk in deutscher Sprache

517Ctls mUL SX335 BO1 204 203 200Alvin Plantinga schreibt in seinem Geleitwort zur deutschen Ausgabe von Warrent Christian Belief:

Es versteht sich: Deutsch ist die Sprache der großen Philosophie. Daher habe ich mich zunächst über die Möglichkeit einer deutschen Übersetzung meines Buchs Warranted Christian Belief gefreut, und jetzt bin ich froh darüber, dass das Vorhaben Wirklichkeit geworden ist. (Wer weiß, vielleicht wird das Buch ja in der deutschen Fassung gewinnen.) Hoffentlich wird es den deutschen Lesern von Nutzen sein. Außerdem wäre es schön, wenn die Übersetzung dazu beitragen könnte, dass es bei der Annäherung zwischen der angloamerikanischen und der kontinentaleuropäischen Religionsphilosophie zu Fortschritten kommt. Offensichtlich können wir eine Menge voneinander lernen; und da ist es wichtig, dass wir unsere intellektuellen Ressourcen bündeln und zusammenarbeiten.

Was möchte Plantinga mit dem Buch Gewährleisteter christlicher Glaube eigentlich? Hier ein längeres Zitat aus dem Vorwort:

Dieses Buch lässt sich in zumindest zwei grundverschiedenen Weisen auffassen. Einerseits handelt es sich um ein apologetisches und religionsphilosophisches Unterfangen, nämlich um einen Versuch nachzuweisen, dass eine Reihe von Einwänden gegen den christlichen Glauben fehlschlägt. Dieser Argumentation zufolge sind De-jure-Einwände entweder offensichtlich unplausibel oder sie setzen voraus, dass der christliche Glaube nicht wahr ist. (Zur ersten Kategorie gehören etwa die Einwände, die auf der Behauptung basieren, der christliche Glaube sei nicht gerechtfertigt oder lasse sich nicht rechtfertigen. Zur zweiten Kategorie gehören die Einwände, die auf der These beruhen, dem christlichen Glauben fehle die äußere Rationalität bzw. die Gewähr.) Folglich gibt es keine vertretbaren De-jure-Einwände, die nicht an De-facto-Einwände gebunden wären. Eigentlich hängt also alles von der Wahrheit des christlichen Glaubens ab. Doch damit ist die häufig geäußerte Meinung widerlegt, der christliche Glaube sei intellektuell inakzeptabel – egal, ob er wahr ist oder nicht.

Andererseits jedoch geht es im vorliegenden Buch um christliche Philosophie: um den Versuch, philosophische Fragen – Fragen, wie sie von Philosophen gestellt und beantwortet werden – aus einer christlichen Perspektive zu betrachten und zu beantworten. Für das im 8. und 9. Kapitel vorgestellte erweiterte A/C-Modell nehme ich zweierlei in Anspruch: Erstens zeigt es, dass und inwiefern der christliche Glaube durchaus gewährleistet sein kann, und widerlegt damit eine Reihe von De-jure-Einwänden gegen das Christentum. Außerdem möchte ich je-doch behaupten, dass dieses Modell ein brauchbares Denkgerüst liefert, mit dessen Hilfe Christen an die Erkenntnistheorie des christlichen Glaubens her-angehen können, insbesondere an die Frage, ob und inwiefern das Christentum gewährleistet ist. Demnach gibt es hier zwei Projekte – zwei Argumentationsstränge -, die gleichzeitig entfaltet werden. Das erste dieser beiden Projekte richtet sich an alle – an die Gläubigen ebenso wie an die Ungläubigen. Es soll zu einer fortwährenden öffentlichen Diskussion über die Erkenntnistheorie ihres Glaubens beitragen, ohne sich dabei auf spezifisch christliche Prämissen oder Voraussetzungen zu berufen. Dabei werde ich geltend machen, dass es, von diesem öffentlichen Standpunkt aus gesehen, nicht den geringsten Grund für die Annahme gibt, dem Christentum mangele es an Rechtfertigung, Rationalität oder Gewährleistung – jedenfalls keinen Grund, der nicht die Falschheit des christlichen Glaubens voraussetzt. Das zweite Projekt dagegen – also das Vorhaben, aus christlicher Sicht eine erkenntnistheoretische Darstellung des christlichen Glaubens zu geben – wird für Christen von besonderer Bedeutung sein. Bei diesem Projekt geht man von der Wahrheit des christlichen Glaubens aus und untersucht von diesem Standpunkt aus die Erkenntnistheorie des Christentums, indem man fragt, ob und inwiefern dieser Glaube gewährleistet ist. Vielleicht kann man es sich so vorstellen: Dieses Projekt verhält sich spiegelbildlich zum Vorhaben des philosophischen Naturalisten, der von der Wahrheit des Naturalismus ausgeht und sodann versucht, eine Erkenntnistheorie aufzustellen, die gut zu diesem naturalistischen Standpunkt passt.

Das Buch wurde von Joachim Schulte übersetzt, einem sehr erfahrenen Übersetzer, der beispielsweise Werke von Richard Rorty oder Donald Davidson in die deutsche Sprache übertragen hat. Allerdings muss ich dennoch warnen: Gewährleisteter christlicher Glaube ist keine leichte Lektüre!

VD: RK

100 Jahre Dadaismus

Die künstlerische Bewegung des Dadaismus wird 100 Jahre alt. Was der Kunst nach dem Tod Gottes und der Auflösung des Sinns blieb, waren Zufall, Konstruktion und Verstörung.

Denken wir an die Pioniere des UN-SINNS, indem wir Teilen der Ursonate Kurt Schwitters lauschen:

Irgendjemand muss ja Werte schaffen

Gestern bei Jean-Paul Sartre gelesen:

Es ist mir sehr unangenehm, daß es so ist; aber da ich Gottvater beseitigt habe, braucht es ja wohl jemanden, die Werte zu erfinden. Man muß die Dinge nehmen, wie sie sind.

Und im übrigen, wenn wir sagen, daß wir die Werte erfinden, so bedeutet das nichts anderes als: das Leben hat a priori keinen Sinn. Bevor Sie leben, ist das Leben nichts, es ist an Ihnen, ihm einen Sinn zu geben, und der Wert ist nichts anderes als dieser Sinn, den Sie wählen.

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