Von wegen nette bunte Sexwelt: Die Razzien im Düsseldorfer Rotlichtmilieu offenbaren das wahre Gesicht der Prostitution. K.o.-Tropfen, Alkohol, Drogen, Erkrankungen, Vergewaltigungen, Erpressung. Die rot-grünen Ziele, das Gewerbe zu entkriminalisieren, sind gescheitert. Wird die Politik umdenken?
Till-R. Stoldt schreibt für DIE WELT:
Ein gottesfürchtiger Mann ist Bert Wollersheim. Gut, er ist auch Bordellbetreiber, aber dafür betet er jeden Tag mit seinem Sohn. Und in manchem Interview beteuerte „der Berti“ (wie ihn Freunde nennen), er sei „ein moralischer Mensch“ und spende viel Geld für Kinder. Nie käme ihm in den Sinn, andere zu betrügen und auszunutzen. Nicht die „Mädchen“. Und nicht ihre Kunden. Kein zweiter verkörperte die nette bunte Puff-Welt so erfolgreich wie er.
…Der mediale Erfolgszug dieser rheinischen Rotlichtgröße harmonierte mit einem Leitbild der rot-grünen Landesregierung: mit dem Ziel, Prostitution in ein Gewerbe ohne Kriminalität und schlechten Ruf zu verwandeln, schließlich gebe es Frauen, die sich aus freien Stücken für diesen Beruf entschieden. Deren Entscheidung müsse man nicht nur respektieren, sondern rechtlich schützen – forderte Rot-Grün unter Führung der grünen Frauenministerin Barbara Steffens. Sie setzt darauf, das Bundesprostitutionsgesetz von 2002 konsequent vor Ort umzusetzen. Damals ermöglichte Rot-Grün im Bund, Prostitution als versicherungspflichtige Arbeit wie jede andere anzuerkennen und Bordelle als ordentliches Gewerbe einzustufen.
Sei das horizontale Gewerbe erst legalisiert, würden Kriminalität und Frauenunterdrückung enden. Denn dann habe die Szene ja etwas zu verlieren – so die damalige Hoffnung. Weil auch die Landesregierung diese Überzeugung teilt, gedenkt sie auf die vielen zögerlichen Kommunen im Land mehr Druck auszuüben, Bordelle, einschlägige Saunaclubs und Prostituierte vor Ort endlich als normale Gewerbe und Beschäftigte anzuerkennen. Dumm nur, dass Bert Wollersheim, diese schrille Verkörperung rot-grüner Hoffnungen, nun bis auf weiteres entzaubert wurde.
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