Paulus

Der Paulus den wir zu kennen meinen

Timothy Gombes hat sich in CT zur neuen Paulusperspektive geäußert:

Add to Paul’s pedestrian oratory a physical appearance that must have been quite unpleasant. In Acts 14:19-20, we read that Paul’s ministry in Lystra came to a terrible end when volatile crowds were incited to stone him and drag him from the city, »thinking he was dead.« Let this description work on your imagination for a moment: A bloodthirsty, riotous horde brutalizes Paul so badly that any chance of survival is dismissed. He must have been in horrible shape.

The Book of Galatians offers clues about what Paul looked like. Just after the episode in Lystra, Paul likely visited the Galatian churches, reporting that his physical condition »was a trial« to them (Gal. 4:13-14). He knew he looked repulsive and suspected that the sight of his injuries would turn stomachs. Of his scars and bruises, he says, »I bear on my body the marks of Jesus« (Gal. 6:17), and he writes elsewhere of his tremendous sufferings, including torture and beatings. The Acts of Paul and Thecla, an apocryphal text from the second century, states that Paul was »a man small in size, bald-headed, bow-legged, stocky with eyebrows meeting, rather long-nosed.«

If we encountered Paul today, we might be disappointed to find someone quite unlike the strong and decisive leader we often imagine. In fact, many of our contemporary churches would hardly consider him a viable pastoral candidate. In this regard, as in so many others, the New Testament evidence resists efforts to re-create Paul in our own image.

Hier: www.christianitytoday.com.

Brief von Kümmel an Bruce

Frederick Fyvie Bruce (1910 – 1990) gehörte zu den herausragenden evangelikalen Neutestamentlern des 20. Jahrhunderts. Rod Decker hat vor einiger Zeit einen Brief veröffentlicht, den W.G. Kümmel am 17. Juni 1975 an Bruce geschrieben hatte, um sich bei ihm für seinen Beitrag zur Kümmel-Festschrift zu bedanken. Die Gesellschaft, von der Kümmel im Schreiben spricht, ist die Society for NT Studies. Die Festschrift trägt folgenden Titel:

  • Grässer, Erich (Ed.): Jesus und Paulus: Festschrift für Werner Georg Kümmel zum 70. Geburstag. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1975

Hier der Brief:

Prof. Dr. W. G. Kümel
355 Marburg/Lahn, 12 . Juni 1975
Von-Harnack-Straße 23

Sehr verehrter Herr Kollege,

Sie werden es mir sicher nicht übelnehmen, dass ich erst heute dazu komme, Ihnen für Ihre freundliche Mitarbeit an der mir zu meinem 70. Geburtstag überreichten Festschrift sehr herzlich zu danken. Aber Sie werden verstehen, dass man nur Schritt für Schritt die vielen Briefe und gar die vielen Aufsätze lesen und beantworten kann, die einen an einem solchen Jubilaum erreichen. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass auch Sie sich an der Festschrift beteiligt haben, und die Gedanken, die Sie als die eigentliche Meinung des Paulus in dem von Ihnen behandelten Abschnitt des Galaterbriefs herausstellen, halte ich durchwegs für richtig. Dass Paulus letztlich nicht autobiographisch, sondern kerygmatisch-apologetisch schreibt, haben Sie richtig und überzeugend nachgewiesen.

Ich hoffe, Sie haben inzwischen den mir pünktlich überreichten Band auch erhalten und gesehen, dass er viele interessante und wertvolle Arbeiten enthält und auch ein erfreuliches Zeichen der die Grenzen überschreitenden Zusammenarbeit der Neutestamentler ist.

Ich hoffe, Sie im August als Präsident unserer Societas begrüssen zu können, und grüsse Sie bestens

Ihr ergebener

[Werner Kümmel—sig]

»Werke des Gesetzes« im Galaterbrief

Joseph B. Tyson hat Anfang der 70er Jahre, also lange vor dem Rummel um die »Neue Paulusperspektive«, einen Aufsatz über die Werke des Gesetzes (griech. erga nomou) im Galaterbrief publiziert. Tyson nimmt die Forschungsarbeiten von Ernst Lohmeyer auf. Rob Bradshaw hat den Beitrag digitalisiert. Also kann:

  • Joseph B. Tyson, »Works of law‘ in Galatians,« Journal of Biblical Literature 92.3 (Sept. 1973): 423–431

hier gratis heruntergeladen werden kann: 1973_tyson.pdf.

VD: RB

Paulus und die Hölle

In den meisten Bibelübersetzungen fehlt das Wort »Hölle« in den paulinischen Briefen. Der Apostel hat die griechischen Begriffe »geena« oder »hadēs« in seinen neutestamentlichen Schreiben nicht benutzt. Sagt Paulus dennoch etwas über ein ewiges Strafgericht für diejenigen, die Gottes befreiendes Evangelium ablehnen? Und wenn ja, wie stellt er sich so eine Strafe vor?

Der Neutestamentler Douglas J. Moo (Wheaton College, USA) geht in seinem Beitrag »Paul on Hell« für das Buch Hell Under Fire: Modern Scholarship Reinvents Eternal Punishment genau diesen Fragen nach.

Der Aufsatz kann gratis hier heruntergeladen werden: paulonhell.pdf.

Zweierlei Diaspora

31rmBvqnF8L._SL160_.jpgUnd wieder eine neue Perspektive:

Ein schmales Büchlein mit einer These, die unser Bild des antiken Judentums grundlegend verändert. Denn innerhalb der jüdischen Geschichtsschreibung hatte man bisher weithin angenommen, dass sich in der Antike das religiöse und kulturelle Leben im östlichen wie im westlichen Judentum unter dem Einfluss der Rabbinen des Landes Israel, der Tannaim (1. und 2. Jahrhundert nach Christus) und der Amoraim (etwa 220 bis 360/70), entwickelt habe.

Demgegenüber behaupten der Althistoriker Doron Mendels von der Hebräischen Universität in Jerusalem und der in Tel Aviv lehrende Rechtshistoriker Arye Edrei jetzt, die jüdische Diaspora, also die Welt der Juden, die außerhalb Palästinas lebten, sei in dieser Zeit zweigeteilt gewesen: Es habe zwei Sprachen, Griechisch (und in geringerem Maße auch Lateinisch) im Westen und Hebräisch/Aramäisch im Osten, gegeben und, damit eng verknüpft, auch zwei »Wissenskulturen«, ja »zweierlei Judentum«.

Ich gestehe, ich habe das Buch bisher nicht gelesen (und bin zurückhaltend). Allerdings vermute ich, dass sich die These, das europäische Judentum sei in der ausgehenden Antike eine bunte Ansammlung von Gruppen mit unterschiedlicher Homogenitäts- und Organisationsdichte gewesen, recht gut belegen lässt.

Hier die Rezension von Wolfram Kinzig: www.faz.net. Das Buch:

  • Doron Mendels und Arye Edrei: »Zweierlei Diaspora«: Zur Spaltung der antiken jüdischen Welt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2010. 159 S., 24,90 Euro

gibt es auch:

E.P. Sanders blickt zurück

Das bedeutendste Fundament für die so genannte ›Neue Paulusperspektive‹ wurde 1977 von Ed Paris Sanders mit dem Werk Paul and Palestinian Judaism (auf Deutsch vergriffen) gelegt. Sanders wühlte die akademische Welt der zeitgenössischen paulinischen Studien mit der These auf, der Judaismus sei zur Zeit des Paulus kein selbstgerechtes, auf Werke gegründetes System, sondern sei damals bereits eine Gnadenreligion gewesen.

Die neuen Paulusperspektiven stehen und fallen mit der Wahrnehmung der jüdischen Religion zwischen 200 v.Chr und 200 n.Chr. Friedrich Avemarie und Simon Gathercole haben die Thesen von Sanders bereits in einigen Punkten relativiert und korrigiert. Ich vermute, dass demnächst weitere kritische Werke publiziert werden.

Hier ein autobiographischer Rückblick von Sanders auf seine akademische Laufbahn: An Academic Autobiography.

Außerdem hier ein Promo-Interview mit E.P. Sanders anlässlich zwei neuer Buchveröffentlichungen zu seinen Ehren:

Krister Stendahl 1921–2008

stendahl.jpgWer sich eingehend mit der Neuen Paulusperspektive beschäftigt, stellt schnell fest, dass die New Perspective so neu nicht ist. Während bereits namhafte Gelehrten wie W. Wreder, A. Schweizer oder H.-J. Schoeps die neue Paulusdeutung vorbereitet haben, wird Krister Stendahl gern als »Vater« der Neuen Paulusperspektive bezeichnet. Der schwedische Exeget, der sich selbstbewusst um eine »Entlutherisierung« der Paulusinterpretation bemühte und 1963 in seinem Aufsatz »The Apostle Paul and the Introspective Conscience of the West« (Stendahl, 1963) die These aufstellte, dass unser Paulusverständnis zu Unrecht von der Rechtfertigungslehre vereinnahmt wurde, starb am 15. April im Alter von 86.

Siehe auch:  Was meint Paulus wirklich?

Kim Riddlebarger liest über N.T. Wright’s Paulusperspektive

Kim Riddlebarger, prominent für seine Darstellung und Verteidigung des Amillennialismus in A Case for Amillennialism, hielt am 18. Januar an der Akademie der Christ Reformed Church eine Vorlesung über N.T. Wright und seine Paulusperspektive. Riddlebarger schätzt Wright als genialen Schriftsteller und Theologen und behandelt seine Perspektive respektvoll. Gleichzeitig hält er Wright’s Interpretation der paulinischen Rechtfertigungslehre für problematisch. Der Vortrag bekräftigt meinen Eindruck, dass die Neue Pauslusperspektive uns noch lange beschäftigen wird.

Ein Mitschnitt der Vorlesung kann hier als mp3-Datei herunter geladen werden: A20080118-Wright.mp3.

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