August 2012

Homozentrismus

Homosexualität ist zum Trend- und Wahlkampfthema geworden, auch unter den Frommen. Eine Kirchengemeinde geht nun offensiv voran und bietet einen Gottesdienst mit dem Titel: „GoGay – fromm aber nicht hetero: Warum die Kirche homosexueller werden muss“ an (einer der Verantwortlichen, der übrigens zum Vorstand von „Glaube am Montag“ gehört und als Geschäftsführer bei „Kirche mit Vision“ tätig ist, hat sich schon zu einem anderen umstrittenen Thema anfechtbar geäußert).

Was tun, wenn „aus einem irrwitzigen Homozentrismus heraus“ die Gesellschaft regelrecht umgebaut werden soll? Schweigen? Als die Süddeutsche Zeitung der Normalität von homosexuellen Lebensgemeinschaften eine Großreportage gewidmet und dabei sogar das Thema „Leihmutterschaft“ verharmlost hat, versetzte dies den Blogger Ralf Schuler in Rage. Zurecht.

Das Verrückte, ja fassungslos machende an diesem Text ist, dass im Dienste der vermeintlich toleranten Sache die Gesellschaft in einem Aufwasch dazu aufgefordert wird, ihren kompletten bioethischen Kompass über Bord zu werfen. Wenn es um Schwule und Lesben geht, dann ist es geradezu geboten, indische Leihmütter auszubeuten. Da darf weltweit schwunghaft mit Eizellen gehandelt und fremdausgetragen werden, als sei der Mensch eine agrarische Produktionsgenossenschaft. Wenn Gleichgeschlechtler den weltweiten Kinderhandel ankurbeln, werden keine Fragen mehr gestellt. Dass auch “Heteros” aus gutem Grund der Kinderkauf verweigert wird, interessiert nicht. Und von dort bis zum Menschenrecht auf ein Kind ist es nur noch ein Katzensprung.

Mehr: ralfschuler.wordpress.com.

VD: EP

McLarens neues Christentum

Brian McLaren klärt uns in seinem neuen Buch bezeichnend guruhaft Why Did Jesus, Moses, the Buddha, and Mohammed Cross the Road?: Christian Identity in a Multi-Faith World über die Essenz der Lehren von Jesus, Moses, Mohammad und Buddha auf.

Wie in einigen seiner anderen Bücher baut er seine Argumentationen auf falschen Prämissen und Dualismen auf. So behauptet er beispielsweise, traditionell würden Christen ihre Identität durch Abgrenzung und Feindseligkeit entwickeln. Mohammad, Buddha, Jesus sowie anderen religiösen Führern sei es aber darum gegangen, liebevolles Verständnis für Andersdenkende zu stimulieren (das gilt wahrscheinlich besonders für Mohammad nach seiner Auswanderung in die Stadt Medina). Bemerkenswert finde ich angesichts von Mt 28,20 die Aussage: „Wenn Jesus heute hier wäre …“

Accordance 10

Es gibt zwei bedeutungsvolle Nachrichten aus der Softwareschmiede OakTree. Die erste Neuigkeit: Version 10 der führenden Bibel-Software ist erschienen. Über wichtige Neuerungen informiert dieses kleine Video:

Die zweite Nachricht: OakTree will Bibleworks „angreifen“ und wird 2013 eine Version für Windows auf den Markt bringen. Informationen dazu hier: www.accordancebible.com.

Fürsorgliche Diskriminierung

Berthold Rothschild, Psychiater aus Zürich, hat den Disput des Ethikrates um die Beschneidung treffend kommentiert:

Es stimmt, die rituelle Beschneidung ist im religiösen Sinne Symbol für eine Opferung – fremdbestimmt durch die Eltern und durch patriarchale Religionsgesetze. Religiöse Kulturen haben es in einer Welt der vergötzten Selbstbestimmung – die in Tat und Wahrheit aber nie und schon gar nicht weltweit verwirklicht ist – offensichtlich zunehmend schwer. Meine fehlende Vorhaut immerhin schützt mich irgendwie vor gar manchen Heuchlern, die stellvertretend vorgeben, angeblich mein Bestes zu wollen oder gewollt zu haben.

Mehr: www.nzz.ch.

VD: MM

Kierkegaard und das Paradox des Glaubens

Kierkegaard.jpgDer Däne Sören Kierkegaard gilt als Begründer der Existenzphilosophie und als Kritiker einer bürgerlichen Kirchlichkeit, für die das Christentum auf Sitte und Gewohnheit reduziert wurde. Mit seinen Schriften beeinflusste er zahlreiche Philosophen, Theologen und Schriftsteller von Martin Heidegger über Karl Barth bis zu Albert Camus.

Der DLF hat zwei informative Beiträge über Sören Kierkegaard veröffentlicht:

Teil 1:
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Teil 2:
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Eine schriftliche Darstellung, Würdigung und Kritik des Kierkegaardschen Fideismus findet sich hier:

Dem Leser wird auffallen, dass ich den Sprung leicht anders beurteile, als Professor Hermann Deuser im insgesamt meisterhaften DLF-Beitrag. Meines Erachtens gibt es bei Kierkegaard den Sprung als  „den qualitativen Übergang … vom Nichtglauben zum Glauben“ (so in der Unwissenschaftlichen Nachschrift).

Bodyhacking

Keine Sciencefiction, sondern Realität: Manche Menschen verändern mit Technik-Implantaten ihre Sinneswahrnehmung. Sie nennen sich Bodyhacker oder Cyborgs. DIE ZEIT schreibt:

Cannon und Harbisson mögen sich uneins sein, was ein Cyborg ist. Ihr Ziel aber ist das gleiche: Den Menschen zu erweitern – um Fähigkeiten, die die Natur nicht für ihn vorgesehen hat. Ethische Fragen empfinden beide als eher lästig.

Harbisson sagt, er habe die Ethikkommission seiner Klinik überreden müssen, ihn zu operieren. Das sei ihm nur gelungen, weil er auf die Möglichkeit verwiesen habe, dass Geräte wie der Eyeborg auch anderen Menschen mit Sehbehinderungen helfen könnten und entsprechend getestet werden müssten. So, wie er es erzählt, klingt das Ausräumen ethischer Bedenken wie eine Pflichtübung.

Auch Cannon schafft lieber Fakten, bevor es zu viele Gesetze und Vorschriften gibt, die seine Implantat-Ideen zunichtemachen. Er sagt, die derzeitige Abneigung gegen chirurgische Eingriffe dieser Art sei nachvollziehbar, aber die Einstellung der Menschen werde sich ändern: „Du wirst es tun, oder du wirst zurückbleiben. Es wird seltsam und ungemütlich und angsteinflößend werden. Aber entweder machst du mit, oder du könntest bald als veraltet gelten.“

Die Grenze zwischen nützlichen und verführerischen Implantaten ist wahrscheinlich fließend. Unbestreitbar wird sich der Transhumanismus die neuen Möglichkeiten durch den Einsatz technologischer Verfahren zu nutze machen. Zum Transhumanismus siehe:

Kinder-Koks

Methylphenidat, ein Wirkstoff, der unter dem Namen Ritalin bekannt geworden ist. Im Jahr 1993 haben deutsche Ärzte noch 34 Kilogramm Ritalin verschrieben. 2001 waren es bereits 603 Kilogramm und 2011 dann knapp 1,8 Tonnen.

Meist wird Ritalin Kindern mit einer Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) verschrieben. Ritalin korrigiert einen niedrigen Dopamin-Spiegel im Gehirn und fördert so die Konzentrationsfähigkeit.

Der Wirkstoff wird inzwischen gern missbraucht. Als Pulver durch die Nase gezogen, wirkt Ritalin ganz und gar nicht mehr beruhigend. Im 15-jährigen Paul hat es den Unternehmer geweckt. Hier ein „Geschäftsbericht“ aus der FAZ:

Paul war 15, als er anfing, mit einem Rauschmittel zu handeln, dessen unerlaubter Besitz oder Verkauf vom Betäubungsmittelgesetz unter Strafe gestellt wird. Es heißt Methylphenidat, eine chemische Substanz, die wie Amphetamine oder Kokain wirkt. Bekannter als der Name Methylphenidat allerdings ist der Name eines Medikaments, das daraus hergestellt wird: Ritalin. Es wird Kindern mit ADHS verschrieben, also Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung. Sie leiden darunter, dass ihre Gehirnzellen schlecht kommunizieren. Was die Kinder sehen, hören oder lesen, all diese äußeren Reize werden nicht normal gefiltert, gewichtet und verarbeitet im Kopf. Zuständig für die richtige Reizmeldung wäre der Botenstoff Dopamin, er steuert das Lernvermögen, die Aufmerksamkeit, das Schlafbedürfnis. Ritalin korrigiert einen zu niedrigen Dopamin-Spiegel im Gehirn von ADHS-Kindern: Es macht Trödler aktiver, Träumer konzentrierter und Zappler ruhiger.

Die Europäische Arzneimittelagentur empfiehlt die Behandlung von ADHS mit Methylphenidat, obwohl ihr Ausschuss für Humanarzneimittel herausgefunden hat, dass die Substanz auch „schwerwiegende psychiatrische Störungen“ verursachen kann. Am häufigsten meldeten Ärzte und Patienten: „Verhaltensauffälligkeiten, anomales Denken, Wut, Feindseligkeit, Aggression, Agitation, Tick, Reizbarkeit, Angststörung, Weinen, Depression, Schläfrigkeit, . . . Nervosität, psychotische Störung, Stimmungsschwankungen, morbide Gedanken, Zwangsstörungen, Persönlichkeitsveränderung, Ruhelosigkeit, Verwirrtheitszustand, Halluzinationen, Lethargie, Paranoia und Suizidverhalten“.

Mehr: www.faz.net.

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