Mai 2015

Die Seuche des Narzissmus

Von all den erstaunlichen Eigenschaften der mittelalterlichen Kathedralen überrascht ein Merkmal den modernen Geist ganz besonders: Wir haben keine Ahnung, wer die großartigen Bauwerke entworfen und gebaut hat. In einer Art und Weise, die uns fremd ist, haben damals die Architekten und Bauherren darauf verzichtet, ihre Namen auf den Eckpfeilern unterzubringen. Diese Anonymität ist ungewöhnlich. Es gibt keinen bleibenden Ruhm für die Künstler. Angesichts dieser Demut, mit der damals vorgegangen wurde, sind wir geradezu ratlos.

Heute leben wir im Unterschied dazu in einer Kultur, in der die narzisstische Selbstdarstellung alltäglich geworden ist.

Aaron Kheriaty stellt für Thirst Things das nicht mehr ganz frische Buch The Narcissism Epidemic von Jean Twenge und Keith Campell vor. Ich kann die Besprechung sehr empfehlen.  Kheriaty schreibt:

Unknown

The artistic and cultural norm of the anonymous artist or craftsman began to change during the so-called Enlightenment. Witness Jean-Jacques Rousseau’s Confessions, a book he dedicated “to me, with the admiration I owe myself.” The book opens with these lines: “I have entered upon a performance which is without example, whose accomplishment will have no imitator. I mean to present my fellow-mortals with a man in all the integrity of nature; and this man shall be myself.” Rousseau deliberately chose his title as a response to Augustine’s work by the same name. In contrast to Rousseau’s vain self-aggrandizement, Augustine gives all glory to God, as in his opening quotation from the Book of Psalms: “Great thou art, and greatly to be praised.” One has to add, however, that even if we admire Augustine’s humility, Rousseau’s language strikes us as more familiar. “To me, with the admiration I owe myself” is a dedication that would look right at home today on a Facebook or MySpace page.

In the eighteenth century, Rousseau’s narcissism, although fashionable among the philosophes, was still something of an anomaly in the wider culture. Indeed, if you believe the statistics in the book under review, such self-conscious narcissism remained an anomaly until roughly forty years ago. Not so today, argue authors Jean Twenge and Keith Campbell. The Narcissism Epidemic opens with this claim: “We didn’t have to look very hard to find it. It was everywhere.” Indeed. As the reader sifts through the evidence the authors have gathered, it becomes apparent that this is a book that could have written itself. And yet this is the first popular book on the topic since Christopher Lasch’s 1979 bestseller, The Culture of Narcissism (a book still very much worth reading, in spite of its somewhat anachronistic theoretical framework, which draws heavily on Freudian psychoanalysis). We should be grateful to Twenge and Campbell for bringing us up to date, carefully collecting and collating the evidence at hand.

The authors, psychologists by training, employ clinical language throughout. In the book’s four sections, the phenomenon of narcissism is understood in terms of “diagnosis,” “causes of the epidemic,” “symptoms,” and “prognosis and treatment.” But what is dealt with here is, in fact, more a cultural phenomenon than a clinical one. The book could be classified as sociology rather than as clinical psychology or medicine. One wonders whether the authors’ use of language derived from a medical model is the wrong approach to the sort of narcissism they describe. The individuals profiled in the book are not the wounded souls who typically visit a psychiatrist’s office in search of succor and healing. They are, instead, the student denizens of UCLA and Texas Tech and the parents who formed them—individuals supposedly healthy and well adjusted, even flourishing, by contemporary standards. And yet, when one looks beneath the surface, these are sick souls. Medicine, then, is perhaps the apt descriptive metaphor. (“Narcissism is a psychocultural affliction rather than a physical disease,” as the authors put it.)

Mehr: www.firstthings.com.

Debatte: Existiert Gott?

Im Oktober 2015 veranstaltet der cvmd zwei Vorträge mit dem amerikanischen Religionsphilosophen William Lane Craig. In der Alten Kongresshalle in München wird Professor Craig mit dem Philosophen Ansgar Beckermann (Universität Bielefeld) zu dem Thema »Existiert Gott?« debattieren. In der St.-Matthäus-Kirche wird Professor William Lane Craig einen Vortrag zum Thema »Gut ohne Gott? – Über die Grundlage der Moral« halten. Weiterhin wird er an der Ludwig-Maximilians-Universität München sprechen.

Dies nur als kleine Ankündigung. Genaue Termine und weitere Informationen gebe ich bekannt, sobald die Veranstaltungen genau terminiert sind.

80 Prozent der biomedizinischen Forschung sind „Müll“

Die Wissenschaft lebt von ihrer Glaubwürdigkeit. Doch Betrug ist auch in deutschen Forschungsstätten keine Seltenheit – gerade in den Disziplinen, auf denen die Hoffnungen der Menschen ruhen.  Thomas Sebastian Vitzthum schreibt für DIE WELT:

Fehlverhalten, Manipulation, ja Betrug in der Wissenschaft werden zum Problem. Sonst hätte nicht der Wissenschaftsrat, das höchste deutsche Beratergremium auf diesem Gebiet, gerade ein langes Memorandum dazu veröffentlicht. Es ist ein Appell, dass sich dringend etwas ändern muss. Schon die Grundlagen des korrekten Arbeitens würden nur in der Hälfte aller Studiengänge gelehrt. Viele Experimente ließen sich nicht nachvollziehen, weil „weniger als die Hälfte der antwortenden Universitäten die Empfehlungen zur langjährigen Datenaufbewahrung bislang umgesetzt hat“. Eigentlich sollen Daten zehn Jahre gespeichert werden.

In einer Artikelserie des Fachmagazins „Lancet“ stellten die Autoren im vergangenen Jahr fest, dass 80 Prozent der biomedizinischen Forschung „Müll“ seien. „Müll“ ist dabei auch ein Ergebnis, das sich nicht wiederholen lässt, selbst wenn die Bedingungen des ursprünglichen Versuchs genau kopiert werden. „Wahr ist nur, was nachgekocht werden kann“, bringt es Löwer auf den Punkt. Dies ist das Kernprinzip von Wissenschaft und Fortschritt. Doch es wird massenhaft missachtet. Rund 70 Prozent aller Studien in den Biowissenschaften sollen nicht reproduzierbar sein. Für die Neurowissenschaften kursieren Werte von bis zu 90 Prozent. Es sind Schätzungen, denn wenig wird tatsächlich „nachgekocht“.

So sind Eklats selten. Das „Journal of Vibration and Control“ hat im Juli 2014 auf einmal 60 Studien widerrufen, die sich als fehlerhaft herausgestellt haben. Gerade hat der Fachverlag BioMed Central 43 Aufsätze zurückgezogen. Bei der Begutachtung soll es zu Manipulationen gekommen sein. Gutachter können natürlich Fehler übersehen. Dass sie dies aber mit Absicht tun, ist eine neue Qualität. Im Internet bleiben solche Artikel trotz des Widerrufs oft abrufbar. Hier Transparenz zu schaffen versucht das Blog „Retraction Watch“ zweier Journalisten.

Darin werden die Gründe für einen Widerruf mitsamt der Studie aufgeführt. Jeden Tag kommen mehrere Einträge dazu. Rund 60 Prozent aller Widerrufe gehen auf Fehlverhalten und nicht auf unabsichtliche Fehler zurück.

Mehr: www.welt.de.

Die Entschlossenheit von Jonathan Edwards

Jonathan Edwards wurde keine 60 Jahre alt. Dennoch hat der Theologe und Erweckungsprediger trotz schwierigster Arbeitsbedingungen ein unglaubliches Schaffenswerk hinterlassen. Caroline Schröder schreibt über seinen Fleiß und seine Entschlossenheit (Glaubenswahrnehmung und Selbsterkenntnis, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1998, S. 20–21):

„Entschlossen, mit all meiner Kraft zu leben, solange ich lebe“ — dies kann geradezu als die Devise verstanden werden, nach der Edwards sein Leben gestaltet. Selbstkontrolle und Willensstärke zeigt er u.a. da, wo er der schwachen Konstitution seines Körpers mit äußerster Disziplin begegnet. Er beginnt sein Tageswerk an Sommertagen um vier Uhr morgens und erlaubt sich im Winter, eine Stunde länger zu schlafen. Täglich verbringt er dreizehn Stunden in seinem Studierzimmer. Doch immer wieder werden ihn Krankheiten zu längeren Unterbrechungen zwingen. Die Entschlossenheit, mit der Edwards sein Leben in die Hand nimmt, ist bemerkenswert für jemanden, der später einmal alle seine intellektuellen Möglichkeiten in Bewegung setzen wird, um die Freiheit des Willens als Absurdität darzustellen. Immer wieder fällt auf, wie unvermittelt und spannungsvoll Edwards’ eigene systematische Anstrengung neben seinem Abhängigkeitsbewußtsein Gott gegenüber stehen bleibt. So klingt der Grundton seiner Theologie bereits in seinen frühen „Resolutions“ an. Alles ist da: die ganzheitliche Konzentration auf „Gottes Ehre“, auf die alle Lebensäußerungen ausgerichtet werden; die gründliche Ursachenforschung, mit der das Böse auf seinen Ursprung zurückverfolgt und aus dem eigenen Leben hinausgetrieben werden soll; das Ringen um eine Intensivierung der religiösen Erfahrung in überschaubaren Zeiträumen; die Offenheit, mit der diese Erfahrung Gott gegenüber darlegt werden soll; das Erschrecken vor der Möglichkeit, Zeit zu vergeuden, sowie die Abscheu vor einem Leben, das sich im Rückblick als vertan erweist — und: die Orientierung an einer Wirklichkeit, als habe er sie bereits gesehen?

Peter Singer in Berlin

Seit Jahren setzt sich Philosoph Peter Singer für Tierrechte ein. Mit behinderten Babys hat er weniger Mitleid: Die dürften getötet werden. Der Philosoph und Bioethiker soll am 26. Mai in der Berliner Urania vom „Förderverein des Peter-Singer-Preises für Strategien zur Tierleidminderung e.V.“ ausgezeichnet werden. Die Laudatio soll Michael Schmidt-Salomon von der Giordano-Bruno-Stiftung halten. Es gibt Proteste gegen seinen geplanten Auftritt.

In Berlin soll Peter Singer einen Tierschutz-Preis erhalten: Seit Jahren setzt er sich unter anderem für Menschenrechte für Menschenaffen ein.

Behindertenverbände und Politiker protestieren gegen den Auftritt. Der Behindertenbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Uwe Schummer, sagte der Zeitung: „Hier wird einem Mann ein Podium geboten, der behinderten Menschen – insbesondere Säuglingen – das Lebensrecht abspricht. Das geht gar nicht.“

Die behindertenpolitische Sprecherin der Grünen, Corinna Rüffer, forderte einen „Aufstand der Anständigen“: „Dass jemand, der die Tötung behinderter Säuglinge legalisieren will, ausgerechnet in Deutschland zum wiederholten Mal einen Preis bekommt, treibt mich vor Wut auf die Palme. Ich hoffe, dass sich dagegen nicht nur Menschen mit Behinderungen und ihre Verbände wenden.“

Auch die Bundestagsabgeordnete Katrin Werner (Linke) ist entsetzt: „Es ist unerträglich, dass solchen menschenverachtenden Einstellungen eine öffentliche Plattform geboten wird. Solche Ansichten dürfen nicht als legitim anerkannt werden. Sie dürfen nie wieder salonfähig werden – das lehrt uns die Geschichte. Die Berliner Urania sollte ihre Räumlichkeiten für eine solche Veranstaltung nicht zur Verfügung stellen.“

So ganz überzeugend wirkt der Protest der Politiker angesichts Präimplantationsdiagnostik (PID) und geduldeter Abtreibungspraxis allerdings nicht.

Mehr: www.welt.de.

VD: TJ

Wer will hier die Uhr zurückdrehen?

Hadmut Danisch hat das „Fachgespräch: Wer will die Uhr zurückdrehen? Strategien gegen Anti-Feminismus und Homophobie” der Bündnis 90/Die Grünen-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag besucht.

Vor allem intellektuell haben die überhaupt nichts zu bieten (gleichwohl sie sich für ungeheuer intellektuell halten). Und Selbstkritik oder die Überlegung, was man besser oder richtiger machen könnte, gar die Frage, ob man richtig liegt, gibt es gar nicht. Die sind fest davon überzeugt, dass sie die perfekte und die einzig zulässige Meinung haben, und alles außer ihrer Meinung „Müll” ist, ohne dass das noch irgendeiner Begründung oder Betrachtung bedürfe. Und man jede andere als ihre Meinung auch nur lächerlich machen und auslachen könnte.

Sein Fazit:

Erstens: Es läuft nicht mehr rund. Sie bekommen Gegenwind und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen.

Zweitens: Allianzen zerbrechen. Die Verbindungen zwischen Grünen und Ostblock, zwischen Schwulen und Frauen und zwischen Feministen und Journalisten scheinen massiv zu erodieren.

Drittens: Frauen sind nach Ansicht der Grünen dumm und unselbständig, nicht der eigenen Meinung fähig. Sie haben sich gefälligst einer eigenen Meinung zu enthalten und sich dem sozialistischen-traditionellen Kollektiv-Bündnis zwischen Frauen und Schwulen zu unterwerfen. Haben sie doch eine eigene Meinung, können sie nur von den Russen ferngesteuert sein.

Viertens: Die Leute dort. Widerlich. Arrogant, selbstgefällig, selbstgerecht, narzisstisch, herablassend, dumm, andere verächtlich machend, intrigant, verfassungswidrig, kriminell, mit mehrerlei Maß messend, beliebig den Standpunkt wechselnd, unlogisch, selbstwidersprüchlich, miserables Benehmen. Und unglaublich hässlich angezogen.

Nachtrag: Und weil ein Kommentator s.u. richtig ergänzt:

Fünftens: Maskulisten sind Intellektuelle.

Sechstens: Gender Studies sei das Infragstellen von Mutter-Vater-Kind und Heterosexualität.

Ich empfehle, den gesamten Bericht zu lesen. Nicht nur, dass der Humor köstlich angeregt wird, er eröffnet tiefe Einblicke in eine verlogene Debatte. Auch die Kommentare seien empfohlen!

Hier: www.danisch.de.

Diffamierung als „bestes” Argument

Siegfried Zimmer hat in den letzten Wochen durch seinen Vortrag zur Frage der Homosexualität für viel Aufregung gesorgt. Der Ludwigsburger Theologe verbindet seine Argumentation für eine Akzeptanz homosexuellen Lebens in der Bibel mit einer vehementen Verächtlichmachung von Christen, die mit biblischen Argumenten am „Nein“ zur Homosexualität festhalten. Das sind immerhin recht viele. Alle christlichen Konfessionen haben bis vor wenigen Jahren die gleichgeschlechtliche Liebe abgelehnt und auch in der Gegenwart sehen das die allermeisten Christen so.

Zimmers eigene Argumente für seine Sichtweise erweisen sich bei genauem Hinschauen als äußerst schwach, meint Michael Kotsch. Dafür hören wir aber polternde Polemik:

In etwa einem Viertel seines Vortrags bringt Zimmer seinen – man kann es leider nicht anders nennen – Hass auf konservative Christen zum Ausdruck. Mit zahlreichen üblen Unterstellungen und Anklagen diskreditiert er jede konservativ-christliche Stellungnahme zur Homosexualität. Wie er selbst mutmaßt, seien die darin vorkommenden Verurteilungen der Homosexualität möglicherweise Teil einer Verarbeitung der eigenen Biographie.

Ganz allgemein haben konservative Christen, so Zimmer, zahlreiche Vorurteile. Sie seien „dümmlich“, „rechthaberisch“ und verstehen die Bibel nicht wirklich. Konservative und entschiedene Christen „haben ihre Ausblendungen“ und „Einseitigkeiten“. Sie sind „engstirnig“ und haben kein Interesse, sich zu informieren, meint Zimmer. Konservative Christen sind „tragisch“, bei ihnen wird die Bibel „dumm zitiert“. Sie „liegen fürchterlich daneben“ in ihrem Umgang mit der Bibel, weil sie „nicht einmal das ABC historischer Hintergrundkenntnis“ mitbringen.

In ihrem Umgang mit der Bibel seien sie keinesfalls bibeltreu, wie sie selbst behaupten, sondern „bibelverkorkst“. Mit ihrer Theologie betrieben sie „schwerste Bibelmanipulation“. In ihren Argumentationen „eiern hin und her“. Bei den konservativen Christen wird die Bibel „missbraucht“ und „instrumentalisiert“. Sie „haben die Bibel in ihrem Schwitzkasten“ und „bauen eine eigene Ideologie auf“, behauptet Zimmer. Aber nicht genug!

Hier die vollständige Stellungnahme von Michael Kotsch: bibelbund.de.

Wenn plötzlich die Angst kommt

Justin stellt in diesem Video nicht nur Joe Thorn’s neues Buch vor, sondern befragt ihn auch zu seiner leidvollen Wanderung durch ein finsteres Tal. Pastor Joe Thorn hatte gerade die Arbeit an seinem vorletzten Buch abgeschlossen, als er plötzlich von Gefühlen der Angst und Verunsicherung überwältigt wurde.

Was hat ihm geholfen? Ein guter Seelsorger, ein Arzt und eine robuste, puritanische Theologie, die auch dann trägt, wenn harte Stürme kommen.

Ein berührendes Gespräch, das vielleicht dem ein oder anderen, der durch beklemmende Zeiten geht, helfen kann, auf die Hilfe des HERRN zu hoffen und sie zu empfangen.

Das Aufkommen der intoleranten Linken

Die Zeitschrift CT hat mit Kirsten Powers über ihr Buch The Silencing: How the Left is Killing Free Speech gesprochen. Darin sagt sie:

Während ich das Buch schrieb, ist mir aufgefallen, dass mich die liberale Linke an religiöse Fanatiker (Zeloten) erinnert, die weltliche Religion ausgenommen. Eine durchschnittlich religiöse Person hat ihren Glauben, aber sie versucht nicht, diejenigen Leute loszuwerden, die ihren Glauben nicht teilen. Aber Fanatiker tun das. Es reicht ihnen nicht, zu glauben. Sie können Leute nicht tolerieren, die nicht das glauben, was sie glauben; und sie haben diese totale Sicherheit, dass sie richtig liegen. Das ist eine Form der Selbstheiligung. Sie müssen nachweisen, dass sie moralisch denjenigen Leuten überlegen sind, die ihre Meinung nicht teilen. Es wird das soziale Signal ausgegeben: „Meine Identität stammt von der Tatsache, dass ich für die gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung bin, an den Klimawandel glaube und mich gegen Charter-Schulen [die sogenannten „Charter-Schools“ in Nordamerika werden zwar mit Steuergeldern finanziert, aber von privaten Betreibern geführt und haben mehr Freiräume als öffentliche Schulen. R.K.] wende.“

Hier das vollständige Interview: www.christianitytoday.com.

Wie haltbar ist die Zukunft?

Im Internet, heißt es, wird alles auf ewig Platz finden. Wer heute auf viele Websites klickt, sieht jedoch massenhaft gefrorene Zeitkapseln. Warum das Internet kein zuverlässiges Speichermedium ist, erörtert Valentin Groebner in einem Beitrag für die FAZ.

Ich sehe die Sache weniger kritisch als Professor Groebner. Das Internet ist eben kein Speicher, sondern ein Präsentationsmedium. Dennoch enthält der Artikel hilfreiche Beobachtungen, beispielsweise über die Machtposition der Anbieter:

Erstaunlich viel vom Reden über die Digitalisierung in den letzten fünfzehn Jahren war der Traum von einer Welt, in der elektrischer Strom für immer billig bleibe und in der die Firmen, denen wir unsere Daten und Infrastruktur anvertrauen, niemals pleite gehen werden. In der wirklichen Welt tun aber Firmen, ganz wie andere Institutionen, nicht immer das, was sie versprochen haben.

Hier ein einfaches Beispiel: Was passiert eigentlich mit den digitalen Büchern, wenn aus irgendwelchen Gründen so einflussreiche Firmen wie Amazon oder Logos vom Markt verschwinden? Der Kunde verfügt ja nicht über die erworbenen digitalen Texte, so wie der Käufer eines Buches sein Buch als Hardware im Regal stehen hat. Er hat lediglich die Lizenz für ein Buch erworben. Aber was passiert, wenn der Lizenzgeber, also beispielsweise Amazon oder Logos verschwindet? Dann sind auch die Texte weg. Und wenn jemand – sagen wir – 3000 Dollar in Lizenzen investiert hat, ist das bitter. Doch es kommt noch schlimmer: Was geschieht mit den vielen Markierungen und Notizen, die man im Laufe der letzten Jahre hinterlegt hat? Im Fall, dass ein Anbieter verschwindet, verschluckt das digitale Nirvana auch diese Schätze.

Ein finsteres Szenario, das wohl so schnell nicht eintreten wird. Anderseits steigt jedoch Jahr für Jahr das Machtgefälle zwischen Anbieter und Kunde. Der Kunde wird praktisch täglich abhängiger von der Firma, die seine Daten verwaltet. Ist es so lebensfern, damit zu rechnen, dass sich der Anbieter diesen Service immer „angemessener“ bezahlen lässt?

Drei Dinge lerne ich daraus:

Erstens sollte man sich darüber im Klaren sein, dass man sich beim Kauf digitaler Lizenzen in ein Abhängigkeitsverhältnis begibt. Eine große digitale Bibliothek lässt sich nicht so ohne Weiteres oder überhaupt nicht verkaufen, wie beispielsweise eine Bibliothek, die im Regal steht. Es lohnt sich, die Geschäftsbedingungen genau zu lesen und Erkundigungen darüber einzuholen, wie Firmen in Konfliktfällen handeln. Logos hat zum Beispiel den Ruf, kulant mit seinen Kunden umzugehen und ermöglicht es sogar im Einzelfall, Lizenzen für Sammlungen auf andere Personen zu übertragen (beispielsweise auf Erben). Auch wenn solche Erfahrungswerte nicht in die Zukunft projiziert werden können, sind sie vertrauensbildend.

Zweitens sind verwertete Quellen aus dem Internet lokal zu sichern. Wenn ich also in einem wichtigen Aufsatz einen Artikel aus dem Internet zitiere, reicht es nicht, die Quelle anzugeben, sondern man sollte diese Quelle auch sichern. Obwohl es altmodisch klingt, drucke ich bei wirklich wichtigen Arbeiten den originalen Text sogar auf Papier aus und hefte ihn im Projektordner ab.

Drittens sollten man darauf achten, dass Datenbankdienste eine Exportmöglichkeit anbieten. Dann kann man nämlich seine Daten in regelmäßigen Abständen lokal sichern. Beispielsweise stellen Anbieter wie Evernote oder Facebook solche Funktionen zur Verfügung. Meines Wissen kann man bei der Bibelsoftware Logos seine Notizen nicht auf einen Schlag exportieren. Allerdings ist es möglich, einzelne Notizbücher im RTF-Format lokal zu speichern. Besonders wichtige Dokumente können so regelmäßig lokal gesichert werden. Tipps dazu, wie man Anmerkungen (umständlich) aus dem Amazon-Universum exportieren kann, gibt es hier.

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